Günnis Reviews

Kategorie: Konzertberichte (page 30 of 43)

10.05.2014: Hamburger Hafengeburtstag

affengeburtstag 2014

hafengeburtstag 2014 jolly-roger-bühne

Alle Jahre wieder: Hafengeburtstag in Hamburg! Freitag keine Zeit gehabt, aber Samstag losgeeilt – allerdings erst mal ins Osbourne, um den letzten Bundesligaspieltag zu verfolgen, als andere Mannschaften noch schlechter waren als der HSV und dieser sich somit die Relegation sicherte. Dadurch leider KEIN HASS DA auf der Jolly-Roger-Bühne verpasst. Doch Karl Nagel & Co. ließen sich nicht lumpen und traten auf der dritten Punkrock-Bühne, deren Namen ich vergessen habe, direkt im Anschluss noch einmal im ganz kleinen Rahmen auf, weil eine andere Band ausgefallen war! Saucoole Aktion und schöner Gig, wenn auch zwischendurch mal der Strom weg war. BAD-BRAINS-Coversongs mit eigenwilligen Nagel’schen Texten auf deutsch, Songs die klangen wie der BAD BRAINS, aber Eigenkompositionen waren, Nagels Interaktion mit dem Publikum, einige Spielereien und eine an den Instrumenten superfitte Band, der Drummer übrigens stilvoll gekleidet im EVIL-INVADERS-Leibchen. Das alles beim Hamburg-typischen permanenten Regen irgendwo zwischen leicht und mittel, das machte Laune und war ein schöner Einstieg in den Abend. Dann ging’s zu den Lokalheroen von SMALL TOWN RIOT, die auf der großen Jolly-Roger-Bühne angenehm rau ablieferten, deren Anfang ich aber leider verpasst hatte. Dafür gab’s dort ein Wiedersehen mit so manch bekannten Gesichtern und die Stimmung war spitze. Je früher der Abend, desto mehr Platz war noch unmittelbar vor der Bühne am Absperrgitter, wo sich zu diesem Zeitpunkt manch Punks mit den Pfützen vergnügten und lustig herumsprangen. Als im Anschluss die Fun-Punks von den ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN tatsächlich nur zu zweit, also ohne Bass, auf die Bühne traten, nahm ich mir vor, sie mir vorbehaltlos anzusehen und evtl. gar meine Meinung zu revidieren. Doch ob nun mit oder ohne Konrad, das ist bis auf zwei, drei Songs einfach mehr Karnevals-Alberei als Punk und auf Dauer nur schwer erträglich – und die hörten gar nicht wieder auf. Dafür hab ich mit Holger aber einen alten Kumpan wiedergetroffen, wodurch die Beschallung klar in den Hintergrund geriet. Dann ging’s endlich mal hoch zur diesmal AFFENGEBURTSTAG genannten Parallelveranstaltung auf der Onkel-Otto-Bühne am Störtebeker. Dort sah ich glaub ich irgendwen, dann ein paar Songs lang HAMBURGER ABSCHAUM und wenn mich nicht alles täuscht, lief da zeitplanmäßig wieder bischn was durcheinander, weshalb ich mich bald wieder vor der Jolly-Roger-Bühne einfand, um kaum etwas von den Frankfurter Oi!-Punk-Veteranen STAGE BOTTLES mitzubekommen, weil ich in diverse Unterhaltungen eingebunden war und anschließend die Düsseldorfer (Ex-)Glatzen-Combo 4 PROMILLE gebührend abzufeiern, die es nun wieder gibt, wenn auch ohne Gründungsmitglied Volker, und die ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Ehrlich gesagt hatte ich mir damals auch schon das dritte Album gar nicht mehr besorgt und kenne das aktuelle auch gar nicht, umso gespannter war ich, was die Band um Sängerin Melanie und den etwas kräftigeren Gitarristen, dessen Namen ich gerade nicht parat habe, heutzutage kredenzen würde. Das auch nur halbwegs objektiv zu beurteilen, fällt schwer, da ich mittlerweile doch schon sehr ordentlich angeschossen war, aber in meinem Zustand gefielen mir die ganzen alten Gassenhauer prima und wurden lauthals mitgegrölt. Ich bin mir nicht ganz sicher, wann ich noch ’ne zeitlang zu den Spaniern von SENSA YUMA, live wie immer das volle HC-Punk-Brett, vor der Onkel-Otto-Bühne rumpogte und mich ordentlich einsaute, kann gut sogar noch nach 4 PROMILLE gewesen sein. Obwohl die bereits am Vortag dort gespielt hatten, zog es sie spontan Samstag noch einmal auf die Bühne – geil! Obgleich ich beinahe traditionell am Hafengeburtstag mal wieder zu tief in die Buddel gelugt hatte, war’s abermals ein rauschendes Fest im Schmuddelregen, für das ich mich nur bei allen Beteiligten, die diese drei GEILEN Bühnen fürs Publikum komplett kostenlos organisieren, herzlich bedanken kann! Hab’s dann trotz gerade angesichts meines Zustands nicht ganz unkomplexer Bahnverbindung sogar noch nach Hause geschafft und fiel geschafft in die Koje, die 4-PROMILLE-Verse noch im Ohr. „Ich werd‘ mich ändern? Niemals mehr ändern!“

04.04.2014, Café Flop, Hamburg-Bergedorf: CURB STOMP + IN VINO VERITAS + BOLANOW BRAWL + OI!SLUTS + BIERSCHISS BRIGADE

