Ausgerechnet an einem Freitag, dem 13. sollte endlich unsere heimische Live-Premiere in der aktuellen Besetzung mit Holler am Bass und Eisenkarl an der Schießbude stattfinden – nach dem Festival in Schweden im letzten Sommer und dem Gig im Goldenen Salon, bei dem Holler leider kankheitsbedingt ausgefallen war und wir ohne Bass antraten. Unser Pech beschränkte sich jedoch auf eine abenteuerliche Anfahrt Hollers, der es aufgrund eines Polizeieinsatzes in seiner U-Bahn und einer anschließend gemeldeten technischen Störung des Zugs spannend machte, wann er überhaupt eintreffen würde. Klappte letztlich aber alles, wenngleich die Bahn in anderen Regionen offenbar erfolgreich verhinderte, dass Gäste, die bereits auf dem Weg waren, es überhaupt noch zu uns schafften. Mal wieder ein dickes FICK DICH an die Deutsche Kackbahn! Vor unserem Soundcheck hieß es „Mangiare!“ und ich fühlte mich mal wieder darin bestätigt, diesen ganzen Bandbums in erster Linie aus kulinarischen Gründen zu machen: Thommy von LOSER YOUTH und vom Brot-Fanzine servierte leckerstes Soja-Gulasch mit Trikolore-Spirelli, dazu Stir-Fried-Bohnen, frischen Salat, (natürlich) Brot, Dips… In diesem Schlaraffenland fraß ich mir ‘ne kugelrunde Plauze und solide Grundlage für den kommenden Umtrunk an. Feinschmecker-Dank!

Beim Soundcheck bemühten wir uns um einen guten Bühnensound, besonders der Monitore, und begrüßten anschließend neben unserem weltbesten Mercher Carlo die aufgrund des seit Tagen, wenn nicht gar Wochen andauernden Hamburger Schmuddelpisswetters i.d.R. klitschnass nach und nach eintreffenden bekannten Gesichter, die zum Teil extra aus dem Pott angereist waren.

Pünktlich um 21:00 Uhr begaben wir uns auf die Bretter und kloppten knapp 40 Minuten lang unser deutsch- und englischsprachiges Set durch, das mit dem während der Pandemie entstandenen HENRY-VALENTINO-Cover „Sunnyboy“ und dem brandneuen „Blutgrätsche“ zwei Live-Premieren enthielt. Kai hatte ‘nen neuen Amp, aber seine gute alte Flying-V dabei und untenrum gab’s glaub‘ ich auch neues Gedöns in Form von Tretminen. Soll er machen; Hauptsache, er klingt wie immer! 😛 Der Zuspruch des Mobs war von vornherein sehr erfreulich und steigerte sich von Song zu Song, vor der Bühne wurde ausgelassen getanzt und gesoffen. Ein paar Spielfehler verzieh man uns, forderte am Schluss sogar noch ‘ne Zugabe, die wir in Form des PROJEKT-PULVERTOASTMANN-Krachers (also Hollers alter Band) „ACAB“ auch lieferten. Hat arschviel Spaß gemacht, wenngleich der Monitorsound gegenüber dem Soundcheck wegen Rückkopplungen relativ stark heruntergeregelt werden musste und wir deutlich merkten, dass wir noch keine Live-Routine haben – was sich dieses Jahr hoffentlich ändern wird. Nun aber hieß es erst mal, sich die anderen Bands reinzupfeifen und sich volllaufen zu lassen.

