Günnis Reviews

Autor: Günni (page 4 of 99)

09. + 10.06.2023, Gaußplatz, Hamburg: GAUSSFEST 2023

Auch im 31. Jahr seines Bestehens lud der Hamburger Gaußplatz zum zweitägigen Gratis-Open-Air-Festival, und mit meiner kleinen Kapelle war ich diesmal sogar live dabei. Das Billing wurde mehrfach durcheinandergewürfelt, wir waren für die leider verhinderten DETROIT 442 nachgerutscht. So traf ich mich am Freitag also direkt nach der Lohnarbeit mit den anderen Motherfuckers + Familienanhang am Proberaum, wo wir einen Bollerwagen mit unseren Plünnen befüllten, den wir anschließend durch den Stadtteil zogen. Am Aldi legten wir ‘nen Zwischenstopp ein, um noch ‘ne Palette Discount-Dosenbier mitzunehmen, als unsere Mobiltelefone einen Alarm meldeten: Schwarze Rauchwolken zogen aus der Hafencity kommend durch die Stadt und das Dachgeschoss eines Gebäudes brannte. Grund: Auf einer Baustelle waren Gasflaschen explodiert. Offenbar bereits zum wiederholten Male… Ein paar Böller zum Salut also. An beiden Tagen herrschte bestes Wetter, dem man aufgrund der Platzvegetation und -bebauung aber auch meist gut in den Schatten ausweichen konnte. GOSSESIEBEN aus Wittmund um Rohrpost-Fazinemacher Torben sollten gegen 18:00 Uhr den Liveband-Reigen eröffnen, waren aber noch mit Aufbau und Soundcheck beschäftigt. Wir holten uns unsere Freibier-/-mampf-Stempel bei Bühnen- und Soundchef Wurzel ab, waren überrascht, dass sogar ‘n Schein für die Bandkasse abfiel, und köpften die erste Pulle.

Als der Soundcheck durch war, ließen sich GOSSESIEBEN nicht lange bitten und traten den bereits zahlreich versammelten Musik- Connaisseuren mit ihrem deutschsprachigen Hardcore-Punk der schnörkellosen alten Schule kräftig in die Hintern. Torben bellte, angepeitscht von seinen drei Bandkollegen, aggressiv ins Mikro, legte gut paar Meter auf der Bühne zurück und kotzte sich über diverse eklige Missstände kräftig aus, dass es eine Freude war. Mit „Stadt der Mörder“ von LEFT JAB fand sich eine originell gewählte Coverversion mit Stadtteil- und Gaußplatzbezug im Set und ich freute mich über diesen gelungenen, schön anstachelnden Festivaleinstand!

GOSSESIEBEN bei Bandcamp:
https://gossesieben.bandcamp.com/

Dann sollten und wollten wir ran, an einen schnellen Umbau war aber nicht zu denken: Ein verdammtes Kabel für Hollers Bass-Amp fehlte. Die Technikdepots des Platzes wurden auf den Kopf gestellt, aber nix zu machen: Ein Ersatzgerät musste her. Dieses war dann aber rasch gefunden und eingestöpselt. Weiter zum Monitor-Check. Nix zu hören, mach ma‘ lauter. Immer noch nix. Noch lauter. Nix. Irgendwann des Rätsels Lösung: Sabotage! Die Dinger waren gar nicht an. Herrlich die Noisecore-Feedback-Orgie, als sie dann eingeschaltet wurden. „Das war unser Konzert, vielen Dank für eure Aufmerksamkeit“, scherzten die Kollegen von der Bühne. Teile des Publikums scharten bereits länger ungeduldig mit den Hufen und bewarfen uns mit Schmutz und Unrat. Gitarrist Kais kleiner Sohn tat es ihnen gleich, wenn er nicht gleich selbst auf der Bühne herumsprang und uns verprügelte. Anarchie und Anomie! Zum Glück gab’s Bier. Nachdem wir beschlossen hatten, dass das mit den Monitoren jetzt so gehe, legten wir direkt los, um Schlimmeres zu verhindern. Mein Gekeife ließen wir während der ersten Songs von Wurzel und seinem Kompagnon einpegeln. Der Gig machte Laune und klappte weitestgehend ohne weitere Probleme. Das Publikum bestachen wir mit dem warmen Billigdosenbier. Das war ‘ne reichlich bekloppte Idee, weil das gekühlte Flaschenpils nur ‘nen lumpigen Euro kostete (inflationsfreie Zone Gaußplatz!), funktionierte kurioserweise aber trotzdem. Wir zockten in ungefähr 40 Minuten 14 Stücke, darunter zum zweiten Mal überhaupt „Blutgrätsche“, und mit „Phoenix aus der Flasche“ gab’s ‘ne Livepremiere. Irgendwann turnte Kais kleiner Racker wieder auf der Bühne herum (natürlich mit Hörschutz, durch den kleine Kinder immer so aussehen, als müssten sie in viel zu jungen Jahren schon auf dem Bau arbeiten – mit dem Presslufthammer!), konterkarierte unseren Hatepunk mit Cuteness und stahl uns glatt die Show. Da wir ohnehin schon im Zeitverzug waren und nun mal auch keine Rockstars sind, übersprangen wir den Tschüß!-Zugabe!-Na-gut…-Teil und zockten das PROJEKT-PULVERTOASTMANN-Cover ohne vorausgehendes Brimborium. Dass wir daraus eigentlich ein Duett mit Originalsänger Snorre hätten machen können, der genau vor der Bühne stand, fiel mir leider erst im Nachhinein ein… Da ein paar Unentwegte dann aber trotzdem noch mehr wollten, spielten wir einfach „Blutgrätsche“ noch mal. Es war uns ein Vergnügen! Auf der Bühne war’s übrigens so warm, dass das obligatorisch von mir verschüttete Bier am Schluss komplett weggetrocknet war und ich die nun welligen Setlists einfach wieder einpacken konnte.

Wir sind auch bei Bandcamp:
https://disillusionedmotherfuckers.bandcamp.com/

Nun stand das Heimspiel für Weste, Nina, Needlz und Toni, sprich: die LIQUOR SHOP ROCKERS an. Vor ein paar Jahren hatten wir mit ihnen anlässlich meines Geburtstags schon mal im Gängeviertel gespielt. Die Band hatte letztes Jahr leider krankheitsbedingt absagen müssen und ist durch den ganzen Brexit-Mist und dessen Auswirkungen auf ihren schottischen Gitarristen Needlz ohnehin gebeutelt. Umso schöner, dass es dieses Jahr geklappt hat! Teile des Auftritts verschwimmen in meiner Erinnerung etwas, da ich viel in Smalltalk involviert war, aber nach, ich glaube, anfänglichen Soundproblemen war das wieder ‘ne feine Mischung aus Punkrock und Hardcore-Vibes, dargereicht von alten Szenehasen. Und diese verstehen es nach wie vor, ordentlich Druck zu machen, Spielfreude an den Tag zu legen und eingängige Songs mit dem nötigen Maß an Aggression und Verbindlichkeit herauszuschmettern. Wie Needlz an der Klampfe abgeht, grenzt an Sport und ist ein echter Hingucker, ebenso natürlich der hochgewachsene Weste, der in seiner Gestik seinen HC-Hintergrund nicht verbergen kann (und vermutlich auch gar nicht will, wozu auch?). Nina lässt den Viersaiter ordentlich knarzen und Toni schenkt seinem Drumkit kräftig einen ein. Dass Weste für den einen oder anderen Text zum Spickzettel greifen musste, kann man ihnen kaum verdenken. Klasse Band, die uns den Umständen zum Trotz hoffentlich noch lange erhalten bleibt!

LIQUOR SHOP ROCKERS bei Bandcamp:
https://liquorshoprockers.bandcamp.com/

Mittlerweile war’s dunkel geworden und das französische Heavy-Punk-Trio CAPRICÖRN stand auf der Bühne. Das kannte ich bisher noch nicht, klopfte mit seinem flotten MOTÖRHEAD- und Crust-beeinflussten Hardcore-Punk aber gut aufs Mett. Die englischsprachigen Texte teilten sich der Gitarrist und der Bassist, wobei letzterer zunächst gar nicht zu hören war, aber anscheinend rasch das Mikro ausgewechselt bekam. Die eher düstere Stimmung der Musik passte zur Dunkelheit, die rauen Stimmen schmirgelten gut was weg und an den Instrumenten war man ziemlich tight. Der dominante Bass klang nicht selten – nicht unähnlich der vorausgegangenen Band – wie ‘ne zweite Klampfe. Vor ungefähr ‘nem Jahr ist das aktuelle Album „Sink In Tears“ erschienen, das ziemlich gut durchläuft. Atmosphärischer Stoff mit gutem Gespür für interessante, griffige Songs, live sehr überzeugend dargeboten. Nach dem letzten Akkord ging’s für mich aber flugs in die Koje, schließlich sollte es am nächsten Abend pünktlich weitergehen.

CAPRICÖRN bei Bandcamp:
https://capricornrock.bandcamp.com/

Tatsächlich ging’s Samstag sogar dermaßen pünktlich los, dass HOT SCHROTT bereits spielten, als ich um kurz nach 18:00 Uhr wieder auf dem Platz eintraf. Die hatten ein Heimspiel und stießen auf reges Interesse, sicherlich nicht nur, weil dieser Auftritt als ihr vorletzter überhaupt angekündigt worden war. Ich hatte ehrlich gesagt bis hierhin kaum Berührungspunkte mit der Band, weil mich die in den Plattenkritiken herangezogenen Vergleiche in Richtung Rachut und Früh-/NDW-Punk eher abgeschreckt hatten. „Post-Emotion-Punk“ bezeichnet das Quintett seinen Stil, der mit mal süßlichem, mal rauem weiblich-männlichem Wechselgesang ebenso punktet wie mit zeitgeistkritischen Texten. Manche Songs wurden um ‘ne Geige ergänzt. Der Sound klingt häufig etwas monoton und minimalistisch, die Drums bewusst zurückgenommen. Textlich scheint’s zuweilen aber bischn verklausuliert und eigen zuzugehen. Die Vergleiche kann ich nachvollziehen und so ganz meine Mucke spielen HOT SCHROTT nicht, kreativer als die zigste D-Beat-Combo sind sie aber allemal. Ehrlich gesagt diente mir der Gig ‘ne ganze Weile als Hintergrundbeschallung zum Ankommen, Essen und zu trinken Beginnen, vor der Bühne herrschte aber großer Andrang.

HOT SCHROTT bei Bandcamp:
https://hotschrott.bandcamp.com/

Die Berliner NOT THE ONES hatte ich mir als hörenswerte Band notiert, von der ich mir beizeiten vielleicht mal Vinyl zulegen sollte. Nun stehen mittlerweile so viele Namen auf dieser Liste, dass ich diesen zunächst gar nicht mehr so recht zuordnen konnte, es mir dann aber wie Schuppen aus den Ohren fiel: Klar, das Punktrio mit seinem ‘77er-Sound britischer Machart und den frischen, oft eingängigen Melodien! Die Sängerin/Gitarristin stellte den neuen Drummer Victor vor und kommunizierte relativ viel mit dem Publikum. Den Gaußplatz kannten NTO offenbar von mehreren vorausgegangenen Konzerten. Eine schnelles Nachschlagen in meinem Konzerttagebuch ergab, dass ich sie auf der 2017er Ausgabe des Festivals ins Gespräch vertieft ignoriert hatte. Herrje. Mir lief der Gig bei tollem Sound jedenfalls gut rein. Schnörkelloser melodischer Oldschool-Punkrock bei herrlichem Sonnenschein ist und bleibt halt was Feines!