united we stand - divided we fall @café flop, hamburg, 04.04.2014

Die Hamburger Oi!-Punk-Hoffnung IN VINO VERITAS holte zum Ausgleich für ihre Ruhrpott-Gigs die Dortmunder Kollegen von CURB STOMP nach Hamburg und lud uns freundlicherweise ein, mit beiden die Bühne zu teilen. Über kurz oder lang wuchs das ganze auf satte fünf Bands an, so dass wir in die mittlere Position rutschten. Das Café Flop war uns noch in guter Erinnerung von einem pannenreichen, aber trotzdem geilen Gig, ebenfalls zusammen mit IN VINO VERITAS. Diesmal aber lief alles fast schon beängstigend glatt, außer das die Nachwuchs-Punks (und der Kurzhaarige am Mikro) von der BIERSCHISS BRIGADE vor einem ihrer ersten Gigs etwas mit dem Soundcheck zu kämpfen hatten – was wiederum die positive Folge hatte, dass wir anschließend den immer wieder angespielten Hit bereits gut mitsingen konnten. Dass im Flop diesmal auch etwas zu essen kredenzt wurde, war mir im Vorfeld gar nicht bewusst, weshalb ich mir sinnloserweise auf dem Hinweg noch einen Veggie-Burger und ’ne Portion Pommes zum ersten Bier genehmigte. Egal, was ich damit andeuten will, ist, dass die Sause diesmal echt gut durchorganisiert war und somit die BRIGADE dann auch glaub ich pünktlich loslegte. Mit dabei waren einige ebenfalls blutjunge Unterstützer, die ihre Band gut abfeierten, und ich meine auch die eine oder andere erwachsene Aufsichtsperson gesichtet zu haben… Die Band jedenfalls hatte eine Handvoll Songs gegen Nazis, Bullen etc., und als besonderer Hit entpuppte sich ein Songs gegen Bahn-Hilfssheriffs. Der Glatzkopp am Mikro wurde gesanglich immer wieder von der Rotzröhre des einen Gitarristen unterstützt, ich glaub, Gitarrero Nummer 2 war’s, der anscheinend unter dem Bühnensound litt und eher irritiert dreinblickte. War ’ne kurzweilige Angelegenheit, die Spaß gemacht hat und mit Kidpunk-Charme überzeugte. Die OI!SLUTS aus Hamburg spielen schon so manches Jahr zusammen, was man ihnen aber nicht unbedingt anhört. Die Band um Sänger Terror, der an diesem Abend auch in seinen Geburtstag reinfeierte, ist die ganz grobe, ungehobelte Oi!-Kelle, die mit rudimentärster Instrumentierung auskommt und auf die Inbrunst, mit der Terror die Texte über den Way of Life hinausbrüllt, ausgerichtet ist. Gecovert hat man „Pöbel & Gesocks“ von den BECK’S PISTOLS und ich hab’s zunächst gar nicht erkannt. Zwischenzeitlich stieg ein Kumpel der Jungs auf die Bühne und übernahm bei einem Song den Gesang, der in seiner Inbrunst Terror in nichts nachstand und superaggressiv ins Mikro brüllte, dabei aber etwas verkrampft wirkte. Die in rote Einheitsshirts mit Aufdruck „Ich würd mich ficken“ gekleideten OI!SLUTS meinen das offensichtlich alles ernst und sind ohnehin stark in der Hamburger Skinhead-Szene verwurzelt, weshalb die Authentizität in jedem Falle vorhanden ist – und das macht sie auf ihre Weise total krass. Böser Scheißdrauf-Oi!, bei dem die Expression weit vor Feinsinn und Schöngeist kommt – und damit näher am ursprünglichen Spirit sein dürfte, als manch lascher Streetpunk-Sound der vergangenen Jahre. Davon unabhängig hat es mich sehr gefreut, mit Terror, mit dem ich früher so manches Bierchen geköpft hatte, nach so langer Zeit mal ein Konzert gemeinsam zu bestreiten. Im Anschluss schlug unsere Stunde und BOLANOW BRAWL bestieg die Bühne. Ok, wir hatten unser Banner vergessen, aber ansonsten war alles knorke: Die Technik spielte mit, der Zeitplan stimmte noch immer, kein Bandmitglied war zu voll und das Publikum war nicht nur recht zahlreich vorhanden, sondern auch bereits gut drauf. Unser melodischer Streetpunk stand in gewisser Weise im Kontrast zu den vorausgegangenen Bands, wurde dankend angenommen und vom ersten Song, unserem unbescheidenen OXYMORON-Cover „We Rule Ok“, an war was los. Hat so richtig Spaß und Lust auf mehr gemacht und als wir durch waren, begann der für uns angenehmste Teil, denn es standen noch zwei hochkarätige Bands auf dem Billing. IN VINO VERITAS, die gerade ihre Aufnahmen zur bei Klabautermann Records erscheinenden EP abgeschlossen hatten, bewiesen, welch eingespieltes Team sie mittlerweile sind und lieferten einmal mehr einen in allen Belangen überzeugenden Gig ab, der gereiften, aber noch immer ausreichend ungeschliffenen und aggressiven Oi!-Punk mit manch Augenzwinkern und beachtenswerten deutschen Texten bot. Es freut mich aufrichtig für die Jungs, dass sie ihre Pechsträhne mittlerweile längst hinter sich gelassen haben und endlich mal alles so rund läuft. Chapeau, wie die Italiener sagen! 😉 Mit CURB STOMP aus Dortmund, die ebenfalls ’ne EP (in Eigenproduktion) draußen haben, hatten wir einen Headliner, dessen Mitglieder sich selbst dann noch als echt nette, umgängliche Jungs entpuppten, als man sie mit Schalke-Sprüchen nervte. Die vier Ruhrpott-Skins legten ein abendfüllendes Oi!-Punk-Brett aufs Parkett, das sich manch szenetypischen Themen widmet, ohne jemals stumpf zu wirken – weder musikalisch noch textlich. Besonders schön: Ein Song übers Ausnüchtern auf der Arbeit, der vom mittlerweile volltrunkenen BOLANOW-Ole durch mehr Gerangel als Getanze gebührend abgefeiert wurde. Das Publikum war auch diesmal auf Seite der Band und sorgte weiterhin für ’ne ordentliche Party. Nach Konzertende ging’s noch kurz mit ’nem Kasten Bier bewaffnet gemeinsam auf den Kiez, bevor mich rechtzeitig das Bett rief. Ärger gab’s meines Wissens überhaupt keinen auf dem Konzert, das unter dem Motto „United we stand – divided we fall“ ein abwechslungsreiches Line-up für vier lächerliche Euro bot und genau so ablief, wie ich es mir gewünscht hatte. Danke an IN VINO VERITAS und das Café Flop sowie ans Publikum und ich hätte große Lust, mit der einen oder anderen Band mal wieder die Bühne zu teilen.

28.03.2014, Rock’n’Roll Warehouse, Hamburg: LOST BOYZ ARMY + COTZRAIZ + VERBAL INCONTINENT + VIOLENT INSTINCT + THE HEADÄCHE

lost boyz army + cotzraiz + verbal incontinent + violent instinct + the headäche @rock'n'roll warehouse, hamburg, 28.03.2014

