Günnis Reviews

Kategorie: Fanzines (page 1 of 4)

PLASTIC BOMB #73

(www.plastic-bomb.de)

Zum Abschied von diesem Online-Fanzine noch eine letzte Rezension der Duisburger Bombe. Und weil Abschiede ja oftmals etwas Versöhnliches haben, weil das Fest der Liebe mit seinem frostigen Klauen unbarmherzig an die Pforte hämmert und weil ich zuletzt von Ausgabe zu Ausgabe ohnehin immer weniger zu meckern hatte, will ich diesmal auch gar nicht so oberkritisch sein und einfach von vornherein feststellen, dass das PLASTIC BOMB mit dieser Nummer nahezu in Hochform ist und ich es verschlungen habe wie kaum eine Ausgabe zuvor. Sicherlich, am fragwürdigen Layout und dem Billigstpapier wird sich wohl nichts mehr ändern, aber inhaltlich ist das hier fast die erste Sahne. Durch Interviews mit Bands wie ANTI-FLAG, SPERMBIRDS, YOUTH BRIGADE, NORMAHL, MASSHYSTERI, YUPPICIDE, THE UNDERTONES, JINGO DE LUNCH, AGROTOXICO, AYILAR etc. wird ein ausgewogenes internationales Programm aufgeboten und die Art und Weise der Befragungen passierte häufig sehr ausführlich und interessant; es wurde sich anscheinend viel Zeit genommen und dadurch viel Relevantes und Tiefgreifendes aus den Bands herausgeholt. Zu manchen Interviews wird auch erwähnt, dass sie viel Vorbereitung und Aufwand gekostet haben, wovor ich meinen imaginären Hut ziehe. Insbesondere Helge Schreiber scheint mir diesmal sehr aktiv gewesen zu sein und versprüht mit seinem nicht mehr ganz jugendlichen Alter einen Eifer und eine Begeisterungsfähigkeit, von der sich viele Jüngere eine dicke Scheibe abschneiden können! Über den eigenen Tellerrand hinaus blickte man z.B. in Form eines Interviews mit den Hip-Hoppern K.I.Z., die sich zunehmender Beliebtheit auch in Punkkreisen erfreuen. In Ullahs „Deutschpunk-Tribunal“ werden diesmal T.O.D. vorgestellt, die einen tollen Humor haben und das Gespräch allein schon deshalb lesenswert machen, und für die „Herstory of Punk“ nahm sich Ronja der Berliner BLOODY SLIPS an (genialer Bandname!). Sehr schmunzeln musste ich bei den häufig kurz angebundenen und irgendwie angepissten Antworten von NORMAHL, die aber auch über einen gewissen Humor verfügen, obwohl dort sicherlich noch mehr herauszuholen gewesen wäre. Auch Bastis mitunter ziemlich arrogante Schreibe gefällt mir zwar grundsätzlich immer besser, wenn er sich auch für meinen Geschmack zu häufig in langen, sarkastischen Ausführungen verliert, die mit dem jeweiligen Thema nur noch bedingt etwas zu tun haben. So berichtet er vom Treffen der „Abgefuckt-liebt-dich“-Netzgemeinschaft, während Micha und Ronja eine gewohnt anschauliche, unterhaltsame und gerne mal selbstironische Retrospektive der letzten Plastic-Bomb-Party bieten. Ein heißes Eisen wird im Interview mit einem ehemaligen „autonomen Nationalisten“ angepackt, der jetzt in Punkkreisen weilt. Ingo vom „Punk Deluxe“ hat eine Übersicht über argentinische HC-Punk-Bands zur Verfügung gestellt, inkl. Kurzinterviews. Bei AYILAR handelt es sich übrigens um eine türkische Oi!-Band, AGROTOXICO stammen bekanntlich aus Brasilien, MASSHYSTERTI aus Schweden… Punk ist ein weltweites Phänomen, was einem mit dieser Bomben-Ausgabe mal wieder so richtig bewusst gemacht wird. Vascos „wunderbare Welt der Propaganda“ nimmt sich in dieser Ausgabe der meist ziemlich einseitig und dämlich geführten Integrations- und Islamismus-Debatte an, wobei ich diesmal in ein, zwei Punkten allerdings auch Vascos Sicht auf die Dinge etwas wenig differenziert finde, da bestünde meines Erachtens durchaus Diskussionsbedarf. Ansonsten aber wieder klasse, wie er vermeintlich komplizierte, politische Sachverhalte einfach und verständlich darlegt. Die von harter staatlicher Repression verfolgte österreichische „Animal Liberation Front“ bekommt im Plastic Bomb ein Forum, um auf die Probleme aufmerksam zu machen und ihre Sichtweise darzustellen sowie ihre Erfahrungen mitzuteilen und in der „Anders leben!“-Rubrik geht es um Punk, Autonomie und politischen Aktivismus in Mexiko. Chris Scholz’ Kolumne fiel diesmal leider etwas nichtssagend und kurz aus, das aber auf gewohntem Niveau. (Häh? Egal.) Die Plattenverrisse der „Führerecke“ gefallen wie gewohnt und sind Balsam auf die Seelen von miesen Promos geplagter Fanziner, wenn auch VENERA eigentlich nichts dort verloren hätten. Dafür freut es mich umso mehr, dass Ullah über die gleichen miesen Scheiben gestolpert ist wie ich zuletzt, haha. Ansonsten gibt’s natürlich wieder Persönliches in Form der Vorworte, innerhalb derer Micha seinen Bartwuchs thematisiert, Helge sich überaus streitbar gegen Akustik-Gitarren-Folk-Punk ausspricht, Ronja kritische Tendenzen beim Halloween-Fest ausmacht, Philipp über die neue, bürgerliche Protestkultur à la Stuttgart 21 nachdenkt und Basti mit neuerlichen soziologischen Feldforschungen auf Punk-Festivals droht. Ein kleines Dankeschön an korrekte Konzertorte, in denen man sich wirklich wohl- und gut aufgehoben fühlt, gibt es in Form von Dirks Top-10 selbiger, wobei Hamburg mit der Lobusch vertreten ist. Die „Global Punx“-Rubrik fehlt diesmal, macht aber nichts, der Inhalt des Hefts ist auch so schon global genug, Stanley Heads Ska-Ecke ist aber ebenso vertreten wie massenweise, angenehm kritische Tonträger- und Lektüre-Rezensionen und natürlich Kleinanzeigen, Neuigkeiten, Veranstaltungstermine etc. Vermisst habe ich lediglich eine persönliche Kolumne von Micha, die über sein Vorwort und den PB-Partybericht hinausgeht, denn diese zählen doch immer zu meinen Höhepunkten des PLASTIC BOMB. Ergo: Sehr starke Bombe, in der ein Haufen Arbeit steckt und hoffentlich so manchen Leser inspiriert, Denkanstöße liefert oder einfach gut und informativ unterhält. In dieser Form weitermachen! Kommt wie immer mit „Pay-To-Play“-CD und kostet in Deutschland 3,50 EUR. Günni