NOT THE ONES bei Bandcamp:
https://nottheones.bandcamp.com/

Leider waren die Berliner bereits die vorletzte Band, denn die multinationale Latino-Punkband DEATH MARIACHIS, die eigentlich mit BUTCHER BABY auf ‘ner kleinen Tour hätte sein sollen, hatte leider kurzfristigst abgesagt. Der BUTCHER-BABY-Auftritt wurde daraufhin lange hinausgezögert bzw. die MARIACHIS-Spielzeit blieb einfach ungenutzt. Ungefähr 21:45 Uhr dürfte es gewesen sein, als die Londoner, die u.a. ein Mitglied der RESTARTS in ihren Reihen wissen, zum Angriff bliesen. Das war ‘ne sehr rotzige Mischung aus klassischem UK-Iro-und-Nieten-Punk der Marke EXPLOITED und Konsorten sowie wüstem und heavy US-Geballer à la POISON IDEA. Rüpelig, asig, auf Krawall gebürstet und oberkörperfrei, ohne, dass man ihnen dafür den Strom abstellen würde. Irgendwas von POISON IDEA wurde sogar gecovert, angeblich auch etwas von ZZ TOP verpunkt – was aber auch ein Scherz gewesen sein kann. Im Publikum wurden Pyros gezündet, vor der Bühne betrunken gepogt und das Bier floss bei diesem treibenden Beat doppelt so schnell die Kehlen herunter. „No Pasaran“ gab’s einmal im regulären Set und abschließend noch mal als Zugabe, dann war Feierabend. Schade, dass es das jetzt gewesen sein soll, denn der Gig war als letzter BUTCHER-BOYS-Auftritt überhaupt angekündigt. Warum diese vielen Bandauflösungen?

BUTCHER BABY bei Bandcamp:
https://butcherbaby.bandcamp.com/

Die Party war aber noch nicht vorbei und an diesem Abend machte ich ungefähr bis zur magischen Grenze von 2:00 Uhr, nach der bekannterweise meist nichts Gutes mehr passiert, weiter, saß auf den Stufen des Holzrondells, trank, quatschte mit alten und neuen Bekannten (und schleppte gefühlt alle fünf Minuten meine Pionierblase aufs Klo). Eine schöne zweitägige Auszeit war das mal wieder; danke dafür an den Gaußplatz und Vogelfrei e.V., alle Bands und Mitmenschen, die zum Gelingen beigetragen haben, die Veltins-Brauerei und nicht zuletzt Flo (Farbfotos) und Torben (Schwarzweißfotos) für die Schnappschüsse unseres Gigs! Am 11.11. sind wir übrigens wieder dort zu sehen, dann in der Platzkneipe El Dorado zusammen mit unseren verhaltensauffälligen Kollegen vom INBREEDING CLAN für einen Soli-Gig!

26.-28.05.2023, Amphitheater, Gelsenkirchen: ROCK-HARD-FESTIVAL 2023

Auf dem Rock-Hard-Festival war ich bisher zweimal, in den Jahren 2015 und 2016. Das Gelsenkirchener Amphitheater mitten im Grünen am Rhein-Herne-Kanal ist sicherlich einer der schönsten Open-Air-Konzertorte Deutschlands und dürfte so um die 8. bis 10.000 Besucherinnen und Besucher fassen, will sagen: Das Festival ist kein überdimensioniertes Spektakel à la Wacken & Co. Dieses Jahr sah das Billing derart vielversprechend aus, dass es selbst bei mir, der ich nun eigentlich kein großer Festival-Gänger bin, zu kribbeln begann und ich letztlich den Entschluss fasste – bzw. mir die Erlaubnis meiner besseren Hälfte einholte –, dann doch mal wieder zu partizipieren. Ausschlaggebend hierfür waren in erster Linie die Ankündigung, dass Tom Warriors TRIPTYKON hier ein spezielles CELTIC-FROST-Klassikerset Schland-exklusiv darreichen würden und ich die Chance erhalten sollte, erstmals in meinem Leben (!) TESTAMENT live zu sehen. Mit HOLY MOSES, DISCHARGE, ENFORCER, KNIFE, den für die verhinderten EXODUS eingesprungenen SODOM und MSG, die ich 2015 bereits ebenda gesehen hatte, klang aber auch der Rest vom Fest vielversprechend – und bei den übrigen Bands dürfte bestimmt wieder die eine oder andere Entdeckung zu machen sein, dachte ich mir.

Als ich mich im Februar auf die Suche nach einer Unterkunft begab, musste ich ernüchtert feststellen, dass es seinerzeit wesentlich einfacher war, günstige, privatvermietete Zimmer in Gelsenkirchen zu finden. Die Preise sind explodiert bei zugleich anscheinend ausgedünntem Angebot – oder ich war schlicht zu spät dran. Letztlich kam ich in einem Nobel-Appartement unter, das für mich als Alleinreisenden sehr großzügig bemessen und nun auch nicht gerade ein Schnäppchen, dafür aber sehr zentral direkt am Bahnhof gelegen war. Wat soll man machen…

Die Anreise mit diesem komischen Flixtrain von HH nach GE verlief zunächst etwas abenteuerlich, am Ende aber beinahe pünktlich und somit ziemlich flott. Die Bude war schnell bezogen; also noch mal feucht durch den Schritt gewischt, ins legere Beinkleid geschlüpft und die Tradition gewahrt, wenigstens an einem der Tage – diesmal am ersten – zu Fuß zum Festivalgelände zu latschen. In den Jahren 2015 und 2016 hatte mich der Weg durch wunderschöne grüne Wanderwege am Rhein-Herne-Kanal geführt, diesmal ging’s längere Zeit an Bahngleisen entlang. Die gut vier Kilometer waren trotzdem ein Genuss, denn das vielgescholtene Gelsenkirchen lädt mit seinen Sandwegen, Wiesen, Parks und Wäldchen auch abseits des Kanal zum Lustwandeln ein. Die grüne Lunge des Ruhrgebiets, oder wat? Gegen 14:15 Uhr traf ich ein, zog mir meine Eintrittskarte an der Tageskasse, ließ mir mein Bändchen geben, griff zum ersten Fischbrötchen und freute mich auf den Eröffnungs-Act um 15:00 Uhr.

Bei diesem handelte es sich um die Schweden SCREAMER, die mir von zwei Clubgigs als gute Liveband in Erinnerung waren. Seit 2009 sind SCREAMER aktiv und hatten nun ihr fünftes Album „Kingmaker“ im Gepäck, von dem sie zum Einstieg gleich die ersten beiden Songs spielten. Das Quintett zockt klassischen Heavy Metal mit ein paar Ausflügen in Richtung Speed. Der Sound war von Beginn an top, der Gesang vielleicht sogar etwas zu laut (ging in den Höhen aber ein bisschen unter). Das Rund des Amphitheaters füllte sich rasch, die Leute hatten Bock. Meine persönlichen Highlights waren „Demon Rider“ und „Shadow Hunter“, „Screamer“ und „Highway of Heroes“ habe ich hingegen vermisst. Die Band gefällt mir am besten, wenn sie etwas ungestümer zur Sache geht, was sie für meinen Geschmack gern wieder öfter tun dürfte. Eher albern sah das (Beinahe-)Einheitsoutfit mit den weißen Westen aus, dem sich nur der Drummer entzog (deshalb „beinahe“). Dieser hatte natürlich wieder seine Becken pervers hoch hängen, eines seiner Markenzeichen. Die Klampfer boten schöne Twinguitars und Soli. Das ging klar und war ein absolut solider Festival-Auftakt.

MOTORJESUS folgten, die hatte ich seinerzeit auch schon mal hier gesehen und sind mit ihrem Schweinerock-Metal musikalisch nicht ganz mein Ding, was aber nicht viel heißen muss. Sie traten mit einem Ersatzgitarristen für den leider erkrankten festen eigentlichen Sechssaiter an und der Sänger klagte über eine Erkältung, von der man aber nichts hörte – allerdings habe ich den Gig auch nicht konzentriert verfolgt. Dass das ein sehr energiegeladener Auftritt war, blieb mir dennoch nicht verborgen und mit dem sehr gelungenen SACRED-REICH-Cover „Independent“ als Rausschmeißer holten sie mich dann sogar doch noch ab.

Die deutsche Thrash-Institution HOLY MOSES mit Shouterin Sabina als besonders hervorstechendem, weil damals noch seltener als heute anzutreffendem Alleinerstellungsmerkmal hat gerade ihr finales Studioalbum „The Invisible Queen“ veröffentlicht und wird sich nach einer Abschiedstournee auch von der Live-Front verabschieden. Das Intro aus der Konserve begann mit der ‘80er-Pop-Schnulze „Careless Whisper“; die Band stieg direkt mit „Def Con II“ von „The New Machine of Liechtenstein“ ein, jenem ‘89er-Langdreher, von im weiteren Verlauf auch die meisten Stücke stammen sollten (nämlich vier an der Zahl). Mischer oder Mischerin schienen sich mit dem Sound zunächst etwas schwerzutun, das bekamen er oder sie mit der Zeit aber in den Griff. Die 59-jährige, gertenschlanke und agile Sabina war hochmotiviert und hatte sichtlich Spaß, headbangte, röhrte, grunzte und sprang auf der Bühne herum, wenn sie nicht gerade ungekünstelt und sympathisch mit dem Publikum kommunizierte. Vom aktuellen Album wurden das Titelstück sowie das geniale „Cult Of The Machine“ kredenzt, mit „World Chaos“ war einer meiner absoluten Favoriten dabei und ‘ne echte Überraschung hielt man gegen Ende parat: Sabinas Ex-Mann und Ex-HOLY-MOSES-Mastermind Andy Classen kam auf die Bühne, um bei „Finished With The Dogs“ vom gleichnamigen Kultalbum ‘ne zweite Klampfe zu spielen und mitzusingen, wofür Sabina ihm ihr Mikro hinhielt. Da war er, mein erster magischer Moment des Festivals! Leider war dann anschließend nicht mehr genug Zeit, um sowohl „Life’s Destroyer“ als auch „Current of Death“ zu spielen, weshalb Sabina das Publikum abstimmen ließ: „Current of Death“ erhielt den Zuschlag und besiegelte diesen starken Gig, der einen veritablen Moshpit vor der Bühne erzeugt hatte, vor allem aber einen Unterschied wie Tag und Nacht gegenüber dem Reunion-Gig 2015 in der Hamburger Markthalle darstellte, als die Band wie ein zusammengewürfelter Haufen auf mich wirkte und Sabina unbeholfen auf Pömps über die Bühne stackste und die Texte von der Zettelsammlung auf dem Fußboden abzulesen schien. Apropos Markthalle: Sie lud zum ebendort stattfindenden Abschiedskonzert am 27.12. dieses Jahres ein! Wäre ‘ne Überlegung wert…

VICIOUS RUMORS schenkte ich als US-Metal-Muffel mir. Gitarrist und Bandgründer Geoff Thorpe glaubt anscheinend bis heute, NIRVANA & Co. hätten in den ‘90ern den Metal gekillt. Außerdem spielen die gefühlt auf absolut jedem deutschen Metal-Festival. Stattdessen latschte ich zu „Krachmucker TV“-YouTuber Ernie Fleetenkiekers Lesung aus seinem in Kürze auch im offiziellen Handel erscheinenden autobiographischen Pamphlet „Metal-Manifest“. Aufgrund der Hitze stand er nur in Socken, Hotpants und Kutte (ach ja, und Schlips!) da, las auszugsweise aus seinem Buch, kommunizierte mit seinen Zuhörerinnen und Zuhörern, fragte Fachwissen ab, hielt LPs in die Luft und trank Bier. Sehr sympathisch, sehr eloquent, sehr ehrlich, authentisch und, ja – witzig! Ich fürchte, der Schinken muss beizeiten her… Leider schaffte ich’s das Festival über aber zu keiner der zwei oder drei verschiedenen „Kumpels in Kutten“-Ruhrpott-Metal-Fachbuchlesungen mehr.

