Günnis Reviews

Kategorie: Tonträger O

OIRE MUTTER – MUTTERTAG Demo-CD

(www.oiremutter.de)

Ehemalige Mitglieder von NON CONFORM, RAUSCHANGRIFF und FLUTWELLE gründeten zusammen mit einem gewissen Chris an Gesang und Gitarre diese deutschsprachige Oi!-Band, die nun eine Demo-CD fertiggestellt hat. Stampfende Midtempo-Songs mit Ufta-Drums und Klischeetexen. Aufhorchen lässt aber „Geschichten aus der Kurve“, der bereits auf einem Ultras-Soli-Sampler zu hören war, sich gegen Faschos und Bullen in der Fußball-Fankurve ausspricht und mit einem „Fußballfans sind keine Verbrecher“-Schlachtgesang endet. Gar nicht schlecht. Ansonsten ist das aber alles noch ziemlich unspektakulär, aber irgendwie sympathisch. Wer Lust verspürt, unaufgeregten Rumpel-Oi! mit einem gewissen textlichen Niveau anzutesten, bei dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, kann ja mal reinhören. Für eine Bewertung ist es gerade im Vergleich mit ausgereifteren Produktionen glaube ich noch etwas zu früh, gute Ansätze sind aber erkennbar. Sieben Songs + Intro in 19 Minuten. Günni

OUTSIDERS JOY – YES WE CAN CD

(www.outsidersjoy.de) / (www.punk.de)

Genial! Nach seinerzeit WTZ gibt es mit den Kölnern OUTSIDERS JOY eine weitere Satire-Band, die deutsche Punk-Klischees aufs Korn nimmt. Ging es bei WTZ um die Imitation 80er-HC-Punks, schlüpft diese Band in die Rolle eines debilen Trios, das 15 Jahre zu spät (so lange gibt es die fiktive Band angeblich schon) mit einer miesen WIZO-Kopie versucht, Mittelklasse-Kidpunks zu erreichen. Dabei wird zu sanften Lala-Kindermelodien und mit ekligem Fistelgesang gegen Nazis, CDU und Bullen gesungen („Lieder gegen Bullen können nie schaden, solang die Bullen nicht in ihrem Blut baden“) und dabei herrlich die nicht vorhandene Authentizität und Credibility persifliert. Ganz großes Kino sind die sperrigen Texte, die unsicher zwischen Möchtegern-Radikalität, peinlichem Humor und bemühter politischer Korrektheit umhereiern, sich in Widersprüchen verlieren und krampfhaft in Strophen und Refrains gepresst werden: „Doch für ’ne Frau siehst du merkwürdig aus, besonders schön bist du nicht. Ich schäme mich noch mehr, eine Kartoffel zu sein, denn du repräsentierst Deutschland auch mit deinem Gesicht. Angela, ich will ja nicht oberflächlich sein, ich will nur deine Politik und deinen Charakter verurteilen“ aus dem Knaller „Angela“. Genial daneben auch das unbeholfene, undifferenzierte ONKELZ-Bashing in „Punkrockseil“: „Ich kann nicht mit dir schlafen, weil du BÖHSE ONKELZ hörst, das macht mich kein bisschen geil. Ich sehe rot und das geht nicht gut aus für dich, ich erwürge dich mit meinem Punkrockseil.“ Im gleichen Atemzug werden noch FREI.WILD, STÖRKRAFT und LANDSER erwähnt, da weißte Bescheid. Der Song „Guido Westerwelle“ ist ein schönes Beispiel für krampfhaft (un)lustige Homophobie auf Grundschulniveau, ausgerechnet von einer Kölner Band vorgetragen ein weiteres Highlight der CD. Natürlich gibt man sich auch szenekritisch und behandelt solche Aufregerthemen wie „Nix Gut“ („Ich will lieber arbeitslos sein, als einen Job zu haben, den es nur aufgrund von Kooperationen mit Rechten gibt, selbst wenn ich behindert wär“) – ganz große Lyrik! Auch fürs Herz ist was dabei und bedeutungsschwangere Titel wie „Nelken in weiß“ kehren die düstere Seite der Band nach außen – haha. Ein weiteres Standardthema, das nicht fehlen darf, ist die Religionskritik: „Ist es Gott, der einfach zulässt, dass Menschen Menschen töten, weil der eine falsch der andere richtig glaubt?“ Ähnlich kritisch und betroffen geht es schier endlos erscheinende 47 Minuten lang, wobei natürlich eine hochkitschige Ballade inkl. Klaviergeklimper und neben der Spur liegendem Gesang („Unglückliche Liebe“) nicht fehlen darf – für die 14-jährigen Mädels im Publikum, an die man sich vermutlich doppelt so alt ranzuschmeißen versucht. Gegen Ende wird noch einmal ein echtes Feuerwerk gezündet – denn englisch kann man ja auch, wie zuvor schon in „Yes We Can“ bewiesen („Yes we can if we are united destroy everything which is evil-minded“)! „Why do you listen“ fragt in ebenfalls derbstem Schulenglisch „Why do you listen to our songs if you don’t like them?“ und für alle Deutschpunk-Puristen wird der Song sicherheitshalber und schlecht versteckt als „Hidden track“ in einer übersetzten Version dargeboten! Auf sowas muss man erst mal kommen! Generell kommt immer, wenn man denkt, „schlimmer geht’s nicht mehr“, der nächste Song, der einen Lügen straft. Dass der Sänger dabei immer öfter klingt, als würde er gleich einschlafen, erhöht den Spaßfaktor ebenso zusätzlich wie das stets leicht nasale, schiefe Gequäke, das offensichtlich eine Parodie WIZO-Axels darstellen soll. „Mein Auto hat ein Nazi-Radar mit dem wird jede rechte Gesinnung aufgetan, dann schaltet sich von selbst die Automatik ein und jeder Nazi wird überfahren.“ (aus „Nazi-Radar“). Wie auch bei WTZ hat man sich eigens eine Bandhistorie ausgedacht: So war man angeblich früher bei Nix Gut (nur im Vertrieb!) und landete später auf dem – wer hätte es geahnt – WIZO-Label Hulk Räckorz… Das schlecht gezeichnete Klischeecover inkl. Astra-Pulle rundet ebenso wie der grammatikalisch falsch geschriebene Bandname das Gesamtbild ab, die Texte kann man im Booklet nachlesen und sich kaputtlachen. 17 Songs lang Verarsche vom feinsten, wenn auch verglichen mit WTZ ziemlich offensichtlich. Bin trotzdem gespannt, wie viele drauf hereinfallen werden… 1. Günni

