Den ersten Teil der SMALL-TOWN-RIOT-Live-Reunion sowie meinen persönlichen Bezug zur Band habe ich ja bereits ausführlich auf virtuelles Papier gebracht. Natürlich ließ ich mir auch die Fortsetzung in Hamburg, den Gig im schicken Goldenen Salon mit Elbblick, nicht nehmen – zumal Stulle und seine Freundin endlich mal wieder mitzukommen angedroht hatte. Bei ihnen zogen wir uns noch die Sportschau rein (war ja letzter Spieltag) und glühten vor. Gegen 21:00 Uhr trafen wir am Veranstaltungsort ein und gesellten uns bei dem Anlass angemessenen Kaiserwetter auf die Treppe auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo die Band zusammen mit zahlreichen Gästen trank und entspannt sabbelte. Darunter befanden sich dann erneut einige Gesichter, die ich lange nicht mehr gesehen hatte – hatte bisweilen fast schon wieder Klassentreffen-Charakter.
Pünktlich zu den ersten Klängen der Rendsburger/Kieler MOMS DEMAND ACTION begaben wir uns nach oben in den „Salon“. Die vierköpfige Band ist aus den POWER-Trümmern hervorgegangen und zockt irgendwas zwischen Arschtritt-Rock’n’Roll, Garage-Punk und rockigem Hardcore mit gelegentlichen Orgeleinsätzen. Ein Ultra-Fan war vor der Bühne, der jeden Song inbrünstig mitbrülle, bis er vollkommen durchgeschwitzt war, hier und da kam auch etwas Bewegung in die Sache, der Großteil des Publikums aber lauschte hochinteressiert und spendete ehrlich gemeinten Applaus. Den hatten MOMS DEMAND ACTION in jedem Falle verdient, denn das war besonders in dieser Live-Situation schon wirklich geiler Scheiß. Der Sänger hat ein sehr passendes raues Organ sowie einen Hang zum Durchdrehen und auch wenn offenbar nicht jeder Songbeginn oder jedes Ende genauso geplant war, war das weit mehr als Geschrammel der immer gleichen Akkorde. Die Songs wurden nach kurzer Eingewöhnungszeit immer eingängiger, ohne ihre Kraft zu verlieren, entsprechend euphorisch war der Mob im nicht ganz ausverkauften Salon zum Ende des Sets. Außerdem hat der Gitarrist/Orgler ein Skeletor-Tattoo mit Partyhut. Klasse Live-Band, starker Gig!
- Moms
- Demand
- Action
Nach kurzer Abkühlung an der verrußten Hafenluft war die Erwartungshaltung an SMALL TOWN RIOT natürlich groß. Norman erzählte mir, dass sie die Zügel nach dem Kiel-Gig ziemlich hätten schleifen lassen und die Generalprobe eine Katastrophe gewesen sei. Nach alter Faustregel konnte also eigentlich nichts schiefgehen. Zumindest musikalisch tat’s das auch nicht, bereits der Opener „Addicted to Authority“ wurde gebührend gefeiert, gefolgt vom gleichsam melancholischen wie harten „Peer 52“ und dem Gangshouter „Suicidal Lifestyle“. Eine Handvoll Bekloppter war permanent am Herumspringen und Skandieren, inkl. Stulle und meiner Wenigkeit, der Rest zog es vor, das Konzert bewegungsärmer zu genießen. Während des zweiten Teils der eigentlich am Stück dargereichten „Love Song Trilogy“ riss Norman eine Saite, sodass es zu ‘ner kurzen Zwangspause kam. Er spielte daraufhin mit Andys Ersatzklampfe weiter, die wohl in Sachen Bundaufteilung oder so irgendwie vom Standard abweicht. Dass er dadurch in ernsthafte Schwierigkeiten geraten wäre oder sich vergriffen hätte, kann aber niemand bestätigen, klang nach wie vor alles astrein – übrigens auch dank des echt geschliffenen, gut ballernden P.A.-Sounds. Im Gegensatz zu Kiel hatte man diesmal übrigens an den neuen Banner gedacht, ihn allerdings nicht aufgehängt… Irgendwann griff ihn sich jemand aus dem Publikum und rollte ihn mithilfe der vorderen Reihe aus, woraufhin er schließlich vor (!) der Bühne behelfsmäßig fixiert wurde – und das nicht lange unbeschadet überstand, am Ende war er in zwei Hälften gepogt worden. Einer der meines Erachtens stärksten Songs ist „Bad Taste In Our Big Mouth“ über die Situation von Punks und Antifaschisten in Russland, der von Stulles Favorit „Living Hell“ gefolgt wurde, den Cheenz sich gewünscht hatte. Die Songs der genialen „Skulls & Stripes“-EP wurden ebenso frenetisch abgefeiert wie das kongeniale OLIVER-ONIONS-Cover „Sphinx“ (aus „Plattfuß am Nil“) und das großartige SLIME-Medley. „Working Class Family“ als Zugabe passte besonders gut, weil der Großteil von Normans Verwandtschaft anwesend war. Und im Anschluss gab ANTOINE DE LA KACQUE noch ‘ne spontane Zugabe, indem er exklusive Einblicke in sein kommendes Opus magnum „HAESVAU, Aller“ gewährte. Unterm Strich also ein weiterer verdammt geiler Gig, den ich durchgeschwitzt, aber hochgradig zufrieden nach ein, zwei Absackern Richtung nächste Kneipe verließ. Timo, Norman, Andy und Herr Lehmann haben nicht nur sauber und in Topform abgeliefert, sondern auch die Relevanz unter Beweis gestellt, die ihr gemeinsames Baby auch 2019 besitzt. Mehr davon!
- Small
- Town
- Riot
- Antoine de la Kacque
P.S.: Richtig geile Fotos gibt’s auf der SMALL-TOWN-RIOT-Seite bei Facebook:
https://www.facebook.com/Small-Town-Riot-109813969038547/
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