Apropos Muffel: Die britischen Death-Metal-Urgesteine BENEDICTION hatte ich als Death-Metal-Muffel eher unter schleppend bis doomig abgespeichert, was ja nicht so mein Ding ist – je trashiger der Death Metal klingt, desto besser. In diesem Falle war ich anscheinend zu ignorant, denn BENEDICTION zockten überraschend flotte Stücke, hatten im italienischen Drummer ein Tier an den Kesseln und in Dave Ingram einen Sänger mit herrlich tiefem Organ, verziert mit dezentem Hall. Das zog mir die Falten aus dem Arsch, mit dem ich mich auf die Amphitheater-Stufen gefläzt hatte, und der Pöbel drehte völlig frei, schmiss sogar das teure Bier durch die Gegend. Den Song „Stormcrow“ widmete Ingram TRIPTYKON-Bandkopf Tom Warrior. Die Zugabe wurde im direkten Anschluss an den nominell letzten Song dargereicht, ganz ohne die üblichen Spielchen, die ihr normalerweise vorausgehen. Die Überraschung des Festivals für mich, werde mir in Kürze den „WDR-Rockpalast“-Mitschnitt drücken und die Chose reevaluieren.

Pünktlich zum Einbruch der Dunkelheit dann der langerwartete Headliner des Tages und mein persönlicher Festival-Höhepunkt: TRIPTYKON performing early CELTIC FROST! „Danse Macabre“ kam als Intro aus der Konserve, wobei ich auch „Human (Intro)“ (auf einem Livealbum von den KASSIERERN als „Aufschrei der Kreaturen im Moment des Bewusstwerdens“ gecovert) goutiert hätte. Wie auch immer, „Into the Crypts of Rays“ als erster livegespielter Song flashte mich sofort. Dieser Gitarrensound – hier sogar von gleich zwei Klampfen kreiert –, Toms Stimme, die treibenden Drums und der wummernde Bass – hier stimmte einfach alles! Weiter ging’s durch die großartigen Songs von Meisterwerken wie „Morbid Tales“ und später „To Mega Therion“, abgeschmeckt mit ein bisschen „Emperor’s Return“-Material. Ich hatte CELTIC FROST nie live gesehen; als vor Jahren eine ähnliche Veranstaltung zusammen mit dem damals noch lebenden Martin Ain geplant war, war diese ins Wasser gefallen. Hier war ich nun aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Band spielte vor einem riesigen Backdrop mit dem Giger-Gemälde des „To Mega Therion“-Albums, die Lightshow mit ihren Grün- und Lilatönen war erhaben und Tom in all seiner Bescheidenheit dem Publikum überaus dankbar – dabei haben wir zu danken! Mein zweiter magischer Moment des Festivals, wobei sich der „Moment“ vom ersten bis zum letzten Song erstreckte.

Mit dem natürlich mit Festival-Besucherinnen und -Besuchern überfüllten Linienbus ging’s bis fast vor die Haustür meiner Unterkunft zurück und ich schlief zeitig glückselig ein, schließlich wollte ich am nächsten Tag fit sein.

GÜNNIgfeld und KROKUSwinkel!

Dieses Unterfangen klappte dann auch ganz gut. Die Buslinie vom Vortag fuhr zwar gerade nicht, aber mit einer anderen konnte ich nach einem nahrhaften und fair bepreisten Frühstück vom Bahnhofspassagenbäcker zumindest in die Nähe der entgegengelegenen Seite des Festivalgeländes fahren. Der anschließende Fußmarsch zeigte mir abermals sehr malerische Seiten Gelsenkirchens und pünktlich zum Eröffnungs-Act des heutigen Tages fand ich mich vor der Bühne ein: MIDNIGHT RIDER aus Koblenz um die ehemaligen METAL INQUISITORen Blumi und Cliff haben letztes Jahr ihr zweites Album „Beyond the Blood Red Horizon“ veröffentlicht und spielen trotz nur einer Klampfe recht JUDAS-PRIEST-lastiges Material. Diesen Eindruck verstärkt auch Sänger Wayne, der früher bei einer Priest-Coverband sang, über eine ähnliche Stimmfarbe wie Rob Halford verfügt und auch in seinen Bewegungen mitunter stark an den Metal God erinnert, auf dessen spitze Schreie er aber weitestgehend verzichtet. Blumi kam mit Gipsbein und musste daher auf einem Stuhl sitzend spielen, was seiner Spielfreude aber anscheinend keinen Abbruch tat. „Your Parole“ entpuppte sich als klasse Opener und das getragene „Beyond the Blood Red Horizon“ kam ebenso gut rüber wie „Intruder“, wobei letztgenanntes Stück wirklich sehr stark nach Priests mittlerer Schaffensphase klang. Weiß jemand, welcher Song danach gespielt wurde? Der konnte nämlich auch echt wat. Mit „Demons“ folgte ein echter Hit und mit „Opium Trail“ ging’s zurück zur Debüt-Maxi-Single aus dem Jahre 2008. Vereinzelte spitzere Gesangstöne und Refrainbetonungen wurden durch Echoeffekte verstärkt, auf Backgroundgesang hingegen vollständig verzichtet. Der wäre aber auch tatsächlich nicht nötig gewesen. MIDNIGHT RIDER wurden gut gefeiert und freuten sich sichtlich über den schon zu früher Stunde – 12:30 Uhr – starken Zuspruch, durften sogar für eine Zugabe wiederkommen: ihren Signature-Song „Midnight Rider“! Ein gelungener Auftritt, bei dem meines Erachtens aber der eine oder andere Gitarrensolo-Passus etwas abfiel. Eventuell über einen zweiten Gitarristen nachdenken? Ach ja, und „Always Marching On“ hätte ich mir noch im Set gewünscht – aber man kann nicht alles haben.

Mandy vom Rock-Hard-Team gab nun auf der Bühne bekannt, dass der Flug der Schweden NESTOR gestrichen worden sei und die Band daher später einträfe, weshalb der Ablaufplan geändert werden müsse. Die drei nach dem nächsten Act folgenden Bands wurden also vorgezogen, Nestor auf 18:20 Uhr datiert. Gut wäre vermutlich gewesen, dies öfter mal durchzusagen und hier und da ‘nen entsprechenden Aushang anzubappen, denn das dürfte nicht jeder mitbekommen haben…

KNIFE aus dem Hessischen rüpeln sich mit ihrem angeschwärzten Speed Metal und punkiger Attitüde seit 2019 durch die Szene, haben einige Hits auf Lager und Bock auf ‘nen nietenbesetzten, kettenbehangenen Gig bei prallem Sonnenschein. Eigentlich gehört so was eher in ‘nen stickigen Club, aber auch auf großer Bühne mit protzigem Riesen-Backdrop ließ ich mir den Einstieg „Chromium Pryer“ und Knaller wie „Black Leather Hounds“ (ein verdammter Ohrwurm!), „K.N.I.F.E.“ und natürlich „Sword Loser“ gefallen. Nach „I Am the Priest“ stellte der Sänger mit dem wunderschönen Künstlernamen Vince Nihil seinen Drummer als Kaiser (heißt der mit bürgerlichem Nachnamen so?) und nach dem nächsten Song Basser Gypsy Danger vor, ließ ‘ne schöne Ansage gegen Homophobe, Faschisten und ähnliches Geschmeiß da und kommunizierte und interagierte generell viel mit dem Publikum. Diverse Songs widmete er diversen Personen, bevor’s am Schluss mit „Sacrifice“ noch ein Cover der frühen BATHORY auf die Ohren gab. Unterhaltsamer Gig für Freundinnen und Freunde der etwas gröberen Kelle!

Nun hieß es abwägen: DEPRESSIVE AGE mit ihrem ‘90er-Thrash sind weniger was für Vadder sein‘ Sohn und die krankheitsbedingt leider DISCHARGE ersetzenden VOIVOD habe ich hier schon mal gesehen, sind mir nach den ersten vier Alben aber zu proggy und lahm geworden. Apropos: Was war das eigentlich für ‘ne Nummer, VOIVOD aus ‘nem kleineren Konzert in Ulm, wo sie eigentlich am Abend spielen sollten, herauszukaufen und die Ulmer Szene damit im Regen zu stehen zu lassen? So etwas trägt mit Sicherheit nicht dazu bei, dass die Leute noch Bock haben, sich Konzertkarten im Vorverkauf zu holen – worunter ja größere Teile des Konzertbetriebs ohnehin zu ächzen scheinen. Da hätte ich als DISCHARGE-Ersatz lieber ein, zwei Punk- oder Hardcore-Bands aus dem Pott herangeholt. Ich weiß, das war alles sehr kurzfristig, aber diese Aktion hinterlässt doch einen schalen Beigeschmack. Doch ich hatte ja ohnehin andere Pläne: Schnell mal die Karten-App angeschmissen und nach „Fußballkneipe“ gesucht, 15:30 Uhr war Anpfiff des Erstligafinals. Aha, zwei Kilometer entfernt sollte es eine geben. Nur wenige Meter hinterm Festivalgelände traf ich aber bereits auf einen schnieken Biergarten mit bezahlbarem Imbiss und Fussek-Bezahlfernsehen, wo ich sogar nach Jahren mal wieder gezapftes Alt trinken konnte. Um mich herum bereits zahlreiche Metallerinnen und Metaller, deren Anzahl sich nach und nach erhöhte. Ich war erwartungsgemäß also nicht der Einzige, der Metal mal eben Metal sein ließ und lieber dem Gekicke überbezahlter Söldner beiwohnen wollte. Dass die Nummer für die Region alles andere als gut ausging, ist hinlänglich bekannt und muss hier nicht vertieft werden. Nur eines dazu: Schalke 04 – Seele vom Revier! Jetzt erst recht!

Kopfschmuck…

Zurück auf dem Festival bekam ich immerhin noch das letzte Drittel des BRIAN-DOWNEY’S-ALIVE-&-DANGEROUS-Auftritts mit. Downey, ehemaliger THIN-LIZZY-Drummer, hat sich eine Band zusammengestellt, mit der er das legendäre „Live & Dangerous“-Album wieder auf die Bühne bringt. Für Bass und Gesang hat er tatsächlich eine Art Phil-Lynott-Double gefunden und zockt die Nummern offenbar möglichst originalgetreu. Wer auf diese Art klassischen irischen Hardrocks schwört, dürfte damit viel Freude haben, denn zumindest hier war der Sound astrein, konnten sich die Twin-Gitarren optimal entfalten und war es äußerst respektabel, wie der ja nicht mehr ganz taufrische Downey auf seinem Kit umherwirbelte. Man scheint das Erbe in vollen Ehren zu halten und verzückte das Publikum, das fröhlich mitsang und die Band anfeuerte. The Boys sind mal wieder back in town! Und mit dem Traditional „Whiskey in the Jar“ als krönendem Abschluss kann man ohnehin nicht viel falsch machen. Nicht nur ich schmettere die einst von METALLICA einer jüngeren Generationen wieder nahegebrachte Nummer artig mit.

Nun aber zu einer Band, auf die ich mich so richtig gefreut hatte: NESTOR! Die Schweden haben sich einem Sound zwischen AOR und Pop-Rock der ausgehenden 1980er verschrieben, allerdings jener Variante, die ihre Wurzeln im Hard’n’Heavy-Bereich hat, sprich: Es dominiert Keyboard und -tar (!) zum Trotz eine entschlossen riffende und zuweilen sehr gekonnt solierende Gitarre. Das Retro-Kommando – der Legende nach bereits 1989 gegründet, aber erst vor wenigen Jahren wiedervereint, um nun tatsächlich etwas außerhalb des Proberaums zu reißen – trat zum Rollback in mein Lieblingsjahrzehnt an und zelebrierte diesen mit Mut zu Geschmacksverirrung und Klischee, aber auch einem stets mitschwebenden Augenzwinkern. Da wird Schauspielerin Demi Moore ebenso besungen wie das „lost child on the run“ oder eben jenes magische Jahr 1989, bei dem auch mir ganz warm ums Herz wird. Bis auf das Album „Kids in a Ghost Town“ hat man zwar, von zwei obskuren CD-EPs in den ‘90ern, noch nichts veröffentlicht, ist in diesem speziellen musikalischen Metier aber nach wie vor eine der Bands der Stunde. Dies liegt u.a. daran, dass es sich um kein vom Frontiers-Label zusammengecastetes Studio- oder ein Ein-Mann-Heimprojekt für Bandcamp und Co. handelt, sondern um eine fantastische Live-Band, die in Sänger Tobias Gustavsson eine echte Rampensau in ihren Reihen weiß und der es spielend gelingt, diese spezielle ‘80er-Atmosphäre zu reproduzieren. Tobias hat anscheinend längere Zeit in Deutschland gelebt und versuchte sich an der einen oder anderen deutschsprachigen Ansage respektive Publikumskommunikation („Du bist der Bestes!“), sang das auf der LP mit Samantha Fox (!) eingesungene Duett „Tomorrow“ zusammen mit einer anderen Dame und fiel lediglich aus der Retro-Rolle, als er darum bat, zu diesem Song das Smartphone zu schwenken (argh!). Das als Zugabe nachgeschobene, auf der LP etwas abfallende, weil an das schmissige Original nicht herankommende WHITNEY-HOUSTON-Cover „I Wanna Dance With Somebody“, wurde hier ebenfalls zusammen mit der Gastsängerin intoniert und avancierte zur fulminanten Party, bei der das Amphitheater kollektiv zum Grinsen und Mitsingen bewegt wurde. Der nächste magische Moment!

