Günnis Reviews

Autor: Günni (page 3 of 107)

Pierre Seron / Mittéi – Herbie Huppser und die Mikronauten, Band 5: Der Klabautermann von Kap Kaputt

Achtung, Oppa erzählt wieder vom Krieg aus den ‘80ern: Eigentlich hießen sie „Die Minimenschen“ (im Original: Les petits hommes), jene französischen Provinzbewohner, die durch Kontakt mit einem Meteoriten auf Zentimetergröße geschrumpft sind und deren Abenteuer im typisch franko-belgischen Funnystil Zeichner und Texter Pierre Seron ab den 1960ern in 49 Alben erzählte. In den 1970ern schafften sie es auch nach Deutschland, wurden sie doch als „Die Minis“ in den Fix-&-Foxi-Heften abgedruckt. Anfang der 1980er nahm sich der Bastei-Verlag ihrer an und veröffentlichte ihre Abenteuer in elf 100-seitigen Taschenbüchern unter dem herrlichen Namen „Herbie Huppser und die Mikronauten“. Für wahre Fans ist es natürlich ein Gräuel, franko-belgische Comics aufs Taschenbuchformat zusammengestaucht und dann noch bei Bastei veröffentlicht zu sehen, wo man (wie auch bei Ehapa und Condor) das Hand- durch Maschinenlettering ersetzte und immer im Verdacht stand, die Originale zu stark zu bearbeiten, teilweise Panels zu streichen usw. Im zarten Grundschulalter liebte ich all diese bunten Taschenbücher – ganz gleich aus welchem Verlag – jedoch und tue es irgendwie bis heute.

Von den Minimenschen habe ich jedoch gar keine Ahnung, denn dieses Büchlein – der fünfte Band der Bastei-Reihe – ist das einzige, das ich von ihnen besitze und gelesen habe. Als ich begann, Comics zu lesen, war diese Reihe nämlich längst wieder eingestellt. Der Zeitschriftenhändler meines Vertrauens hatte jedoch in seinem unheimlich engen, weil vollgestellten und dadurch unfassbar gemütlichen Laden (diesen Mischgeruch aus verschiedensten Papierpublikationen, losem süßen und sauren Fruchtgummi sowie frischen Tabakerzeugnissen hätte ich gern als Raumduft) in der hintersten Ecke eine kleine Second-Hand-Kiste stehen, in der sich immer mal wieder gebrauchte Comics fanden, die aufgrund ihrer stark reduzierten Preise auch für mich erschwinglich wurden bzw. zu deren Kauf ich meine Mutter überreden konnte. Besonders günstig kam mich eben dieses Taschenbuch zu stehen, denn der Einband fehlte. Da ich noch wusste, dass mir die Geschichte gefallen hatte, nahm ich ein natürlich ebenfalls antiquarisches, gleichwohl vollständiges Exemplar kürzlich bei meinem Comichändler mit, nachdem ich es dort entdeckt hatte.

Eine (vermutlich in jedem Band identische) Übersichtsseite stellt die vier, offenbar allesamt von Bastei mit neuen Namen versehenen Hauptfiguren vor, gefolgt von einer knappen zweiseitigen Einführung in die Mikronauten in Comicform. Der Hauptteil, die den alliterationsstarken Titel gebende und von Serons Kollegen Mittéi getextete Story, ist eine an Spirou & Fantasio erinnernde Abenteuer-Mystery-Gruselgeschichte um ein Geisterschiff und Skelette mit rotleuchtenden Augen – irre cool und genau das richtige für mich von Skeletor und Heavy Metal besessenen Schuljungen damals. Ich erinnere mich, mich damals tatsächlich ein kleines bisschen gegruselt zu haben. Ein Segelschiff aus einem vergangenen Jahrhundert trifft auf moderne Hochtechnologie. Das ist angenehm spannend erzählt und wird nicht vom Humor dominiert. Bastei hat eine komplette Kolorierung springen lassen (was bei damaligen Comic-Taschenbüchern nicht selbstverständlich war), die Zeichnungen sind über jeden Zweifel erhaben, die Panelstruktur ist dynamisch, aber übersichtlich, und die Seiten sind sauber durchnummeriert. Kurioserweise findet sich in der Buchmitte ein vierseitiger Rätsel- und Witzteil, der nichts mit der Reihe zu tun hat.