VERBOTENE FRÜCHTE NR. 19

(www.verbotenefruechte.de.tl)

Im Hause NON CONFORM hat sich wieder einiges an Reviews, Konzerberichten, Interviews und anderem Zeug angesammelt, so dass nun die schon 19. Ausgabe des sympathischen, kostenlosen A6er-Fanzines vorliegt. Mit seinen Mitschreibern Aldi, Bexx und Frank hat Karsten Conform es wieder geschafft, eine kurzweilige, angenehme Lektüre zusammenzubasteln, die sich ganz unaufgeregt durch die Punkrock-Welt wühlt und mit einigen teilweise herrlichen Kolumnen (der Bielefelf-Fußball-Verschwörung z.B., in der ein Arminia-Fan sein Leid aufgrund der letzten Saison klagt und ein paar kritische und zum Nachdenken anregende Seitenhiebe in Richtung DFL verteilt) für eine zusätzliche persönliche Note sorgt. Hier wird weder die große Politik gemacht, noch in der Scheiße Anderer herumgestochert, dafür aber ein breiteres musikalisches Spektrum abgedeckt und ein netter Einblick in die Interessengebiete der Autoren gewährt, was z.B. auch „Die drei Fragenzeichen“-Reviews erklärt. Satirisch übertrieben und klischeebehaftet fiel die fiktive „Frauentausch“-Geschichte (ihr wisst schon, RTL2 und so, guckt ihr doch bestimmt alle) aus, die mich stellenweise köstlich amüsiert hat. Ein kurzes Interview gaben sowohl DEADLINE als auch Nolti vom New-Rose-Punkrock-Radio. Etwas gruselig wird’s allerdings bei einem Bericht über ein (dann doch nicht stattgefundenes) NON-CONFORM-Konzert 1997 (!) in Holland – das wäre eigentlich Stoff für die alte, leider nicht mehr existente Plastic-Bomb-Rubrik „Menschliche Zeitbomben“ gewesen… Das Heft ist mit über 100 Seiten prall gefüllt und aufgrund seiner Erscheinungsweise natürlich nicht sonderlich aktuell – daher von mir aus zukünftig gerne weniger Reviews und mehr persönliche Geschichten, aber auch so war’s unterhaltsamer Lesestoff für ein paar Berufspendelbahnfahrten. Günni

PLASTIC BOMB #72

(www.plastic-bomb.de)

