Die von Bitzcore-Juergen organisierten St.-Pauli-Punk-Festivals – eintägige Indoor-Festivals mit jeweils vier bis fünf lokalen Bands – gingen in die fünfte Runde und nachdem wir vor ‘nem guten halben Jahr bereits bei der mehr oder weniger improvisierten #3 dabei waren, durften wir erneut ran. Diesmal konnte man auch seine eigenen Amps mitbringen, statt seinen Sound über einen Kemper simulieren zu müssen, konnte sich somit seinen gewohnten Bühnensound zurechtpfriemeln, und bei der P.A. funktionierten auch die Tieftöner wieder. Das waren schon mal gute Voraussetzungen. Um 20:00 Uhr sollte es losgehen und obwohl die Boxen für die Bühne erst kurz vor knapp kamen, wurde der Zeitplan glaube ich weitestgehend eingehalten. Keine der Bands habe ich ihren kompletten Auftritt lang konzentriert verfolgt, weil ich viel zwischen Backstage, Merch-Stand und Biergarten hin und her lief, aber doch jeweils genug mitbekommen – zumal der Sound eigentlich überall (außer im Backstage) gut zu vernehmen war. FIRST-CLASS LEG SPACE machten mit punkigem Alternative Rock den Anfang, der mir dann am besten gefiel, wenn der gut aufgelegte, bewegungsfreudige Sänger etwas rauer zur Sache ging. ‘ne Offbeat-Nummer inklusive Tröteneinsatz gab’s auch, doch auch ohne hatte man das Publikum zum Tanzen gebracht – und somit als Opener alles richtig gemacht! (War der letzte Song eigentlich ‘ne Coverversion? Kam mir jedenfalls irgendwie bekannt vor.)

Dann gaben wir uns die Ehre. Monitor- und Bühnensound passten, das war ein großer Unterschied zum Dezember-Gig hier. Um ‘ne ordentliche Anzahl Songs unterzubringen, versuchten wir, relativ stringent und ohne viel Palaver durchzuziehen. Trotzdem gab’s natürlich die eine oder andere Stimmpause, eine überraschenderweise mitten im Song – zunächst dachte ich, Kai sei ‘ne Saite gerissen, was sich zum Glück nicht bewahrheitete. „Wæende“ mussten wir allerdings abbrechen und von vorn beginnen, weil ich Depp meinen Einsatz vergessen hatte. Ebenso erging es mir mit der Hälfte der letzten Strophe, die ich glatt unterschlug. Dat üben wir noch mal… Dafür feierte das größtenteils von unserem Ex-Drummer Dr. Tentakel getextete „Straße“ (Arbeitstitel) seine Live-Premiere. Ansonsten gaben wir uns glaube ich keine allzu große Blöße. Auch wir brachten einige Leute zum Zappeln und erhielten Zuspruch, der sich auch am Merchstand bemerkbar machte. Bei den knackigen Temperaturen im Indra geriet der Gig wie so oft zu ‘ner Art Workout; umso angenehmer war dann das Klima im Backstage, wo das Schraibfela-Video-Fanzine ein Kurzinterview mit uns führte (wie übrigens auch mit allen anderen Bands).

Die MISFITS-Coverband ASTRA ZOMBIES hatte im Anschluss mehr zu bieten als lediglich das Nachspielen der altbekannten Horrorpunk-Gassenhauer, denn zum einen fanden sich auch ein paar nicht ganz so populäre (bzw. zumindest mir nicht so geläufige) Nummern im Set und zum anderen hatte man keinen Möchtegern-Danzig am Mikro, sondern eine Sängerin, die mit ihrer tollen Stimme die Songs in einem ganz anderen Licht erstrahlen ließ. Alle Bandmitglieder waren stilecht geschminkt, der Gitarrist im Jason-Voorhees-Look sogar unter seiner Eishockey-Maske, damit’s an deren Rändern hübsch modrig durchscheint. (Ich hoffe, das war jetzt keine versehentliche „Maske? Welche Maske…?“-Taktlosigkeit von mir.) Und das bei den Temperaturen – Respekt! Vorbehaltlos zu empfehlende Band, die entsprechend bejubelt wurde. An Halloween übrigens live im Monkeys Music Club!