OIRO – VERGANGENHEITSSCHLAUCH CD

(www.flight13.com)

OIRO haben schon einige Platten veröffentlicht, diese ist allerdings die erste, die ich zu hören bekomme. Mir bisher nur von belanglosen Sampler-Beiträgen bekannt, ist mir diese Band eigentlich nur aufgrund des beschissenen Namens im Gedächtnis geblieben. Ich kann mit dieser Art von Musik, diesem Theatralischem bis Schleppendem, Monotonem, besonders durch den nervenden, besserwisserisch-studentisch klingenden Gesang bedingt, einfach nichts anfangen – auch wenn ich anerkennen muss, dass es dann doch ein, zwei Songs mit netten Melodien aufs Album geschafft haben. Genauso wenig mag ich diese Art, Texte zu schreiben, bei der nicht selten scheinbar zusammenhanglose Phrasen aneinandergereiht werden, man als Hörer aber spürt, wie die Band einem weiszumachen versucht, das sei alles enorm bedeutungsschwanger. Keine Ahnung, vielleicht würde es ja sogar Spaß machen, sich intensiver damit auseinanderzusetzen, wenn… ja, wenn es irgendetwas gebe, was Interesse für die Band wecken würde. Leider finde ich nichts. Ich schließe daher mit einem Zitat aus „Regenbogen, rot fehlt!“: „Was wollt ihr eigentlich sagen? Wem wollt ihr was eigentlich sagen?“ Das auf mattem Papier gedruckte Booklet enthält alle Texte in einer fürchterlichen Handschrift, Bilder der Band sucht (?) man vergeblich. 14 Songs in 37 Minuten. Anspieltipp: Alles und nichts. 4-. Günni