Ein schöner, nicht nur nostalgischer Spaß. Vielleicht drücke ich mir irgendwann noch mehr von den Minimenschen. Dieses Taschenbuch jedenfalls kann ich jetzt endlich meinem einbandlosen Exemplar zu Seite stellen.

Mad-Taschenbuch Nr. 42: Paul Coker Jr. – Mads Tierleben

„Der komplette, lehrreiche & wahnsinnige Ratgeber über den Umgang mit Haustieren“ – nach dem „Mad-Buch der Rache“ und seinen Beiträgen zu „Mads großem Müll-Buch“ war dieses im US-Original 1983, in der deutschen Bearbeitung 1984 erschienene Taschenbuch Cokers dritter Mad-Auftritt im handlichen Format.

Über 160 unnummerierte Schwarzweiß-Seiten erstreckt sich diese Parodie auf Ratgeberbücher, die ihren Humor aus der Schere zwischen dem weitestgehend seriösen Text und den dazugehörigen witzigen Karikaturen bezieht. Diese bis zu drei Zeichnungen pro Seite illustrieren den Text humoristisch und ziehen das Verhältnis zwischen Tierhalter(innen) und Tieren durch den Kakao. Da auf Panels und Sprechblasen verzichtet wird, mutet dieses Mad-Taschenbuch dann auch weniger wie ein Comic, stattdessen mehr wie eine bildlastige Satire an – beide Konzepte halten sich in der Mad-Taschenbuch-Reihe ja ungefähr die Waage. Alle sechs Kapitel von der Wahl des Tiers über dessen Unterbringung und Ernährung bis hin zur Abrichtung, Erhaltung der Gesundheit und „was man sonst noch über Haustiere wissen muss“ enthalten erwartungsgemäß viel Mad-typischen Humor und machen entsprechend Spaß.

Wallace Wood – Sally Forth 1

„Dies ist die Geschichte der unfreiwilligen Soldatin Sally, die auf ihre Art alles tut, um das Militär zu boykottieren…
Als sie eingezogen werden soll, entschließt sich ihre Schwester Libby zu handeln, und militante Feministinnen stürmen das Pentagon.
General von Schlaff, Sallys Kommandant, sieht sich in einer sehr schwierigen Lage und befreit sich von Sally und seinem Problem schließlich, indem er sie zum Mond schießt…“

Soweit der nur in Schriftform stattfindende Prolog dieses ersten von drei „Sally Forth“-Comicalben, geschrieben und gezeichnet vom US-Amerikaner Wallace „Wally“ Wood und im Jahre 1981 veröffentlicht – hierzulande im Kölner Taschen-Verlag als 50-seitiges, vollfarbiges Softcover-Album. Es handelt sich um eine Parodie auf die in Comics beliebte Verzahnung von Science-Fiction mit Erotik, deren Vorreiterin Barbarella gewesen sein dürfte. Wie Babsi schwirrt auch Sally, ein vollbusige Blondine, im All umher. Versehentlich landet sie im Reich bösen Busarella [sic!], die sie zum Opfer ihrer Superkarnevalsorgie auserkoren hat. Sally läuft konsequent splitternackt herum, ihre Scham bleibt aber stets bedeckt. Die absurde Geschichte punktet mit wohldosiertem Humor, gelungenen Gags und zeichnerisch mit einem ansprechenden Funny-Stil, lediglich die Schattierungen in Form von Schraffuren sind gewöhnungsbedürftig. Der Seitenaufbau besteht aus dynamisch vierreihig angeordneten, aber relativ vielen Panels pro Seite, wodurch die Bilder recht klein ausfallen. Für eine 1:1-Adaption im Taschenbuchformat wäre das nix.

