Ich hatte eh gerade Urlaub und mein Kater vom Vortag hielt sich in absolut annehmbaren Grenzen, warum also nicht einen kleinen „Drei Konzerte in drei Tagen“-Marathon wagen? Zudem war ich gespannt, ob STAHLSCHWESTER auch den Nüchternheitstest bestehen würde, sprich: Ich sie nüchtern genauso überzeugend wie mit einigen Bierchen und Adrenalin im Körper finden würde. Und erst das Gängeviertel: Regelmäßig finden dort seit geraumer Zeit unkommerzielle Konzerte statt und war noch nie dort! Viele gute Argumente auf einmal. STAHLSCHWESTER machten diesmal den Beginn, und um es kurz zu machen: Trotz verhaltener Publikumsreaktionen an einem Sonntagabend und mit ADOLESCENTS einer starken Konkurrenzveranstaltung im Hafenklang wusste die Band genauso zu gefallen wie am Vorabend. Demnächst erscheint das Debütalbum – endlich mal wieder eine Plattenveröffentlichungsankündigung, die mich wirklich in Vorfreude versetzt. Wenn die Texte dann auch noch entsprechend ausfallen, könnte das evtl. das nächste große Ding aus Hamburg werden. Auch bei der nächsten Band blieb es „female fronted“: M.O.R.A. aus Finnland spielen derben Hardcore, den ich stilistisch so in Richtung NYHC verorten würde. Tiefgestimmt, mit der Zerstörungskraft einer Dampfwalze, leicht metallisch und der gewissen Prise Prolligkeit – vorgetragen von zwei schnieken zeternden und brüllenden Ladys, die entfesselt vor der Bühne herumsprangen und eine eindrucksvolle Show aufs Parkett legten. Voll überzeugend und richtig gut. Am Bass befand sich eine weitere Dame, die restlichen Position waren männlich besetzt. Die drückenden Songs waren glaube ich allesamt recht kurz, auf der in Eigenregie veröffentlichten Debüt-CD befinden sich laut Bandinfo neun Songs in 16 Minuten – da weißte Bescheid. Von den finnischen Texten verstehe ich natürlich nichts, aber von guter Musik, und die gab es hier voll auf die Zwölf. Als letzte Band des Abends standen die Niedersachsen MURUROA ATTÄCK auf dem Plan. Holla, mit gleich sechs Leuten drängelte man sich auf die Bühne: Zwei Gitarristen, zwei Bassisten! Damit erzeugte man eine Menge geordneten Krach, zumeist schneller, teilweise SEHR schneller Hardcore-Punk mit gerne sarkastischen bis zynischen Texten, vorgetragen von Sänger Holger, der eine ziemlich coole Socke ist und sich überhaupt nicht aus dem Konzept bringen lässt, wenn er zunächst einmal vor der engen Bühne den Vortänzer macht und beim Singen angepogt wird. Durch sowas kommt sofort die richtige Attitüde rüber, weiß man gleich, dass man an der richtigen Adresse ist. Die Songs wurden teilweise aufgelockert durch den Einsatz einer Trompete, wofür der dreadgelockte der beiden Bassisten sein Saiteninstrument zeitweise verschonte. Nach ein paar Songs pogte ein ganzer Haufen vor der Bühne und das Konzert war richtig geil. Irgendwie fielen in der Vergangenheit MURUOA ATTÄCK bei mir stets gerade noch so durchs Raster. Ich hab mir seinerzeit die erste EP gekauft, die ich musikalisch gut, textlich so lala fand und immer mal wieder in neuere Promostücke reingehört, unter denen sich echte Schätzchen wie das „Klimperkastenlied“ befanden, aber nie die Alben angeschafft und bisher jedes Konzert verpasst. Ich muss zugeben, dass ich mit einem so derartig überzeugenden Auftritt mit solch starken Songs nicht wirklich gerechnet hatte. Leider konnte ich mir den Gig nicht bis zum Ende ansehen, da aufgrund einer technischen Panne während der M.O.R.A.-Show die Zeit arg vorangeschritten war und ich eine bestimmte Bahn erwischen wollte, aber MURUROA ATTÄCK sind endlich auf der Einkaufsliste gelandet. Und ich hoffe, nicht allzu lange bis zum nächsten Hamburger Konzert warten zu müssen. Der Konzertort im Gängeviertel ist aufgrund seiner zentralen Lage natürlich attraktiv, versprüht von innen rustikalen D.I.Y.-Flair, hat ’ne Anlage mit ordentlich Wumms und ’nen langen Tresen – und der Eintritt betrug ’ne Spende, die Preise für die Getränke (darunter das göttliche Störtebeker-Bier) konnte man sich auch selbst aussuchen!? Ich glaub, ich spinne – Gängeviertel, ich komme wieder!