Zugegeben, der Allerjüngste bin ich nicht mehr, und es häufen sich die Wochenenden, an denen ich mich bewusst anderen Aktivitäten als Konzertbesuchen widme – erst recht nach den allwöchentlichen beiden Krachproben mit meinen eigenen Kapellen. Doch nicht so an diesem Wochenende. Seit ich Wind von diesem Gig bekommen hatte, war meine Vorfreude von Tag zu Tag gestiegen. Das lag zum einen daran, dass ich KNOCK OFF noch nie live gesehen hatte, obwohl ich mir seinerzeit das „You Get One Life“-Vinylalbum zugelegt hatte und sie meines Wissens immer mal wieder in Hamburg vorstellig geworden waren. Der nächste Grund war, dass ich die RAZORS lange nicht mehr gesehen hatte – vermutlich, weil ich deren alljährliche Knust-Gigs „zwischen den Jahren“ regelmäßig schwänze. Zuvorderst ausschlaggebend aber war, dass mir mal wieder der Sinn nach klassischem Punkrock zwischen ’77 und ’82 stand, und zwar unprätentiös im Club.
In eben jenem dachte ich mir von so’nem großen Blonden, hey, den kennste doch…? Tatsächlich: Der Gitarrist von HEROES 2 NONE, mit denen wir kürzlich in Flensburg die Bühne geteilt hatten, war zusammen mit Freunden eigens für dieses Konzert aus Dänemark angereist. Kiek an! Hamburgs Punk-Ursuppe, die RAZORS, betraten um 21:30 Uhr die Bühne, aufgrund eines zickenden Monitors (der Klassiker!) verzögerte sich der Beginn noch um ein paar wenige Minuten. Mit Danker als Sänger und Sven an den Drums sind noch zwei Originalmitglieder des Quartetts dabei, das mit „Don’t Go“ in sein umfassendes, Klassiker des deutschen, aber englischsprachigen ’77-Punkrocks ebenso wie mal etwas streetpunkigeres, mal etwas ruppigeres Post-Reunion-Material abdeckendes Set einstieg. Vor „Come Closer“ gab Danker die Geschichte zum Besten, wie der Song entstanden sei – nämlich wegen der HEARTACHES im Vorprogramm von THE BONES im Jahre 2002 im SO36. Während „Christ Child“ verließ er die Bühne und mischte sich unters Publikum, das überwiegend auch nicht mehr zum jüngsten zählte, aber auch ohne Blutpogo sichtlich seinen Spaß hatte – nicht zuletzt an der humorigen Kommunikation mit der Band. Man kennt sich eben. Danker ist mit Mitte 60 fit wie ein Turnschuh und bestens bei Stimme, generell machte die Band einen supereingespielten und nach wie vor leidenschaftlichen Eindruck. Drums und Bass sorgten für ordentlich Wumms und Stoffel an der Klampfe, der vor ein paar Jahren von Witte übernahm, macht seine Sache offenbar mit viel Verve und Hingabe. Die Backing-Chöre saßen wie ‘ne Eins und der Sound war super – da gibbet echt mal gar nix zu meckern. An Coverversionen gab’s wie üblich das hübsch verpunkte „Heroes“ (DAVID BOWIE) und das in „You’ll Never Walk Alone“ übergehende „Because You’re Young“ (COCK SPARRER). Richtig geiler Gig, der mich euphorisiert hat und zu dem das Bier noch mal besser schmeckte.
Das britische Trio KNOCK OFF war seit Veröffentlichung seines Debütalbums 2014 ziemlich fleißig und bringt es mittlerweile auf sechs Langrillen sowie diverse EPs. War der Sound anfänglich noch UK82-beeinflusst, wurde er bald darauf immer streetpunkiger. Die, grob geschätzt, eine gute Stunde abdeckende Setlist bot ein schöne Mischung quer durch die Diskographie. Das bedeutet: Klassischer britischer Sound mit einfachen, dafür sofort zündenden Melodien, vielen Mitsingrefrains und ganz viel Attitüde inklusive dickem Mittelfinger gegen Politik und sonstige Autoritäten, die einem das Leben erschweren. Dass der Bassist ganz neu dabei war, merkte man ihm nicht an. Souverän und spielfreudig reihten sie die eingängigen Songs mitsamt kurzer, prägnanter Ansagen aneinander und spielten auch ihre Zugaben, ohne vorher die Bühne zu verlassen und sich zurückbitten zu lassen. Für meinen Geschmack könnte die Band ein paar Tempowechsel und die eine oder andere Uptempo-Nummer vertragen, aber auch im Midtempo brachten sie nicht nur mich zum Tanzen und hielten die gute Stimmung unter den vermutlich knapp hundert Gästen mehr als nur aufrecht. Sie hätten mehr Publikum verdient gehabt und ich wünsche mir, dass die Jugend diesen schnörkellosen, guten alten Sound irgendwann für sich entdeckt.
Aufgrund des stark blendenden Lichts war’s nicht leicht, halbwegs ansprechende Schnappschüsse zu fabrizieren, was man dem einen oder anderen Foto ansehen dürfte. War aber ein gelungener Abend, der musikalisch so verlief, wie ich ihn erwartet und mal wieder gebraucht hatte. Danke dafür!
Schreibe einen Kommentar