Sticks & Fingers entstammen wohl ursprünglich den Jugendseiten der Süddeutschen Zeitung, für die der bayrische Zeichner und Texter Jan Reiser sie entwarf. Im Jahre 2006 erschien dann das rund 50-seitige Softcover-Album „Sticks & Fingers: Basement Blues“ im Ehapa-Verlag.
Das vollfarbige Album ist handgelettert und weist eine i.d.R. vierreihige, damit klar strukturierte, in der Anzahl dennoch dynamische Panelstruktur auf, die den Rahmen für Reisers großartigen und detailverliebten Funny-Stil bildet. Die Geschichte um zwei studierende Rock’n’Roller (Sticks: Drummer, Fingers: Gitarrist), die eine Band gründen wollen und dabei alle erdenklichen Schwierigkeiten, beginnend bei der Proberaumsuche, durchleben, spielt in München und steckt voller Referenzen auf reale Bands, Bücher, Magazine, Songzitate und Plattencover. Der Humor speist sich aus einigem Funny-typischen Slapstick, in erster Linie wird aber eine große, zusammenhängende Geschichte erzählt. In dieser fungiert Fingers auch als intradiegetische Erzählinstanz im Präteritum.
Ein paar Rock-Klischees werden repliziert und persifliert, aber auch die Kunstwelt ist Ziel einiger Gags. Apropos: Fingers malt auch Bilder – über Kopf hängend. Seine Sprechblasen wurden dabei ebenfalls auf dem Kopf stehend abgedruckt. Ein wunderbar konzipierter Klischee-Italiener mit Akzent in den Sprechblasen wird Manager der Band. Köstlich auch die Basser-Auditions, in deren Zuge in jeweils einem Panel die verschiedensten Musikrichtungen durch den Kakao gezogen werden. Auch die Münchner Schickeria kriegt ihr Fett weg, inklusive Rudolph Moshammer. Die Suche nach der sexy Bassistin Bo, die Sticks und Fingers in der Bahn über den Weg lief, wird recht breit ausgewalzt und ist Anlass für viele Gags. Leider ist Bo mit einem reichen Schnösel liiert – zumindest noch… Mit diesem im Bett zeichnet Reiser sie auch schon mal nackt.
Es folgt eine schwierige Suche nach ersten Auftrittsmöglichkeiten. Die Band nennt sich mittlerweile „The Burp“ und ist vor ihrem ersten Gig im Jugendzentrum eines Kaffs regelrecht euphorisch. Fingers‘ großes Idol ist Slash, was man ihm auch mehr als ansieht, und Sticks verknallt sich in die aus der Oberschicht stammende Bo, womit auch eine sehr klassische Liebesgeschichte mit ein paar vorsichtigen klassenkämpferischen Tendenzen Einzug hält. Immer dabei ist Kumpel Mücke, der Metallica- und AC/DC-Fan ist. Wunderbar realistisch wirkt der erste Gig ab dem Moment der Ankunft am Jugendzentrum. Auf Seite 47 hat Reiser eine Konzertszene als prima Wimmelbild gezeichnet, ein weiteres folgt drei Seiten später nach dem Umzug des Gigs in eine Villa. Das Album schließt mit einem Porträt Reisers und Aufschlüsselungen der verwendeten Songtext-Zitate.
Auf Seite 41 findet sich ein kleiner Meta-Ebenen-Gag, der einen weiteren „Sticks & Fingers“-Band suggeriert – woraus leider nichts wurde. Schade, denn „Basement Blues“ ist ein toller Jugendcomic, der nicht nur Jungs, die selbst in Amateurkapellen lärmen, Spaß machen dürfte.
Schreibe einen Kommentar