Die Autobiographie von Hans Modrow, dem letzten Ministerpräsidenten der DDR. Etwas vereinfacht kann man sagen, dass unter Modrow seinerzeit erstmals tatsächliche Demokratie in der DDR stattfand, in deren folge die DDR aufgelöst wurde.
In einem vorangestellten Interview werden ein paar grundsätzliche Fragen („Sind Sie Kommunist?“) vorab geklärt, wodurch man sich auf den eigentlichen Inhalt besser konzentrieren kann. Und dieser liest sich sehr interessant und flüssig. Aus meiner Sicht geht er zwar manchmal vielleicht etwas zu sehr ins detail des politischen Tagesgeschäfts mit seinen bürokratischen Abläufen, für andere vermutlich aber eher sogar noch zu wenig, weshalb ich glaube, dass ein gesundes Mittelmaß gefunden wurde. Apropos Politik: darum geht es natürlich hauptsächlich. Persönliches von Modrow erfährt man eher wenig und nebenbei.
Modrow beschreibt seine Sozialisation (Hitlerjugend, Kriegsgefangenschaft, Antifa-Schule) und seine Beweggründe, am Sozialismus-Experiment DDR in verantwortlicher Position teilzunehmen und immer wieder „für die Sache“ eigenem Empfinden zuwider zu handeln und sich trotz allem weiter mitverantwortlich zu machen, anschaulich und überzeugend, geht mit sich selbst ins Gericht und bezichtigt sich so z.B. des Öfteren des Opportunismus, nennt sowohl Ross und Reiter der SED als auch äußere Gründe für den Niedergang der DDR und wirkt aus meiner sicht sehr reflektiert und um Objektivität bemüht.
Inwieweit das alles mit der stattgefundenen Realität tatsächlich übereinstimmt, vermag ich nicht zu beurteilen, habe aber zum jetzigen Zeitpunkt (knapp über die Hälfte durch) auch keinen Anlass, den Wahrheitsgehalt anzuzweifeln.
So nachvollziehbar das alles auch ist, so deutlich wird für mich aus meiner heutigen Sicht, mit meinen Überzeugungen und Idealen sowie meinem geschichtlichen Wissen, dass ich (hoffentlich) bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt anlässlich bestimmter Ereignisse das System nicht mehr guten Gewissens hätte mittragen können, die Modrow zwar kritisiert, mir ehrlich gesagt aber zu leichtfertig zur „Tagesordnung“ übergeht. Aber auch ohne jedes mal seiner Meinung zu sein: Ein hochinteressantes Buch eines Politikers, den ich trotz allem für integerer halte als die gesamte CDU.
Schreibe einen Kommentar