FREVEL packten wieder die grobe Kelle aus und wüteten sich durch ein deutsch- und englischsprachiges Hardcore-Punk-Set, dessen RAWSIDE-Einflüsse (von denen Shouter Tim auch ein Shirt trug) unüberhörbar waren – was ja nun beileibe keine verkehrte Inspirationsquelle ist. Songs voller authentisch rüberkommender Aggression gegen „Bullen, Bonzen, BRD“ (so der Name des Albums), gespielt mit ‘ner gut ballernden, Druck erzeugenden Rhythmusfraktion und ‘ner sehr kompetenten, sägenden Metal-Klampfe. Tim hielt es nicht dauerhaft auf der Bühne, stattdessen ging er auf Tuchfühlung mit dem Mob davor. Gecovert wurde „Greif ein“ von DRITTE WAHL und „Fascist Scum“ als Zugabe ein zweites Mal dargereicht. All das wurde dankend angenommen, gefeiert und war teilweise gar nicht so weit weg von dem, was wir so machen. Vielleicht sollte man mal zusammen zocken?

Mit meiner anderen Band hatte ich 2016 mal zusammen mit COCK-UPS in Rotenburg gespielt, sie seitdem aber nicht mehr zu Gesicht bekommen. Von der Besetzung ist seit damals nur noch Bandkopf und Sänger Sven übrig, an der Schießbude aber nun ein Altbekannter: Jaybee, der u.a. in den ‘90ern bei LA CRY spielte. Ich glaube, die Band ist etwas härter geworden, jedenfalls hat Jaybee ‘nen ordentlich treibenden Punch. Musikalisch geht’s stark Richtung UK-’82-HC- und Chaos-Punk, der aber immer mal wieder durch kleine Gitarrenmelodien und Soli aufgelockert wird. Ansonsten geht’s schnörkellos und relativ puristisch zur Sache und Sven bellt sich amtlich durchs Repertoire. Ein Teil der zahlenden Gäste schien mittlerweile ein wenig ausgelaugt und müde zu sein, andere genossen aber auch diese Adrenalinkicks noch in vollen Zügen, bevor irgendwann Feierabend war. Danke übrigens für Stellen des Drumsets!

Alles in allem war’s ‘ne geile Party bei durch die Bank weg gutem, wuchtigem Sound (Danke, Andy!), wenngleich parallel das Wohlwill-/Brigittenstraßenfest mit zwei Open-Air-Gratis-Punkrock-Bühnen gleich um die Ecke stattfand. Dafür hatte sich dann doch eine ansehnliche Anzahl Besucherinnen und Besucher ins Indra verirrt. Juergen führt dort diese Festivals in schöner Regelmäßigkeit vierteljährlich durch und ich kann, auch unabhängig von etwaigen Straßenfesten oder „Konkurrenz“veranstaltungen, nur hoffen, dass sich das für alle auch wirklich lohnt. Uns als Bands kann’s egal sein, wir dürften alle unseren Spaß gehabt haben! Nur scheint mir das Indra nach wie vor etwas überdimensioniert für diese Festivals, solange kein zugkräftiger, „großer“ Name dabei ist. Läden wie die Lobusch oder die Gängeviertel-Druckerei hingegen wären wahrscheinlich voll gewesen. Und die eine oder andere Werbemaßnahme (Flyer, Plakate, Fratzenbuch-Event) etwas früher anzuberaumen, hätte sicherlich nicht geschadet 😉 Wie auch immer, das Konzept hinter diesen Lokalfestivals ist ‘ne feine, unterstützenswerte Sache.

P.S.: Auch diesmal wurden mit Profiequipment Audioaufnahmen aller Auftritte angefertigt und an die Bands verteilt – auch dafür besten Dank! Ebenso danke an Dr. Martin für die Fotos unseres Gigs. Und hier noch das erwähnte Schraibfela-Video: