(www.taugenix-fanzine.de)

Neueste Ausgabe der NIX-GUT-Hauspostille. Chefredakteur und „Jesus Freak“ Steff erzählt im Vorwort von seiner Abneigung gegen Glühweinbuden und Hickhack mit Behörden. Richtig interessant liest sich dann ausnahmsweise das Impressum, das Erscheinungsdatum und Anzeigenschluss der nächsten Ausgabe in die Vergangenheit zurückdatiert. Kann mal jemand überprüfen, ob am 15.05. letzten Jahres die Nr. 9 erschienen ist? Neu sind die Vorstellungen der TAUGENIX-Mitarbeiter, hier zwei an der Zahl. Interviewt werden die Fußballprolls EMSCHERKURVE 77 (gut), die m. E. etwas überbewerteten ANTIGEN (die aber eine verdammt hübsche Sängerin/Bassistin haben) und Einhorn von ATEMNOT, der recht Interessantes über die Hintergründe der aktuellen Besetzung ausplaudert, mich hier und da aber wieder mit dem Kopf schütteln lässt – auf die Frage nach Punkbands mit intellektuellen Texten (was hier aber nicht näher definiert wird – auf jeden Fall aber eine verdammt lustige Frage in einem ATEMNOT-Interview) antwortet der Herr beispielsweise: „Dafür kenne ich keinen Markt.“ Na und? Seit wann sollte ein vorhandener „Markt“ ausschlaggebend für die Gründung einer Punkband sein? Und nur weil der Gehörnte diesen „Markt“ nicht kennt, heißt es nicht, dass es ihn nicht gibt… Nun gut, des Weiteren werden PROPAGANDA NETWORK (intellektueller Punkrock?) befragt, die selbstironisch in basisdemokratisch beschlossenen Kollektivantworten sprechen und alles andere als humorlos wirken. Die bayrischen SPEICHELBROISS kommen ebenso zu Wort wie PUNK-IM-POTT-Veranstalter Alex, der auch mit einem Konzertbericht gewürdigt wird. Benni von SS-KALIERT steht Rede und Antwort und verkündet u. A. schier Unfassbares über die Oldenburger Antifa. Habe herzlich gelacht, haha. Momentan wieder ein paar Gigs spielt die Hannoveraner Uralt-Combo BLUT & EISEN, die hier auch mit einem Interview bedacht wurden. Interessant finde ich die Umfrage bei diversen Bandmitgliedern zum Thema „Punkrock und Fußball“. Ok, vielleicht hätte man dazu auch mal jemanden fragen sollen, der NICHTS von dieser Verbindung hält. So beschränkt man sich halt auf Fußballfans von WALTER ELF, P&G, GUMBLES, MISSBRAUCH, LAK und BILDUNGSLÜCKE, die auf die einzelnen Fragen durchaus vernünftiges Zeug antworten. Geht es aber um die Nationalmannschaft, wird’s sehr durchwachsen und teilweise wirklich albern. Wat für krampfartige Beißreflexe da bei einigen zum Vorschein kommen, geht mir schon lange auf den Sack und ist, wenn man gleichzeitig seinen aus aller Welt zusammengekauften Verein abfeiert, bigott und auf seine Art „typisch deutsch“. Zu den Kolumnen: Rübi hat zuviel ferngesehen („Frauentausch“ ist Punkrock!), Hauke und Bulli sowie der Rentnerpunk faseln nichtssagenden Unfug, Chris erzählt von seinen Erfahrungen mit den Bullen und – der absolute Höhepunkt dieser Ausgabe – „Critical Bill“ beleuchtet endlich einmal richtig kritisch den Krieg Israels gegen Palästina und schafft es dabei sogar, den Bogen zur Linkspartei und linken Demonstranten zu spannen. Richtig gut geschrieben, hochinformativ (sofern seine Quellen seriöser Natur sind) und damit diesmal sogar besser als Vascos „Wunderbare Welt der Propaganda“ im PLASTIC BOMB. In eine ähnliche Kerbe schlägt Mirko mit „Kurz mal nachgefragt: Was ist eigentlich ein Deutscher?“ Find’ ich gut, sowas dürfte der richtige Stoff für die junge Leserschaft sein. Der restliche politische Teil wird eröffnet von einem Bericht aus Erfurt über das besetzte Haus, ebenso streng „antisexistisch“ mit „-innen“ und „mensch“ statt „man“ formuliert wie der Argentinien-Reisebericht von Ut*, der dort bei Leuten hauste, die ihre Häuser aus ihren eigenen Fäkalien bauen. Jenny betreibt vegane Propaganda und Tierrechtler von NANDU kommen zu Wort. Olle Kamellen werden diesmal in Form von DREXSCHLEUDER ausgegraben, die Bands der Heft-CD werden vorgestellt (nimmt wie immer viel Raum ein), Neuigkeiten aufgelistet, ein wie üblich fürchterlicher, unlustiger Foto-Comic abgedruckt… und dann sind da natürlich noch die Reviews. Dadurch, dass mehr und mehr Reviews von Spike und Rübi geschrieben werden, fallen sie tatsächlich etwas kritischer aus als in älteren Ausgaben. Wenn Rübi allerdings zur unsäglichen Split-LP mit den religiösen Fanatikern FALLOBSTFRESSER schreibt, dass christliche Missionarsgedanken und Punk nicht zusammenpassen, die Platte aber dennoch als „absolutes Muss im Plattenschrank“ bezeichnet und anscheinend keinen Gedanken daran verschwendet, dass sein Chefredakteur (!) mit ALARMSIGNAL ebenfalls auf der Platte vertreten ist, der schon mit CHRISTCORE missionierend durch die Lande zog und besagte FALLOBSTFRESSER auf der Heftbeilagen-CD und sogar auf dem jüngsten „Schlachtrufe“-Sampler unterbrachte, also aktiv an der Verbreitung derartigen Materials beteiligt ist, kippe ich fast hinten über vor soviel Inkonsequenz. Den Vogel schießt aber Steffs Besprechung der aktuellen Ausgabe des UNDERDOG-Fanzines ab, das sich ganz dem Thema „Christentum und Punk“ verschreibt und beide Seiten zu Wort kommen lässt. So behauptet er allen Ernstes, „Punk und Religion, das passt nicht!“ und dass er das TAUGENIX zur religionsfreien Zone erkläre, ohne auch nur mit einer Silbe auf seine CHRISTCORE-Aktivitäten einzugehen. Das ist verlogene Heuchelei und wirft ein ganz schlechtes Licht auf diese ansonsten wesentlich gereifter und inhaltsstärker als die älteren Nummern erscheinende Ausgabe. Um NORMAHL zu zitieren: „Verarschung total“, und die kostet 3,- EUR. Günni

Nachtrag/Korrektur (21.04.2009): Laut eigener Aussage ist TAUGENIX-Chefredakteur Steff mit seiner pro-christlichen Ex-Band CHRISTCORE zwar auf Veranstaltungen der „Jesus Freaks“ aufgetreten, war im Gegensatz zu anderen Bandmitgliedern selbst aber KEIN Mitglied der Sekte. Insofern ist meine Annahme, es würde sich bei Steff um einen „Jesus Freak“ handeln, anscheinend nicht richtig.