Einer der Ableger der herkömmlichen Barks Library des Ehapa-Verlags, die sämtliche Comics des Erfinders der Familie Duck, Carl Barks, umfasst, ist die sechs Alben umfassende Daniel-Düsentrieb-Reihe, die sich ganz dem Entenhausener Erfinder widmet. Dieser mir vorliegende dritte Band der Reihe erschien im Jahre 1994 und enthält auf rund 60 Seiten sieben mehrseitige Geschichten, zwei Onepager sowie einen zweiseitigen Essay Geoffrey Blums und den ersten Teil eines Nachschlagewerks der Erfindungen Düsentriebs und ihres Auftauchens in den Comics. Das Inhaltsverzeichnis gibt zudem Auskunft über die US-amerikanischen und deutschen Erstveröffentlichungen. Einer der Onepager und eine mehrseitige Geschichte wurden hiermit erstmals in Deutschland veröffentlicht und eigens von Stammübersetzerin Dr. Erika Fuchs übersetzt. Alle Comicseiten sind koloriert.
Solche comicarchäologischen Sammlereditionen gefallen mir ja, doch als die Barks Library seinerzeit ins Leben gerufen worden war, war ich als minderjähriger Schüler finanziell viel zu klamm, um sie zu sammeln. Später hatten sich meine Interessen und Prioritäten verschoben. Diesen Daniel-Düsentrieb-Band aber habe ich in einem Tauschschrank entdeckt und mir natürlich gleich angeeignet.
Die erste (und längste) Geschichte des Bands, „Erfinderpech“, setzt sich auf humorvolle Weise mit einer Auftragsflaute beim Entenhausener Erfinder Düsentrieb auseinander und persifliert dabei zugleich die Probleme Selbständiger, einen Markt für ihre Produkte oder Dienstleistungen zu finden. Marktschreierisch zieht Düsentrieb durch die Straßen, auf der Suche nach Kundinnen und Kunden mit Erfindungsbedarf. Zweifelhaften Erfolg hat er bei Donald Duck, der eine Erfindung gegen den Lärm benötigt, den seine drei Neffen fabrizieren. Der „Schalllöscher“ verursacht jedoch mehr Probleme als er löst; das Chaos nimmt seinen Lauf, als Laub im Garten Feuer fängt. Ohne sein Helferlein, Düsentriebs vermutliche genialste Erfindung, sähen er und die Ducks ganz schön alt aus. „Erfinderpech“ warnt vorm vorschnellen Einsatz vermeintlich bequemer Erfindungen und wartet mit netten Hintergrunddetails auf, hier das Damespiel des Helferleins gegen den Duck’schen Familienhund. Die von Dr. Erika Fuchs aus Heinrich Seidels adaptierte Redewendung „Dem Ingeniör ist nichts schwör“, die sie wiederholt Düsentrieb in den Mund legte, fällt auch hier – und Tick, Trick und Track sind aufgrund identischer Kostümmützen für ihr lärmendes Spiel nicht voneinander zu unterscheiden.
Die Geschichte „Die störrische Störchin“, in der Onkel Dagobert Düsentrieb bittet, ihm bei der Umsiedelung eines Storchennests behilflich zu sein, ist von Tierliebe und Verständnis für die Natur geprägt. Die Pfadfinder vom Fähnlein Fieselschweif können helfen, aber letztendlich ist Düsentrieb der Dumme, der vor Dagoberts Geiz kapitulieren muss.
In „Wellensalat“ benötigt Oma Duck Ersatz für ihr kratzendes Grammophon von Düsentrieb, damit sie ihren Kühen weiterhin deren Lieblingsmusik ohne Störgeräusche vorspielen kann. Der Schallwellenerzeuger, den er ihr installiert, beglückt auch sämtliches andere Vieh auf dem Hof, doch das versehentlich magnetisierte Helferlein verstellt ihn durch einen Unfall, sodass furchtbarer Krach die Folge ist. Ein glücklicher Zufall ist es jedoch, dass ausgerechnet dieser infernalische Lärm fast alle Fleißarbeiten auf dem Hof wie Holzhacken und Heumähen erledigt. Glück im Unglück bzw. der Zufall ist manchmal der beste Erfinder, was auch die Aussage dieser eher einfach gestrickten Geschichte sein dürfte.
Mit dem notorischen Glückspilz Gustav Gans muss sich Düsentrieb in „Der geborene Erfinder“ herumplagen, was zu spannenden Ansichten der Unterwasserwelt des Entenhausener Hafens führt und natürlich Gustav am Ende wesentlich mehr Ertrag einbringt als Düsentrieb. Ohne das Helferlein geht wieder einmal nicht viel, am Ende steht die Erkenntnis: „Als geborener Erfinder soll man sich nicht wie ein Geschäftsmann benehmen.“
Einen Schritt seinem Erfinder voraus ist das Helferlein auch im titellosen ersten Onepager, im zweiten sorgt man bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch für Verblüffung. Jenes Helferlein ist es auch, das Düsentrieb mit seiner Übersicht und einer List den Sieg beim Erfinderkongress über den unfairen Teilnehmer Herrn Murr (der starke Ähnlichkeit mit Kater Karlo aufweist) sichert – ganz ähnlich wie beim spannenden Motorbootrennen in „Eine großartige Leistung“, bei dem es den Ausfall sämtlicher erfundener Elektrotechnik kompensieren muss.
Düsentrieb ist häufig also eher eine tragische Gestalt, dem man als Leserin oder Leser aber stets gönnt, mit allem glimpflich davonzukommen – denn Böses führt er nie im Schilde, vielmehr hat er mit den Tücken seines Berufs, seinem Optimismus in Bezug auf seine Erfinderleidenschaft und zuweilen einer gewissen Zerstreutheit zu kämpfen. Die meisten Barks’schen Comics verfügen über einen entwaffnenden Humor und eine solch liebevolle Figurenzeichnung (in doppelter Hinsicht), dass sie auch Erwachsenen angenehm kurzweilige Freizeitlektüre sind – zumal sie als Teil des Entenhausener Universums einer faszinierenden Parallelwelt angehören, in die man auch im höheren Alter doch immer mal wieder gern einen Schritt setzt.
Die Entwicklung der Barks-Comics in chronologischer Reihenfolge anhand der Barks-Library-Reihe nachzuvollziehen, wäre mit Sicherheit eine spannende pop- und literaturkulturelle Zeit- und Entdeckungsreise…
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