Die echten COTZRAIZ nach 13 Jahren endlich einmal wieder in Hamburg – ach du Scheiße, so lange ist das schon her? Selbstredend war ich seinerzeit im alten Knust dabei, COTZRAIZ waren noch ‘ne unbekannte Nummer und spielten als Vorband von PÖBEL & GESOCKS. Bogo verteilte Dosenbier zu unserer Freude und der Sound war so gut, dass man sogar die Texte gut verstehen konnte. War ‘ne schöne Nummer damals und die Debüt-LP „Heil Cotzraiz“ schlug kurz darauf in der Szene ein wie eine Bombe. Egal, Schnee von gestern, nun kamen sie mit der fantastischen LOST BOYZ ARMY im Gepäck und bekommen gleich dreifachen Hamburger Support von THE HEADÄCHE, VIOLENT INSTINCT und VERBAL INCONTINENT. Zum Rock’n’Roll Warehouse in HH-Bahrenfeld begab ich mich zusammen mit Ex-COTZRAIZer und Jetzt-DISILLUSIONED-MOTHERFUCKER Kai, dessen Gattin und Rudi aus’m Pott mit gemischten Gefühlen. Ich war dort noch nie, aber irgendwann spielten wohl GROBER KNÜPPEL dort und als Kai deshalb den Laden aufsuchte, wurde er an der Tür abgewiesen: Punks hätten dort nichts zu suchen!? Unfassbar! Das Rock’n’Roll Warehouse befindet sich anscheinend auf einem Industriegelände und noch weit vorm Eingang, nämlich an den Toren zum Parkplatz, wurde man aufgehalten und darum gebeten, seine Getränke zu leeren. „Das fängt ja gut an“, dachte ich mir, doch schnell stellte sich diese Maßnahme nicht als Schikane heraus, sondern als gute Möglichkeit, um zu verhindern, dass auf dem stärker frequentierten Gelände Flaschen, Dosen etc. herumfliegen. Gefilzt wurde hingegen überhaupt nicht und die Getränkepreise bewegten sich absolut im Rahmen, insofern alles kein Problem – ganz im Gegenteil: Die Menschen hinter Kasse, Geraderobe und Tresen erwiesen sich als vollkommen entspannte, nette Klientel; anscheinend keine Warehouse-Angestellten, sondern Mitorganisatoren und ebenso wird es bei GROBER KNÜPPEL gewesen sein, wozu ich mir meinen Teil einfach mal denke. Das Ladeninnere hat ein bisschen was von einem nostalgischen kleinen Tanzschuppen und strahlt mit seinen gepolsterten Sitzmöglichkeiten links und rechts der Tanzfläche und der Sofaecke hinten im Saal direkt Gemütlichkeit aus – von Lagerhallen“charme“ keine Spur. Das Publikum war bunt gemischt: Norddeutsche, Ruhrpöttler, Berliner etc. gaben sich die Klinke in die Hand und füllten trotz zahlreicher Konkurrenzveranstaltungen – u.a. BISHOPS GREEN im Indra – die Hütte ansehnlich. Zudem machte das Publikum einen überwiegend sympathischen Eindruck, von Stumpf-Oi!-Prolls oder durch unsägliche „Grauzonen“-Diskussionen angelockten Asis keine Spur. Den Anfang machten pünktlich THE HEADÄCHE – mit ihrem allerersten Gig! Rockabilly mit Kontrabass, vorgetragen von vier zum Teil sichtlich noch etwas nervösen Herren, und wer ist das da an den Drums? Das Trommeltier von VIOLENT INSTINCT? Der wird doch nicht…? Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Wahnsinnige hat tatsächlich drei Auftritte hintereinander durchgekesselt! Was THE HEADÄCHE da gespielt haben, konnte sich hören lassen, ich hätte mir nur die Gitarre etwas weniger verzerrt, dafür oldschoolig-cleaner gewünscht. Das interessierte Publikum spendete Applaus und bekam auch noch eine Zugabe, bevor VIOLENT INSTINCT die Bühne betraten (der Drummer konnte gleich sitzenbleiben). Frontfrau Aga ist von ihrer mehrmonatigen Abwesenheit zurück und schmettert zusammen mit ihren Kollegen wieder deutschsprachige Punkrock-Weisen mit intelligenten, durchaus persönlichen, kämpferischen Texten, die wieder entsprechend positiv aufgenommen wurden. Nun wird’s aber wirklich langsam mal Zeit für ‘ne Platte, gelle? Das ANGELIC-UPSTARTS-Cover „Solidarity“ fehlte ebensowenig wie die verlangte Zugabe, bevor Aga die Bühne verließ, ihre Bandkollegen aber auf selbiger verweilten. Der Grund dafür war der Kontrast zur THE-HEADÄCHE-Premiere, nämlich der LETZTE Gig des Projekt VERBAL INCONTINENT, einer Coverband, kurzweilig ins Leben gerufen während Agas Abwesenheit, damit den Bandkollegen nicht langweilig wird. So coverte man sich schön durch englische Oi!