Ursprünglich wollte ich meinen Geburtstag am 21.07. zusammen mit Hannes im Gängeviertel nachfeiern und dort mit meiner Krawallcombo DMF zocken. Das ist auch nach wie vor der Plan, doch als zwischenzeitlich eine Anfrage vom Norderstedter Wagenplatz reinkam, dort exakt an meinem Geburtstag auf dem Sommerfest mit BOLANOW BRAWL zu spielen, nahmen wir diese Gelegenheit dankend wahr. Den Geburtstag gleich doppelt feiern – da mach‘ ich mit! Zudem bot sich so die Gelegenheit, dem Wagenplatz endlich einmal einen Besuch abzustatten. Nach Baustellen-, Schlagermove- und Triatholon-bedingtem Bahnchaos war ich Samstagnachmittag jedoch schon völlig neben der Spur und musste den Weg nach Norderstedt ohne meine Bandkollegen antreten, was letztlich jedoch eine dann entspannte U-Bahnfahrt durch Hamburg nach S-H bedeutete. Der vermeintliche Umweg, den ich genommen zu haben befürchtete, entpuppte sich dann auch als gar keiner (auch wenn ich noch immer verwirrt auf dem Platz Gegenteiliges verlautbarte) und so traf ich als erster am Ort des Geschehens ein, einem lauschigen kleinen Wagenplatz mitten in den grünen Wicken Norderstedts. Manch Bewohner machte einen etwas verkaterten Eindruck, denn das Fest hatte bereits am Tag zuvor begonnen, wenn auch ohne Livemucke. Bei verdammt angenehmem Wetter wurden nach Eintreffen meiner Band und weiterer Freunde die ersten Kaltgetränke gekostet und das leckere Futter vertilgt: Tofu-Zwiebel-Pfanne mit Pellkartoffeln, Sauerkraut und Tzatziki. Genau mein Geschmack, arschlecker, wenn natürlich auch unverantwortlich, Sauerkraut an eine Band wie die meine zu verabreichen, in der alle außer mir auch ohne Kraut bereits an permanenter Flatulenz „leiden“ (i.d.R. bin ich der einzige, der unter deren Darmwinden zu leiden hat…).
Vorm Auftritt wurde jedenfalls noch der eine oder anderen Dixi-Gang notwendig, vorher eröffneten jedoch IOAK („Im oder am Körper“) kurz vor halb 8 den bunten Bandreigen. Deutschsprachiger Schrammel-HC-Punk vom Platz in Triogröße mit Aggrogesang, angepisst, authentisch und kurzweilig – gefällt! Mit AUS DEM RASTER folgte die nächste Platzband, wie IOAK wohl erst seit Kurzem am Start. Zu sechst fand man Platz auf der Bretterbühne, mit zwei Klampfen (an einer der ehemalige KAOS-KABELJAU-Drummer) und männlich-weiblichem Wechselgesang blies man ebenfalls mittels deutschsprachigem HC-Punk zum Angriff und ging dabei durchaus abwechslungsreicher und musikalisch versierter als zuvor IOAK zu Werke. Schade, dass der Gesang ziemlich übersteuert war, weil die P.A. an ihre Grenzen gelangte, ansonsten war’s nämlich ein geiler Gig, der neugierig darauf macht, was in Zukunft noch von der Band zu hören sein wird. Ich war jedenfalls positiv überrascht. Die Bitte der Band, keine Fotos zu machen, habe ich natürlich respektiert.
Mittlerweile waren wir gut angetrunken – und an der Reihe. Mit reichlich Getränken ausgestattet – man hatte unlängst den Cocktail-Stand für sich entdeckt – ging’s mit dem ersten Streich meiner Mitmusiker los: Statt wie zuvor abgesprochen und notdürftig auf der Setlist markiert mit „Brigitte Bordeaux“ statt „Total Escalation“ anzufangen, ließ man mich Brigitte ansagen, um daraufhin „Total E.“ zu zocken. Super, Jungs. Und damit (natürlich) nicht genug: Anlässlich meines Geburtstags hatte man sich weitere Fisimatenten ausgedacht und nutzte die Pausen zwischen den Songs, um mich in ungewohnter Frequenz in Misskredit zu bringen zu versuchen, unverhältnismäßig oft auf meinen Geburtstag hinzuweisen, sich Fantasiealter für mich auszudenken, … Christian verzichtete erkältungsbedingt auf ein Mikro, dafür übernahmen andere das Reden für ihn… Für das verwunderte Publikum dürfte sich so ein selbst für unsere Verhältnisse ungewohnter Schlagabtausch ergeben haben, denn natürlich konterte ich, sodass verbal bereits vorweggenommen wurde, was sich später im Rahmen der Wrestling-Show physikalisch entladen sollte (mit anderen Anta- und Protagonisten, versteht sich). Zurück zum Gig: Die Jungs vom Platz versuchten, das Maximum aus ihrer Anlage für uns herauszukitzeln und zumindest oben klang’s auch gar nicht so schlecht, wenn ich auch später den Zeitpunkt verpasste, um Erhöhung meiner Monitor-Lautstärke zu bitten und stattdessen wieder gegenanzubrüllen begann, bis von meiner nachtigallengleichen Stimme nicht mehr viel übrig war. Auch machten sich bei der einen oder anderen Textzeile gewisse Konzentrationsschwierigkeiten bemerkbar, was außer Stulle jedoch niemand bemerkte. Der Flow wurde etwas durch zwei ausufernde Stimmpausen Christians gestört, was noch mehr Zeit für Dummgequatsche brachte. Eine Buddel Bolanow-Verschnitt ging ins Publikum, die anderen landete in unseren Kehlen. Ab und zu gesellten sich ein paar Leute zum Tanzen nach vorne, der Großteil lauschte jedoch andächtig und/oder guckte leicht irritiert. Alles in allem sicherlich nicht unser bester Gig, aber ein verdammter spaßiger – und zum ersten Mal wurde mir ein Plüschtier auf die Bühne geworfen (von einem Kerl).
