2015 gründete sich der Hamburger KAMIKAZE KLAN aus den Trümmern hanseatischer Hochkaräter wie EIGHT BALLS oder SMALL TOWN RIOT; Sänger George stieß von den DOGS ON SAIL hinzu, deren drittes Album er eingesungen hatte. Im April 2018 veröffentlichte man das Debütalbum, die offizielle Release-Party ließ jedoch bis Dezember auf sich warten. Für diese hatte man sich zwei hervorragend passende Bands ausgesucht, um mit ihnen die Bühne zu teilen.

Die erste waren die TYPHOON MOTOR DUDES, alte Kieler Recken, die ich seit einer Ewigkeit nicht mehr live gesehen hatte. Das Quartett hat sich arschtretendem Punk’n’Roll verschrieben, dargereicht mit zwei Gitarren und englischen Texten. Hatten die nicht mal ‘nen Sänger, so’n langhaarigen, der gern durchs Publikum stromerte? So zumindest hatte ich sie in Erinnerung. Nun sang halt einer der Gitarristen, neben älteren Songs auch brandneues Material wie „The One Who Knows It All“ über notorische Besserwisser, später einen weiteren, verdammt geilen, „Billy Horizon“ oder so. Ein paar Leute im etwa halbvollen Salon versetzte man in Bewegung, gab Fußballprognosen ab und sorgte vor allem für gute Laune und ebensolche Musik. Schön, die DUDES mal wiedergesehen zu haben!

Die dänischen GUV’NORS hatte ich vom gemeinsamen Gig in Kiel noch in bester Erinnerung, natürlich bestätigte sich der positive Eindruck auch heute: Auf ein Mundharmonika-Intro des Sängers folgte englischsprachiger Streetpunk mit rockiger Schlagseite und vielen schönen Singalongs. Zwischenzeitlich griff der Sänger immer mal wieder zur Mundharmonika und veredelte manch Song mit ihr, während der langhaarige der beiden Gitarristen sich die Finger wundschrubbte und körperlich so sehr mitging, dass er bald komplett schweißgebadet war – Wahnsinnsshow, Respekt! Eine Dame in der ersten Reihe tanzte unentwegt durch, ansonsten war mal mehr, mal weniger vor der Bühne los. Ich z.B. kam an diesem kalten Winterabend ehrlich gesagt gar nicht erst aus meiner Jacke raus. Die Band dürfte jedoch den Geschmack aller getroffen haben – klasse Gig, geht absolut klar!

Irgendwie haben die beiden vorausgegangenen Bands gewissermaßen den KAMIKAZE-KLAN-Sound definiert: Punk, Rock & Roll, rockiger Streetpunk – all das findet sich im KKK-Klanggewand wieder, der einem nun live um die Ohren flog. Beim ersten Song hatte der obenrum nur in seine Jeanskutte gehüllte George noch Probleme mit dem Mikro, danach war aber alles bestens: Deutschsprachiger Punkrock mit Straßenattitüde, rockigen Riffs aus zwei Klampfen und einem supertighten Rhythmusfundament, gegossen von KANISTERKOPF-Lehmann an der Schießbude und ex-EIGHT-BALLS-Michi am Viersaiter. George hat gegenüber seiner Zeit bei DOGS ON SAIL offenbar an Stimmumfang zugelegt und lieferte ‘ne energiegeladene Asi-mit-Niveau-Performance, die dir die Falten aus der Fresse boxte. Seine Texte sind meist persönlicherer Natur, sie handeln viel von Verlust und Tod, das „Schon mal vorgegangen“-Motiv zieht sich durch gleich mehrere Songs. Damit verarbeitet George die zahlreichen bedauerlichen Todesfälle innerhalb der Szene unter Angehörigen seiner Generation, die er und wir alle irgendwie verdauen mussten. Nachdem sein DOGS-ON-SAIL-Song „Death Machine“ True-Rebel-Karsten gewidmet war, handelte ein weiteres Stück von RIOT-OF-RATS-Tobi, „Heavy Metal“ wiederum war SOFASTRAHLT-Uli zu ehren. Allen Nachrufen zum Trotz gelingt es George und dem KLAN, eine positive Lebenseinstellung zu bewahren, was sich ebenfalls in Auftreten, Ausstrahlung und natürlich in den Texten widerspiegelt, in denen man eine gesunde trotzige Haltung dem Leben und seinen Unzulänglichkeiten gegenüber einnimmt und dem ängstlichen deutschen Spießer ins Gesicht lacht respektive ihm hasserfüllt in selbiges rotzt. In diesem Zusammenhang ist inhaltlich auch Platz für etwas Gesellschaftskritik. Während des Gigs wurde ein erstes Weihnachtsgeschenk in Form einer festlich verpackten Buddel Schnaps auf die Bühne gereicht, die sogleich geköpft wurde. Später im Set kredenzte man noch einen neuen Non-Album-Song, bevor man nach getaner Arbeit die Bühne verließ. Ein Gig, mit dem die Band absolut zufrieden sein kann – ich war’s jedenfalls und den Publikumsreaktionen nach zu urteilen war ich damit nicht allein. Es war tatsächlich mein erstes Mal KAMIKAZE KLAN live und es ist geil, diese Typen (inkl. des mir bis dato unbekannten zweiten Gitarristen) wieder auf der Bühne zu sehen. Würde mich freuen, mal mit einer meiner Combos mit dem KLAN die Bühne unsicher zu machen – das riecht nach ‘ner großen Party!