Die neue Bombe trägt ihren Namen endlich mal wieder wirklich zurecht, denn bombig geworden isse, die aktuelle Ausgabe. Ich habe das Gefühl, dass man sich, wie es die letzte Ausgabe bereits erhoffen bzw. erahnen ließ, auf alte Stärken besann und vor allem wieder ein richtig engagiertes, festes Team hat, das an einem Strang zieht. Die internen Strukturänderungen nach dem Wegfall langjähriger Schreiber und Mitherausgeber scheinen abgeschlossen und man kann man frohen Mutes in die Zukunft blicken. Das wird am deutlichsten in den Vorworten, in denen sich endlich auch mal Leute wie Dirk und Ullah gleichberechtigt zu Wort melden. Micha freut sich über die vielen Reaktionen auf die letzte Bombe und wird ein paar ehrliche, längst überfällige Sätze zur höchst durchschnittlichen, seit Jahren anhaltenden Tonträgerveröffentlichungsflut los, Helge geht auf sein National“sozialismus“-Special in der „Anders le(s)en“-Rubrik ein, Ronja stellt all die relativ neuen Plastic-Bomber vor und plaudert auch ansonsten viel aus dem Nähkästchen, was sogar soweit geht, dass sie uns zuallererst darüber in Kenntnis setzt, nicht mehr mit ihrem Freund zusammen zu sein (was mich verwunderte, denn viel Persönliches gab sie in der Vergangenheit ja nicht unbedingt preis). Dirk geht auf verschiedene Punkfestivals ein, Ullah stellt sich ausführlich vor und erzählt von seiner Deutschpunk-Leidenschaft und auch Basti ergreift die Gelegenheit zu einer (späten) Vorstellung. Ein Highlight ist das kritische, aber sehr faire, interessante Interview mit SLIME-Sänger Dirk, das Ullah und Micha führten, Ronja war auf dem „Break The Silence“-Festival und schreibt einen sehr anschaulichen Bericht, Jay Bentley von BAD RELIGION stellt sich den Fragen von Micha und Philipp, was sich auch für Nicht-Fans der Bands informativ liest, außerdem wird der Fanziner-Kollege vom Useless-Zine ausgequetscht, der mit seinem Projekt neue Wege der Veröffentlichung ausprobiert. Andi führte ein ausführliches Gespräch mit der RIOT BRIGADE und zeigt sich zusammen mit Henni etwas enttäuscht von den Antworten der US-amerikanischen HC-Punkband SOCIAL CIRCKLE, die ich persönlich gar nicht als so nichtssagend empfand. Sehr detailliert wird es dann im Bericht vom schwedischen „Punk Illegal“-Festival, der humorvoll von gleich mehreren Leuten geschrieben wurde und anschließend im Interview mit einer der Organisatorinnen auch auf die politische Intention der Veranstaltung eingeht. Meines Erachtens ein weiterer Höhepunkt des Hefts. Bemerkenswert auch das Interview, das Ronja mit ANTITAINMENT führte, bei dem man zunächst nicht so recht warm miteinander wurde. Sehr enttäuscht war ich hingegen vom Gespräch Ronjas mit Thorsten von der Horrorpunkband THE OTHERS, der gleichzeitig das Label Fiendforce Rec. (von Ronja konsequent „Fienforce“ genannt) betreibt, Chefredakteur einer Porno-Postille und auch noch des Magazins „Kinkats“ ist, dem „Playboy für die Subkultur“, wie Thorsten es nennt und von dem ich mich frage, wer so etwas braucht?! Dieses Interview hätte soviel Raum und Anlass zur kritischen Auseinandersetzung geboten, aber Ronja macht leider nicht viel draus und lässt zum wiederholen Male trotz angeblicher Abneigung gegen sog. „Grauzonen-Bands“ etc. vollkommen unerwähnt, was für ein reaktionärer alter Sack Bibelrocker ALICE COOPER mittlerweile geworden ist. Sehr schade. Toxo und Henni unterhielten sich mit den RESTARTS und auch hier wurden für meinen Geschmack die richtigen Fragen gestellt, was zu einem lesenswerten Ergebnis führte. Für ein Kurzinterview knöpfte Basti sich die alten Antifa-Oi!-Recken von THE OPPRESSED bzw. deren Kopf Roddy Moreno vor und Henni nahm sich der seltsamen Berliner KOTZREIZ an, die einen unbändigen Spaß am Reproduzieren von Deutschpunk-Klischees zu haben scheinen und es als vergnügliches Abenteuer ansehen, durch die Gegend zu tingeln und all die Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen, die das Dasein als „kleine“ für Spritkohle in Jugendzentren spielende Band so mit sich bringen. Das klingt für mich alles irgendwie nach Hobby von ein paar gelangweilten Leuten, die eigentlich fest im bürgerlichen Leben stehen und wirkt auf mich ehrlich gesagt nicht ganz ernst gemeint. Ist das so’ne Art Verarschungsprojekt? An Bastis Interview mit den italienischen Skapunks TALCO gefallen mir besonders deren Antworten, die beispielsweise an ihren Landsleuten kein gutes Haar lassen und harsch die italienische Mentalität kritisieren. Björn besuchte ein ANGRY-SAMOANS-Konzert, war davon nicht sonderlich begeistert und unterhielt sich mit Bill, während Sänger „Metal Mike“ noch eine etwas wirr erscheinende E-Mail hinterherschickte. Zu guter Letzt wurden noch die Hannoveraner Lindenstraße-Freaks FRANZ WITTICH vors Mikro gezerrt, die ein paar ziemliche Plattitüden von sich geben und keine Lust aufs Force Attack und auf Oi! haben. Eine weitere Neuerung scheint mir zu sein, dass Stanley Head nun auch DVD rezensiert, was er ziemlich gut macht. Damit möchte ich noch auf die Rubriken eingehen, die diesmal ohne „Führerecke“, „Herstory“ und „Geschichten aus der Gruft“ auskommen müssen, aber dafür wieder eine brillante Kolumne von Chefsatiriker Chris Scholz beinhalten („Der arme Köhler. Der beste Bundespräsident, den wir je hatten. Keiner seiner Vorgänger konnte den Menschen in diesem unserem Lande bisher besser vermitteln, wie überflüssig so ein Bundespräsident ist.“). Stanley Heads Ska-Ecke darf natürlich ebenso wenig fehlen wie die Exoten-Punk-Reviews und Vascos großartige „Wunderbare Welt der Propganda“, in der er sich diesmal der augenwischenden Medienhysterie um die „Griechenland-Hilfen“ widmet. Im zweiten Teil des „Anders le(s)en“-Specials empfiehlt Helge weitere Bücher zum Thema National“sozialismus“ und tonnenweise Tonträger- und Fanzine-Kritiken sind natürlich ebenso obligatorisch wie die Termine und News, die diesmal auf ihrer ersten Seite leider irgendwie falsch gesetzt und daher die Zeilenanfänge abgeschnitten wurden. Das blieb aber zum Glück der einzige grobe Layoutpatzer dieser Ausgabe, die außerdem ein USA-Tourtagebuch der UPRIGHT CITIZENS aus dem Jahre 1985 (!) enthält, das einer Zeitreise gleicht und sich nicht nur wegen des großen zeitlichen Abstands hochinteressant liest. Gerne in Zukunft mehr solcher Schmankerl! Vielversprechend ist in jedem Falle auch Ullahs „Deutschpunk-Tribunal“, für das er sich jetzt regelmäßig hoffnungsvoller Krachcombos annehmen möchte – den Anfang machen FRONTEX. Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch Ronjas Top-Ten der Punkplatten mit Frauengesang, die natürlich schwer subjektiv ist, in deren Anbetracht ich mich aber frage, ob Ronja schon einmal etwas von den PLASMATICS gehört hat…? Puh, ich tipp mir hier die Finger wund, aber nicht ohne Grund: Die neue Bombe ist die beste seit langem, die neuen Teammitglieder bringen einen verdammt frischen Wind ins Heft, trotz einiger großer Namen bei den Interviews bleibt genügend Platz für den Underground und alles in allem wirkt sie wieder richtig rund und sympathisch. Auffallend ist das starke Engagement Ronjas, die (von o.g. Interview einmal abgesehen) immer besser wird und mir diesmal auch weniger von oben herab erschien. Weiter so – und am besten noch Rubriken wie „Menschliche Zeitbomben“ reanimieren! Kommt wie immer mit „Pay-To-Play“-CD und kostet in Deutschland 3,50 EUR. Günni

