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Die britischen ’77-Punk-Originale THE LURKERS gibt’s schon ewig, ich höre sie schon ewig und der unverwüstliche Mitgründer und Bandkopf Arturo ist noch immer unermüdlich mit ihnen am Touren. Trotzdem hatte ich sie bisher tatsächlich jedes verdammte Mal verpasst, wenn ich eigentlich die Gelegenheit gehabt hätte, mir endlich einmal live ihre alles andere als wenigen Hits um die Ohren blasen zu lassen. Nachdem wir nun doch nicht am 1. Mai mit den Disillusioned Motherfuckers in Berlin spielen sollten, nahm ich das mit einem weinenden und einem lachenden Auge zur Kenntnis, denn so war die Bahn frei und für einen Konzertbesuch in gemütlicher Kneipenclub-Atmosphäre im Kraken, der die lurkigen Inselbewohner eingeladen hatte. Und man hatte sich noch eine Überraschung einfallen lassen, denn Paul, Alex und Beastar von DER UNFUG UND SEIN KIND, von denen zwei auch im Kraken beschäftigt sind, nutzten kurzerhand die Gunst der Stunde, um mit ihrer neugegründeten Punkrock-Band SPIKE ihre Live-Taufe im Vorprogramm der LURKERS zu bestreiten. Parallel zu ihrer Hardcore-Punk-Band haben sie nämlich eine neue Combo mit Frontfrau ins Leben gerufen, die dann vor gut gefüllter Kulisse den musikalischen Teil des Abends eröffnete. Der Fokus lag dabei ganz auf der Sängerin, die diese Bezeichnung auch verdient und mit toller Stimme und ebensolcher Ausstrahlung eine gute Handvoll Songs zum Besten gab. Die Jungs ließen der Dame den Vortritt und hielten sich showtechnisch zurück, während diese selbstbewusst sang, tanzte und Löcher in die dunstgeschwängerte Luft trat. Kerniger, rockiger Punk-Sound mit Stil und Arsch in der Hose, der sofort ins Ohr geht und Energie freisetzt. Norman sorgte an den Reglern für einen klaren, lauten Sound, so dass mein Kumpel Stulle und ich gar nicht anders konnten, als in der ersten Reihe zu feiern. Ein rundum gelungenes Live-Debüt inkl. MISFITS-Cover, das Lust auf mehr machte! Nach kurzer Pause wurd’s dann richtig drängelig, Punks und Konsorten sämtlicher Generationen wollten die LURKERS sehen und nachdem ich vorher noch gerätselt hatte, womit das Trio in sein Set einsteigen würde („Ain’t Got a Clue“? „Going Monkee Again“?), wurde ich eines Besseren belehrt und mit „Freakshow“ ging’s von 0 auf 100. Arturos Stimme war in Topform und so spielte man sich durch ein etliche Songs umfassendes Best-of-Set, das neben den alten Klassikern angenehmerweise auch neueres Material enthielt (wie den Überhit „Go Ahead Punk“ oder „Come and Reminisce“). Die alten Hits wurden natürlich, ähnlich wie seinerzeit bei den RAMONES (mit denen ich die LURKERS gern vergleiche), in wesentlich höherer Geschwindigkeit als auf den Platten rausgepeitscht und ließen mich fast die gesamte Spielzeit dem fröhlichen Up-and-down-Pogo fröhnen und wie gehabt mit Stullinski direkt vor der Bühne sprotzen, während alle anderen ihre Hüftsteifheit unter Beweis stellten, aber trotzdem ebenso ihren Spaß an diesem fantastischen Gig hatten. Die Überraschungseffekte, welcher Song wohl jeweils als nächster kommen würde, nahm ich mir selbst, indem ich gern mal auf die unschwer einsehbaren Setlists an den Innenseiten der Boxen lugte, dafür hatte ich aber kaum etwas an der Songauswahl zu mäkeln. Mit einem ersten Zugabenblock war natürlich zu rechnen und der kam erwartungsgemäß – dass man die Band noch zu einem zweiten würde zurückholen können, war dann jedoch eine positive Überraschung, denn längst hatte ich gemerkt, dass die Setlists anscheinend alles enthalten, was spielbar ist und nicht unbedingt verpflichtenden Charakter besitzen – manch Song wurde nämlich (leider) übersprungen. Dafür ging’s am Ende noch mal richtig rund, bevor man die drei älteren Herrschaften (darunter übrigens der ENGLISH-DOGS-Drummer) in den verdienten Feierabend entließ. Arturo kommunizierte zwischendurch immer wieder humorvoll mit dem Publikum, beschwerte sich darüber, dass beim letzten HH-Gig im Indra-Club kein Arsch da war und freute sich sichtlich über den heutigen Zuspruch. Für ’nen Klönschnack war er anschließend auch noch zu haben und so konnte ich loswerden, wie gern ich „Unfinished Business“ oder auch „Barbara Blue“ in einem zukünftigen Liveset hätte. Ein arschgeiles T-Shirt mit Dirty-Harry-Punk-Motiv hab’ ich neben dieser überaus befriedigenden Konzerterfahrung auch noch mitgenommen; Stulle hat das Shirt mit dem Mecker-Opa-Motiv abgegriffen und mir bei der nächsten Probe vermacht, unterstreicht es doch meinen Ruf bei Bolanow Brawl. Danke, Kraken, danke, LURKERS, danke, Stulle! 😀 Take me back to Babylon! Old Punks do it best!