- und deutschsprachige Hardcore-Punk-Klassiker und ab hier konnte ich dann auch inbrünstig mitsingen und skandieren. Arschgeile Sache, insbesondere, wenn Briten-Oi! auf SLIME trifft. Gitarrero Dennis sang das meiste Zug und hat da ‘ne echt prädestinierte Stimme für. Nach drei Gigs wurde das Trommeltier nun auch endlich in den verdienten Feierabend entlassen, der Zeitschuh drückte auch, denn zwei weitere Bands standen auf dem Zettel. Endlich wieder Original-Cotzrock in Hamburg! Seit 2001 hat sich das Besetzungskarussell ein paar Mal gedreht, mittlerweile spielt Ätzer die Klampfe und macht damit den Inzest-Reigen der vertretenen Bands perfekt, schließlich bedient er auch den Viersaiter bei LOST BOYZ ARMY. Los ging’s mit „Stolz & stark“ über „Stadtverbot“, „Süße Träume“ und manch anderem Gassenhauer auch der anderen beiden Platten, „Was Punk ist, bestimmen wir“, „Atomkrieg jetzt“ und wie sie alle heißen. Teile des textlichen Konzepts, nämlich das provokante Verarbeiten nach vielerlei Meinung punk-untypischer Begriffe und ihre positive Besetzung und Konnotation, um Klischees infrage zu stellen, hatten sich meines Erachtens irgendwann dann doch ein bisschen abgenutzt und drohten, selbst zum Klischee zu werden. Jedoch haben COTZRAIZ auch mehr zu bieten und vermitteln live den Eindruck des absoluten Szene-Supports insofern, als man sich und die Szene, den eigenen Lebensstil etc. in kernig-frechen Hymnen reichlich selbst feiert, dabei weniger prollig als vielmehr locker-beschwingt und augenzwinkernd. Das muss auch mal sein, kann Balsam für die Seele sein und macht natürlich tierisch Laune, besonders mit ein paar Bierchen im Kopf, lädt ein zum Pogo und zum Fäusterecken, zum Mitsingen und Bierspritzen. Andere klettern schwankend auf die Bühne, annektieren das Mikro des Bassisten, während die Band sich über das Chaos freut und weiterspielt. Das Publikum geht voll mit und macht den Gig zu ‘ner großen Party. Da fällt auch schon mal ‘ne Monitorbox herunter oder ein Mikroständer um, aber im Handumdrehen wird alles wieder aufgebaut, Unterbrechungen gibt es keine. Zwei Paletten Dosenbier landen im Publikum und heizen die Stimmung weiter an. Der Bassist tauscht den Tieftöner irgendwann gegen ein Schifferklavier und nach ich weiß nicht wie vielen Hits im ‘80er-Punkrock-Stil, der sich so puristisch gibt, als wäre Heavy Metal nie erfunden worden, war dann irgendwann Sense und COTZRAIZ hinterließen der LOST BOYZ ARMY ein gut angeheitertes Publikum in Partystimmung. Die ARMY lieferte ihren Rekruten dann mit voller Kraft ein unvergleichliches, nicht nur manchmal, sondern durchgehend geiles Beispiel für Proletenpoesie, und es war so schön wie Fliegen, wieder einmal bewiesen zu bekommen, dass es auch mittlerweile lange nach Peters Trennung von den VERLORENEN JUNGS noch lange nicht vorbei ist. Nun habe ich in diesem einen Satz spaßeshalber einige Songtitel der Ruhrpott-Streetpunk-Band untergebracht, die nicht nur Songs der ersten beiden Alben, sondern auch ganz neues Material zum Besten gab und mit „Gekreuzte Hämmer“ einen DER Gänsehautsong s aus VERLORENE-JUNGS-Zeiten ins Set integrierte. Während des Gigs wurde etwas weniger gepogt, dafür die Hymnen lauthals mitgesungen, was neben den wohldosierten fröhlichen Spaß- und Trinksongs vor allem zu den persönlicheren, nachdenklicheren Texten aus Peters Feder, die viel vom alltäglichen Kampf, von auf Hochgefühle folgenden Niederlagen und Verlusten und das Immer-wieder-Aufstehen handeln und damit für ein hohes Identifikationspotential sorgen – von dem auch ich mich weder freisprechen kann noch möchte. Ein weiterer VJ-Hit, der bis zu diesem Konzert überlebt hatte, war „Stammtischstratege“, über den ich mich sehr gefreut habe. Andere Songs betonen den Wert von Freundschaften, von Individualität etc. und Peters emotionaler Interpretation seiner wohlformulierten Lyrik zuzusehen, ist ein audiovisueller Genuss, der sich nicht zuletzt aus der Authentizität der Band nährt, die keinerlei Brimborium nötig hat. Ab und zu dreht sich aber eben auch bei der Armee das Personalkarussell und so wurde es der letzte Auftritt von Gitarrist David. Diesem kann man zum gelungenen Abgang mit diesem großartigen Konzert nur gratulieren. Wenn ich mich recht entsinne, kam am Ende auch dessen Nachfolger Marius für einen Song auf die Bühne. Vielen Dank auch an Peter, der ganz überrascht war, dass ich ihm mal wieder über den Weg laufe und mir spontan einen Song gewidmet hat!? 🙂 Nach fünf Bands und ein paar Bierchen mehr kann ich mich nicht mehr an jedes Detail erinnern, aber an sowat dann doch!