Muss man tragen können

Eigentlich hätten nun die Bay-Area-Thrash-Urgesteine EXODUS spielen sollen, fielen jedoch (wie deren gesamte Tour mit TESTAMENT und VOIVOD) aus, weil Gitarrist Gary Holt sich um seinen Bruder kümmern muss, der einen schweren Autounfall in Italien erlitten hat. Ein solcher Unfall ist natürlich höchst unerfreulich, aber auf EXODUS hätte ich ohnehin gar nicht unbedingt Bock gehabt. Mittlerweile gelten drei Fünftel der Band als Trumpster und selbst Gary Holt sagt von sich, längst zu den Republikanern übergelaufen zu sein, wäre da nicht deren frauenfeindliche Abtreibungspolitik. Traurig. Umso mehr freute ich mich über den Ersatz: SODOM! Die hatten es nicht weit und gehen eigentlich immer. Kurzer Monitor-Check auf der Bühne und Abfahrt! Überraschend mit „Silence is Consent“, der sich als Top-Opener herausstellte, beginnend, knüppelte und riffte man sich bei einem von Beginn an bombigen Sound quer durch die Bandhistorie, wobei das aktuelle Studioalbum „Genesis XIV“ lediglich mit „Sodom & Gomorrah“ berücksichtigt wurde. „Sodomy & Lust“ und „Agent Orange“ dürfen natürlich in keinem SODOM-Set fehlen, „Blasphemer“ ist frühester Kult, „Nuclear Winter“ eines meiner Lieblingsstücke, „Conflagration“ von der „Partisan“-EP ebenso wie der live besonders mächtig kommende „Caligula“ jüngeren Datums und „Equinox“ – neben „After the Deluge“ mein Favorit vom krachigen „Obsessed by Cruelty“-Langrillen-Debüt – eine Nummer, von der ich nie geglaubt hätte, sie mal live um die Ohren geballert zu kriegen. Ich liebe es, wie die aktuelle SODOM-Besetzung die Setlist immer wieder variiert und das musikalische Banderbe pflegt. Dem kürzlich bedauerlicherweise verstorbenen ex-THE-DAMNED-Bassisten und TANK-Gründer Algy Ward widmete die Band das „Don’t Walk Away“-Cover, und Tom betonte, welch bedeutender Einfluss Algy und seine Musik auf ihn waren. Sehr schöne Geste; R.I.P., Algy! Der ins Steigerlied übergehende „Bombenhagel“ setzte den Schlusspunkt hinter diesen herrlich unprätentiösen Auftritt, bei dem SODOM ohne spektakuläre Show-Elemente oder Konfettiregen allem voran die Musik sprechen ließen. Frank Blackfire an der Klampfe tobte sich am Bühnenrand aus und suchte die Nähe zum Publikum, während Toni Merkel an den Drums seine Fills fast wie weiland Chris Witchhunter (R.I.P.) wirbelte. Yorcks zweite Gitarre sorgt für mehr Druck als früher in Trio-Besetzung und lässt erst gar keine Soundlücken entstehen. Über Fußball wollte Tom verständlicherweise nicht reden und über den hohen Festival-Bierpreis schüttelte er den Kopf. Das tat ich auch, war nun aber trotzdem so richtig in Trinklaune gekommen, brüllte begeistert die Refrains mit und feierte zusammen mit dem Großteil des Amphitheaters diese Institution des Ruhrpott-Thrashs, der alles andere als nur ein Ersatz war.

Jetzt sollte es eigentlich noch mal richtig feierlich werden: Die US-Thrasher TESTAMENT zählen zu den großen Vier in ihrem Segment und waren eine der allerersten Metal-Bands, die ich jemals zu hören bekommen hatte. Als kleinem Stöpsel von acht Jahren oder so hatte man mir u.a. ein paar Stücke von der „Live in Eindhoven“ überspielt; schon damals war ich hin und weg von Sänger Chuck Billys brachialem Organ und Alex Skolnick Gitarrenzusammenspiel mit Eric Peterson. „The Legacy“ zählt für mich bis heute zu den stärksten Thrash-Scheiben überhaupt. Dass die Band danach meines Erachtens stark nachgelassen hatte und in den unsäglichen 1990ern gar anfing, diese langweilige Groove-Zeug zu spielen – geschenkt. Dafür flashte mich die spät von mir entdeckte „Return to the Apocalyptic City“-Mini-LP noch mal so richtig, enthält sie doch die bestmögliche „Disciples of the Watch“-Liveversion überhaupt. Und „Dark Roots of Earth“ war dann doch noch mal ein richtig geiles Album der Neuzeit. Mein TESTAMENT-Bezug ist also durchaus von starken Liveaufnahmen geprägt. Umso ungläubiger war ich, als ich nach dem Rock-Hard-Festival 2014 (an dem ich nicht teilgenommen hatte) vom durch den eigenen Mischer völlig zergrützten TESTAMENT-Sound gelesen hatte. Von dem hatte man sich aber irgendwann getrennt, konnte also nur besser werden – sollte man meinen. Tatsächlich sollte dies mein erstes TESTAMENT-Konzert werden, meine Vorfreunde war entsprechend groß – auch wenn Phil Demmel von VIO-LENCE für Skolnick einspringen musste, weil dieser aus familiären Gründen passen musste. Über das Castle-Grayskull-Backdrop freute ich mich als alter MOTU-Fan noch, die Lightshow war auch fett, doch, oh Graus: Der Sound war unter aller Kanone. Zunächst flüsterleise, später ein einziger, heillos übersteuerter und höhenlastiger Brei. Wieder einmal wurde im Amphitheater kräftig die Rübe geschüttelt, jedoch von links nach rechts oder umgekehrt. Enttäuscht verließ ein beträchtlicher Teil des Publikum die Szenerie, ich hielt zumindest wacker bis zum Ende durch, ärgerte mich jedoch nur noch. Hinterher erfuhr ich, dass die Band wieder eigenes Personal ans Mischpult gelassen habe, diesmal eine Mischerin. Diese habe erst nach einer halben Stunde bemerkt, dass eine der Gitarren überhaupt nicht über P.A. lief, hat ohrenscheinlich aber so oder so in jeglicher Hinsicht versagt. Beim Headliner und der vermutlich kostspieligsten Combo des Festivals! Ich frage mich, wie die Festivalleitung das nach den Erfahrungen von vor neun Jahren zulassen hat können, warum man der Frau nicht wenigstens jemanden danebengesetzt hat, der sich mit der Location und der Anlage auskennt. Und wie man tatenlos 80 Minuten lang zuhören kann, wie der Sound des Hauptacts komplett in den Sand gesetzt wird. Besten Dank auch.

Kräftig angeheitert ging’s mit dem Bus zurück zur Unterkunft, in deren unmittelbarer Nähe noch ‘ne Hipster-Kneipe geöffnet hatte, die doch tatsächlich die Hamburger Astra-Industrieplörre als vermeintliches In-Getränk ausschenkte, bei den lokalen Marken aber wenigstens halbwegs zivile Preise aufrief. Am Stehtisch vor der Tür laberte ich einige Bierlängen lang mit ‘nem sympathischen Typen von einem Schalker Fan-Projekt und seinem Kumpel über Fußball, und es wurde spät…

Natürlich verschlief ich am nächsten Tag und schleppte ‘n Katerchen mit mir herum, sodass ich die deutschen US-Metaller IRON FATE verpasste, aber immerhin bei meiner Ankunft noch deren kompetent gezockte QUEENSRŸCHE-Coverversion „Walking in the Shadows“ vernahm. UNDERTOWs Groove-Metal ist überhaupt nicht meins, also suchte ich mir ein schattiges Plätzchen bei nach wie vor sengender Sonne und trank artig mein Mineralwasser aus. Für die Dresdner Band WUCAN gesellte ich mich aber vor die Bühne, denn die wollte ich mir dann doch mit möglichst voller Aufmerksamkeit geben – zwecks Urteilbildung, ist nämlich was Besonderes: Die Ende 2011 gegründete Band spielt eine Mischung aus Hippiemucke und Krautrock, Musik also, mit der man mich normalerweise jagen kann. Nach einem atmosphärischen Intro klang das bei perfektem Livesound aber irgendwie frisch statt miefig, was vor allem Frontfrau Francis geschuldet war, die ihre Musik mit einer derartigen Leidenschaft und Inbrunst in der glockenklaren Stimme interpretiert, dass es einen unweigerlich mitreißt – zumindest insoweit, dass man dem Spektakel gern beiwohnt, wenn die Multiinstrumentalistin zur Gitarre greift, die JETHRO-TULL-Flöte auspackt oder Klänge mit dem Theremin (!) erzeugt und dazu schlangenartig ihren in ein sommerlich knappes Outfit gehüllten Körper bewegt. Seit 2015 veröffentlichen WUCAN auch Tonträger, die Titel wie „Fette Deutsche“ enthalten – Humor ist nämlich auch mit von der Partie; ebenso ein Synthie, dessen Tasten Gitarrist Tim und Francis hin und wieder quetschen. Ein als Katerband nicht unangenehmes, sinnliches Retro-Musikerlebnis mit einer überragenden Frontfrau – wenngleich meine musikalischen Präferenzen dann doch etwas anders gelagert sind.

Tendenziell liegen diese eher bei den Niederländern LEGION OF THE DAMNED und ihrem Thrash mit Death-Einsprengseln, wenngleich ich einwenden muss, dass, so gut mir das Debüt auch gefiel, danach gefühlt oftmals „more of the same“, nur in nicht mehr ganz so geil, von ihnen kam. In guter Erinnerung ist mir aber noch der Abriss, den die Band vor ein paar Jahren im Hamburger Kulturpalast auf die Bühne gebracht hatte. Dieser Gig hier wurde nach Intro und Signature-Song „Legion of the Damned“ in seinem Fluss durch zahlreiche Intermezzi aus der Konserve immer wieder unterbrochen und die Bassdrum war mir etwas zu laut, bei Doublebass-Geballer wurde alles andere übertönt. Die flotteren Stücke waren aber grundsätzlich geiler Scheiß, „The Poison Chalice“ vom kommenden Album ist ‘ne starke Nummer (mit „Contamination“ gab’s einen weiteren Einblick ins neue Werk), Midtempo-lastiges Material brauche ich persönlich von dieser Band aber eher weniger und mit „The Widows Breed“ und „Malevolent Rapture“ vermisste ich zwei meiner Favoriten.

