Am ersten Dezemberabend lockte das Billstedter Bambi mal wieder mit einem fetten Viererpaket, das ich mir keinesfalls entgehen lassen wollte. Da es mir momentan an einem Freitagabend jedoch nicht ohne weiteres möglich ist, überpünktlich zu erscheinen, verpasste ich glatt die erste Band, die US-Thrasher von EUPHORIA. Zu den Italienern von GAME OVER stand ich aber Gewehr bei Fuß und wurde im mittlerweile rauchfreien besten Metal-Club Hamburgs Zeuge, wie das Quartett, das bereits aus einigen Album-Veröffentlichungen schöpfen kann, einen satten Stiefel rüden ’80er-Thrash voller Spielfreude herunterprügelte und sowohl mich als auch das sich aus den „üblichen“ Bambi-Gängern, angereichert durch einige Punks, zusammensetzende Publikum in Verzückung und Feierlaune versetzte. Bis auf den Sänger/Bassisten sah die Band wie direkt aus der Hochzeit des Thrashs herübergebeamt aus (inkl. ausgeblichenem JUDAS-PRIEST-Shirt und Schnurri) und spielte einen punkig-schnellen, sehr aggressiven, wenig feinsinnigen, dabei technisch durchaus anspruchsvollen versierten Sound, der live noch besser als von (mir eine Idee zu modern produzierter (das neue Album „Claiming Supremacy“ muss ich mir aber erst noch anhören)) Platte knallte, Energie freisetzte und eine Spannung erzeugte, die den gesamten Abend lang gehalten werden sollte – wenn auch über weite Strecken der Sound ein wenig übersteuert wirkte und der Gesang etwas unterging. Als letzten Song coverte man ANTHRAX’ „Metal Thrashing Mad“ in einer unglaublich geilen Version mit dem EUPHORIA-Sänger am Mic, bevor man die Bühne für INDIAN NIGHTMARE räumte.

Bei jenen Berlinern, die sich ungewöhnlicherweise aus Menschen mit Migrationshintergrund aus den verschiedensten Ländern zusammensetzt, handelt es sich um eine erst 2014 gegründete Band auf dem Kriegspfad, die sich den Begriff „Metalpunksteel“ angeeignet hat und auf die sich seither Metaller und Punks gleichsam einigen können. Das Debüt-Album „Taking Back The Land“ läuft mir gut rein mit seiner wahnsinnigen Mischung aus Speed- und Thrash-Metal sowie Hardcore-Punk, die die wie kannibalistische Endzeit-Indianer in irrer Kostümierung und Maskerade aussehenden Musiker unter Zuhilfenahme einer Extraportion Hall auch live reproduzieren. Zwei Fünftel der Band waren zudem in VENOM-Leibchen gehüllt, was zusätzliche Sympathiepunkte bringt. Das Publikum drehte nun endgültig feil, vor der Bühne war kaum noch ein Durchkommen. Erweitert wurde die rasende Show durch Auftritte einer leichtbekleideten Feuerspuckerin, was in solch einer kleinen Location natürlich schnell zum sprichwörtlichen Spiel mit dem Feuer werden kann – geil, dass das trotzdem so stattfinden konnte. So heizte man dem Mob also in jederlei Hinsicht kräftig ein und verausgabte sich gut auf der Bühne, bis als letzter Donnerschlag „Riders of Doom“ erschallte, der sich wohl als so etwas wie der herausstechende Bandhit herauskristallisiert hat, bevor das Kriegsbeil wieder temporär begraben wurde. Die Gruppe Punks hatte sich einen Spaß daraus gemacht, immer wieder Wasserblasen aus einer Blubberpistole in die Luft zu schießen, was nun nicht ganz so spektakulär wie die Feuershow ausfiel, aber als witziger Kontrast fungierte, haha… Spitzenband, die es sehr ernst zu meinen scheint und das richtige Gefühl für ihren Stil mitbringt, den zu genießen jedoch ein gewisses Faible für Over-the-top-Speed-Metal-Madness inkl. spitzer Schreie, schriller Töne und Evil-Attitude-Terror-Riffs vonnöten ist. Klasse auch, dass ich endlich einen Haken hinter „Die ma live gucken“ setzen kann.

Musikalisch in gemäßigtere Fahrwasser begaben sich schließlich NIGHT VIPER aus Schweden, die dem klassischen Heavy Metal frönen, gerade ihr neues, zweites Album „Exterminator“ veröffentlicht haben und aufgrund ihrer unprätentiösen No-Bullshit-Attitüde sowie ihrer catchy Songs und ihrer erstklassigen Sängerin bestens ankommen. Die Kapelle um  Tom Sutton von THE ORDER OF ISRAFEL schüttelte Haar, die Sängerin auch mal einen Schellenkranz, zündete Konfettikanonen und hatte sichtlich Spaß am sie mit offenen Haaren und Armen empfangenden Publikum, von dem sie sich anfeuern ließ. „Nu Metal“, Elektronik, pathetischer Bombast oder anbiedernder Kitsch hatten hier nichts verloren und dennoch wirkte der klassische Stil der Band weder altbacken noch rückwärtsgewandt, sondern knackfrisch und hungrig. Allerdings fehlen mir noch ein paar mehr lupenreine Hits, sodass ich glaubte, nun guten Gewissens auch mal während des Sets eine dampfen gehen zu können und mich prompt vor der Tür festquatschte. Den Gig habe ich also nicht komplett verfolgt. Von der guten Stimmung war ich dennoch ergriffen und ließ mich mitreißen, bevor ich nach einem letzten Pilsener Urquell brav den Heimweg antrat und ein Konzert hinter mir hatte, das mehr noch als andere besonders vom speziellen Vibe zwischen Bands und Publikum lebte, mir eine verdammt gute Zeit bescherte und seine 16,- EUR Eintritt letztlich wert war.