Fazit: Ein grandioser Konzertabend, für Hamburger Verhältnisse einfach mal wieder bischn was anderes und ein wunderbares Exempel der noch viel weiter ausbaufähigen Hamburg-Ruhrpott-Konnäktschn. Auf ein baldiges Wiedersehen!

14.03.2014, Holstenkamp, Hamburg: INBREEDING CLAN + KACKREIZ + DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS

inbreeding clan + kackreiz + disillusioned motherfuckers @holstenkamp, hamburg, 14.03.2014Theo feierte ihren Geburtstag und organisierte aus diesem Anlass ein Konzert auf dem Holstenkamp, wo sie zusammen mit x anderen Punks die ehemaligen Räumlichkeiten eines Pflegeheims bewohnt, die zu einer Art riesigen Punk-WG umfunktioniert wurden. Dafür liegt die ganze Chose aber auch ein bisschen dezentral, grob orientieren kann man sich am Rondenbarg, also Ecke Diebsteich da irgendwo. Pünktlich traf ich mich mit den anderen MOTHERFUCKERS am Proberaum, wo einer der Holstenkamper so nett war, unser Equipment mit einem alten Caddy abzuholen. Aufgrund der nur rudimentären Ausstattung vor Ort nahmen wir neben dem üblichen Kram Teile unserer Proberaum-P.A. mit. Bis dahin ließ sich alles ganz gut an. Einer fuhr beim Fahrer mit, wir anderen vier reisten in punk-typischer Dekadenz mit dem Taxi an. Keiner von uns Taxifahrern war schon einmal vor Ort und auch der Taxifahrer wusste nicht so ganz genau Bescheid, aber nach kurzem Fußmarsch war die „Hütte“ gefunden. Das Garagentor stand offen, das dort stehende sparsame Equipment und das vom Rondenbarg geliehene Schlagzeug zeigten an, dass hier der Gig stattfinden solle. Allerdings waren wir zunächst allein da unten und niemand gab sich uns als Ansprechpartner oder gar als Verantwortlich für das Technik-Gedöns zu erkennen. So kam es, dass den Aufbau kurzerhand wir übernahmen (dabei federführend: der sich damit glücklicherweise bestens auskennende Mike). Das hatte zur Folge, dass irgendjemand von uns immer wieder in den Wohnkomplex lief, um Kabel, wat zu trinken etc. ranzuschaffen. Dort stellte sich heraus, dass die Party bereits seit Tagen in Gang war und sich eine gewisse Katerstimmung breitgemacht hatte, die das Ganze nicht unbedingt vereinfachte. Irgendwie bekamen wir jedoch tatsächlich einen amtlichen Aufbau inkl. P.A. zusammenimprovisiert, hatten letztlich aber nur ein einziges – mein – Gesangsmikro für drei Bands. ZWECKENTFREMDUNG hatten im Vorfeld abgesagt, übrig blieben wir drei anderen, die auch allesamt vor Ort waren. An einen Beginn um 20:00 oder gar 19:00 Uhr war jedenfalls keinesfalls zu denken und bis alles stand, verstrich die eine oder andere Stunde. Langsam aber sich kamen einige Gäste zusammen, womit wir gar nicht unbedingt gerechnet hatten, da diverse Konkurrenzveranstaltungen um die Gunst des Publikums buhlten. Der Pöbel verteilte sich aber im Gebäude und lief wild durcheinander, bis wir irgendwann kurzerhand beschlossen, dass 21:30 Uhr eine gute Zeit zum Beginnen wäre und zehn Minuten vorher marktschreierisch diese Kunde durch die diversen Räumlichkeiten kolportierten. Glücklicherweise war’s auch möglich, die grelle Leuchtstoffröhre über der Bühne auszuschalten und so legten wir mit „Aktion Mutante“ los. Und siehe da, die Garage war amtlich gefüllt und der Mob sprang jauchzend und vergnügt über den Beton, hatte Bock und Spaß. Da es irgendwie außer Bier nichts zu trinken und zu essen schon gar nichts gab, hatte ich mittlerweile auch einen nicht von der Hand zu weisenden Pegel, der in Kombination mit dem Adrenalinausstoß zu einer von jeglicher Nervosität keinerlei Spur mehr aufweisenden Performance von mir führte, aber auch die Konzentration erschwerte und mich ein, zwei Mal die Texte versemmeln ließ. Vom zu großen Teilen noch volleren Publikum merkte das niemand und der Party tat’s keinen Abbruch. Seine Live-Premiere hatte unser jüngster Song „Nie der Plan“, der sich als echter Stimmbandzerfetzer herauskristallisiert, aber da muss ich ebenso durch wie das Publikum… Der geile Gig hatte für den ganzen Aufwand im Vorfeld entschädigt und nun gab ich mir richtig die Kante zu KACKREIZ, die sich als Kölner natürlich als waschechte Karnevalisten entpuppten und in abgefahrenen Kostümen schmutzige Lieder sangen, wobei es die Background-Sängerin nicht ganz leicht hatte, so ganz ohne Mikrofon. Beim geschmackvoll ausgewählten NORMAHL-Cover „Exhibitionist“ zog der Sänger/Gitarrist blank und es mich nach vorne zum Mitgrölen. Zumindest obenrum nackig machte ich mich nach diesem kurzweiligen und amüsanten Gig mit viel Asi-Charme aber erst bei INBREEDING CLAN, die ich für eine der interessantesten aktuellen Hamburger Bands halte. Wann immer die Band um Sänger Floh auftritt, kann ich nicht an mich halten, muss ich mich zwanghaft betrinken und durchdrehen. Norddeutscher Scum-Punk vom Feinsten, die beste „Ghostriders in the Sky“-Coverversion wo gibt und die Ausstrahlung atomar verstrahlter Höhlenbewohner machen die Band, die in ihrer Authentizität gar nicht auf irgendeine Theatralik setzen muss, zu etwas ganz Eigenem und Besonderem. Flohs kaputter Kloaken-Gesang, der treibende Bass und die Uffta-Drums gehen ohne Umwege direkt ins Bein und provozieren grobmotorische Eruptionen. Aus dem Konzept hab ich mich auch nicht bringen lassen, als, wie man mir erzählte, irgendeine volltrunkene Spaßbremse anscheinend der Meinung war, ich hätte ihn beim Pogo zu doll angerempelt, woraufhin er in meinem Rücken stets versuchte, mich umzustoßen – was ihm beim x-ten Anlauf schließlich gelang. Dafür hat er sich einen trotz meines Zustands gezielten Faustschlag eingefangen, woraufhin er sich nicht entblödete, mit einer Flasche auf mich losgehen zu wollen. Das unterbanden jedoch meine aufmerksamen Bandkollegen, woraufhin ich in Ruhe weiterfeiern konnte. Der Depp gab trotzdem keine Ruhe und versuchte, seinerseits Schläge zu platzieren, was ich allerdings nicht einmal wahrnahm und nach einem weiteren Einschreiten meiner Kollegen war dann auch Sense. Ab dem grandiosen INBREEDING-CLAN-Auftritt (wie schafft es Floh eigentlich, volltrunken noch so einen Auftritt abzuliefern?!) verschwimmt meine Erinnerung doch arg. Ich weiß noch, dass Leute der drei Bands miteinander jamten und damit auch zu mittlerweile weit fortgeschrittener Stunde die eigentlich so ruhige Gegend zwischen Pflegeheim und Friedhof beschallten (das Garagentor stand die gesamte Zeit weit offen – mich wundert, dass keine Bullen antrabten), ich anschließend noch den CLAN mit dummen Sprüchen nervte und irgendwann auf einem Bett sitzend einfach nach hinten umkippte und einschlief. Auch andere haben beim Gerangel bei INBREEDING CLAN leichte Blessuren davongetragen und bereits bei KACKREIZ gab es Ärger mit irgendeinem Typen, der ohne ersichtlichen Grund auf Kai losging. Überblick über irgendetwas hatte am Schluss auch niemand mehr, richtig ansprechbar war kaum noch jemand. Solche vermutlich schnapsbedingten Begleiterscheinungen werfen dann natürlich doch ihre Schatten auf einen Abend im tiefsten Untergrund, aus dem ansonsten das Beste gemacht und das Maximum herausgeholt wurde und der noch rustikaler eigentlich gar nicht hätte sein können. Dass mein altes Mikro am Ende auch noch seinen Geist aufgab, verbuche ich aber unter normalem Materialverschleiß – ebenso meine gefürchtete Kombination aus Alkohol- und Muskelkater am nächsten Tag. Das Geburtstagskind erwies sich im Nachhinein übrigens als sehr dankbar und weiß das Engagement aller Bands zu schätzen. Und gestorben ist meines Wissens auch niemand. 😉