Also mal gucken, was ENFORCER heute so bringen. Auf die Schweden habe ich mich gefreut, da ich bisher keine schwache Show von ihnen gesehen haben. In ihrem Einheitsoutfit (scheint bei schwedischen Bands gerade im Trend zu liegen, vgl. SCREAMER) mit schwarzen Lederwesten auf nackter Haut sahen die Blondinen wie Vierlinge aus, wobei der Gitarrist einen der fiesesten Schnurries der Szene unter der Nase trägt. Von der reinen Speed-Metal-Lehre ist die Band, die in den 2000ern zu den jungen wilden Traditionalisten zählte, ja schon länger ab, wie auch ihr just veröffentlichtes Album „Nostalgia“ beweist. Hier und heute stand ihnen aber anscheinend der Sinn nach einem Best-of-Set, denn von der neuen LP gab’s lediglich „Coming Alive“ auf die Ohren, auch der umstrittene Vorgänger „Zenith“ kam, so glaube ich, mit nur einem Song zum Zuge. Als Intro hatte man sich JUDAS PRIESTs „Diamonds and Rust“-Coverversion ausgesucht und stieg mit „Destroyer“ rasant ein. Sänger/Gitarrist Olaf poste wieder, was das Zeug hielt, was manchmal (insbesondere bei der „Dieter-Bohlen-Faust“) etwas zu viel des Guten ist, aber die Band hatte Bock und eigentlich sprach alles für einen gewohnt energiegeladenen Auftritt des Quartetts – wenn denn Olafs Gesang adäquat abgemischt statt über weite Strecken zu leise gewesen wäre und es nicht ständig Probleme mit dem Drumsound gegeben hätte, bei denen auch der immer wieder auf die Bühne eilende Techniker nicht viel ausrichten konnte. Dafür fuhr man ein paar Pyros in Form von Sprühfunken auf und integrierte ein kleines Mitsingspielchen in „Take Me Out of This Nightmare“. Als ENFORCER nach zehn Songs von der Bühne gingen, war ich etwas enttäuscht, weil ich gern noch „Katana“ gehört hätte, doch der wurde erfreulicherweise noch als Zugabe nachgeschossen, gefolgt vom Fan-Favoriten „Midnight Vice“. Die Energie und Spielfreude waren wieder mitreißend, das Gesamterlebnis wurde aber vom suboptimalen Sound etwas getrübt.

Energie und Spielfreude sind auch gute Stichworte für TANKARD, Alcoholic Thrash Metal aus Frankfurt am Main, Veteranen seit den ‘80ern und Wiederholungstäter auf dem RHF! Wie üblich machten Gerre & Co. bei „Rectifier“ ihre ersten Bühnenmeter und bereits beim darauffolgenden „The Morning After“ war ich im siebten Thrash-Himmel. Im weiteren Verlauf versuchte man sich an einem Spagat zwischen Oldschool-Klassikern und Hits jüngerer Alben, bei einer derart umfangreichen Diskografie kein einfaches Unterfangen. Das jüngste Album war mit „Ex-Fluencer“ und „Beerbarians“ vertreten, „Rules for Fools“ lud zum Tanzen ein, „A Girl Called Cerveza“ hat ihren Stammplatz im Set, „Chemical Invasion“ und „Zombie Attack“ standen stellvertretend für die ersten Alben – und natürlich der Rausschmeißer „(Empty) Tankard“, für den Gerre HOLY-MOSES-Sabina auf die Bühne holte, mit ihr tanzte und sang und sie als seine neue Verlobte vorstellte (nachdem er 30 Jahre lang an ihr herumgebaggert habe). Gratuliere! Zuvor hatte er bereits Dario aus Argentinien aus dem Publikum auf die Bühne gebeten, „das einzige Groupie, das wir je hatten!“ Zu fast jedem Song hat Gerre das Veröffentlichungsjahr mitangesagt, dennoch war nach zwölf Stücken Sense, blieb also manch Jahrgang unberücksichtigt. Ich hätte locker noch ‘ne weitere Stunde zuhören können und der Stimmung vor der Bühne nach zu urteilen, war ich damit nicht allein. Dann halt demnächst im Kulturpalast, gelle?

Während der 20- bis 30-minütigen Umbaupausen schlenderte ich für gewöhnlich übers Gelände, suchte Schatten, aß etwas oder begab mich in den Biergarten, so auch jetzt – und dort fand schon den ganzen Nachmittag ‘ne großartige Party statt. Der DJ haute einen Klassiker von AOR bis Metal raus, auf seiner Bühne wurde Playback gepost, Crowdsurfing (!) zelebriert, von JOURNEY über BON JOVI bis zum AC/DC, OZZY OSBOURNE, JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN wurde alles lauthals mitgesungen und von Kindern mit Hörschutz bis zum halbtauben Rentner feierten alle ausgelassen miteinander. Da bekam ich tatsächlich mehrmals Gänsehaut und hatte weitere magische Momente. Großartig! Draußen am Cocktail-Stand spielte übrigens ein Typ am „Heavy Metal Barpiano“ ebensolche Klassiker auf dem Klavier nach – auch nicht schlecht…

Wieder im Trend: die Herren-Hotpants

Dafür schliefen mir dann bei KATATONIA aus – mal wieder – Schweden nicht nur die Füße ein. Ihr Prog-Goth-Post-Metal-oder-was-weiß-ich-Gedöns war so dermaßen öde, dass ich mich fragte, wer auf die Idee gekommen war, ausgerechnet sowat als Co-Headliner am letzten Tag zu installieren. Nicht Wenigen schien’s aber zu gefallen, es sei ihnen gegönnt. Irgendwann hatte auch dieser Spuk sein Ende.

Je älter ich werde, desto mehr Gefallen finde ich an den gefühlvollen Melodien, die MICHAEL SCHENKER seiner Gitarre entlockt und mit seinen jeweiligen Bands in Hardrock- bis Metal-Gewänder kleidet. Wie unterhaltsam so ein MSG-Gig sein kann, weiß ich seit dem Rock-Hard-Festival 2015 (wo er unter MICHAEL SCHENKER’S TEMPLE OF ROCK firmierte), und sicherlich nicht ganz zu Unrecht gilt der spleenige Hannoveraner als einer der weltweit besten Gitarristen dieser Musiksparte. Insbesondere die Sängerposition wechselt bei ihm immer mal wieder oder er arbeitet für aktuelle Alben generell mit mehreren verschiedenen zusammen. An diesem Abend war es der Chilene Ronnie Romero, ein Ausnahmetalent, das Ritchie Blackmore entdeckt und daraufhin RAINBOW für einige Konzerte reaktiviert hatte. Schenker ließ seine Flying-V mit dem Instrumental-Klassiker „Into the Arena“ in der Abenddämmerung aufheulen und spielte im Anschluss „Cry for the Nations“, direkt gefolgt vom Jahrhunderthit „Doctor Doctor“, über dessen frühes Auftauchen im Set ich überrascht war, der aber die Party so richtig in Schwung brachte. Magischer Moment? Na klar! Insgesamt spielte die Band acht Songs aus Schenkers Zeit bei UFO, die verschiedenen MSG-Inkarnationen wurden also eher vernachlässigt. Dafür dürfte auf seine Kosten gekommen sein, wer auf UFO schwört und endlich mal wieder vom Maestro persönlich gespielte Klassiker wie „Lights Out“, „Shoot Shoot“ oder „Let It Roll“ hören wollte. Und Schenker war in Höchstform, hatte sichtlich Freude daran, auf dieser Bühne für dieses Publikum spielen zu können, nahm immer wieder Augenkontakt zu den Fans auf und lächelte. Nicht minder gut drauf war Romero, der den Songs mit seiner Stimme neues Leben einhauchte. Das war wirklich großes Hardrock-Entertainment und glücklicherweise stimmte auch der Sound. Wenn der Fellmütze tragende Schenker zwischen den Songs mal zum Mikro griff, um eine Ansage zu machen, machte er diese als Deutscher und Deutschland in englischer Sprache, worüber ich schon ein wenig schmunzeln musste. Tatsächlich aber lauschte auch manch ausländischer Musiker seiner Darbietung, neben mir fand sich z.B. plötzlich ENFORCER-Olaf mit seiner Freundin im Publikum. Vom aktuellen MSG-Album kam leider nur „Emergency“ zum Zuge, Songs wie „A King Has Gone“, „Yesterday is Dead“, „London Calling“ oder „Fighter“ hätte ich durchaus gern gehört, sowie natürlich den einen oder andere MSG-Klassiker aus den ‘80ern mehr. Zeit dafür wäre vielleicht gewesen, wenn Romero auf seine angeberischen, Freddie Mercury entlehnten Mitsingspielchen verzichtet hätte oder man anstelle der rekordverdächtig ausgedehnten „Rock Bottom“-Version eine gestraffte Fassung gespielt hätte. Sei’s drum – so oder so war der mit den UFO-Songs „Too Hot to Handle“ und „Only You Can Rock Me” endende Auftritt eine Sternstunde des Hardrocks, wie sie auch mir hin und wieder wirklich gut reinläuft. Ein würdiger Festivalabschluss, nach dem ich schnellstmöglich das Gelände verließ und meinen Absacker, ‘ne schöne, ehrliche Pulle Hansa für ‘nen Euro vom Kiosk, auf der Straße vor meiner Unterkunft trank. Und nach dem Ronnie Romero überraschend die Band verließ, anscheinend, um sich zukünftig verstärkt eigenen Projekten zu widmen. Das ist einerseits schade, andererseits aber kein wirkliches Problem für Schenker, der auf eine Vielzahl toller Rocksänger zurückgreifen kann und zurzeit die Tour mit Robin McAuley fortsetzt. Ich habe wenig Zweifel, dass das genauso gut wird.

Vieles Auftritte auf dem RHF 2023 waren toll, manche gar überragend. Der Sommerausbruch war nach einem bis dahin sehr durchwachsenen Frühling gerade recht gekommen, Sonne und Staub eine willkommene Abwechslung zu Regen, Sturm und Matsch. Dennoch habe ich das Festival mit gemischten Gefühlen verlassen. Insbesondere der vergurkte TESTAMENT-Gig wurmt mich, aber so ärgerlich er auch war, ist er nicht mein Hauptkritikpunkt. Dieser betrifft vielmehr die Preisgestaltung und das damit verbundene Finanzierungskonzept, wobei ich explizit nicht den Ticketpreis von 125,- EUR meine, der für mich in Ordnung geht. Ich rede vielmehr von den Preisen für Verpflegung, die vor Ort aufgerufen werden. Der überwiegende Teil der Imbissbuden bewegte sich jenseits von Gut und Böse, ausgenommen vielleicht der Veggie-Stand. Ja, die Kosten sind allgemein gestiegen, die Inflation, der übliche Festivalaufschlag… Aber weshalb muss es letzteren überhaupt noch geben, gerade angesichts der grassierenden Inflation? Warum soll das normal und akzeptabel sein? Ja, ich könnte mich auch „einfach“ außerhalb des Geländes verpflegen; die Anführungszeichen deshalb, weil ich Zeiten abpassen müsste, in denen eine Umbaupause entsprechender Länge vorgesehen ist oder eine Band spielt, die mich nicht die Bohne interessiert. Ist eben die Frage, ob man das wirklich will. Aber auch das Essen ist letztlich gar nicht der ausschlaggebende Faktor. Es sind die Getränke. Ob billige Brausen der Cola-Cola-Company oder das lokale Industriebier Veltins – alles kostete für 0,4 Liter im Plastikbecher 5,- EUR (+ Pfand). Da gibt es nichts mehr zu diskutieren, das ist kackendreiste Inflationstreiberei. Und dann lässt einen der Sicherheitsdienst nicht einmal mit ‘nem im Innenraum gekauften Becher wieder rein, wenn er noch mit einem Getränk gefüllt ist – man hätte ihn ja mit einem anderswo günstiger erworbenen Gesöff auffüllen können. Natürlich muss ich mich nicht drei Tage am Stück betrinken – da will ich auch gar nicht. Natürlich könnte ich auch hier in den Pausen immer zum Fußball-Biergarten (s.o.) eilen oder mir wer weiß was für Strategien überlegen, um dieser Abzocke zu entgehen. Aber auch hier die Frage: Will ich das? Als Schüler, später Zivi, Azubi und dann erst mal Geringverdiener musste ich auf Konzerten in kommerziell ausgerichteten Läden und erst recht auf größeren Festivals immer sehr genau kalkulieren, rumknapsen oder Dosenbier schmuggeln. Als Erwachsener Mensch mit Vollzeitanstellung möchte ich das nicht mehr müssen, ohne dafür unterm Strich eine Summe einkalkulieren zu müssen, für die ich locker ‘ne Woche in den Erholungsurlaub am Meer fahren könnte. Da stimmen die Relationen nicht mehr. Für den gezielten Besuch eines IRON-MAIDEN-Konzerts oder etwas Vergleichbarem in dieser Größenordnung in einer Riesenhalle oder Arena kann ich das mal einen Abend lang machen, nicht aber drei volle Tage hintereinander. Und wurden da tatsächlich weit über 20 Öcken für ein Festival-Shirt aufgerufen?! Wie rechtfertigt man diesen Preis – und wer kauft so was?

