Von INBREEDING CLAN hatte ich schon länger nichts mehr gehört, bis im Sommer die Anfrage kam, ob wir ‘nen kleinen Soli-Gig mit ihnen in der Gaußplatzkneipe zocken würden, um ein paar Penunsen für einen alten, von Lukaschenkos Regime drangsalierten Kumpel in Belarus zu sammeln. Klar hatten wir das. Als Termin wurde ein Samstagabend mit Schnapszahl eingetütet. Kurioserweise hatten wir zuletzt an einem 12.12. zusammengespielt, nämlich im Jahre 2015, um unseren damaligen Basser Stef (R.I.P.) gen Frankreich zu verabschieden.
Mit dem Bollerwagen karrten wir unsere Plünnen in die ofenbeheizte, muggelige Kneipe, Aufbau und Soundcheck mit Technikchef und Mischer Wurzel waren weitestgehend entspannt. Nach und nach trudelte der CLAN ein und die ersten Bierchen kreisten. Auch mit Gästen füllte sich das Etablissement langsam, aber sicher, was gar nicht so selbstverständlich war, da am selben Abend mindestens vier weitere Punkkonzerte in Hamburg stattfanden. Als INBREEDING CLAN gegen 20:30 Uhr ihr Scum-Rock-Fass aufmachten und zu derangierten Südstaaten-Hillbillys mutierten, waren jedenfalls genügend neugierige Augenpaare auf die Performance gerichtet, die Sänger Flo beim Grimassieren, Tanzen, Stampfen und ungesund klingenden Krächzen der aus dem Leben eines Inzucht-Clans gegriffenen Texte beobachteten, begleitet von einer bewusst zurückgenommenen Instrumentierung und gelegentlichen Backing Vocals. In seinen Ansagen schimpfte Flo auf JOHNNY CASH, um dann später doch „Ghostriders in the Sky“ zu covern, mal verrutschte er in der Setlist oder verballhornte den KKK, bevor „Riding with the Clan“ angestimmt wurde. Auch das GG-ALLIN-Cover „Fuck Off, I Murder“ wurde im CLAN-Sound kredenzt. Fanden sie seinerzeit in der Lobusch kein Ende, boten sie diesmal ein kompaktes Set von ca. 45 Minuten, während derer sie den Gaußplatz in die subtropischen Sümpfe Louisianas verwandelten. INBREEDING CLAN sind so was wie ein sich stets irgendwie neben der Spur bewegendes Gesamtkunstwerk. Ich find’s großartig. Sollen endlich mal ‘ne Platte aufnehmen!
Wir bildeten anschließend einen musikalischen Kontrast, profitierten aber wie der CLAN von einem anscheinend ziemlich geilen P.A.-Sound, der zudem so gut mit dem Bühnensound abgestimmt worden war, dass ich keinerlei Monitor brauchte, um mich selbst shouten zu hören. Für so etwas lohnt es sich dann eben doch, auch in einem vergleichsweise kleinen Raum alle Instrumente einzeln abzunehmen. Unser Set hatten wir ein wenig umgestellt, das von Basser Holler mitgebrachte PROJEKT-PULVERTOASTMANN-Cover „ACAB“ deutlich vorgezogen und das ebenfalls anwesende Geburtstagskind Snorre – Sänger des Originals – mit sanftem Druck dazu überredet, die Nummer mit mir zusammen zu schmettern. Bezeichnenderweise entfiel uns beiden im Eifer des Gefechts die dritte Strophe, sodass wir zusagten, sie später nachzureichen… Die Stimmung war prächtig, vor der Bühne einige Bewegung und unsere Live-Premiere „Wænde“ funzte überraschend fehlerarm. „Cop Killing Day“ widmeten wir wie immer Stef, der die Nummer von SCHÖNES GLATTES FELL nach deren Auflösung im Entwurfsstadium zu uns mitgebracht hatte. Nach 15 Songs gab’s dann noch mal „ACAB“ im Duett mit Snorre, diesmal inklusive abwechselnd gesungener dritter Strophe, und weil man uns weiter nötigte, einfach noch mal „Blutgrätsche“. Feierabend!
Nachdem zuvor bereits der Hut rumgegangen war, wurde nun noch eine restaurierte E-Gitarre, die INBREEDING CLAN zur Verfügung gestellt hatten, für den guten Zweck versteigert, sodass insgesamt anscheinend tatsächlich ein hübsches Sümmchen zusammenkam. Ich hielt mich noch ‘ne Weile am Veltins fest und ging, als ich Gesichter nur noch verschwommen wahrzunehmen begann. Ein gelungener Abend! Danke an alle, die sich eingebracht oder beteiligt haben, insbesondere die Kollegen von INBREEDING CLAN und das Gaußplatz-Team um Wurzel & Co.!
P.S.: Danke auch an Flo(rentine) für die Schnappschüsse unseres Gigs!
Schreibe einen Kommentar