PLASTIC BOMB #71

(www.plastic-bomb.de)

Die neue Bombe beginnt mit einem langen, nachdenklichen und selbstkritischen Vorwort von Micha, der auf die neue Situation durch den Weggang von Swen Bock eingeht, Helge berichtet vom Fanziner-Treffen in Wermelskirchen, die engagierte Ronja liefert eine Art Blick hinter die Kulissen, fordert etwas selbstherrlich konstruktive Kritik am Zine ein und hat keinen Bock auf „die Grauzone“, hört aber trotzdem Republikaner ALICE COOPER und Häktor freut sich über den Aufstieg St. Paulis. Interviewt werden LEATHERFACE (gut und interessant), THE CAPACES aus Barcelona (mit einigen Fragen zur Szene Barcelonas, ebenfalls interessant), die Dänen von NIGHT FEVER, TEXAS TERRI BOMB (lang und ausführlich), die polnischen EYE FOR AN EYE, die deutschen LIGHTS OUT (ebenfalls sehr ausführlich, klasse!), die Amis THE FREEZE, die eigenwilligen HERPES, GRUPPE 80 aus Bremen und die Fotografin Lucja Romanowska. Das letztere Interview fand im Rahmen der „Herstory of Punk“ statt und hat mit am meisten meine Aufmerksamkeit erregt, geht es doch um das interessante Straßenpunk-Bildband-Projekt und um Grundsätzliches zum Thema Fotografien von Menschen und den verantwortungsvollen Umgang damit. DIE SCHWARZEN SCHAFE berichten von ihrer Polen-Tour, Micha war auf einem „Konterbox“-Konzert von OIRO und DRAMAMINE und stellt die seiner Meinung nach fünf besten Live-Scheiben vor, wobei mir wieder seine metapherreiche, emotionale Wortwahl ausgezeichnet gefällt, und „Anders leben“ heißt diesmal „Anders lesen“ und wird von Helge genutzt, um Informationsquellen zum Nationalsozialismus vorzustellen. Überaus gelungen sind diesmal auch Bastis „Geschichten aus der Gruft“, die sich diesmal der katholischen Kirche annehmen und u. a. vom tief verwurzelten katholischen Antisemitismus handeln Weitere Höhepunkte sind wie üblich Vascos „Wunderbare Welt der Propaganda“ zum Thema Steuersenkungen und Chris Scholz’ sarkastische, bissige Kolumne. Latti schreibt einen interessanten Konzertbericht übers „Battle Of The South“-Festival inkl. Stellungnahme vom Veranstalter. Darüber hinaus finden sich natürlich auch in dieser Ausgabe die üblichen Rubriken wie Stanley Heads Ska-Ecke, Plattenverrissen, Klein- und Kontaktanzeigen, reichlich Neuigkeiten und Terminen etc. Meines Erachtens ist die „Bombe 1 nach Swen“ überraschend stark geworden, wenn auch sehr interviewlastig. Dafür ist die Bandauswahl aber sehr international ausgefallen und bekanntere und unbekanntere Namen halten sich die Waage. Insgesamt wirkt diese Ausgabe irgendwie mehr wie aus einem Guss und weniger fehlerbehaftet als zuletzt. In dieser Form ist mit dem Plastic Bomb weiterhin als feste Fanzine-Institution zu rechnen. Kommt wie immer mit „Pay-To-Play“-CD und kostet in Deutschland 3,50 EUR.

PLASTIC BOMB #70

(www.plastic-bomb.de)