Impression aus der Artwork-Ausstellung

Überhaupt, die Wahl der Verkaufsstände: Da bekam jemand mit einem völlig überflüssigen, ausladend großen Tattoo- und Piercing-Stand (Spitzenidee bei praller Sonne, Staub, Dreck und Alkoholgenuss!) den Zuschlag, woanders stierte eine Langnese-Verkäuferin Löcher in die Luft, weil niemand Eis am Stiel zum sechsfachen Ladenpreis bei ihr kaufen wollte. Die Ausstellung eines Artwork-Künstlers war ja grundsätzlich ganz nett, aber da gehste halt auch einmal durch und das war’s. Aber mal ein Plattenstand, wie damals der „Metal-Markt“? Ein Klamotten- und Nippes-Stand hatte zumindest CDs dabei, ansonsten komplette Fehlanzeige! WTF?! Dafür jede Menge Merchandise-Stände, vornehmlich mit Aufnähern, Shirts, Kapus etc. Klar, die gehören dazu – die meisten hatten dann auch wirklich alles da, bis zu FREI.WILD und BURZUM. Fickt euch, von mir bekommt ihr keinen Cent! Dafür weiß man aber, wo man ruhig mal etwas mitgehen lassen könnte, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen…

Was es hier nicht alles gibt…

Dieser ganze entfesselte Kapitalismus innerhalb eines eigentlich subkulturellen Rahmens macht mich ganz krank. Sollte es tatsächlich keine anderen Möglichkeiten geben, derartige Veranstaltungen zu finanzieren, dürften von mir aus gern andere in die Bresche springen: die öffentliche Hand, um auch mal was anderes als die sog. Hochkultur zu subventionieren, oder auch Sponsoren. Nennt das Ding von mir aus „Engl-und-Teufel-Festival“ und deckelt die Getränkepreise. Ich verstehe da auch jene Fans nicht, die all das bereitwillig mitmachen oder schon wieder ohne jeden Anflug von Kritik ihren Besuch im nächsten Jahr ankündigen. Haben die Angst vorm Festivalsterben? Möglich. Vielleicht haben sie auch schlicht eine andere Schmerzgrenze. Meine jedenfalls ist überschritten. Generell rechnet sich das Konzept Kommerzfestival für mich nicht mehr und hat sich damit für mich erledigt. So gerne ich auch mehrmals am RHF teilgenommen habe und so sehr ich auch von „magischen Momenten“ zehre, zukünftig werde ich meine Energien – und Penunsen – wieder verstärkt in den Underground zu investieren versuchen, wo man nicht den Eindruck bekommt, dass das komplette Umfeld in erster Linie daran interessiert ist, einem mit unverschämtem Wucher den letzten Cent aus den Rippen zu leiern.

Bitte nicht missverstehen: Meine Kritik richtet sich lediglich in jenen Punkten an die Festivalleitung, auf die diese auch Einfluss hat. Derartige Preisexplosionen indes sind natürlich ein allgemeines Phänomen (nicht nur) im Festivalbereich- bzw. generell im Live-Bereich. Aber wie soll das weitergehen, wie will man so auch ein jüngeres Publikum anlocken, wie gegensteuern, um am Ende nicht doch irgendwann nur noch Luxus-Events für wenige Privilegierte zu veranstalten, bei denen der Großteil der Fans in die Röhre guckt…? Und zwar gar nicht mal wegen des Ticketpreises, sondern des unbezahlbar gewordenen Drumherums… Ich hoffe, ich konnte mit meinem Festivalbericht meinen gemischten Gefühlen halbwegs nachvollziehbar Ausdruck verleihen.

P.S.: Meine Fotos sind einfache Schnappschüsse, die meisten mit wenig Motivation, mich dafür bis ganz nach vorn durchzudrängeln, entstanden. In den Fotogräben und generell auf dem Gelände waren mehrere professionelle Fotografinnen und Fotografen unterwegs, deren Bilder sich vielfach im Netz finden. Bei Interesse einfach die bevorzugte Suchmaschine anwerfen oder in den sozialen Medien kieken.

13.05.2023, Monkeys Music Club, Hamburg: THE OPPRESSED

An diesem Samstagabend war ich tatsächlich mal wieder im Stadion, Abendspiel des FC St. Pauli gegen die Fortuna aus Düsseldorf. Ob es sich anschließend, nach dem Abpfiff um ca. 22:20 Uhr, noch lohnen würde, das Monkeys in Altona aufzusuchen, war fraglich. Wie ich so beim Spielverdauungsbierchen im Jolly saß, sinnierte ich jedoch darüber, dass ja immerhin drei Bands auf dem Billing standen – RED BRICKS und ANGRY VOICES sollten für die Walisische Oi!-Legende eröffnen – und man so eventuell noch etwas von THE OPPRESSED mitkriegen könnte. Als ich diesbezüglich vorsichtig im Bekanntenkreis vorfühlte, wurde ich sofort dazu verdonnert, auf schnellstem Wege hinzukommen, ja, sogar Betreiber Sam genötigt, mich auf die Gästeliste zu setzen. Das war mir einerseits furchtbar unangenehm, andererseits aber ein großes Glück: Nachdem ich meinen letzten Fünfer im Jolly gelassen hatte, sagte der Geldautomat plump „nein“. Es stellte sich heraus, dass meine Bank gerade Wartungsarbeiten durchführte, die noch bis 10:00 Uhr am nächsten Morgen andauern würden. Die hat Nerven… So begab ich mich also tatsächlich auf direktem Wege ins Monkeys, ohne über Los zu gehen und ohne 2.000 EUR einzuziehen, geschweige denn 20 EUR…

Als ich endlich vor Ort eintraf, hatten ANGRY VOICES und RED BRICKS beide schon gespielt, immerhin zu THE OPPRESSED kam ich aber rechtzeitig. Freunde versorgten mich mitleidig mit Bier und man lieh mir schließlich sogar Geld. Erst mal alles gut also, wenngleich ich aufgrund der blöden Situation und des eher so semioptimalen Spielausgangs bischn durch den Wind war und etwas Zeit brauchte, mich akklimatisieren. Als THE OPPRESSED ihr Set direkt mit dem Hit „Work Together“ eröffneten, war’s pickepackevoll vor der Bühne (wenngleich die Show nicht ganz ausverkauft war). Auf der Bühne hingegen war’s eher übersichtlich, denn offenbar hatte es Probleme gegeben, die ganze Bande zusammenzutrommeln, sodass die Waliser in Triogröße auftraten, wobei RED-BRICKS-Drummer Chris an der Schießbude einsprang und Roddy Moreno den Bass spielte. Sei’s drum, denn das funktionierte gut, Roddy war bestens bei Stimme und machte einen sehr authentisch angepissten Eindruck, der den Songs die nötige Aggression verlieh. Zu vornehmlich den Hits des „Oi! Oi! Music“-Albums, eingestreutem „jüngeren“ Material sowie Coverversionen von THE MAYTALS („Monkey Man“) und SYMARIP („Skinhead Girl”) feierte der Mob ausgelassen und ich fand’s knorke, von unzähligen Bands gern gecoverte Klassiker wie besagtes „Work Together“, aber auch „Ultra Violence“ oder „Skinhead Times“ mit der Originalstimme zu hören. „Ultra Violence“ wurde übrigens vom RED-BRICKS-Sänger gesungen, nachdem, wenn ich das richtig mitbekommen habe, Roddy zuvor bei den RED BRICKS ausgeholfen hatte, als diese die Nummer coverten.

Alles in allem also ‘ne schöne Sause, wenngleich mir der Gig relativ kurz vorkam. Ich habe nicht auf die Uhr geguckt, aber war evtl. die eine oder andere Nummer aufgrund des improvisierten Line-ups aus dem Set geflogen? Wie dem auch sei: Doch noch im Monkeys aufzutauchen war anscheinend die richtige Entscheidung, und ich freue mich, THE OPPRESSED mal live gesehen zu haben – immerhin hatte mir für dieses Jahr ja vorgenommen, weniger wirklich relevante Konzerte zu verpassen. Nächstes Mal dann ohne vorausgehenden Flutlicht-Kick! Danke an Sam, das Monkeys und alle, die mir ausgeholfen haben!

Mad-Taschenbuch Nr. 40: Larry Siegel / Angelo Torres – Das Mad-Fummel-Buch

„Alles, was Sie noch nie über Sex wissen wollten und deshalb auch keine Lust hatten, danach zu fragen“, heißt es noch auf dem Cover. Texter Larry Siegel hatte bereits für das neunte Mad-Taschenbuch mit George Woodbridge zusammengearbeitet; diesmal steht ihm stattdessen Zeichner Angelo Torres zur Seite, der in der Nr. 25 mit Tom Koch „Das Mad-Buch der Weltgeschichte“ zu Papier gebracht hatte.

In elf sich über den gewohnten Gesamtumfang von rund 160 Schwarzweißseiten erstreckenden Kapiteln plus einem Vorwort widmet man sich in diesem im Original 1979, in der deutschen Fassung 1983 erschienenen Büchlein satirisch der Sexualität. Ob das gutgeht? Zunächst hat es nicht den Anschein: 18 Seiten lang muss man einen leider nicht sonderlich lustigen historischen Ausflug in die Steinzeit über sich ergehen lassen, der, wie große Teile des Buchs, Fließtext mit recht üppigen karikierenden Zeichnungen illustriert. Die nun folgenden „Ratgeber“ sind da schon wesentlich gelungener, indem sie den trockenen Stil seriös gemeinter Ratgeber persiflieren. Ein weiteres Kapitel veralbert in einseitigen, einpaneligen Comics Berufsklischees, das darauffolgende Rekordsammlungen à la Guinness-Buch. Ein amüsanter Comic greift das Phänomen auf, dass man mit verschiedenen Personen ganz unterschiedlich über seine Erlebnisse redet, während „Fummeln rund um die Welt“ in Form gezeichneter Gags Kulturklischees ad absurdum führt. „Mad’s große Kneipenfummelfibel“ nähert sich dem Thema ganz im hintersinnigen Stile des neunten Mad-Taschenbuchs, der „große[n] Mad-Lebensfibel“; auf einen kurzen Comic folgt ein satirischer und hübsch bebilderter Vergleich von Spielfilm und Realität und erneut in Comicform werden schließlich verschiedene Methoden durchdekliniert – im typischen Mad-Humor, versteht sich.

Nach seinem schwachen Einstieg bekam auch dieses Mad-Taschenbuch die Kurve und wurde zu einem spaßigen, mal nachdenklichen, viel öfter aber albernen, dabei aber nie pubertären Blick auf die Welt des Baggerns, Fummelns und Knatterns aus Mad-Perspektive. Leichte Abzüge gibt’s für den befremdlichen Chauvi-Gag auf S. 125, laut dem üblicherweise der Mann den Haushalt schmeiße und die Frau arbeiten gehe – ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Konstellation im Jahre 1979 allzu verbreitet war…

05.+06.05.2023: Hamburger Affengeburtstag

Nach der abgespeckten, vom Mai in den September verlegten Variante im vergangenen Jahr sollte der Hamburger Hafengeburtstag erstmals wieder wie gewohnt stattfinden. Wie gewohnt? Mitnichten, denn die Stadt hat der Jolly-Roger-Bühne diesmal keinen Zuschlag erteilt; anstelle dieses subkulturellen Hotspots als Teil des offiziellen Programms fand sich nun irgendein nutzloser Plunder. Immerhin kamen die HARBOUR REBELS am Freitag auf der Rock-Antenne-Bühne unter, ansonsten hatte der offizielle Teil der Veranstaltung bis auf das Feuerwerk am Samstag nichts mehr zu bieten, was mich sonderlich interessiert hätte. Glücklicherweise gibt es die Affengeburtstag-Bühne am Störtebeker, wo wieder zwei Tage lang Punk, Hardcore und Artverwandtes stattfand. Sogar die ganz kleine Bühne zwischen den Anarchoständen an der Hafenstraße wurde wieder bespielt (vornehmlich Samstag, flog ehrlich gesagt aber größtenteils unter meinem Radar).

