(www.sunnybastards.de) / (www.drop-out-chaos.de)
Diese recht neue Band aus Berlin kann man schwer einem Genre zuordnen. Am ehesten träfe wohl der in letzter Zeit immer öfter bemühte Begriff „Streetrock“ zu. Mich erinnert der DROP-OUT-Sound enorm an die BÖHSEn ONKELZ in ihrer mittleren Phase, so um 1990 herum. Nun, normalerweise mag ich keine ONKELZ-Klons, wirken sie doch oft zu verkrampft und wenig authentisch auf mich. Das ist hier aber anders. Das Schlagzeug scheppert noch ordentlich, die Gitarrenarbeit kann nicht nur daherschrammeln, sondern versorgt mich auch mit schönen Melodien, die durch die meist hymnenartigen Refrains ihre volle Wirkung entfachen und sich in den Gehörgängen festsetzen. Dazu wird reichlich vom ONKELZ-typischen „Jaaa!“-Geschreie Gebrauch gemacht, wozu sich herrlich die Faust ballen lässt. Sowieso hat Profiboxer Dennis’ Gesangsstil einen rauhen Charme, da er nicht wirklich singen kann, es aber trotzdem tut und somit für eine schön dreckige Credibility sorgt, ohne, dass es peinlich würde. Hinzu kommt das lyrische Geschick der Band: Alle Texte sind auf ihre Art extrem – sei es extrem traurig und melancholisch in persönlichen Songs wie „Warum ich mich hasse“ oder „Sterben gehen“, krank wie in „Du bist die Schönste“ oder „Kaltes Herz“ oder eben auch prollig wie in „Drop Out“, „Länderspiel“ und „Ich gegen alle“ (Hymne auf Dennis’ Boxclub). Für die kranken Texte wählte man die Ich-Perspektive, was sie einerseits wirkungsvoller macht, aber auch zu Missverständnissen führen kann. So weigerte sich ein namhafter Vertrieb, die Scheibe in sein Sortiment aufzunehmen. Textprobe: „Kaltes Herz in meiner Hand, gestern hast du noch gelacht. Kaltes Herz in meinem Bauch, jetzt gehörst Du mir!“ Bzgl. der prolligen Texte, in denen extrem dick aufgetragen wird („Was Schmerz ist, weiß ich nicht, ich weiß nur eins: ich bin härter als Du!“ aus „Ich gegen alle“ oder auch „…fahren wir zum Länderspiel, alle harten Jungs sind schon hier“ aus „Länderspiel“) hoffe ich einfach mal, dass man sie eher augenzwinkernd verstanden wissen will… Bei den traurigen Songs kann das im Prinzip recht hohe textliche Niveau leider nicht immer ganz gehalten werden. So heißt es z.B. in „Nie vergessen“: „Du hast einen Neuen, er fickt nur halb so gut wie ich“. Schade, durch solche Platitüden bleibt ein fader Beigeschmack eines an sich guten Stückes. Alles in allem ist mir die Platte aber eigenständig und unverkrampft genug, damit ich den Jungs das alles halbwegs abnehmen kann – wodurch sie mich letztendlich sehr positiv überrascht hat. Hervorheben möchte ich noch das toll gestaltete Booklet mit allen Texten. Ich geb’ mal ’ne 2-, da ich mir sicher bin, dass sich die Band textlich wie musikalisch noch steigern kann und hoffentlich auch wird – sofern sie sich von den sicherlich folgenden herben Verrissen in der Punk-Presse, die mit diesem Sound einfach nichts anzufangen wissen wird, nicht unterkriegen lassen und weiterhin ihren eigenen Weg gehen wird, ohne sich von seltsamen, bräunlichen Gestalten vereinnahmen zu lassen, die auch ganz gerne mal auf prollig-männliche Texte in Verbindung mit dieser Art Musik abfahren. Ich wünsche der Band alles Gute und werde sie mir hoffentlich bald mal live ansehen können. 2.-. Günni
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