Ich hatte mir schon länger gewünscht, auch mal mit MOTHERFUCKERS im Hafenklang zocken zu können, nachdem ich mit meiner anderen Combo bereits mehrmals das Vergnügen hatte. Umso geiler, dass das mit einem der mittlerweile seltenen Auftritte meiner alten Kumpels von SMALL TOWN RIOT zusammenfiel. Diese dürften weitestgehend dasselbe Set wie im April im Bambi gespielt haben, es reihte sich jedenfalls Hit an Hit. Hymnischer bis härterer, rotziger Streetpunk’n’Roll, gern mal mit Fuß aufm Gas und unwiderstehlichen Melodien, für den ein beträchtlicher Teil des Publikums an diesem Abend erschienen war – und es vom ersten Akkord an kräftig krachen ließ: Pogo, permanent verspritztes Bier und sogar Crowdsurfing. Ich sah mir das Spektakel diesmal aus sicherer Entfernung an und grinste über beide Backen. Als mich plötzlich auch noch ein alter Jugendfreund entdeckte, den ich seit gefühlt 100 Jahren nicht mehr gesehen hatte, war der Klassentreffencharakter (den die Band auch von der Bühne aus ansprach) perfekt. Ohne Zugabe ging’s auch hier nicht, das flotte „It’s True“ brachte Band und Publikum noch mal ins Schwitzen. Eigenen Aussagen zufolge hatte man vorher lediglich einmal geprobt, was SMALL TOWN RIOT nicht anzumerken war: Beinahe alles schien locker aus dem Handgelenk geschüttelt, als mache man jedes Wochenende nichts anderes. Chapeau!

TOTAL CHAOS aus L.A. (und Bremen) schauen regelmäßig auf Tour vorbei, sind sehr umgängliche Typen und Garanten für launige Gigs mit der ihnen eigenen Mischung aus aggressiven Hardcore-/Chaos-Punk-Eruptionen und dreckigen Streetpunk-Nummern. Bereits seit 1992 veröffentlicht die Band um Sänger Rob Chaos Alben, das jüngste datiert auf 2015. Eine echte Institution im Punkbereich also, die konsequent ihren Stiefel durchzieht, stets überaus faire Eintrittspreise aufruft und mit ihrer Attitüde beweist, dass man auch nach derart langer Zeit als gefragte Band im Punkrock-Game die Nase nicht höher als andere tragen muss. An unseren Support-Gig im Monkeys anno dazumal habe ich nur gute Erinnerungen, live gesehen hatte ich sie zuletzt 2019 im Semtex. Wurde also mal wieder Zeit! Direkt zu Beginn wurden einige HC-Punk-Geschosse gezündet (z.B. „Babylon“) und es schepperte ordentlich. „Punk No Die“ durfte natürlich nicht fehlen, aber dann, irgendwo zwischen erstem Drittel und der Hälfte des Sets, quatschte ich mich backstage fest und war überrascht, als die Band plötzlich wieder reinkam und der Gig schon vorbei war. Was ich bis dahin gesehen und gehört hatte, war jedenfalls der von TOTAL CHAOS gewohnt unprätentiöse, herrlich raue, aber nie zu spröde Punk, wie man ihn aus dem Land von Epitaph und Fat Wreck viel zu selten zu hören bekommt. Freue mich auf den nächsten Hamburg-Gig!

Eigentlich war ich langsam, aber sicher auch schon reif für die Koje, ließ mich aber noch auf eine Geburtstagsparty in die Lobusch mitschnacken – soweit ich meinen Erinnerungen trauen kann glücklicherweise ohne es noch vollends zu übertreiben. Motherfucker-Dank der Hafenklang-Crew, allen Bands und dem überaus begeisterungsfähigen Publikum für diesen Abend ganz nach meinem Geschmack!

P.S.: Zeitgleich hatte ein Konzert mit FLIEHENDE STÜRME und RESTMENSCH auf der MS Stubnitz stattgefunden, das offenbar auch gut angenommen worden war. Es freut mich, dass es in dieser Clubgröße in Hamburg offenbar wieder möglich ist, zwei Punk-Konzerte parallel stattfinden zu lassen, ohne dass eine(r) der Veranstalter(innen) in die Röhre guckt. Am nächsten Tag luden sogar BLUT & EISEN und die EMILS ins Indra, wo ich unter normalen Umständen hingegangen wäre. Diesmal lag ich in sauer, aber der nächste BLUT-&-EISEN-Gig in HH ist meiner!

P.P.S.: Danke an Dr. Martin und Hannes für die Schnappschüsse unseres Gigs!