Oha, doch schon wieder Februar – Zeit also, langsam mal die Konzertwinterpause zu beenden und verschlafen aus dem Bau zu kriechen. Dies empfahl sich vor allem an diesem Freitag, an dem im leider dem Abriss geweihten experimentellen Freiraum Villa Dunkelbunt mitten in Ottensen eine der letzten Veranstaltungen stattfinden sollte: Die Partyfraktion G.A.S. & FRIENDS hatte dort eine große Soli-Sause zugunsten der Mobilisierung der Gegenaktivitäten zum geplanten Naziaufmarsch am 1. Mai in Hamburg anberaumt und rund ums Hutkassen-Konzert herum Infostände aufgebaut, eiskalte Inkognito-Profis hinterm Tresen platziert, namhafte DJs engagiert etc. pp – und das altehrwürdige Gebäude wurde nicht nur wirklich wahnsinnig schnell rappelvoll, nein, sogar die erste Band begann vollkommen Punk-untypisch wie angekündigt pünktlich wie die Maurer. Das Aufgebot beschränkte sich leider auf zwei Bands, da die BRUTALE GRUPPE 5000 von außerirdischen Echsenpollen, die per Chemtrails über ihrem konspirativen Hauptquartier verteilt wurden, außer Gefecht gesetzt worden waren.

Den Anfang machten jedenfalls die TRÜMMERRATTEN, jenes sympathische Hamburger Quartett, das sich konsequent jeglichem Leistungsanspruch verweigert und lieber dem Zwei-Akkorde-Pogo-Punk frönt. Die Ansagen waren meist länger als die Songs, der Gesang leider aufgrund der offenbar an ihre Grenzen geratenen P.A. etwas leise, aber das Gesamtpaket machte wie üblich Spaß: Mit dem Charme des genialen Dilettantismus dargereichte, plakative, radikale D-Punk-Weisen gegen Deutschland, Bullen, Nazis und den HVV, wobei der Gig in der zweiten Hälfte immer flüssiger lief. Eine Nummer überraschte gar mit einem Rockstar-Gitarrensolo – welch ein Kontrast!? Die größte Reaktion des in Teilen vergnügt vor der Bühne pogenden Publikums rief „Nicht genug“ hervor, das dann auch ich lauthals mitgrölte. Der „ÄhrenGASt“ entpuppte sich schließlich als eine Dame und einen Herrn der mir bis dato unbekannten lokalen Jazzpunk-Hoffnung HINTERM GOLFPLATZ LINKS, die sich zum fröhlichen Instrumente- und Mikro-Tausch einfanden, logen, die TRÜMMERRATTEN noch nie zuvor gesehen zu haben (zumindest bei dem Herrn dürfte es sich um ein ehemaliges Mitglied gehandelt haben), und gemeinsam das eine oder andere Ständchen zum Besten gaben – mal vom Zettel abgelesen, mal nicht, und als Höhepunkt von nicht anrufenden Veganern und Radieschen, Radieschen, überall Radieschen handelnd. Dieses Lied hätte ich gern auf Kassette überspielt.

TANZPALAST EDEN ist so was wie ein Nebenprojekt von MÜLHEIM-ASOZIAL-Leuten und hat ungefähr vor einem Jahr sein Demo ins Netz gestellt. Deutschsprachiger, stilistisch eher in den ‘90ern verwurzelter melodischer HC-Punk mit leichter Emo-Kante oder so, so würde ich das grob umreißen. Eher die ernste Schiene, nicht so witzig stumpf und selbstironisch wie das, was TRÜMMERRATTEN & Friends hier kurz zuvor noch zelebriert hatten. Die Umgewöhnung fiel mir etwas schwer, zumal der Gesang wirklich sehr unterging. Auch hier musste sich der Sänger übrigens zeitweise eines Textblatts behelfen. Je ruppiger die Songs klangen, desto besser gefielen sie mir, ein wirkliches Urteil kann ich mir anhand dieses gefühlt auch recht kurzen Gigs jedoch noch nicht bilden.

So nahm die Party also mit Musik aus der Konserve ihren weiteren Verlauf. Als der DJ dann plötzlich Hit an Hit aus meiner Jugend aneinanderreihte, musste ich das natürlich hart abfeiern. Ganz vorbei ist’s in der Villa indes noch immer nicht: Am 06.03. lockt das „allerletzte letzte Abschiedskonzert“ mit SCOOTERKIDSMUSTDIE, BRAINDEAD und MATRONE.

Ach ja, Fotos? Der (nennen wir es mal so) „Abenderöffnungsrede“ meinte ich entnommen zu haben, dass die nicht unbedingt erwünscht seien, sodass ich darauf verzichtete.