Und wieder platzt eine Bombe in der selbigen: Nach Atakeks verkündet nun auch Herausgeber Swen Bock seinen Ausstieg, weil er nicht schwul sein möchte (oder so). Dafür wurde Ronja mehr Verantwortung übertragen. Micha macht auf „Raab in Gefahr“ und berichtet von einem „Blind Date“ in einem Dunkelrestaurant sowie einem Besuch bei einer Thai-Masseurin und interviewt GOVERNMENT WARNING (steht kein Name des Fragestellers bei, ist also nur geraten, dafür wurden aber sinnloserweise die Fragen durchgestrichen…?), Helge schreibt vom bevorstehenden Fanziner-Treffen in Wermelskirchen und interviewt die Bands TELEMARK (kenne ich nicht) und M.D.C. (Dave scheint ein sehr lockerer und sympathischer Typ zu sein). Weil Ronja jetzt auch Swens Arbeit mitmachen muss, ließ sie ihr Vorwort amüsanterweise „ghostwriten“ – vermutlich, während sie Lizal von den bayrischen DORKS ausquetschte. Gibt es für die „Herstory Of Punk“-Rubrik keine Kandidatinnen mehr, so dass jetzt schon auf Bands zurückgegriffen werden muss, deren Tonträger im gleichen Heft verrissen werden und der Bandname auch noch falsch geschrieben wird? Neu dabei ist Jan, der das geniale „Grauzon-o-meter“ vorstellt, das aber leider im wieder immens großen Review-Bereich noch keine Verwendung fand. Basti gibt von oben herab, dadurch aber auch erheiternd einen Bericht über das „Punk im Pott“-Publikum zum Besten und gereicht in seinen „Geschichten aus der Gruft“ diesmal Emperor Norton I., dem ersten und einzigen Kaiser der USA und Schutzherrn von Mexiko, zu später Ehre. Latti interviewt Jim Rakete von „Abgefuckt liebt dich“ und liefert dadurch interessante Hintergrundinfos zutage. Sehr ausführlich und gelungen, auch wenn ich persönlich das Portal in erster Linie für Kinderkacke halte. Häktor interviewt AUTOZYNIK und irgendwer führt ein Dualgespräch mit DISTEMPER und MOSKOVSKAYA und möchte dabei zurecht wohl lieber anonym bleiben, denn in gefühlt jedem gottverdammten Fanzine dieser Welt werde ich mit den skankenden Russen konfrontiert. Es reicht langsam wirklich, lasst euch mal lieber etwas Neues einfallen. Dirk war mit den sympathischen Schotten OI POLLOI auf Tour und führte ein Tourtagebuch, das sich sehr kurzweilig liest. Vascos „wunderbare Welt der Propaganda“ fällt diesmal leider aus, statt dessen gibt’s ein Gewinnspiel. Dafür ist aber, wie auch in der vorausgegangen Ausgabe, endlich wieder Chris Scholz mit seiner herrlich sarkastischen Kolumne dabei. Exotisch wird’s im Gespräch mit dem Punk Timur aus Aserbaidschan, das ich mir aus Zeitgründen aber noch nicht durchlesen konnte. Endlich wurde auch der zweite Teil des Interviews mit dem Kolumbianer Marco vom CNA abgedruckt, das bereits in Heft Nr. 67 begonnen wurde. Auch hier verhinderten Zeitgründe bis jetzt, dass ich es mir durchlesen hätte können, sorry. Toxo liefert eine atmosphärische, düstere Kurzgeschichte und stellt die veganen Köche „Krisenherd“ vor. Wer das Interview mit den PESTPOCKEN führte, ist glaube ich nicht überliefert; es liest sich jedenfalls gut, bleibt aber für meinen Geschmack etwas oberflächlich. Im „Anders leben“-Teil dreht sich diesmal alles um homosexuelle Punks, wobei die direkten Gespräche mit schwulen Punks am interessantesten sind. Negativ hingegen fällt aus, wenn einer Organisation wie H.A.R.M., die laut PB Standpunkte vertritt wie „Schwule sind grundsätzlich gut“ und Nichtschwule auszugrenzen versucht, in diesem Zusammenhang nicht deutlich genug eine Absage erteilt wird. Denn wer in Guido Westerwelle irgendetwas Positives sieht, wird zu meinem persönlichen Feind erklärt. Zusammen mit den üblichen Rubriken wie Stanley Heads Ska-Ecke, Plattenverrissen, Klein- und Kontaktanzeigen, reichlich Neuigkeiten und Terminen etc. ergibt sich erneut eine durchaus interessante Ausgabe, die dennoch wie bereits seit einiger Zeit leider üblich wie ein eher unpersönliches Flickwerk unterschiedlicher Leute wirkt. Als negativ empfinde ich auch, dass anscheinend noch immer niemand die Artikel lektoriert, bevor sie in den Druck gehen, was man meines Erachtens von einem schon lange nicht mehr nur als Hobby betriebenem Magazin auf Billigstpapier für 3,50 Taler schon erwarten können sollte. Kommt wie immer mit „Pay-to-play“-CD. Günni

(R)OHRPOST #8

(www.myspace.com/rohrpostfanzine, T. Osterkamp-Koopmann, am Schützenplatz 18a, 26409 Wittmund)