08.03.2014, Villa, Wedel: DOGS ON SAIL + FIRM HAND + BOLANOW BRAWL

dogs on sail + firm hand + bolanow brawl @villa, wedel, 08.03.2014

Dass schon wieder ein Jahr rum ist, merkt man i.d.R. daran, dass die Wedeler Namensvettern Lars und Lars das Frühjahr mit ihrer Geburtstagsparty einläuten, einer festen Institution im Wedeler Veranstaltungskalender. Wie üblich findet die Sause in Form eines Punk/HC-Konzerts in der für solche Unterfangen prädestinierten Villa statt, die u.a. durch unmittelbare Bahnhofsnähe glänzt und dadurch auch zum attraktiven Ausflugsziel vieler Hamburger wird, denen man ja sonst gern eine gewisse Reisefaulheit selbst nur über Stadtteilgrenzen hinweg nachsagt. Zu meiner besonderen Freude durfte ich erneut nicht nur als Gast, sondern als Akteur mit von der Partie sein, diesmal in meiner Funktion als Sänger von BOLANOW BRAWL. Nach den ersten Freigetränken und der Verköstigung deliziösen Chili con Veggie-Carnes begannen wir ich glaube gegen 21:30 Uhr und, ja, in den vergangenen Jahren dürfte die Villa etwas voller gewesen sein. Doch auch so konnten wir uns über mangelnde Resonanz nicht beklagen. Die vielleicht 50, 60 Männ- und Weiblein sahen unseren ersten Wiedergutmach-Gig nach der alkoholbedingten Vollkatastrophe im Skorbut und damit eine Band, die sich nach eben jenen Erfahrungen ein klein wenig, naja, „seriöser“ darstellte und konzentrierter als zuletzt. Das resultierte in einem weitestgehend fehlerfreien Gig, der auf der Bühne genauso viel Spaß machte wie hoffentlich davor, wo manch einer Tanzbeine schwang, skandierte oder wenigstens grobmotorisch zuckte. Die Setlist wurde umgekrempelt, ganz bescheiden begannen wir mit Oxymorons „We Rule Ok“, das sich nun seinen festen Platz im Set gesichert hat, und präsentierten mit „Man on the Run“ ein brandneues Stück. Als eigentlich nicht geplante Zugabe gab’s noch einmal „Total Escalation“ und dann war der Drops gelutscht. Der fähige und sehr entgegenkommende Mischer dürfte uns einen guten Sound zurechtgefriemelt haben, denn der Soundcheck lief gut und auch die folgenden beiden Bands klangen klasse. Nun konnten auch wir also so richtig zu feiern beginnen und zogen uns FIRM HAND rein, eine Hamburger Nachwuchs-Hardcore-Combo mit sehr fitten Musikern, zwei zünftigen Gitarren und einem engagierten, aggressiven Shouter. Einer der Höhepunkte des Sets war die THIS-BELIEF-Coverversion „Justice“, dargeboten zusammen mit Ex-THIS-BELIEF-Frontmann Valentin. Ein absolut überzeugender Gig, wenn auch in manche Ohren so’n knochentrockener, schnörkelloser Hardcore-Sound nicht ganz so glatt reingeht wie melodischeres Zeug und das Publikum sich vermutlich deshalb in erster Linie in rhythmischem Kopfnicken und interessiertem Anschauen/Zuhören übte. Die famosen DOGS ON SAIL waren im Vorfeld eine meiner Wunschbands für das Konzert und ich hab mich sehr darauf gefreut, einmal mit ihnen zusammenspielen zu können. Die sympathischen Hamburger Streuner haben mittlerweile 2,5 geile Platten draußen und den Sängerwechsel unbeschadet überstanden. George ist ein charismatischer und sicherer Frontmann, der mit die Band mit Street-Credibility versieht und sich voll reinhängt, den hymnischen Punkrock-Songs seinen eigenen Stempel aufdrückt. Insofern ist es mir absolut unverständlich, weshalb offenbar ein Teil des Publikums nach FIRM HAND bereits gegangen war und die Verbliebenen überwiegend die von uns propagierte totale Eskalation verweigerten!? Mir jedenfalls war nach Party zumute und so feierte ich jeden Song gebührend ab, inkl. des KIM-WILDE-Covers „Kids in America“, das nun nicht mehr Drummer Flo, sondern ebenfalls George ins Mikro schmettert. Klasse Songs und klasse Gig einer Band, der ich etwas mehr Publikumsresonanz gewünscht hätte. Aber auch so war’s mal wieder ein überaus gelungener Abend, der wie üblich in einer feuchtfröhlichen Rückfahrt per S-Bahn mündete, während der der HVV-Knigge in mancherlei Hinsicht ignoriert wurde. Danke an Lars, Claudia, Lars und die Villa – bis nächstes Jahr!

24.02.2014, MarX, Hamburg: ENFORCER + SKULL FIST + VANDERBUYST + GENGIS KHAN

enforcer + skull fist + vanderbuyst + gengis khan @marx, hamburg, 20140224Ein Montagabend im Zeichen des Metals. Bandprobe abgesagt, pünktlich Feierabend gemacht und auf zur Markthalle (bzw. deren kleiner Schwester, dem MarX), leider allein – niemand in meinem Freundeskreis ist so irre, an einem Montagabend ein solches Konzert aufzusuchen. Egal, vorgenommen, nüchtern zu bleiben und den Bands, ähm, „interessiert zu folgen“, was bei Metal-Shows eigentlich immer ganz gut klappt. Kutten wohin das Auge blickt, entspannte Leute, und ein pünktlicher Start von GENGIS KHAN. CSU-Bonze Leslie Mandoki zu feuern war längst überfällig, die musikalisch etwas härtere Ausrichtung stand der Band auch nicht schlecht zu Gesicht und besonders der Drummer lieferte eine geile Show, ließ die Sticks kreisen, warf sie hoch, fing sie wieder auf und durfte die Chose durch ein gelungenes Drum-Solo auflockern. Das Songmaterial erschien mir trotz allem aber eher unspektakulär und auf den alten Smashhit „Dsching, Dsching, Dschingis Khaaan, hey Reiter, ho Reiter…“ musste ich ganz verzichten. Oder hab ich da was verwechselt? Im Ernst: Italo-Metal der okayen Sorte.

VANDERBUYST kannte ich schon live, spielen partytauglichen Hardrock/Metal mit ‘70s-Vibe. Machen live immer Laune, zumindest dann, wenn die Kaasköppe bischn härter zur Sache gehen. Die Bude war mittlerweile voll, die Band wurde sehr gut angenommen, aber mir gelüstete es nach mehr Speed.

Die Kanadier SKULL FIST scheinen voll und ganz für ihre Musik zu leben und veröffentlichen Platten mit geilen gezeichneten Covern mit so’nem Totenwasserkopp druff und spielen einen interessanten atmosphärischen Oldschool-(Speed-)Metal-Sound. Der Sänger agiert in den höheren Tonlagen und manch hochmelodische Akkordfolge schmeichelt sich zu hymnenartigen Refrains ein. Das kommt irgendwie gut und war ehrlich gesagt der Hauptgrund für mich, dieses Konzert zu besuchen. Da die als einzige aber keinen eigenen Banner dabei hatten, hielt nicht nur ich die Jungs auf der Bühne aufgrund der Ähnlichkeit des Sounds zunächst für ENFORCER, deren Banner von der Bühne prangte. Ließ sich aber auch schlecht heraushören, denn der Livesound war zunächst für den Allerwertesten: Gesang zu leise, die Tiefen haben alles überdröhnt – und zwar total verzerrt. Wurde später aber besser und die Band war supergeil! Grandiose Show, feinster Street Speed Metal mit Hymnencharakter. Die Band steigerte sich voll rein, setzte Unmengen Energie frei, sprang in den feiernden Mob, ließ sich im wahrsten Sinne des Wortes auf Händen tragen. Auch das Publikum setzte immer wieder zum Crowdsurfen an, manch Brille wurde von der Nase gefegt, einer dürfte sich auch verletzt haben. Die Stimmung blieb aber positiv und friedlich. SKULL FIST mussten folgerichtig für ’ne Zugabe ran und haben mich vollends überzeugt!

skull fist live @marx, hamburg, 24.03.2014

Skull Fist live – da wird auch schon mal über den Kopf des Publikums hinweg soliert

Die Schweden von ENFORCER bildeten dann den krönenden Abschluss und waren ’ne glatte Eins, unfassbar intensiver Speed Metal, wahnsinnige Konditionsleistung der Band, viel geiler als auf Platte, Energie pur! Und dann coverten sie auch noch „Countess Bathory“ von VENOM… Gab zwei Zugaben und war der absolute Oberhammer! „Katana“, „Live for the Night“, „Satan“ ein energisch vorgetragener Kracher nach dem anderen, Adrenalin pur, 100%ig authentische Darbietung. Ich wusste, dass ENFORCER gut sein würden, ich kannte die ersten beiden Alben und war vertraut mit dem schnörkellosen, melodischen Oldschool-Speed-Ansatz der Truppe um den blonden Frontmann, aber einen solchen Orkan hatte ich nicht erwartet. Schwer beeindruckt und tatsächlich quasi-nüchtern ging’s ins Bett, während ich noch darüber grübelte, woher diese Band ihre Energie auf einer solchen Tour nehmen, während ich nach nur einem Gig mit einer meiner Combos eigentlich schon ein Fall für die Reha bin…