Am Störtebeker jedenfalls war‘s wie immer: Man kennt ein, zwei Bands vom Flyer und vertraut darauf, dass das veranstaltende Team wieder handverlesene Acts über Ländergrenzen hinweg ausgesucht und rangeholt hat, die sich als positive Überraschungen entpuppen. Meine Vorfreunde war groß und wurde noch dadurch gesteigert, dass kurzfristig ATOM ATOM Sänger/Gitarrist Rosis andere Band MORIBUNDSCUM ersetzten. Das ATOM-ATOM-Album läuft mir nämlich verdammt gut rein, bisher hatte ich aber keine Gelegenheit wahrnehmen können, das Hamburger Trio (mit Bremer Wurzeln) livezusehen. Die HARBOUR REBELS auf der großen Rock-Antenne-Bühne spielten bereits um 16:30 Uhr, was ich leider nicht schaffte, ATOM ATOM sollten aber passen. Als ich am Störtebeker Döner-verknusemafatzelnd ankam, wurde ich gefragt, was am Dienstag wohl über denselben im Netz zu lesen sein würde. Das ist eigentlich nicht schwer zu erraten, denn der Veggie-Solidöner vom Anarcho-Grill unten an der Balduintreppe war auch dieses Jahr der kulinarische Höhepunkt des Hafengeburtstags, ein echter Gaumenschmaus aus erlesenen Zutaten, die perfekt aufeinander abgestimmt in knusprigem Brot dargereicht wurden und meine Geschmacksknospen frohlocken ließen.

Auf der Bühne malträtierte die One-Man-Band BASSAKER gerade noch ihren Bass, woraus zu schließen war, dass der Zeitplan nicht eingehalten werden konnte. Zu monotonen Loops wurden dem Tieftöner möglichst irre Sounds entlockt und wann immer es mich irgendwie an Cronos‘ Basssolo auf dem VENOM-Live-Album „Eine kleine Nachtmusik“ erinnerte, musste ich ein wenig schmunzeln. Herr BASSAKER kletterte auf der P.A. herum und bedankte sich am Ende herzlich bei seinem Publikum. Während der nun folgenden, recht langen Umbau- und Soundcheck-Pause, konnte man eben nicht, wie sonst üblich gewesen, gut zur Jolly-Bühne heruntergehen, dafür entdeckte ich am Bierstand mit „Dachs“ nicht nur eine, sondern gleich eine ganze Reihe neuer Biersorten, die hier erstmals neben den üblichen Konzernbieren verkauft wurden: Helles, Dunkles etc. aus der Buddel und Stout vom Fass (!) wurden von Mitinhabern der kleinen Privatbrauerei persönlich entkorkt und gezapft und erfreuten meinen Gaumen. Affengeburtstag goes Craftbeer, ja leck mich doch fett!

Nach Akklimatisierung, Begrüßung einiger Bekannter, den ersten Bierchen und dem Soundcheck also ATOM ATOM. Das bedeutet astreinen Hardcore-Punk mit viel Crust- und dezenter D-Beat-Schlagseite, der viel vom maskulin-femininen Wechselgesang lebt, sprich: Rosi röhrt und Bassistin Kante singt, mal klarer und melodischer, mal rotziger und aggressiver. Auf der LP erwies sich der Hall speziell auf ihrer Stimme als sehr gelungener Effekt. Ich war auf den Live-Sound gespannt, der nun aber gar nicht so leicht zu beschreiben ist, da er je nach Aufenthaltsort variierte: Vorne viele Tiefen und leiserer Gesang, weiter hinten lauterer Gesang, dafür weniger Tiefen. Jedenfalls ballerte das verdammt gut und die eher düstere Stimmung der LP wurde gut reproduziert. Die angepissten deutschsprachigen Eigenkompositionen wurden durch einen sehr geilen englischsprachigen Coversong (wie hieß der und von wem war der?) sowie der geforderten Zugabe „Keine Gnade“ von ISOLIERBAND (der sich auch auf der LP befindet) ergänzt, Drummer Mike machte zwischendurch ein paar ernste Ansagen. Unter den jüngeren aktiven HH-Bands sind ATOM ATOM derzeit einer meiner Favoriten. Der Platz vor der Bühne war zwar noch nicht komplett ausgefüllt, aber die Stimmung bereits prächtig.

ATOM ATOM bei Bandcamp: https://atomatompunk.bandcamp.com/

Hardcore-punkig ging’s nach der nächsten Umbaupause mit SKORUP/A aus Polen weiter, die ich bisher nicht auf dem Schirm hatte.  Vornehmlich in Landessprache wütete sich das Quintett nach einem Akustikintro durch ein Set, in dem die Band musikalisch ähnliche Einflüsse verarbeitet haben dürfte wie ATOM ATOM, dabei aber ganz anders klang, nämlich hektischer, zuweilen regelrecht überdreht, mit rotzigem, superaggressivem Sänger als ständigem Unruhepol. Der Fuß war fast permanent auf dem Gaspedal, Show und Sound rissen unweigerlich mit und bei ‘ner Nummer wie „A.L.F.“ über die Animal Liberation Front konnte man dann sogar den Refrain mitbrüllen. Auch hier gab’s ‘ne Zugabe, gefordert vom mittlerweile sehr zahlreich erschienenen Publikum. Hammer-Liveband mit einer Mordskondition!

SKORUP/A bei Bandcamp: https://skorupa.bandcamp.com/

Langsam aber sicher wurd’s dunkel, wozu die Klänge der nächsten Band gut passten: MIMESIS aus Berlin zocken tatsächlich Black Metal, und zwar offenbar nicht der doofen Sorte. Eigentlich nicht mein Genre (Ausnahmen sind natürlich VENOM sowie die frühen MAYHEM), aber was die Band zu fünft darbot, klang doch recht interessant, weil atmosphärisch, mit garstigem weiblichen Gesang und flirrenden bis klirrenden Gitarren, derer es gleich zwei gab. Für den ganz großen musikalischen Spannungsbogen der zum Teil glaube ich etwas ausladenderen Stücke reichte meine Aufmerksamkeitsspanne nicht mehr, aber das hatte was.

MIMESIS bei Bandcamp: https://mimesis-berlin.bandcamp.com/

Völlig geflasht haben mich dann abschließend aber ZARAZA auf Moskau, die ihren Stil offenbar als „Motörpunk“ bezeichnen und ‘ne Art Metal-Punk mit viel Rotz’n’Roll und punkigen NWOBHM-Vibes spielen. Die Sängerin hatte die untere Hälfte ihres Gesicht knallrotgeschminkt und haute zusammen mit ihrer ebenfalls gesichtsbemalten Band so dermaßen auf die Kacke, dass es direkt durch Mark und Bein ging und es kein Halten mehr gab. Welch irre geiler Sound, was für ein Brett – und wat ‘ne chaotische, exzessive Party! In Kombination mit unablässiger Druckbetankung frästen einem ZARAZA das letzte bisschen Verstand weg, sodass ich mir das Hip-Hop-Trio, das den Abend beschließen sollte, schenkte, sturztrunken zum nächsten Taxi stolperte und mich zu Hause abliefern ließ. Die Band scheint live recht umtriebig zu sein; wenn die mal irgendwo in der Nähe spielt: Hin da!

Das ZARAZA-Album (das den aktuellen Livesound allerdings kaum einfängt) bei YouTube:

Das Programm am nächsten Tag kollidierte leider böse mit der Sportschau, sodass ich mich erst recht spät aufraffte, dafür aber mit der Liebsten tatsächlich einmal fast über den ganzen Hafengeburtstag schlenderte. Wir suchten uns ein nettes Plätzchen an den Landungsbrücken fürs Feuerwerk – einem der wenigen Teile des offiziellen Programms, dem ich etwas abgewinnen kann – und genossen dieses „Geballer“ der etwas anderen Art. Anschließend schauten wir kurz an der kleinen Punkbühne vorbei, blieben aber nicht lang, sondern fanden uns wieder am Störtebeker ein, wo wir lose mit dem einen oder anderen verabredet waren. Den heutigen lokalen Opener SHITSHOW hatten wir ebenso wie EX-DOM und TOPROT verpasst, ich hatte aber zumindest die leise Hoffnung, von den Portugiesen CARNE PA CANHÃO, die ich 2019 bereits hier gesehen hatte, noch etwas mitzubekommen. Leider erwischten wir nur noch eine Liveband, die es aber in sich hatte: Die finnischen DART (u.a. mit Leuten von HÄPEÄ (die kurz zuvor gespielt hatten) und TERVEET KÄDET) steigerten die Oberlippenbartquote beträchtlich und spielten pfeilschnellen Thrash’n’Roll’n’Punk oder so, der die Massen noch einmal zum Durchdrehen brachte. Hier gab’s permanent auf die Zwölf, weder Ansagen noch Gefangene wurden gemacht, ein englischsprachiger Song nach dem anderen wurde herausgehauen, heiser und kehlig vom Sänger gebölkt, vom Drummer nach vorne gepeitscht und von zwei Gitarristen gleichzeitig durchgenommen. Viele Songs dürften wesentlich schneller gezockt worden sein, als sie auf dem (hervorragend produzierten) Demo zu hören sind. Ein amtlicher Abriss und krönender Abschluss des zweitägigen Festivals, der allerdings noch mal einige Energie freigesetzt hatte, sodass wir traurig mitansahen, wie um uns herum alles abgebaut wurde, während wir uns weiter auf Temperatur tranken und schließlich noch im Onkel Otto landeten.

DART bei Bandcamp: https://dartpunk.bandcamp.com/

Danke allen Beteiligten für die einmal mehr geile Sause!

Charles M. Schulz – Die Peanuts: Werkausgabe, Bd. 10: 1969 – 1970

Mit diesem Band endet die zweite Dekade der „Peanuts“, und zwar formal in gewohnter Qualität: Auf rund 330 gebundenen Seiten stellte der Hamburger Carlsen-Verlag alle jeweils vier Panels umfassenden Zeitungsstrips und großformatigen Sonntagsseiten, die der US-Amerikaner Charles M. Schulz in den Jahren 1969 und 1970 gezeichnet und getextet hat, in chronologischer Reihenfolge unkoloriert in deutscher Übersetzung zusammen. Das Vorwort stammt diesmal von Pierre Christin, dem Autor der französischen „Valerian & Veronique“-Science-Fiction-Comics, der über seine Zeit in den USA berichtet: unter anderem darüber, wie er dort die „Peanuts“ für sich entdeckte, über kulturelle Unterschiede zu seiner französischen Heimat und speziell den franko-belgischen Comics, den Einfluss auf seine eigenen Comics sowie die historische und soziale Verwurzelung und kulturelle Bedeutung der „Peanuts“-Comics. Wie gewohnt erläutert ein aufschlussreiches Glossar für ein aktuelles Publikum nicht mehr unbedingt selbsterklärende Inhalte der Strips. Darüber hinaus sind Gary Groths Nachwort und der Stichwortindex als feste Instanzen auch in diesem Band enthalten.

