ISBN: 3-89324-037-3

Noch bevor die Redaktion der damals größten Filmzeitschrift Europas, der „Cinema“, die TV-Zeitschrift „TV Spielfilm“ ins Leben rief, brachte sie Ende 1988 ihr erstes Jahrbuch für Spielfilme heraus, die im nahenden Folgejahr innerhalb des Fernsehprogramms der damals noch übersichtlichen bundesdeutschen Senderlandschaft laufen sollten. Die Filmauswahl wurde damals langfristig geplant, die genauen Termine standen jedoch noch nicht fest. Wo zumindest der Monat bekannt war, wurde er angegeben.

Natürlich wandte sich das 196 Seiten starke Buch seinerzeit an Filmfreunde, die einen Überblick übers kommende Filmprogramm erhalten wollten. VHS-Kassetten mit Spielfilmen waren teuer, die Videorekorder liefen daher heiß, wenn sehenswerte Filme im TV liefen. Doch es ist auch in der Retrospektive interessant, sich einmal vor Augen zu führen, wie sich das Spielfilmangebot des Fernsehens damals eigentlich zusammensetzte – vor allem, wenn man wie ich damals selbst gerade begann, TV-Zeitschriften auf der Suche nach Highlights zu studieren und diese auf Videokassetten mitzuschneiden (die sich größtenteils noch immer im Privatarchiv befinden). Auf der persönlichen Ebene also durchaus ein nostalgisches Vergnügen, auf der Meta-Ebene ein aufschlussreicher Einblick in die Entwicklung des Mediums.

Aufgeteilt ist der Band in die Rubriken „Die Filme des Jahres“, „Die Klassiker“, „Retrospektiven und Reihen“ und „Filmhits“. Nicht immer wird deutlich, nach welchen Kriterien die Zuordnung der Filme in welche Rubrik stattfand. „Die Filme des Jahres“, mit denen das Buch nach einem Vorwort des Chefredakteurs Willy Loderhose eröffnet, umfasst lediglich acht Spielfilme, die die Redaktion offenbar als besonders herausragend erachtet hat und die bis dahin (wenn überhaupt) noch nicht allzu häufig im TV ausgestrahlt wurden: „2001 – Odyssee im Weltraum“, dessen Fortsetzung „2010“, „Gandhi“, „Jenseits von Afrika“, „Zurück in die Zukunft“ u.a. wurde diese Ehre zuteil. „Die Klassiker“ haben allesamt bereits ein paar Jährchen auf dem Buckel, was jedoch auch auf viele „Filmhits“ zutrifft. Davon unabhängig macht es aber Spaß, Titel wiederzuentdecken, die man damals aufgrund ihrer TV-Ausstrahlungen tatsächlich erstmals gesehen hat.

Interessant ist der Bereich „Retrospektiven und Reihen“, aus dem hervorgeht, welchen Regisseuren, Schauspielern und cinematischen Phänomenen vornehmlich die Öffentlich-Rechtlichen besondere Bedeutung beimaßen, indem sie sie mit mehreren Ausstrahlungen verschiedener Filme bedachten. Allen voran findet sich hier Alfred Hitchcock, aber auch Truffaut, Cassavates und Chandler wurden ins Gedächtnis gerufen. Weitere Reihen sind personalübergreifend und wurden unter „Glasnost im sowjetischen Kino“, „Hollywood Boulevard“ und „Junges amerikanisches Kino“ zusammengefasst.

Wie aus dem „Cinema“-Magazin gewohnt, wird viel mit großformatigen Szenenfotos gearbeitet und werden die einzelnen Filme mal mehr, mal weniger ausführlich abgehandelt. I.d.R. handelt es sich mehr um Filmvorstellungen als um -kritiken. Einige Hintergrundinfos, Einordnungen und manch treffender Kommentar stellen jedoch einen Mehrwert gegenüber dem reinen Abdruck kritikloser Promotexte oder Inhaltsangaben dar. Auffällig ist bisweilen aber auch, wie selbstverständlich man immer wieder Enden und Pointen spoilerte.

Hier und da hätte das Lektorat gern etwas genauer hinsehen können; davon und von den anderen genannten Kritikpunkten weitestgehend unabhängig bietet „Spielfilme 89“ aber einen schönen Überblick über das Spielfilm-TV-Programm von vorgestern, für den man dank Bücher wie diesem keine antiquarischen TV-Zeitschriften wälzen muss. Ein solcher Überblick könnte beispielsweise von Interesse werden, möchte man das Spielfilmangebot damaliger Öffentlich-Rechtlicher mit dem der Privatsender (damals Sat.1, RTL und Tele5) vergleichen. Ein Inhaltsverzeichnis und ein Index runden das auf festem, wertigem Papier gedruckte hochformatige Nachschlagewerk im broschierten Einband ab.