Nicht auszudenken, kämen kuriose Kreaturen wie mein Favorit, der „beißende Spott“, nicht mehr richtig zur Geltung. Dasselbe gilt für das marianische grüne Männchen Snorky und den kleinwüchsigen Astronaut Lt. Dal, die sich auf Rettungsmission befinden, dann aber direkt in die Fänge der Feinde Busarellas, der Wehrmacht-ähnlichen Wehrmänner, geraten. Die Handlung verbindet dies mit einer Persiflage auf Bürokratie und gerät zur bissigen Satire aufs Militär. Snorky und Dal agieren daraufhin zwischen beiden Kriegsparteien, derweil bei der US-Regierung Angst vor Feministinnen umgeht. Diese sind sexy und ziehen sich für die Demo ebenfalls aus…

Die zweite, kürzere Geschichte knüpft an die erste an, verweist eigenartigerweise aber auch auf eine, die gar nicht abgedruckt ist. Sally trägt hier immerhin Pumps. Kapitän G.Mein will mit weiteren Schurken Fort Knox ausrauben, Sally & Co. sollen dies verhindern. Dass die Schurken ebenfalls ein Nackedei haben, das genau wie Sally aussieht, ist leider ziemlich einfallslos. Sally ver- und bekleidet sich als Hausmädchen. Eingewoben ist die Superman-Verarsche „Saubermann“ inklusive einer Captain-Marvel-Parodie. Das Ende fällt idiotisch aus und was den Verlag geritten hat, den Namen der eigenen Publikation in der Vorschau auf Band 2 falsch zu schreiben („Saiiy Forth“), entzieht sich meiner Kenntnis. Ein paar Rechtschreibfehler finden sich zudem im Handgeletterten. Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch zwei Eindeutschungen: „Der große Preis“ läuft im TV und es existiert eine Partei „Graue Panther“.

Alles in allem ein heutzutage vermutlich noch kurioser als seinerzeit anmutender, augenzwinkernder Spaß mit antimilitaristischer Aussage, wobei der zweite Teil des Albums deutlich abfällt.

10.05.2025: ANTIGEN + ALTERI auf dem Hamburger Affengeburtstag

Die Hansestadt lud mal wieder zum Hafengeburtstag; abseits des häufig egalen, häufig nervigen offiziellen Trubels und Touristenmagnetismus gab’s vor der Vokü und am Störtebeker wieder zwei Gratis-Open-Air-Subkultur-Bühnen. Aus Zeit- und Motivationsgründen war ich nur am Freitag und nur am Störtebeker zugegen, und dies zudem recht spät. Zumindest die letzten beiden Bands konnte ich mir nach der traditionellen Veggie-Döner-Zufuhr geben. Da die Running Order etwas durcheinandergewirbelt worden war, kam ich zunächst in den Genuss eines Auftritts der Kölner Crusties ALTERI, die einen fetten Bastard aus Metal-Crust, D-Beat und Grindcore ballerten. Der Gesangsmensch war permanent in Bewegung und fegte über die Bühne, als bekäme er Kilometergeld, während er die (weitestgehend unverständlichen) offenbar deutschen Texte growlte und keifte, dass es eine Art hatte. Der musikalische Abwechslungsreichtum verhinderte gekonnt etwaige Monotonie und ließ sogar die eine oder andere Gitarrenmelodie zu. War ‘ne herrlich brutale, beeindruckende Show, die nicht nur wegen der zwei Klampfen schön ins Gesicht drückte. Im Pit vor der Bühne war ordentlich was los und generell war’s gerammelt voll, weshalb ich meine Schnappschüsse von irgendwo aus dem Mittelfeld versuchte, die entsprechend scheiße aussehen. Zeitweise überwog auch schlicht der Smalltalk mit zum Teil wunderbar angeheiterten Freunden und Bekannten, wozu ALTERI den Soundtrack peitschten.