Aus dem nördlichen Niedersachsen, genauer: aus Ostfriesland stammt das (R)ohrpost-Zine von TurboTorben, das ich nun zum ersten Mal in die Finger bekam. Im Vorwort des A5ers merkt dieser auch gleich an, dass er für diese Ausgabe wieder ca. ein Jahr gebraucht hat, so dass natürlich nicht alle Inhalte topaktuell sind. Muss ja auch nicht. Ein Konzertbericht aus dem Jahre 2007 ist dann aber vielleicht doch etwas überholt, oder? Oder hat diese Ausgabe auch schon ein paar Monate auf dem Buckel und wurde uns erst jetzt zugeschickt? Weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Wie dem auch sei, diese Ausgabe bietet ein ausgewogenes Potpourri aus teilweise sehr Persönlichem aus dem Leben Torbens und seiner Mitstreiter (z.B. einen sehr schönen Bericht über den steinigen Weg zum Punkerdasein auf dem Dorf und wie es dann so richtig losging – sehr geil!), Politischem und Kritischem (Schwerpunkt dieser Ausgabe: Hausbesetzungen) und natürlich Musik (Interviews mit PARADOX, der türkischen Punkband POSTER ITI und ein Kurzgespräch mit BEHIND ENEMY LINES). Es geht viel um Freiräume, um persönliches Engagement und seinen subkulturellen Weg zwischen Party feiern auf der einen und politischem Bewusstsein auf der anderen Seite, es geht um Solidarität untereinander, auch wenn man nicht immer einer Meinung ist und was mir an der politischen Seite dieses Zines am besten gefällt: Torben und Co. sind auf dem Boden der Tatsachen geblieben und schreiben nicht arrogant von oben herab oder leiden unter Realitätsverlust. Insgesamt bietet das Heft einen prima Überblick über die Geschehnisse im hohen Norden der Republik Außerdem wird Mareike vom RANDGESCHICHTEN-Zine ebenso interviewt wie die „Cakekingmafia“, die Muffins auf Punkkonzerten verteilt. Dazu passend gibt’s Rezepte (kommt eigentlich noch irgendein Fanzine ohne aus?). Das Interview mit der „texanischen Oi!-Crust-Band Distroi!“ fällt wohl unter Satire und neben den obligatorischen Konzertberichten und Reviews weiß ein Frankreich-Reisebericht gut zu unterhalten. Etwas wirr, aber trotzdem interessant erscheint mir das Geschreibsel eines Seemanns auf Reisen, während die Piraten vor der afrikanischen Küste in aller Munde und Medien waren. Nicht so sinnvoll finde ich hingegen, seitenweise per Copy/Paste Berichte über Naziaktivitäten aus fremder Quelle einzufügen, wobei ich aber nicht beurteilen kann, wie wichtig das evtl. für die Region ist. Leider hat man es in der langen Erstellungszeit des Hefts auch nicht geschafft, es noch einmal auf die teilweise haarsträubende und den Lesefluss störende Rechtschreibung hin zu überprüfen. Und leider wird auch bei der (R)OHRPOST immer mal wieder auf linkes Dummdeutsch zurückgegriffen, was, vor allem bei halbherziger Anwendung und in Verbindung mit Rechtschreibfehlern erst recht nicht gerade der Lesefreundlichkeit dienlich ist. Beispiel gefällig? „Wenn einem da nach ist, macht Mann/Frau halt ein kleines Fanzine und beglückt den ein oder anderen LeserInn!“ Argh! Eher verzeihlich finde ich da den einen oder anderen Layoutpatzer, z.B. wenn die letzte Zeile einer Seite fehlt oder der Absatz erst auf der übernächsten Seite weitergeht… Schade allerdings, dass man die Seiten nicht konsequent durchnummeriert hat – die Nummerierung hört, warum auch immer, plötzlich auf!? Trotzdem ein wie gesagt interessant zusammengestelltes Fanzine von interessanten Leuten, in dem viel Persönliches und spürbar viel Herzblut steckt, nur eben mit Abzügen in der B-Note. 😉 Ca. 80 Seiten im Schnipsellayout, die mit einem lächerlichen Euro zubuche schlagen. Günni
P.S.: Da Torben im Vorwort auf einen etwas angeschlagenen gesundheitlichen Zustand hinwies, möchte ich an dieser Stelle einfach mal alles Gute wünschen. P.P.S.: Die (R)OHRPOST-Meute macht auch Punkrock-Radio, schaut mal unter rohrpostfanzine.blogsport.de!

PUNKROCK! #10

(www.punkrock-fanzine.de)

Das, zumindest von der Aufmachung her, Juwel unter den A5ern feiert seine zehnte Ausgabe, die auf 100 Seiten viel Lesestoff bietet: Interviews mit LOS FASTIDIOS, MISFIT SOCIETY, People Like You Rec., THE REAL MCKENZIES, Oliver Maria Schmitt, KAMIKAZE QUEENS, PASCOW, ANTI-FLAG, einen DISTEMPER-Tourbericht, Festival-Berichte, Teil 3 der Skinhead-Historie und, und das ist meines Erachtens die eigentliche Stärke dieses Zines, persönlichen Kolumnen, Ansichten und Geschichten, die mir allesamt sehr sympathisch sind. Aus ihnen geht eine scheuklappenfreie Haltung der Autoren hervor, die auch gern mal gegen selbsternannte Szenepolizisten schießen oder ihre Erlebnisse im Knast mit dem Leser teilen. Positiv aufgefallen sind mir auch die ehrlichen, kritischen Reviews, insbesondere von Fanzines und Büchern. Starke Ausgabe, die auf die nächsten zehn Hefte hoffen lässt! Gleich zwei CDs liegen bei, nämlich ein Contra- und ein Mad-Butcher-Labelsampler. Sehr gut angelegte 3,- €. Günni

PLASTIC BOMB #68

(www.plasticbomb.de)

