Nachdem unser letzter Gig schon recht lange zurücklag, da wir aus Zeitgründen jede noch so attraktive Anfrage leider ablehnen mussten, kam uns die Möglichkeit ganz recht, mal wieder als Support-Band im Menschenzoo zu zocken, um wieder etwas Spielpraxis zu erlangen. Haupt-Act sollten DIE ARBEITSLOSEN BAUARBEITER aus Karl-Marx-Stadt sein, die ich im Hinterkopf irgendwie als mit dem Chemnitzer-Fußballclub verbandelte Kapelle abgespeichert hatte, uns aber sonst nicht viel sagten. Ein Blick ins Review-Archiv belegte, dass ich vor etlichen Jahren zu Crazy-United-Zeiten mal zwei CDs geschickt bekommen hatte, bei denen ich mich einer Bewertung entzogen und die ich auch nicht behalten hatte. Leider war das Ganze derart kurzfristig, dass wir auf keinem Flyer vermerkt waren, auch der Bewegungsmelder konnte uns nicht mehr rechtzeitig nachtragen und etwas von unserem Gig mitbekommen eigentlich nur, wer das zuletzt irgendwie über Facebook aufgeschnappt hatte. Insofern betraten wir die Spelunke etwas ernüchtert und rechneten mit einer recht leeren Hütte, da wir uns auch nicht vorstellen konnten, dass die Sachsen eine größere Gefolgschaft in Hamburg haben würden und zudem u.a. eine fette Party mit geilen Bands den Pöbel parallel in die Lobusch lockte.

Seitan-Gulasch und Freibier steigerten meine Laune jedoch schnell und es gibt weitaus schlechtere Möglichkeiten, ‘nen Samstag zu verbringen als trinkend, herumalbernd und krachmachend mit den Escalation Boys. Umso erbaulicher war es, als wir Lügen gestraft wurden und sich dennoch der eine oder andere Freund des gepflegten Brawls in den Menschenzoo verirrte. Um kurz nach 22:00 Uhr ging’s mit neuer, kurz zuvor notdürftig von Christian zusammengekritzelter Setlist los. Unser mit Gaffa überhaupt nicht mehr halten wollender Banner wurde kurz ins Publikum gehalten und anschließend verstaut, aber der Gig flutschte durchaus akkurat. Zwei neue Songs hatten wir dabei, einer davon noch namenlos. Dieser lief weitestgehend rund und bestand seine Feuertaufe auch in Sachen Publikumsresonanz, während „Red Lips“, der zweite Neuzugang, dann vielleicht doch etwas zu weit nach hinten ins Set integriert worden war… Meine Konzentration hatte mittlerweile nachgelassen, sodass ich die zweite Strophe unterschlug und stattdessen mittels „La la la…“ improvisierte. Kann wenigstens jeder mitsingen und ansonsten lief der Gig auch pannenfrei. Allein schon aus Platzgründen hampelte ich vor statt auf der Bühne herum, was im monitorlosen Zoo jedoch auch nicht unbedingt dazu führte, dass ich mich selbst besser vernommen hätte und so irgendwann doch wieder automatisch das Brüllen anfing. Dafür hatte P.A.-Beauftragter Norman uns aber anscheinend ‘nen schön geschmeidigen Sound gemischt. Mit wesentlich weniger sinnbefreiten Laber-Intermezzi als manches Mal zuvor zogen wir unser Set kompakt durch und hatten nicht nur trotzdem Spaß, sondern konnten uns auch über positives Feedback freuen.  Mein Pessimismus erwies sich also als vollkommen unbegründet.

Etwas über DIE ARBEITSLOSEN BAUARBEITER zu schreiben, fällt mir nun deutlich schwerer. Das Trio erwies sich im Umgang als freundlich-kollegial und völlig ok, da kann ich nichts Negatives zu sagen. Die Mutmaßung, dass sich in Hamburg kaum jemand für ihre Musik interessieren würde, sollte sich jedoch bewahrheiten. Mit einem 90-Minuten-Set im Gepäck betraten sie die Bühne, begannen zu spielen und genau zwei Leute tanzten vor der Bühne, während sich der Rest im Laufe der Zeit allmählich verdrückte (und die Tänzerin irgendwann eingepennt war). Und ich kann es ihnen gar nicht mal verdenken, denn was da von der Bühne schallte, war in erster Linie seichter, belangloser melodischer Deutschpunk, der um Coverversionen von den TOTEN HOSEN, BLINK 182, den ÄRZTEN und GREEN DAY angereichert wurde – einer musikalischen Schnittmenge, in der sich die Band mit ihrer „Gutelaunemusik“ (wie sie sie nennt) offenbar selbst wähnt. Und es zog sich… Knapp 30 Songs, die DJs scharrten schon mit den Hufen und der Zugabenblock blieb dann auch unberücksichtigt. Hinterher erfuhr ich, dass die BAUARBEITER bereits zehn (!) Alben veröffentlicht haben. WTF?! Sorry, Jungs, aber da wusste ich doch schlagartig wieder, was ich an den ganzen Schrammelcombos habe, mit denen wir auch schon gespielt haben. Öfter mal die grobe Kelle auspacken, dann klappt’s vielleicht auch wieder mit ‘nem Job auf’m Bau.

Frenetisch abgefeiert wurde dann die DJ-Schicht von Pablo & Co., während der wir uns den Rest gaben, bis die Koje unüberhörbar rief. Danke an den Menschenzoo und alle, die uns an diesem Abend unterstützt haben – u.a. Nadine für die Schnappschüsse unseres Gigs!