Verrichteter Dinge ließen wir den Alkohol nun so richtig kreisen und einen wunderschönen Anlass dazu bot die Wrestling-Einlage, die auf Gummimatten neben der Bühne stattfand: Cindy irgendwas (den Namen habe ich leider vergessen) vs. irgendeinen Bösewicht (Name ebenfalls weggespült). Die Dame im Leopardendress war der Publikumsliebling und fauchte auf Englisch bitterböse Worte über ihren Gegner, einen fiesen Frauen- und Katzenschläger. Zwischenzeitlich sah es nicht gut für die toughe Cindy aus, doch letztendlich siegte die Gerechtigkeit und nach einer aufregenden Jagd über den Wagenplatz riss sie ihm die Rübe vom Leib, dass es nur so splatterte und präsentierte seinen abgenagten Schädel. Welch großartiger Sport!
Zur dargebotenen Brutalität passte nun bestens der Gig der Chef-Paranoiker und Laser-Punks BRUTALE GRUPPE 5000, die einmal mehr mit Aluhütchen und Pornobalken auftraten, ihre Mini-Orgel zum Glühen brachten und den Zeitgeist zwischen Glyphosat, Chemtrails und Fickpisse angemessen kommentierten – in Form eines zappelnden und sich die Seele aus dem verseuchten Leib schreienden Sängers. Fand ich sogar noch geiler als auf dem Wohlwillstraßenfest kürzlich und war der mehr als willkommene Soundtrack zum nachhaltigen Abschuss – nicht zuletzt, weil mind. einer der Organisatoren uns immer wieder nahezu nötigte, gefälligst dem Platz den Getränkevorrat wegzusaufen.
Der Elektro-Auftritt von DISCO CRUNCH verschwindet deshalb neben dem Qualm des Lagerfeuers auch hinter weiteren Nebelschwaden, ich erinnere mich jedoch an überraschend gute Texte zu nicht minder überraschend hörbarem Proleten-Techno-Beat. Und der Überraschungen nicht genug, enterte auch noch ein spontan hinzugestoßenes Hip-Hop-Kommando die Bühne, zunächst als Duo agierend, schließlich zu Trio-Größe gewachsen. Soweit mich meine spärliche Erinnerung nicht trügt, dominierten auch hier wirklich geile, unpeinliche Texte zu hör- und tanzbarem Hop, vorgetragen von sympathischen Zeitgenossen, die es glücklicherweise nicht nötig haben, sich in Genre-Klischees zu suhlen. Respekt!
Ist also eine bunte Melange verschiedener Musikstile geworden, in der wir die Streetpunk-Quote zu erfüllen versuchten. Zu vorgerückter Stunde ist es sogar noch zu einem Spontanauftritt der Trinker/Songwriter-Legende ANTOINE DE LA KACQUE gekommen, der auf geliehener Akustikklampfe und aus alkoholgeschwängerter Kehle seine intellektuellen, sozialkritischen Weisen dem kulturell aufgeschlossenen Publikum entgegenschmetterte. Der Abbau fand jedoch schließlich nicht nur auf der Bühne statt, sondern war auch bei uns deutlich vernehmbar. Ich stolperte böse über eine Holzpalette und stürzte, rettete mich jedoch schließlich auf einen Logenplatz, wo ich wegknackte und erst gegen 8:00 Uhr morgens die Äuglein wieder öffnete – kurz, nachdem die anderen Brawler in den verschiedensten Ecken erwacht waren und fluchtartig die Heimreise angetreten hatten. Fazit: Geiler Platz, sympathische Leute und eine denkwürdige Geburtstagsfeier. Danke! Mal gucken, ob ich das diesen Freitag noch gesteigert bekomme…
P.S.: Danke auch an Flo für die Fotos unseres Gigs!
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