Die neue Bombe lässt gleich im ersten Vorwort eine platzen – so muss Micha leider kundtun, dass das selbstverwaltete T5 in Duisburg quasi kurz nach Eröffnung schon wieder schließen musste, weil keine Live-Konzession erteilt werden konnte. Allerdings lassen sich die Betreiber anscheinend trotzdem nicht entmutigen, dafür meinen Respekt und Glückwünsche für die Zukunft! Helge beschreibt, was ihn zuletzt persönlich bewegt hat, Ronja berichtet von ihren Festival-Besuchen und kotzt sich über DEAN DIRG aus, Swen gesteht in aller Offenheit, wieder Fleisch zu essen und lediglich Veggie geworden zu sein, um einer Frau zu imponieren (!) und Atakeks gibt zumindest vorerst seinen Rückzug aus der Bombe bekannt. Interviewt werden die dolle Oldschool-HC-Combo SNIFFING GLUE, die sich momentan vor Lobhudeleien kaum retten können dürften, KOMMANDO KAP HORN, die sich u.a. wohlwollend über ihr Crazy-United-Review äußern (sowas freut einen natürlich zu lesen!), Peter vom CRUCIAL-RESPONSE-Label, das sich seit Jahren dem S.E.-HC verschrieben hat (liest sich sehr interessant) sowie Litti von PRÜGELPRINZ RECORDS, der sehr idealistisch rüberkommt, die Horrorpsychobillypunker von THE CREEPSHOW, die zurzeit schwer angesagt sind, Loll von GROWING MOVEMENT, der sehr persönlich über seine schwere Krankheit und seine Art, sie zu akzeptieren und zu verarbeiten spricht (mal was anderes als nur Gequatsche über Mucke, klasse Gespräch!), die „Chaos-Punks“ von OBSTRUSIVE, die bayrischen SPEICHELBROISS (die werden momentan auch von Zine zu Zine gereicht, haha), die wiedervereinigten STUPIDS und MURUROA ATTÄCK (endlich mal). Das ist auf jeden Fall schon mal ’ne amtliche Mischung. Schmerzlich vermisst habe ich wieder die Kolumne von Chefsatiriker Chris Scholz, für halbwegs ebenbürtigen Ersatz sorgt aber ein fiktiver FORCE-ATTACK-Konzertbericht, bei dem ich doch sehr schmunzeln musste, war ja schließlich selbst oft genug dort und kann ihm einen gewissen Wahrheitsgehalt daher nun wirklich nicht absprechen. Micha bringt uns sein neues Hobby Ornithologie (Vogelkunde, ihr ungebildeter Pöbel!) näher, Vasco beschäftigt sich in seiner „wunderbaren Welt der Propaganda“ mit der Bundestagswahl und spricht eine klare Wahlempfehlung zugunsten der LINKEN aus, es gibt eine Abhandlung über die Sinnlosigkeit der GEMA (bei der es aber heftig mit dem Fehlerteufel zuging, da sind gleich ganze Absätze doppelt abgedruckt worden), Dirk stellt seine Lieblingsfanzines vor und Basti versucht sich leider mal wieder an einer unlustigen Satire, diesmal zum Thema Michael Jackson (was auch sonst). Im „Anders leben“-Teil geht es um den Dortmunder „AK Freiraum“, den „Freiraum Neuss“ und das ehemals besetzte Haus in Erfurt. Die „Herstory of Punk“ ist diesmal eine „Hirstory“ und wem das komisch vorkommt, sollte sich den durchaus interessanten Bericht (richtig, diesmal kein Interview) von Tabea mal durchlesen, der sich ganz dem Thema „Geschlechter“ (neudeutsch: „Gender“) verschrieben hat. Keine Sorge, ist kein Emanzenscheiß und regt sicherlich den einen oder anderen zum Nachdenken an. Drei Seiten werden dem Thema Rechtsextremismus im benachbarten Österreich gewidmet und das Anti-Nazi-Bündnis „S5“ wird befragt. Ansonsten gibt’s natürlich die ganzen üblichen Kolumnen angefangen bei Stanley Heads Ska-Ecke über Kleinanzeigen, Exoten-Punk, Neuigkeiten, Termine bis hin zu natürlich wieder haufenweise Reviews, wobei sich Atakeks, der diesmal die Verriss-Ecke für sich allein gepachtet hat, vollkommen inkompetent über den meines Erachtens gelungenen „A Tribute To Slime“-Sampler hermacht, weil seinem beschränkten Weltbild zufolge gewisse Bands dort nichts zu suchen hätten. Unterm Strich aber eine inhaltsstarke, interessante und bisweilen streitbare Ausgabe. 3,50 € (3,70 € für Ösis) inkl. Pay-To-Play-CD. Günni

KINKATS NO. 8 JUN/JUL 2009

(www.kinkats.com)

Seit, ich glaube, ca. eineinhalb Jahren gibt es das „Music & Sexy SubStyle Magazine“ am Kiosk zu erstehen. Auf Ultrahochglanzpapier werden Punk-, Metal-, Gothic- und Rock’n’Roll-Bands interviewt und über Horrorfilme, Tätowierer und eigentlich alles, was man irgendwie als „angesagten Underground-Style“ vermarkten könnte oder was sonst noch gerade als kulturell etwas neben der Spur gilt, berichtet. Da kann es dann auch schon mal um Pornos oder Wrestling gehen. Zwischendurch machen sich immer mal wieder gepiercte und tätowierte Miezen im „Suicide Girls“-Stil nackig und auf der Website kann man für 5,- EUR monatlich ein ganzes Fotoarchiv solcher Bilder einsehen. Ach ja, ein (Quoten-)Kerl pro Ausgabe zeigt auch immer bisschen mehr als üblich. In der mir nun vorliegenden Ausgabe werden u. a. SOCIAL DISTORTION, DEPECHE MODE, NOFX, DUFF MCKAGAN, LACRIMOSA, TEX MORTON (MAD SIN), BRET „THE HITMAN“ HART, FRANK ZANDER, KAT VON D („L.A. Ink“, Tattooserie auf DMAX) ins Verhör zitiert, der Tattoo-Laden „Skindeep Tattoo“ vorgestellt, KMFDM porträtiert, Konzertberichte dargeboten, Platten, Filme etc. rezensiert, es geht auch mal um Hot Rods usw. usf… Ihr seht also, wohin die Reise geht. Eine wilde Mischung. Trotz aller Professionalität und der durchaus kompetent und interessant geführten Interviews will mir dieses Lifestyle-Gebräu nicht so recht schmecken. Beim Durchblättern kam mir das alles so vor, als hätte die „style only“-Fraktion der Punk-/R’n’R-/Wasauchimmer-Subkultur damit quasi ihr eigenes Heft, das vollkommen oberflächlich bleibt und auf jeglichen weitergehenden Anspruch verzichtet. Eines muss ich dem KinKats aber dennoch zugestehen: Die Idee, pro Ausgabe eine MUTTER (!) eines Rockstars zu ihrem missratenen Gör zu befragen (in diesem Falle den SUBWAY-TO-SALLY-Macker), hat wirklich was. Das zu Heft gewordene Flammenhemd hat exakt 100 Seiten, zum Glück keine CD und schlägt in deutschen Landen mit 3,90 EUR an der Kasse zu Buche.