08.02.2014, Lobusch, Hamburg: OI POLLOI + HAMBURGER ABSCHAUM

oi polloi + hamburger abschaum @lobusch, hamburg, 08.02.2014Endlich mal wieder die schottischen Anarchos von OI POLLOI, und dann auch noch zusammen mit dem HAMBURGER ABSCHAUM, der nun endlich sein Album draußen hat – das klingt nach ‘ner geilen Party! Dank BOLANOW-BRAWL-Gesangsaufnahmen schon gut angeheitert, kam ich reichlich spät und hatte Glück, überhaupt noch in die rappelvolle Lobusch hineingelassen zu werden. Dort gab der ABSCHAUM gerade sein eigens für den Soli-Sampler für die Lampedusa-Flüchtlinge eingespielten Song zum Besten, der zum Fäusterecken und Mitgrölen einlädt und wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, folgte das mittlerweile hinlänglich bekannte Programm mit all seinen Hits, das entsprechend gefeiert wurde. Die Lobusch glich allerdings mittlerweile einer Sauna, worunter meine Kondition litt. Ein paar Bieraufgüsse später standen OI POLLOI auf den Brettern und wie einen guten Wein hätte ich die altbekannte Show mit den längst zu Klassikern gewordenen Ansagen und Show-Elementen – wie immer vorgetragen in höchst respektablem Deutsch! – genießen können, wäre der raue, schnelle Hardcore-Punk der Band nicht derart aufpeitschend gewesen, dass ich mich wider alle Vernunft in den Pogo-Mob stürzte und angesichts meines desolaten Zustands vermutlich mehr herumstolperte, als, äh, tänzerische Akzente zu setzen. Ein nasser Sack wäre Fred Astaire dagegen gewesen. Ächzend und keuchend fand ich irgendwann in der Nacht dann glücklicherweise noch den Weg nach Hause. Irgendwie ganz schön anstrengend alles, aber manchmal siegt die Abenteuerlust eben doch noch vor der Altersweisheit.

17.12.2013, Bambi Galore, Hamburg: STRIKER + SCREAMER + EVIL INVADERS

striker + screamer + evil invaders @bambi galore, hamburg, 17.12.2013Auf eine positive Kritik im „Rock Hard“ hin hatte ich mal in das Mini-LP-Debüt der belgischen EVIL INVADERS hineingehört – und umgehend zum heißesten Oldschool-Speed-Metal-Scheiß überhaupt zurzeit erkoren. Klar war demnach, dass ich die sympathische Bambi Galore in Hamburg-Billstedt heimsuchen werde, um mir das Spektakel live nicht entgehen zu lassen. Der Laden füllte sich für einen Dienstagabend erstaunlich schnell und ansehnlich mit kuttentragenden Metalheads und atmete ordentliche ‘80er-Atmosphäre. EVIL INVADERS machten dann auch den Anfang des Dreier-Pakets und erfüllten all meine Erwartungen! Die Band gab alles, spielte ihre pfeilschnellen Stücke quasi fehlerfrei in einem wahren Rausch und Gitarrist und Sänger Jöe Anus malträtierte seine Stimme mit hohen Frequenzen und spitzen Schreien – genial! Als Extra-Bonbon gab’s das EXCITER-Cover „Violence and Force“, das wie die Faust aufs Auge passte. Der Sound war ebenfalls klasse und auch meine Freundin, in Sachen Speed-Metal-Konzerte (wie ich eigentlich auch) eher unbeleckt, fand Gefallen an der Sause, was mir den Abend zusätzlich versüßte. Für mich stand jetzt schon fest, den Höhepunkt des Konzerts bereits erlebt zu haben, hatte die folgenden Bands aber auch gar nicht so recht auf dem Zettel. Die Schweden SCREAMER forderten allerdings vehement Aufmerksamkeit ein, spielten ebenfalls ein superflinkes Brett, schreckten nicht vor Hochfrequenz-Tönen der Gitarre und der Stimme zurück und wurden entsprechend abgefeiert. Besonders gefallen haben mir die Songs „Demon Rider“ und „Screamer“ und auch der Rest war nicht von schlechten Eltern sowie höchst unterhaltsam und mit Nachdruck dargeboten. Eine ungekünstelte Band, übrigens mit einem Punk am Schlagzeug, die ihre Songs lebt und mit ehrlicher Inbrunst darbietet. Live ‘ne volle Kante – Respekt! Und siehe da, STRIKER aus Kanada schlugen in dieselbe Kerbe, spielten um ihr Leben und lieferten eine geile Show, an der es rein gar nichts zu mäkeln gab! Der Sound war noch immer 1a und der Mob feierte, das IRON-MAIDEN-Cover „Two Minutes to Midnight“ wurde aus hunderten Kehlen mitgesungen. Obwohl SCREAMER und STRIKER nominell gar nicht zwingend dem Speed-Subgenre zugerechnet werden, erschien mir der ganze Abend wie einziger Geschwindigkeitsrausch, der selbst dann permanent Adrenalin produzierte, wenn man nur dastand und sich von den Darbietungen an die Wand drücken ließ. Alle Bands waren wild, spieltechnisch bemerkenswert, energiegeladen und authentisch und sicherten mir ein beeindruckendes Konzerterlebnis mit viel Underground-Flair, das ich so schnell nicht vergessen werde – wenn auch das Pfeifen in den Ohren glücklicherweise schnell wieder nachließ. SO macht Metal verdammt viel fucking Spaß!

06.12.2013, Lobusch, Hamburg: WWK + ARGH FUCK KILL + DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS

