Zum Jahresbeginn hat mich die Zeitfalle endgültig erwischt: Der Semesterendspurt meines Studiums fordert seinen Tribut. Den Eintrag zu meinem ersten Konzert des noch jungen Jahres, das mich in die Fanräume führte, will ich trotzdem nicht unterschlagen, auch wenn’s etwas länger dauerte. Kohle für Anti-G20-Repressionskosten sollte eingespielt werden und eigentlich waren auch AUS DEM RASTER dabei, die jedoch gerade mit ihrem Set durch waren, als ich am ziemlich gut gefüllten Ort des Geschehens aufschlug. Die LOSER YOUTH um Gitarrist, Sänger und Tausendsassa Thommy prügelte gefühlt 40 schnörkellose, rudimentäre Oldestschool-HC-Punk-Eruptionen durch die P.A., kurze, direkt auf den Punkt kommende Songs mit deutschsprachigen, bewusst provokant-plakativen Texten, garniert mit herrlich stumpfen Ansagen und schönem Bass-Gerödel, das hilft, die Stücke voneinander unterscheiden zu können. Brachte gut Stimmung in die Bude und die entspannte Attitüde der Band, die den einen oder anderen Einstieg vergeigte und bisweilen dann einfach zum nächsten Song überging, ist mal echt sympathisch.
Wesentlich brachialer gingen die STACKHUMANS aus Itzehoe im Anschluss zu Werke, die ihren für mich bisher besten Gig ablieferten. Aggressiver, krustiger HC-Punk mit bösem gutturalem Shouting in deutscher Sprache und ohne Rücksicht auf Verluste. Der Fronter rüpelte sich durchs immer heftiger pogende Publikum und war irgendwann wieder barfuß, während seine Band sich durch die Songs fräste und bollerte. Leider spielte die Technik nicht ganz mit und so setzte immer wieder der Bass aus, bis der Bassist irgendwann entnervt ganz abbrach und eine Pause nötig wurde, um den Mist endlich in den Griff zu kriegen. Das unterbrach natürlich den Fluss und ich hatte meine Zweifel, ob man den Stimmungspegel danach würde halten können. Doch Pustekuchen, schon bald ging’s ebenso heftig vor der Bühne weiter, wie’s vor der Zwangspause geendet hatte. Von den Publikumsreaktionen her also das genaue Gegenteil des Lobusch-Gigs vor einigen Monaten – freut mich!
Die bayrischen DORKS um Sängerin/Gitarristin Lizal kannte ich bisher nur von vereinzelten Songs und aus Fanzine-Interviews. Dass sie mit ihrem deutschsprachigen Punkrock wohl dem „Deutschpunk“ zuzurechnen sind, hinderte sie nicht daran, als Soundcheck DIOs „Rainbow in the Dark“ anzuspielen, was nicht der einzige Ausflug ins Metallische bleiben sollte. Andere waren wesentlich vertrauter mit der Band als ich und feierten von der ersten bis zur letzten Sekunde kräftig ab, was Lizal, ihr Co-Sänger und der Rest der Bande fabrizierten. Mein persönlicher Genuss wurde jedoch empfindlich durch Lizals viel zu leise Klampfe und ihren höchstens als Flüstern zu vernehmenden Gesang gestört. Offenbar war die Anlage an ihre Grenzen gelangt oder was auch immer. Soundhexer Norman ließ nichts unversucht, das Problem auszumerzen, doch schienen ihm die Hände gebunden. Irgendwann mittendrin scheint dann doch irgendwas funktioniert zu haben und zumindest Lizals Stimme erklang endlich in voller Pracht, ihre Klampfe blieb jedoch arg unterrepräsentiert. Das ist schade, denn im Gegensatz zu den vorausgegangenen Bands leben die DORKS-Songs neben frechen Texten auch von ihren Melodien. Dem Mob vor der Bühne aber schien das alles herzlich egal und so überwog in jedem Fall der Eindruck einer zünftigen Hamburg-bayrischen Party. Ein weiterer Verweis auf klassischen Metal war das gegen Ende gezockte „Fear of the Dorks“, dem einen oder anderen vielleicht noch als „Fear of the Dark“ von IRON MAIDEN ein Begriff. Geile Scheiße und man setzte sogar noch einen drauf: Vermutlich als Tribut an die nun komplett an einem hoffentlich besseren Ort rödelnde und saufende alte MOTÖRHEAD-Besetzung entließ man mit einem „Ace of Spades“-Cover den Pöbel in die Nacht. Und aufgrund diverser Samstagmorgenverpflichtungen fiel meine sonst so obligatorische Absackertour der Vernunft zum Opfer. Sachen gibt’s…
Bleibt zu hoffen, dass ordentlich Rubel für die gute Sache und gegen die politische G20-Justiz zusammenkam und so lange weitere solch wohlfrequentierte Sausen stattfinden, wie es in diesen „schillernden Zeiten“ vonnöten ist.
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