Opa goes brutal satanic Thrash
Ich gehe ja viel zu selten in die sympathische Bambi Galore, in der Betreiber Flo im Rahmen der „Revolt!“-Reihe immer wieder spitzenmäßige Metal-Konzerte veranstaltet. Umso mehr freue ich mich, wenn es dann doch mal wieder klappt – wie an diesem zweiten Adventssonntag, an dem die australische Antwort auf SLAYER, nämlich HOBBS’ ANGEL OF DEATH, lockte. Allein schon die Hinfahrt nach Hamburg-Billstedt, fernab jeglichen Kiezes oder Szeneviertels, ist eine irgendwie willkommene Abwechslung zu den sonstigen Routen und hat beinahe schon etwas Konspiratives. Der kleine Club ist für seine Top-Organisation, Spitzensound, faire Preise und freundschaftliche Atmosphäre bekannt und beliebt und auch mich überkommt beim Betreten ein Gefühl von „Hier bin ich Mensch – hier darf ich sein.“
Ich freute mich sehr auf HOBBS’ ANGEL OF DEATH, jene Aussies um Bandkopf Peter Hobbs, die 1988 mit ihrem selbstbetitelten Debüt einen stark von SLAYER beeinflussten Beitrag zum Thrash Metal lieferten und damit seinerzeit zum Härtesten gehört haben dürften, was Down Under zu bieten hatte. Eigentlich dachte, dass es dabei geblieben wäre, doch wie ich im Nachhinein erfuhr, folgte 1995 ein Zweitwerk namens „Inheritance“, das ich noch gar nicht kenne. Ein über zwei Jahre alter „Rock Hard“-Bericht suggerierte zudem, dass sich die Band seinerzeit in den Aufnahmen zu einem dritten Album befand, doch dieses ist bis dato leider nicht erschienen. Was die mir unbekannten beiden Death-Metal-Vorbands betrifft, erwartete ich nicht allzu viel und hoffte schlicht, dass sie nicht zu monoton oder schleppend ausfallen würden.
Von den Münchener HAILSTONE, die bisher neben Demos ein Album und eine EP veröffentlicht haben, war ich dann auch gleich positiv überrascht, denn das Quartett zimmerte flotten, derben Death Metal mit angenehmer leichter Melodie-Kante. Sänger/Gitarrist Daniel röhrte mit rauem Organ und hatte zwischen den Songs kurze, knappe, aber freundliche Ansagen parat, beglückwünschte das Publikum u.a. zur Bambi Galore, auf die es stolz sein könne. So füllten sie die Spielzeit mit der maximalen Songanzahl aus und ernteten mehr als nur Achtungsapplaus vom noch nicht vollzählig erschienen Mob. Alle, die zu spät gekommen sind, haben was verpasst!
- Hailstone
Die Schweden INTERMENT hatten sich bereits Ende der ’80er gegründet, nach einigen Demos jedoch in den ’90ern aufgelöst. In den 2000ern erfolgte die Neugründung und seitdem bringt man es auf die beachtliche Anzahl von zwei Alben und vier Split-Scheiben. Der Vierer mit Pete-Steel-Lookalike am Bass machte schon beim Soundcheck derart verzerrten und lauten Krach, dass sich besorgte Besucher Ohrstöpsel bei der Tresenkraft erbaten, doch als sie loslegten, war die Lautstärke wieder zivil und stimmte der Sound. Der aber war ungehobelt, betont roh und böse, ursprünglicher Death Metal von der Basis ohne großartige Tempowechsel und vollkommen frei jeglicher Sperenzien. Das war ein paar Songs lang interessant, dann jedoch rauschte es nur noch an mir vorbei, zu gleichförmig klangen die Songs für meine in Sachen Death Metal eher unerprobten Ohren. Dafür hatten aber mittlerweile mehr Hartgesottene den Weg nach Billstedt gefunden und feierten die Band mittels Banging, Luftgitarre und Pommesgabeln ganz ordentlich ab. Sympathisch erschien mir die Attitüde der Band, die konsequent ihren urwüchsigen, rustikalen Stiefel durchzuziehen scheint.