wwk + argh fuck kill + disillusioned motherfuckers @lobusch, hamburg, 06.12.2013Nachdem wir mit den MOTHERFUCKERS seit einigen Wochen in der Lobusch unseren Proberaum gefunden haben, sollten wir am Nikolausabend endlich auch einmal dort vor Publikum auftreten – als Vorband von ARGH FUCK KILL, die wie wir aus Hamburg kommen, und den Franken von WWK. Ein Abend im Zeichen des Hardcore-Punks also. Mike kümmerte sich nicht nur um die zweite Klampfe von uns, sondern sorgte auch für den guten Ton des Abends, womit ich den Sound meine. Für uns wurd’s Dezember-Gig-typisch mal wieder alles andere als pannenarm, was damit begann, dass das getestete Intro von CD partout nicht lief, als wir wartend auf der Bühne standen und dumm aus der Wäsche guckten. Also ohne Intro ab dafür und durchs Set geprügelt. Das Publikum war absolut fantastisch: der Laden war voll und die Leute hatten richtig Bock aufs Konzert, gingen vom ersten Ton an ab und mit – besser kann man’s sich als erste Band nicht wünschen. Leider riss Kai bei „Victim of Socialisation“ eine Saite, also den Song mit nur einer Klampfe und Hängen + Würgen zu Ende gebracht. Der kluge Motherfucker sorgt vor und so hatte Kai bereits eine Ersatzklampfe bereitstehen. Dass er auch dort in einem Anfall unterbewussten Vandalismus‘ nur kurze Zeit später die nächste Saite schredderte, war jedoch nicht geplant. Die letzten beiden Songs zogen wir improvisiert durch, doch für die geforderte Zugabe langte es nicht mehr und wir mussten abbrechen. So oder so war’s aber vom Zuspruch her wohl unser bisher bester Gig, unsere Bühnenleistung hingegen holperte hier und da und die Pannen nervten, uns jedoch weit mehr als das Publikum, insofern können wir unterm Strich zufrieden sein. ARGH FUCK KILL stehen noch ganz am Anfang und hatten bisher erst eine Handvoll Gigs, lieferten jedoch einen sehr energetischen, kaltschnäuzig-souveränen und voll und ganz überzeugenden Auftritt auf die altehrwürdigen Lobuschbretter. Geradliniger, derber Hardcore-Punk, bei dem mir besonders das punktgenaue „supertighte“ Schlagzeugspiel auffiel. Shouter Sven versah manch Refrain mittels Effektgerät mit einem Hall, was ebenfalls angenehm an alte ‘80er-Genrekost erinnerte. Geiler Gig und die Band sollte man unbedingt im Auge behalten. WWK fanden dann ein bereits sehr gut aufgepeitschtes Publikum vor und schmetterten einen Hassbatzen nach dem anderen in die Meute. Nicht allein aufgrund der Bass/Gesang-Doppelbelastung rang mir die Kondition des Frontmanns Respekt ab. Auch hier die pure Spielfreude und am Ende eine Zugabe nach der anderen, als hätte der Abend noch ewig so weitergehen können. Spitzenstimmung, kein Ärger, alles bestens. Und trotzdem war ich nach etlichen Stunden im immer verqualmter werdenden und sich immer mehr aufheizenden Laden froh, irgendwann den Heimweg antreten zu können – wofür meine Lady und ich kurzerhand aus dem Fenster sprangen, statt uns elendig lange durch die Menschenmassen zur Tür zu drängeln, und frische Luft aufsogen, die in dieser arschkalten Post-Xaver-Nacht mitverantwortlich dafür sein könnte, das ich mir ‘ne fette Schnodder- und Röchelseuche zuzog. Aber irgendwas ist ja immer. Danke an die Lobusch-Crew für diese geile Auftrittsmöglichkeit und an den bestens aufgelegten Mob!

20.11.2013, Hafenklang, Hamburg: THE SLACKERS + JAMES & BLACK feat. DJ PHIL ROSS

slackers, the

Aus zeitgenössischem Ska mache ich mir nicht allzu viel, aber die SLACKERS aus New York haben sich über Jahre hinweg einen sehr guten Ruf erspielt und gelten nicht nur als sehr veröffentlichungsfreudige, sondern auch als gute Liveband. Manch Samplertrack der Band höre ich sehr gern und als meine Lady signalisierte, dass sie gern zum Hamburger Gastspiel im Hafenklang gehen würde, überlegte ich nicht lange und beschloss kurzerhand, mitzukommen. Die Karten bereits im Vorverkauf zu sichern, war wohlüberlegt, denn das Hafenklang war wieder einmal ausverkauft – und das an einem Mittwochabend! Das ist natürlich ein Indikator für die große Beliebtheit der Band, deren Publikum sich an diesem Abend aus allen möglichen Leuten, darunter vielen „Normalos“, zusammensetzte. Die Vorband „James & Black“ entpuppte sich als amerikanisches Soul-Duo – James an der Orgel, Black am Gesang, auch James sang, und für die Percussions etc. hatte man DJ Phil Ross dabei, der mit Plattenspieler und Notebook Beats und Samples einspielte, OHNE der Musik das Traditionelle zu nehmen. Nun kann ich mich nicht erinnern, jemals auf einem Soul-Konzert gewesen zu sein und war freudig überrascht von der Darbietung der drei Gestalten auf der Bühne. Black klang wie eine schwarze Soul-Diva und auch der hellhäutige James hatte eine Röhre, die man eher mit kaffeebraunen Gesangskünstlern in Verbindung bringen würde, würde man es nicht mit eigenen Augen sehen. Die gesamte Zeit über haute er verdammt gut in die Tasten und ergänzte sich, was die Instrumentierung betrifft, prima mit dem DJ. Das Wichtigste aber sind selbstverständlich die Songs an sich, und die waren über jeden Zweifel erhaben, gingen beim glasklaren Sound im Hafenklang unter die Haut und gefielen so sehr, dass ich nach dem Gig direkt das bisher erste (Live-)Album erstand. Eine sehr schöne Erfahrung, dieser Auftritt, und das nächste Soul-Konzert kann von mir aus kommen.

Nach kurzer Umbaupause dann die Slackers, bestehend aus stilvoll gekleideten Herren mittleren bis älteren Semesters, die den Laden ebenfalls bei Spitzensound von vornherein im Griff hatten. Die SLACKERS spielen keinesfalls Zirkusmucke, sondern mal mehr, mal weniger oldschooligen Ska- und Reggae-Sound mit immer wieder deutlichen Soul-Anleihen und hier und da diversen weiteren Einflüssen, der gut in Ohr und Bein geht und für brillante Stimmung im Publikum sorgte. Manch wirklicher Hit ist darunter und der Band zuzuschauen, wie sie absolut souverän, doch mit erkennbarer Leidenschaft und viel Spaß bei der Sache durch ihr Set führt, macht Laune, steckt an – tolle Entertainer. Sehr im Gedächtnis geblieben ist mir der schnauzbärtige ältere Bassist, der seinen E-Bass auf einem Hocker abgestützt nach Art eines Standbasses zupft – sieht man auch nicht alle Tage. Auf Dauer fehlten mir jedoch dann irgendwann doch etwas die Ecken und Kanten und der Dreck in der Musik und längst nicht jeder SLACKERS-Song verfügt über so verführerische Hooks, dass man immer weiter nach mehr lechzt. Die Band wollte jedoch gar nicht mehr aufhören und selbst nach der x-ten Zugabe spielte sie weiter und weiter, bis wir es fast schon ein wenig ermüdend fanden und ausnahmsweise noch vor Verhallen des letzten Akkords den Ort des Geschehens verließen, den Zeitdruck aufgrund der keinen ewigen Aufschub duldenden Rückreise im Nacken verspürend. Trotzdem: Schönes Konzert einer überaus spielfreudigen Band, Überraschung des Abends aber waren JAMES & BLACK für mich!

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