Ein bisschen schade, dass mit ANTIGEN anschließend bereits die letzte Band des ersten Tags auf der Bühne stand. Die hatte ich zuletzt 2019 in der Lobusch gesehen. Das Trio ist in Prag beheimatet, wo es die deutsche Sängerin/Bassistin Steffi einst hin verschlug. Stilistisch irgendwo zwischen Hardcore-Punk und melodischem Crust, tobte man sich durch englischsprachige, aggressive Songs, über denen Steffis wütender, rotziger Gesang lag. Vor der Bühne ging’s nun ein wenig ruhiger zu, abgefeiert wurde die Band aber natürlich dennoch zurecht und musste ein, zwei Zugaben geben. Zwischendurch gelang es Steffi immer mal wieder, Betrunkene davon abzuhalten, die Bühne zu erklimmen und ihr Mitteilungsbedürfnis durch ihr Mikro zu befriedigen. Klasse Gig, der Laune gemacht und mich noch mal auf Temperatur gebracht hat, sodass noch das eine oder andere Bierchen die Kehle runterlief, während um mich herum die Buden abbauten. Nach vielleicht ‘ner knappen Stunde war’s das dann aber dieses Jahr mit dem Hafengeburtstag für mich.

Respekt: Unabhängig von ihrem jeweiligen Zustand an diesem Abend habe ich alle, die ihr Erscheinen beim AFC-Spiel am nächsten Nachmittag angekündigt hatten, tatsächlich dort gesehen – einen sogar so, wie ich ihn vom Vorabend in Erinnerung hatte: Mit einem Bier in jeder Hand.

Danke allen, die die Punk/HC/etc.-Fahne weiterhin konsequent auf dem Hafengeburtstag hochhalten, sich den Arsch für ein Alternativprogramm aufreißen und Viertel/Wochenende somit nicht dem Tourikommerz überlassen.

Mad-Taschenbuch Nr. 41: Mad-Reporter Dave Berg durchschaut dich

Mit diesem Taschenbuch ging der New Yorker Mad-„Reporter“ Dave Berg die gewohnten 160 (unnummerierten) Schwarzweiß-Seiten lang in die fünfte Runde. Die US-Amerikaner kamen bereits im Jahre 1982 in den Genuss, die deutsche Ausgabe datiert aufs Orwell-Jahr 1984.

Erneut handelt es sich um ein- bis zweipanelige, maximal vierseitige Comics, die sich für pointierte Gags karikierend mit dem Alltag auseinandersetzen. Das erste Drittel widmet sich dem Verhalten von Kindern und Jugendlichen bzw. den Umgang Erwachsener mit ihnen. Nach wie vor schien Berg gern leichtbekleidete Mädels zu zeichnen, es war noch immer die Zeit der Hotpants. Das zweite Drittel nimmt Ehe und Erwachsensein aufs Korn, und im letzten Abschnitt geht’s ums Alter. Der Humor ist Berg-typisch ohne irgendwelche Ausreißer, was eher harmlose, aber häufig charmante, gelungene Gags bedeutet, aber auch den gewohnt geschärften Blick für Zeitgeisterscheinungen und Generationenkonflikte. Bergs halbrealistischen Zeichenstil erkennt man auf den ersten Blick als den seinigen, wenngleich die Cartoons durch weitestgehenden Verzicht auf Soundwords und über die Mimik hinausgehenden Ausdruck von Emotionen (Linien, Schweißtropfen etc.) recht trocken wirken.

Mit den Eindeutschungen eigentlich in Nordamerika spielender Inhalte ist’s immer so eine Sache. Früher wurde dies häufig gemacht, heutzutage aus guten Gründen nicht mehr. Ich muss aber zugeben, dass das Auftauchen einer „Stern“-Illustrierten und der Umstand, dass der legendäre „Rockpalast“ in der Glotze läuft, ein anheimelndes Gefühl in mir verursachten. Herbert Feuersteins sprachliche Übertragung des Berg’schen Humors ins Deutsche ist wie üblich über jeden Zweifel erhaben.