DIE ORALAPOSTEL – 1A KINDERPUNK CD

(www.die-oralapostel.de)

Nun gut, immerhin kann hier von Etikettenschwindel nun wirklich keine Rede sein; drin ist, was draufsteht: Pubertärer Kinderpunk mit peinlichen, größtenteils deutschen Texten („Fernanda ausm Wald, bist du in mich verknallt?“) und unerträglichem, teilweise auch noch mehrstimmigem Singsang. Da können auch die vernünftige Produktion und die kreative Gestaltung in Form eines Beiheftes im A5er-Schulheft-Layout nicht mehr viel reißen. Zehn Songs in 33 Minuten. 5, eine Versetzung in die nächsthöhere Klassenstufe findet nicht statt. Günni

ODERFLUT – FREI & LAUT CD

(www.contra-net.com) / (www.elb-power-records.com)

Bei diesem Bandnamen muss man natürlich aus Frankfurt/Oder kommen – „die Jungs von der Oder sind wieder hier“. Und was die Westpolen hier fabrizieren, spült sich ziemlich lecker ins Ohr. Flotter, gut geölter Oi!-Punk mit rauem, frechem, aber nicht angestrengt-aufgesetzt klingendem Gesang, der mehr als nur eine Tonlage drauf hat, in deutscher Sprache. 100% pogotauglich, nach vorne… erinnert vom Sound manchmal an etwas an die alten BRASSKNUCKLES-Geschichten. Ab und zu kommen Offbeats zum Einsatz, was die Scheibe angenehm auflockert. Ok, textlich wird überwiegend die Partyfraktion bedient, „Saufen macht Spaß“, „Partys, Frauen, Saufen“ etc… übrigens unter Verwendung typischer Ossi-Slang-Ausdrücke wie „knüppelhart“ und „fett“ für besoffen. 😉 Ist im Zusammenhang mit der Mucke aber nicht so übel, wie es sich zunächst anhört. Und dass die Band auch anders kann, beweisen Songs wie „Menschen deiner Stadt“ (mein Hit des Albums) oder „Walhalla“ (da kommen keine Nazis hin – ODERFLUT erklären uns, warum). Für zukünftige Alben würde ich mir mehr solcher Songs wünschen. Fazit: Musikalisch gut, textlich ausbaufähig. Schade, dass es kein richtiges Booklet gibt; so fanden auch nicht alle Texte Platz zum Abdruck. 14 Songs inkl. COCK-SPARRER-Cover („Runnin’ Riot“) in 40 Minuten. 3. Günni

OXO 86 – BERNAUER BIERCHANSONS CD

(www.pukemusik.de) / (www.oxo86.de)

Deutschsprachiger Oi!-Punk mit Saxophon aus Bernau, bierselig und klischeebeladen, musikalisch aber fit, eingängig und mit angenehm rauem Gesang versehen. Man freut sich des Lebens beim Fußball und Saufen und geht nicht allzu gern zur Arbeit. Soweit also das volle Klischee-Brett. Richtig interessant wird’s aber, wenn man diesen enggesteckten Rahmen verlässt und bei „Bombenalarm“ fast schon in alten 80er-HC-Punk-Zynismus verfällt, sich für „Lauschangriff“ humoristisch der Ignoranz weiter Teile der Bevölkerung hinsichtlich der immer weiter eingeschränkten persönlichen Freiheitsrechte annimmt oder sich in „Körperkult“ über eben diesen auskotzt. Völlig daneben hingegen ist „Rotwein“, wo ich schon ganz genau hinhören musste, um festzustellen, dass das wohl mal eine Cover-Version des alten NEIL-DIAMOND-Songs „Red Red Wine“ bzw. wiederum dessen Cover von UB 40 werden sollte… alles in allem aber keine schlechte Platte. Das bebilderte Booklet birgt alle Texte in sich, 15 Songs in 47 Minuten. 3. Günni

Copyright © 2024 Günnis Reviews

Theme von Anders Norén↑ ↑