- Inter
- ment
Dann endlich HOBBS’ ANGEL OF DEATH! Peter Hobbs’ ist Mitte 50, sieht locker zehn Jahre älter aus und stand bis eben noch hinterm (plattenlosen) Merchandise-Stand („Sorry, CDs are sold out“), betritt nun aber mit seinen neuen Mitstreitern, VIOLENTOR-Bassist und Zottelbär Cane sowie zwei Jungspunden, die Bühne. An seinen Mikroständer hat er ein dekoratives umgedrehtes Kruzifix angebracht, statt eines Bandbanners hängt ein großes Pentagramm mit Ziegenschädel hinterm Drumkit (das nach wenigen Songs nur noch zur Hälfte baumelt und schließlich ganz flöten ging). Was wird dieser volltätowierte, bierbäuchige alte Knacker, der mehr nach Rockerclub oder Bluesrock aussieht, hier noch reißen können? Um’s kurz zu machen: ALLES! Vom ersten Song an tobte der totale Thrash-Holocaust von der Bühne, Hobbs hat immer noch das gleiche kehlige Shout-Organ wie früher und es gab musikalisch brutalst auf die Fresse: Hobbs und der Lead-Gitarrist ergänzten sich mit ihren akzentuierten Riffs oder lieferten sich unerbittliche Duelle, der Bass goss das Fundament und der unermüdliche Drummer erinnerte mich sogar an den Kollegen von SEPULTURA – Weltklasse! Die jüngeren Songs – anscheinend zockte man auch viel noch unveröffentlichtes, für eingangs erwähnten dritten Longplayer geplantes Material – sind anscheinend noch schneller als das alte Zeug, von Altermilde nicht die geringste Spur, im Gegenteil: Hobbs gab sich blasphemisch wie ein übermotivierter Jüngling, wobei ich die finale Geste, das Anspucken des Jesus auf seinem Kruzefix, dann doch etwas übertrieben und albern fand. Zwischen den Songs brummte er heisere Ansagen mit Aussie-Dialekt, wovon ich nur die Hälfte verstand. Jedenfalls verstand er es gut, das Publikum zu animieren, das jedoch keinen Moshpit formierte, dafür aber ausdauernd bangte, was die Nackenwirbel hergaben. In der Mitte des Sets riss ihm dann plötzlich eine Saite. Er sang noch etwas ohne Klampfe und verschwand dann hinter die Bühne, während der Rest der Band den Song fertigspielte. Ein paar Minuten Zwangspause waren die Folge, die ich u.a. nutzte, um mir einen herrlich geschmacklosen Aufnäher der Band mitzunehmen, doch dann kam er mit frisch besaiteter Axt zurück, nahm ein paar Schlücke aus der Bierpulle und behauptete, sich backstage einen runtergeholt zu haben (ein Beispiel für seinen schnoddrigen Humor). Vergnügt ging’s weiter, bis irgendwann der vermeintlich letzte Song angekündigt und gezockt wurde und daraufhin die Lichter angingen. Die Rufe nach einer Zugabe verhallten jedoch nicht ungehört und zu mittlerweile vorgerückter Stunde gab man noch zwei Stücke zum Besten, bis dann wirklich endgültig Schluss war. HOBBS’ haben meine Erwartungen an diesem genialen Abend übertroffen, meine Nackenmuskulatur ordentlich strapaziert und mich davon überzeugt, mich mal mit dem zweiten Album zu beschäftigen. Bleibt zu hoffen, dass es nun auch endlich mit der dritten Platte klappt – und wenn die hält, was dieser Gig versprach, dann aber Heidewitzka! Schön, ein kauziges Original wie Peter Hobbs & Co. endlich einmal live gesehen zu haben – danke an Flo und das Bambi sowie an die Australier für diesen Beweis, dass man diese Art von Musik auch im höheren Alter noch derart ungestüm und authentisch bringen kann!
- Hobbs‘
- Angel
- of Death
Hier gibt’s noch einen ganz Arsch voll großartiger Fotos von Andreas’ Konzertfotografie!
Schreibe einen Kommentar