Berni Wrightson / Stephen King – Creepshow

„Swamp Thing“-Zeichner Berni Wrightson setzte für diese im US-Original im gleichen Jahr wie die Filmvorlage, nämlich 1982, erschienene Comic-Adaption des von Stephen King geschriebenen Episoden-Horrorfilms „Creepshow“ alle fünf Storys in einem tollen realistischen Zeichenstil um. Seine Frau Michelle übernahm die Kolorierung. Die deutsche Ausgabe erschien im Jahre 1989 als 64-seitiges Softcover-Album im Bastei-Verlag, und zwar vollfarbig und handgelettert.

Der eine oder andere Rechtschreibfehler und der Verzicht auf Seitenzahlen sind die einzigen Mängel dieser Literatur- bzw. Spielfilm-Adaption, durch die der moderige „Schocker“ als Erzähler führt und die kurzweilige Horrorcomic-Unterhaltung auf hohem Niveau bietet – meines Erachtens durchaus auch für diejenigen, die mit Kings Kurzgeschichten in Prosaform bzw. mit dem Spielfilm bereits vertraut sind. Ein wunderbares Fundstück.

Ully Arndt / Gunter Baars – Larry: Total verrockt!

Die anthropomorphe Ratte Larry kannte ich noch aus der „Bravo“, wo sie eine Weile als eine Art Maskottchen fungierte und, wenn ich mich recht entsinne, ihre Comic-Geschichten Anfang der 1990er abgedruckt wurden. Diese stammen von Zeichner Ully Arndt und Texter Gunter Baars, die vor allem für ihre „Ottifanten“ bekannt sind. Die „Larry“-Abenteuer kompilierte der Kieler Semmel-Verlach im Jahre 1992 zu diesem ausgesprochen hübschen, vollfarbigen, rund 50-seitigen Hardcover-Album, das, wie die eingekreiste „1“ auf dem Titel verrät, eigentlich den Auftakt zu einer Reihe bilden sollte, zu der es aus mir unbekannten Gründen aber nie kam. Bei diesem Band handelt es sich um einen glücklichen Flohmarktfund.

Larry ist ein arbeitsscheuer Frauenheld, der auf laute Rockmusik steht und zudem die einzige anthropomorphe Figur in seiner Welt, worüber sich aber keiner der Menschen wundert. Die fünf wichtigsten Figuren – neben Larry sind dies dessen netter, aber auch langweiliger Mitbewohner Eberhard, der ein Medizinstudium absolviert, Larrys Freundin Babsie, Hausmeister Klotzig und Eberhards Mutter Frau Bockmüller – werden einführend vorgestellt. Bei den Comics handelt es sich dann um vergnügliche, einseitige, jeweils in sich abgeschlossene Funnys. Das Motiv des Babys, auf das Larry aufpassen muss, erstreckt sich jedoch über mehrere Seiten; Running Gags sind das leidige Treppenputzen, dem Larry eigentlich nachkommen müsste, es aber so gut wie nie tut, sowie der Umstand, dass er stets unabsichtlich wie ein Sittenstrolch erscheint, wenn Eberhards Mutter zu Besuch kommt.

Arndt zeichnete sich einen Gastauftritt und lässt Larry einmal die vierte Wand durchbrechen, aber alles spielt sich geordnet innerhalb einer sehr übersichtlichen Panelstruktur ab. „Larry“, als Jugendcomic konzipiert, karikiert typische Generationskonflikte und damit einhergehende Klischees auf unterhaltsame, sympathische Weise. Ein paar Rechtschreibfehler haben sich eingeschlichen und leider verzichtete der Verlag erneut auf Seitenzahlen, aber das sind nur Randnotizen.

Larry Konterfeit zierte ab der zweiten Hälfte der 1980er auch eine Tonträgerreihe, die sich jedoch auf aktuelle Pop- und Dancefloor-Charthits fokussierte und damit wenig zum in den Comics vermittelten Bild passt.

Guido Sieber – Des Engels letzter Fall

Nachdem die ersten beiden Alben des Berliner Illustrators, Zeichners und Malers Guido Sieber innerhalb der Thurner „Edition Kunst der Comics“ erschienen waren, wechselte er für sein drittes Werk „Des Engels letzter Fall“ zum Kieler Semmel-Verlach, der es im Jahre 1992 veröffentlichte. Mit seinen 144 Seiten fällt dieser im Innenteil komplett in Schwarzweiß gehaltene Hardcover-Band wesentlich wuchtiger aus als Siebers vorausgegangene Arbeiten.