PLASTIC BOMB #67

(www.plastic-bomb.de)

Die aktuelle Bombe zollt ihrem Rufnamen “Punker-Bravo” Tribut und präsentiert eine an die große deutsche Kinder- und Jugendzeitschrift angelehnte Titelseite. Erst einmal aufgeblättert, berichtet Micha von einem MOB47-Konzert, von dem er nicht so begeistert war, gibt Helge bekannt, dass das geplante Fanziner-Treffen verschoben werden muss, bewirbt Swen die neue Internetpräsenz des Zines und schwadroniert Ronja über vermeintlichen Sexismus, verwendet dabei aber selbst sexistische Klischees wie das vom schüchternen Mädchen. Ist Schüchternheit also eine typisch weibliche Eigenschaft? Ich glaube kaum. Auch erschließt es sich mir nicht, was an Späßen wie „simulierten Arschficks“ homophob sein soll. Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein. Kuwe scheint mit seinem Gejammer nur mehr bemitleidenswert. Richtig klasse, weil sehr persönlich fällt dann hingegen Ronjas Interview mit Marc Ader von 2ND DISTRICT aus, der u. a. ganz offen über seine glücklicherweise überwundene, schwere Krankheit plaudert und die eine oder andere peinliche Jugendsünde in Sachen Musikgeschmack offenbart, ich sag nur „Poser-Metal“, haha. Gleich beim Thema bleibt Micha mit seiner kurzweiligen, wie immer sehr anschaulich geschriebenen Kolumne über eine Dorf-Metal-Kneipe. Sehr schön auch sein Konzertbericht von einem Gig der eher unbekannten UK-Anarcho-Punkband THE FIEND. Helge interviewt die Franzosen von ATTENTAT SONORE und die L.A.-HC-Veteranen RF7 (hier sticht besonders Gitarrist Nick mit seinen lockeren Antworten hervor, die allesamt aus dem Bauch heraus zu kommen scheinen) – hat aber anscheinend leider vergessen, wie man DEAD KENNEDYS schreibt (natürlich OHNE Deppen-Apostroph!!!). Lars von Ril Rec. bedient die „Alternative“-Ecke und knöpft sich THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY und NEW MODEL ARMY vor und Atakeks porträtiert das Label „Hometown Caravan“ und quatscht mit dem Macher hinter selbigem. Dem der „Bravo“ nachempfundenen Titelblatt wird dann Lina gerecht, die FARIN URLAUB zu Musik und Politik befragt – der angesichts der Proteste in Griechenland in erster Linie Angst vor Sachbeschädigung zu haben scheint… Hochinteressant und global zugleich wird’s dann beim hervorragenden Auszug aus dem Buch „Maisbier & Buttertee – Leben und Überleben in China“ von den GLEICHLAUFSCHWANKUNG-Leuten, die ’ne ganze Weile in Ostasien unterwegs waren und entsprechend viel zu berichten haben. Nicht minder interessant ist der Eindruck von Punk und Politik in Kolumbien, den die Ex-Dilettanten Schmidt und Lasse im Interview mit dem Kolumbianer Marco vom CNA vermitteln. Lokaler wird’s dann wieder mit Kuwes Interview mit dem Flensburger Jugendverein Fördebande e.V. und der Band 206. Die Frauenecke besteht diesmal aus einem Gespräch zwischen Ronja und der Hamburgerin Inez Venuz von MY FAVOURITE MIXTAPE, die u.a. vom pädagogischen Tanzen erzählt und die Tape-Nostalgie-Fahne hochhält. Ein Highlight der Ausgabe ist auch Michas persönliche „Deutschpunk“-Top-15, wenn ich auch nicht alles so unterschreiben kann. TURBOSTAAT & Co., fuck off. Und die produktionstechnisch völlig verhunzte „Yankees raus“ soll besser klingen als die „Slime I“? Harten Gesang von Pedder gab’s erst nach der „Schmutzige Zeiten“-LP? Naja… aber wenigstens wurden hier mal DAILY TERROR erwähnt. Im Neuigkeitenbereich findet sich zwar ein Hinweis auf sein bedauerliches Ableben, einen vernünftigen Nachruf o. ä. sucht man aber vergebens. Richtig gelungen ist auch Bastis Kuriositätenkolumne „Geschichten aus der Gruft“, in der er uns, wenn auch leider unter falscher Angabe seines Geburtsjahrs (’37, nicht ’35), den jüdischen Ami-Klischee-Nazi-Vollpfosten Dan Burros näher bringt, der sich, als seine jüdische Herkunft an die Öffentlichkeit drang, (endlich) das Leben nahm. Zu geil, solche kranken Typen. In Vascos kritischer „wunderbarer Welt der Propaganda“ geht es diesmal um von der Leyen und ihre Gefolgschaft, die unter dem Deckmantel der Kinderpornographie-Bekämpfung unschuldige Kinder missbrauchen, um eine Internetzensur einzuführen. Natürlich sind auch fast alle weiteren Rubriken (bis auf „Atakeks’ Hippie-Corner“, juchu!) wie massenweise Reviews (war nicht mal die Rede davon, den Großteil ins Netz auszulagern?!), bei denen besonders Swen besonders bocklos wirkt (und das bei dem Namen…), Stanley Heads Ska-Ecke, „Anders LeSen“ statt „Anders Leben“, in der es diesmal ausschließlich um alternative und subkulturelle Printpublikationen geht („Graswurzel Revolution“, Ventil-Verlag, DA), Leserbriefe, Kleinanzeigen, Konzerttermine dabei. Alles in allem eine durchwachsene Ausgabe, bei der mich diesmal die meisten Bands leider nicht sonderlich interessieren, die dafür aber tolle andere Beiträge enthält. Schmerzlich vermisse ich aber Chris Scholz’ zynische Polemik. Warum der nicht mehr dabei ist, ist dieser Ausgabe leider nicht zu entnehmen…?! 80 Seiten auf besserem Scheißhauspapier für 3,50 EUR, zumindest in D, und wie immer mit Pay2Play-CD. Günni

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