FRUSTKILLER aus Hannover und KREFTICH aus Dinslaken und Duisburg betourten ihre aktuellen Alben und machten an jenem Samstag im Menschenzoo Halt. Nach Weihnachtskeksebacken und Fußballgucken im Menschenzoo-St.-Pauli-Siebdruckgedöns-Hauptquartier latschten Madame und moi Pauli-Pizza-gestärkt die Kellertreppen in den Club hinunter, in dem man sich mit dem Beginn noch etwas Zeit ließ. Die Hannoveraner hatte ich bisher kaum auf dem Schirm, ihr Song „Hotel zur Heimat“ war mir 2005 aber auf einer CD-Beilage positiv aufgefallen und blieb bis heute im Ohr. Die „Tourensöhne“ (Wortspiel des Gitarristen) traten mit zwei Klampfen als Quartett an, einer der Gitarristen ist zugleich der Sänger. Musikalisch am stärksten waren sie, wenn nicht beide Sechssaiter das Gleiche spielten, sondern sich ergänzten und gut ins Ohr gehende, oft leicht melancholische Melodien aus dem Hut zauberten. Dazu passte der tiefe, kehlig raue, etwas gepresste Gesang bestens, während offenbar US-Melodicore-inspirierte Breaks die von der Rhythmussektion angetriebenen Songstrukturen auflockerten. Ohne mit ihrem Œvre vertraut zu sein nehme ich an, dass es sich beim Set um einen Querschnitt aus allen drei Alben mit Schwerpunkt auf der aktuellen Langrille „Treibgut“ gehandelt hat. Irgendetwas hatte es anscheinend auch mit einem ominösen „Schichtgetränk“ der Band auf sich, das sich mir jedoch nicht ganz erschloss. Das „Hotel zur Heimat“ konnte ich mitsingen und freute mich über den Wiedererkennungseffekt. Eher ungewöhnlich auch, dass der Sänger explizit den Umstand lobend erwähnte, als Gast im Zoo alles vollquarzen zu dürfen – evtl. weil man sich dadurch eine Nebelmaschine spart? FRUSTKILLER erspielten sich ihr Publikum, wurden im verdammt gut gefüllten Menschenzoo sehr wohlwollend aufgenommen und mussten schließlich auch noch für eine Zugabe ran. Einwandfreier Gig, der die Messlatte hochgelegt hatte.
KREFTICH waren mir 2007 mit ihrem Debütalbum „Stil los!“ aufgefallen, das ich ganz gut fand. Vom Nachfolger „Bis hierhin und dann weiter“ 2011 hatte ich nichts mitbekommen und die aktuelle Platte „Niemals stumm“ auch noch nicht gehört, beides werde ich nachholen. Mit „Hallo Duisburg!“ begrüßte das Trio das Publikum. Offenbar war es der Band noch nicht verqualmt genug und so warf sie die Nebelmaschine an. KREFTICH mäandern irgendwo zwischen dem stilistisch an alte WIZO erinnernden Funpunk, nachdenklichen, melancholischen bis philosophierenden Songs und klaren An- und Aussagen gesellschaftskritischen, antifaschistischen Anspruchs, mit denen sie sich gerade machen und Haltung zeigen. Musikalisch sind melodische US-Punk-Einflüsse ebenso wenig überhörbar wie Anleihen beim CHEFDENKER- oder BASH!-Stil, angereichert durch ein paar Offbeat-Einlagen und – zumindest auf Platte – auch Bläsern, Klavierklängen etc. An ihren Instrumenten sind alle drei tiptop, den Hauptgesang teilen sich der mich optisch ein bisschen an Vincent Ebert erinnernde Bassist und der Gitarrist mit Struwwelpeter-Frise. „Unsere Stadt bleibt bunt“ vom neuen Album entpuppte sich als echter Hit, dessen Hauptgesang beim Drummer lag. Der leicht nasale Gesang des Bassers kommt zumindest live etwas dünn und der eine oder andere persönliche Geschichten verarbeitende Song wirkt auf den ersten Hör ein bisschen belanglos oder gar kitschig. Auf der Habenseite stehen die Stimme des Gitarristen, schwer tanzbare Songs wie „Koppdropp“ (mit sehr geilem Wechselgesang) oder „Immer wieder“, das den Stimmungshöhepunkt darstellte und um ein Mitsingspielchen ausgedehnt wurde. Kurios: Der Menschenzoo war eigentlich bis zum DJ-Pult gefüllt, mitten im Set lichteten sich die Reihen plötzlich, wurden jedoch durch eine ganze Traube plötzlich hinzustoßender Menschen wieder aufgefüllt, von denen es einige auch direkt nach ganz vorne zog, um den Pogo-Pit neu zu entflammen. Der per Gaffa befestigte KREFTICH-Banner machte nach und nach ‘nen Abgang, FRUSTKILLER verteilten ihr ominöses Schichtgetränk an die Band und der Zugabenblock umfasste zunächst zwei Songs: Die gelungene Anti-Nazi-Nummer „Gegenwind“, humorvoll selbstironisch angesagt mit: „Der nächste Song ist gegen Nazis und der ist auf dem neuen Album! Im Internet kann man Ansagen kaufen…“ „Spiegelbild“, der Opener des Debüts, war die zweite Zugabe. Die Konservenmucke lief schon wieder, als man erneut seine Instrumente einstöpselte, um abschließend „Halt mich fest“ von TAGTRAUM zu covern. Unterm Strich hat mich nicht jeder KREFTICH-Song umgehauen, aber das Set war ordentlich hitgespickt und die Band hatte ‘ne sympathische Ausstrahlung sowie Humor. Würde ich mir wieder geben. Einmal mehr also ein lohnender Konzertabend im Menschenzoo, den Mischpultchef Norman wie gewohnt mit einem 1A-Sound beschallte und dessen Bands meines Erachtens ziemlich gut zusammenpassten.
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