Aufgeteilt auf 14 Kapitel, erzählt Sieber eine gewohnt misanthropische, wilde und tabulose Comic-Mischung aus asozialem Hardboiled-Detective-Krimi, Höllenvision und Blasphemie in seinem ihm eigenen Zeichenstil inklusive verwarzter, grotesker, unförmiger Körper, reichlich Geschlechtsorganen, ein bisschen Ekelsex und einigem Sadismus. Gut zu wissen: In der Hölle gibt’s einen Punkschuppen – nur Sid Vicious sollte man besser nicht anrotzen. Der Humor ist tiefschwarz, der Inhalt abstoßend und anziehend zugleich.

Leider finden sich keinerlei Seitenzahlen und haben sich einige fiese Rechtschreibfehler eingeschlichen. Wer Sieber mag, wird natürlich dennoch seine fragwürdige Freude an diesem Teil haben – ich zumindest hatte ihn und freue mich schon auf seinen vierten Comic.

Comic Spiegel Extra: Erotische Geschichten 2

In den Jahren 1985 und 1986 erschienen im Reiner-Feest-Verlag zwei „Comic Spiegel“-Sonderausgaben als Softcover-Alben. Die erste Ausgabe ist mir unbekannt; die 40 Seiten umfassende zweite hingegen nimmt man schon mal mit, wenn sie einem der Comichändler quasi hinterherwirft und einen das schöne cyberpunkige Cover anspricht.

Das Editorial informiert darüber, dass es sich um einen Bonus zur ersten Ausgabe handelt, was auch erklärt, weshalb keine weiteren dieser Sonderausgaben erschienen. Die erste Geschichte lautet „Die Thailänderin“ und stammt von Dethorey und Giroud, die es bei semirealistischen Schwarzweißzeichnungen belassen, aber eine sehr zweckdienliche, dynamische Panelstruktur verwenden. Inhaltlich geht es um den in einem asozialen Milieu angesiedelten Versuch einer Gruppenvergewaltigung einer Thailänderin, der grandios scheitert – gefällt! Schwarzweiß geht’s auch mit Krugs „Autobahn-Blues“ weiter, einer abgefahrenen, nicht auf Anhieb verständlichen Geschichte um Homosex auf einem Raststättenklo und eine Vergewaltigung, die nicht abgebildet wird. Erotische Sexzeichnungen, meist heterosexueller Natur, illustrieren die großflächigen Panels in ihrem dunklen, realistischen Stil zusätzlich. Farbe kommt in Vatines und Cléments „Offenbarungen“ in Spiel, einem noch abgefahreneren Mystery-Erotikdrama um einen Aktfotografen, der sich plötzlich selbst auf den Fotos der Modelle wiederfindet – und um tödliche Eifersucht. Den realistischen Zeichenstil innerhalb der aufgebrochenen Panelstruktur dominieren kalte Blau- und satte Rottöne.

In beinahe farbfotorealistischem Stil zeichnet Andreas Marschall „Um Mitternacht“, eine fast wortlose Vampirparty und Pointe, die mit der Zeitumstellung von Sommer- auf Winterzeit zusammenhängt. So wirken Teile der vier Seiten wie eine Fotocollage. In äußerst detailverliebten, dem Realismus verhafteten Schwarzweißzeichnungen innerhalb die Größen betreffend flexibel, letztlich aber doch streng angeordneten Panels erzählt Males „Die kleine Prinzessin“, eine im New Orleans der 1920er-Jahre spielende Geschichte: Ein Mann verliebt sich in eine Prostituierte, nimmt sie mit nach New York, wird aber Opfer der Eifersucht eines anderen. Die eigentliche Pointe ist der Schlussmonolog ihres… Hurensohns. Fonts schwarzweißer Schraffurstil in „Die Erotic-Sisters“ wirkt detailliert und verschmutzt zugleich, was zur Wildwest-Story passt: Ein Kerl (wohl ein Gangster oder Sträfling, dies wird leider nicht klar) riskiert alles, um einem Auftritt der „Erotic Sisters“ in einem Stadtsaloon beiwohnen zu können. Dass er all die Mühen für letzteres, also etwas vergleichsweise Unbedeutendes, auf sich nimmt, ist die aberwitzige Pointe.

Mouniers „Der Apfel“ bildet den Abschluss dieses Albums, eine eigenartige, etwas seltsam konstruierte Fortsetzung der Paradiesvertreibungsgeschichte aus der christlichen Mythologie in Fonts Stil nicht unähnlichen Zeichnungen. Alles in allem also ein bunter Mix mit eher wenig echter Erotik, aber einem interessanten Überblick über damalige, unterschiedliche Herangehensweisen ans Thema, in dem sowohl Gewalt als auch Wehrhaftigkeit eine Rolle spielen. Mit dem Cover hat aber leider keine der Geschichten etwas zu tun.

11.04.2025, Lobusch, Hamburg: SOCIAL DECLINE + GIF

Fox von ABRUPT feierte ihren Geburtstag mit einem Wochenende in Hamburg und hatte meine Liebste gefragt, was so los sei. U.a. schlugen wir diesen Gig vor, der ihren Zuschlag bekam. Also hin da. GIF kannte ich schon von der THRASHING-PUMPGUNS-Record-Release-Party im Sommer letzten Jahres, die Dänen SOCIAL DECLINE hingegen noch nicht. ‘nen alten Kumpel, der gerade aus der Schweiz auf HH-Besuch war, lockte ich auch noch dorthin. Obwohl zahlreiche Parallelveranstaltungen aus dem Punkbereich stattfanden, fand sich reichlich Volk ein, das es etwas deftiger mochte.

GIF machten exakt da weiter, wo sie aufgehört hatten, und ballerten konsequent hookbefreiten, dafür mit Breaks und ein paar Tempo- bzw. Rhythmuswechseln versetzten Hardcore ins Gebälk. Der Shouter legte, unterstützt von Gitarrist und Drummer, seine meist deutsch, mal englischsprachigen Texte über negative Facetten menschlicher Existenz darüber und befand sich dauerhaft vor statt auf der Bühne, wo er mit dem Publikum tanzte (weshalb er auf keinem Foto ist). Und das hatte Bock, haute kräftig, aber fair auf die Kacke und ließ sich die Lauscher durchpusten. Die Band spielte präzise statt chaotisch und ließ sich zu zwei Zugaben überreden. Der Shouter war noch gar nicht ganz fertig, da baute seine Band schon ab. Wat ‘ne Hektik!

Die im Jahre 2019 gegründeten SOCIAL DECLINE aus Kopenhagen waren musikalisch dann doch ganz anders geartet und lieferten vor allem Riffs, Riffs, Riffs aus zwei Klampfen. Der Thrash Metal des Quartetts wies ein paar Hardcore-Einflüsse auf, erinnerte mich aber vor allem an SACRED REICH und ähnlich klingende Bands. Kontrollierter, wuchtiger Abriss zum Headbangen also, weniger überdrehter Stoff à la MUNICIPAL WASTE und Konsorten. Der Sound hatte Druck, für meinen Geschmack hätte es aber gern etwas weniger Mid-, dafür mehr Uptempo sein dürfen – das flottere Zeug lief mir verdammt gut rein, aber generell machte der Auftritt Laune. Ein neuer, bisher unveröffentlichter Song war auch dabei und vor der Zugabe gab’s ‘ne etwas längere Ansage, in der man sich gegen dänische wie deutsche Faschoparteien und Menschenfeindlichkeit allgemein auskotzte. Die Band hinterließ einen sympathischen Eindruck und mit Sicherheit den einen oder anderen Nackenmuskelkater.

Schöner Konzertabend zum schmalen Eintrittskurs im gewohnt herrlich rustikalen DIY-Umfeld!

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