Im Januar 1969 bekommen wir es mit viel Eiskunstlauf zu tun, denn Snoopy will an den Meisterschaften teilnehmen. Es wird aber auch ein wenig mysteriös: Woher weiß sein Herrchen Charlie Brown das? Außerdem erreicht die Hippiewelle den Beagle. Lucy reagiert auf Schroeders Zurückweisungen mit Gewalt gegen sein Klavier, wirft es gar dem drachenfressenden Baum zum Fraß vor. Snoopy begeistert sich immer mehr für Kufensport und spielt auch Eishockey. Und zu Linus‘ Entsetzen wird seine Lieblingslehrerin Fräulein Othmar gefeuert. Im März wird die geplante Mondlandung thematisiert, indem Snoopy auf seiner Hütte anstelle eines Weltkriegspiloten einen Astronauten mimt. In jenem Monat beginnt traditionell auch die neue Baseball-Saison, die ersten Spiele gehen selbst für Charlies Verhältnisse rekordverdächtig hoch verloren… Snoopy spielt derweil mit Vorliebe Präriehund, setzt also auch seine Tierimitationen fort. Am 8. April ’69 aber bricht er auf, um seine Mutter zu suchen. Hierbei ist es etwas schade, dass Schulz für eine Sonntagsseite mit der Kontinuität der Handlung brach. Am 17. Mai taucht Woodstock (im wahrsten Sinne des Wortes) erstmals auf, noch ist Snoopys neuer bester Freund und zukünftiger Begleiter namenlos. Er vermisse seine Familie, die während seines Jungfernflugs kollektiv die Flatter gemacht habe. Apropos: Am 1. Juni gibt Snoopy erstmals wieder das Flieger-Ass. Doch weil die Browns für zwei Wochen in den Urlaub fahren, muss der Bedauernswerteste zu Lucy. Anschließend braucht Charlie Urlaub vom Urlaub.

Mitte Juli zieht das kleine rothaarige Mädchen weg, ohne dass Charlie auch nur einmal ein Wort mit ihr gewechselt hätte – womit der Themenreigen um Verlust und Sehnsucht komplettiert wird. Snoopy imitiert nun wieder bevorzugt Geier und schreibt an einem Roman, wobei er aber kaum über den ersten Satz hinauskommt. Eine weitere bedeutende Veränderung ist die Einschulung Sallys im September; sie ist schon Wochen vorher ganz aufgeregt. Snoopy bekommt seinen Roman tatsächlich fertig (der auf nur eine Seite zu passen scheint) und sendet das Manuskript ein – erfolglos. Lucy hingegen entwickelt tatsächliche Qualitäten als Psychologin – und Snoopy beim Football-Spiel mit seinen gefiederten Freunden. Peppermint Patty scheint nicht zu kapieren, dass Snoopy ein Hund ist, spricht stattdessen immer von einem „komischen Knaben mit Rübennase“. Das genaue Gegenteil ist da Frieda, die Snoopy zur Kaninchenjagd abzurichten versucht und ihm bei Nichtbefolgen mit dem „Großen Beagle“ droht. Am 19. Oktober 1969 bricht Schulz erneut mit der Kontinuität, was zumindest für mein Empfinden jedes Mal sehr heraussticht. Was macht Linus eigentlich? Der schreibt statt an den „Großen Kürbis“ diesmal dem „Großen Beagle“, weshalb sein Halloween-Irrglaube diesmal überraschenderweise kein Thema ist. Woodstock kann nicht in den Süden fliegen und verdingt sich als Hausmeister (eigentlich eher Gärtner) bei Snoopy, womit erklärt wird, weshalb er von nun an quasi ganzjährig an des Beagles Seite ist. Im Herbst schreibt Snoopy an einem neuem Roman inklusive versteckter Anspielungen auf Superman, gewissermaßen also kleinen Seitenhieben Schulz‘ an die DC-Kollegen. Es kristallisiert sich heraus, dass Sally in der Schule gar nicht klarkommt, woraus sich ein neues, immer wieder aufgegriffenes und recht ergiebiges Gag-Motiv ergibt. Im Winter fahren Charlie, Linus und Snoopy bei einem Skikurs der Schule mit. Dort sieht Charlie das kleine rothaarige Mädchen wieder, bekommt vor dessen Heimfahrt aber keine Gelegenheit mehr, es anzusprechen. Das ist einerseits sehr tragisch, zeigt aber andererseits, dass Schulz offenbar noch nicht bereit war, dieses Figur aufzugeben. Anstelle eines Silvesterstrips wird die Handlung um das Skifreizeittrio beim Sportbankett fortgesetzt.

Aus diesem Grunde gibt es auch keinen speziellen Neujahrsstrip, hier nahm es Schulz mit der Kontinuität dann also doch wieder sehr genau. Anfang des Jahres 1970 wird die Mythologie um den „Großen Beagle“ weitergeführt. Snoopy verliert stets gegen den noch immer namenlosen Woodstock beim Eishockey auf dessen gefrorener Vogeltränke – ein herrliches, zum Klassiker gewordenes Bild. Und wieder trainiert der Unverbesserliche für die Eiskunstlaufweltmeisterschaft… Im Februar wird Snoopy überraschend zum „Großen Beagle“ ernannt – zum Entsetzen der missgünstigen Lucy. Und weil das mit viel Bürokratie verbunden ist, wird Woodstock sein Sekretär. Doch bereits im März gibt er das Amt wegen Überforderung wieder auf. Woodstock schreibt anschließend eine Enthüllungsstory über seine Zeit als Sekretär des „Großen Beagle“, Snoopy an seiner Autobiografie. Aus der anfänglich eher mystischen Gestalt des „Großen Beagles“ macht Schulz also eine Art Parodie auf hohe politische Ämter. Ab dem 30.03. wähnt sich Lucy plötzlich als Feministin, womit die Frauenbewegung mit etwas Verspätung auch bei Schulz und den „Peanuts“ angekommen ist. Lucy will daher keinen Baseball mehr spielen. Immer mal wieder schreibt Snoopy an seinem Roman weiter und versucht, all seine einzelnen Ideen miteinander zu verbinden, was zunehmend autobiografisch in Bezug auf Autor Schulz anmutet – Snoopy als dessen Alter Ego? Woodstock hat die Marotte entwickelt, kopfüber zu fliegen, während Charlie Brown offenbar das Interesse am Drachensteigenlassen verloren hat – darum geht es in diesen beiden Jahren kaum. Die Interaktionen zwischen Snoopy und Woodstock werden immer niedlicher, Charlie hingegen immer willenloser – und am 22. Juni ist es endlich so weit: Woodstock erhält seinen Namen!

Im Juli greift Schulz die Proteste gegen den Vietnamkrieg auf, indem er eine Analogie schafft, in der Snoopy am Nationalfeiertag eine Rede auf der Daisy-Hill-Welpenfarm halten soll, was jedoch im Tumult untergeht. Dafür verliebt er sich dort. Woodstock leidet unter mangelndem Gleichgewichtssinn und seine Flugkünste sind auch noch nicht sonderlich ausgeprägt, ähnlich wie Charlies Baseball-Talent – doch hat sich Charlie in seiner Rolle als Mannschaftskapitän zumindest einen letzten Rest Autorität und Respekt bewahrt, was erklärt, warum er noch immer seine Gurkentruppe anführt. Ende August schlüpft Snoopy in eine neue Rolle: Er spielt „weltberühmter Supermarktkassierer“, was ein neues Motiv für eine Reihe schöner Gags wird. Ab Herbst spielt er wieder Eishockey und der „Große Kürbis“ feiert seine Renaissance – zumindest in Linus‘ Fantasie. Woodstock überwintert bei Snoopy, nachdem dieser erfolglos versucht hat, ihn in den Süden zu bringen, womit Schulz weiter darauf vorbereitet, dass diese noch junge Figur ganzjährig dem Ensemble angehören wird. Am 8. und gleich darauf am 15. November sind wieder Kontinuitätsbrüche für Sonntagsseiten zu beklagen. Ein ernsteres Thema wird zumindest angerissen: Patty hält sich nicht für hübsch und hadert immer wieder mit ihrem Aussehen. Ein Running Gag: Bevor Charlie ihr etwas Aufmunterndes entgegnen kann, biegt Snoopy um die Ecke und drückt ihr einen Schmatzer auf. Generell knutscht Snoopy hier so viele Peanuts unvermittelt wie nie zuvor – vornehmlich Lucy, zu ihrem Leidwesen. Deren Psychoberatung nimmt natürlich wieder viele 5-Cent-Stücke ein.

Apropos Running Gag: In beiden Jahren gibt es naturgemäß neue Episoden um Lucy, den Football und den einmal mehr auf sie hereinfallenden Charlie. Die „Peanuts“-Figuren und ihre Marotten sind mit Woodstock nun vollzählig. Schulz variiert ihre Geschichten innerhalb nahezu fester Parameter, die er nur noch behutsam ausweitet. Aktuelles Zeitgeschehen lässt er hingegen nach wie vor mit Freude einfließen und zwischen den Zeilen bzw. Sprechblasen und Zeichnungen lässt sich sicherlich hier und da ablesen, wie Schulz jeweils darüber dachte. Dies dürfte i.d.R. zweifelnd und abwartend gewesen sein und so blieb er vornehmlich dabei, innerhalb des „Peanuts“-Mikrokosmos unzulängliches Sozialverhalten, witzige Eigenarten, naive Weltanschauungen und persönliche Schwächen, Ängste und Enttäuschungen zu karikieren und sie dabei zugleich liebevoll zu hegen und zu pflegen.

31.03.2023, Monkeys Music Club, Hamburg: OXO 86 + NÖÖS

Relativ spontan dockten die Berliner bzw. Brandenburger OXO 86 am Monkeys an, also flugs Karten organisiert und daran gut getan, denn alsbald war das Ding ausverkauft. Wer Support machen würde, war bis kurz vorher unbekannt, doch in den erst seit Kurzem existierenden Hamburgern NÖÖS fand man einen willigen Vorturner. Diese neue Band um u.a. ÖSTRO-430-Drummerin Sandy hat zwar erst ‘ne Handvoll Songs im Gepäck, ist aber motiviert bis in die Haarspitzen. Bei ein, zwei Nummern rumpelte es noch etwas, aber dafür hat der Sänger ein kräftiges Organ und ist ‘ne echte Rampensau. Der P.A.-Sound war zudem vom Feinsten. Man coverte „‘Merican“ von den DESCENDENTS und den Sänger hielt’s nicht lange auf der Bühne; er ging nun auch auf der Tanzfläche auf Tuchfühlung mit dem Publikum. Der beste Song war „Baptised in Blood“ und nach entsprechender Bitte des Sängers bildete sich direkt ein kleiner Pogomob. Als Zugabe – sprich: als sechsten Song oder so – spielte man dieses Stück kurzerhand noch einmal, versprach aber eine Überraschung im Mittelteilt. Diese bestand darin, dass man eine Wall of Death formte – eine alberne Unsitte, die hier völlig fehl am Platze wirkte. Die sich irgendwo zwischen melodischem Hardcore- und Streetpunk bewegende Band ließ sich anschließend auch noch auf der Bühne mit Publikum im Hintergrund nach „Bitte alle mal so ‚yeah‘“-Aufforderung fotografieren, was ich auf Punkgigs dieser Größenordnung nun auch noch nie erlebt hatte und mich etwas befremdete. Bischn weniger Pose, dafür mehr Songs wären nett, denn musikalisches Potenzial ist auf jeden Fall einiges vorhanden.

In der ausverkauften Hütte war’s mittlerweile so richtig drängelig geworden und als es losging, fraß der sich fast gegenseitig auf den Füßen trampelnde Mob OXO 86 aus der Hand. Zwischen Ska- und Streetpunk mäandernd, brachte man von der ersten Minute an ungelogen den gesamten Saal zum Tanzen und Mitsingen. Seit 1996 ist man fleißig dabei, eingängige, deutschsprachige Hits zu schreiben und mit heiserer Stimme vorzutragen, die mit Witz und Selbstironie bis hin zu Sarkasmus aus dem Alltag des „kleinen Mannes“ berichten, proletarische Weisen also, die sich nicht die große Politik auf die Fahne schreiben, sondern deren soziale Diskurse eher zwischen den Zeilen stattfinden – und mal mit Orgelsounds, viel öfter aber mit nicht immer kerzengerade gespielter Trompete abgeschmeckt werden. Das Set berücksichtigte natürlich das jüngste Album „Dabei sein ist alles“, wodurch es sich von jenem des auf dem „Live in Leipzig“ konservierten Doppelalbums unterschied. Am Tieftöner hat man einen der vielleicht lässigsten Bassisten der Szene, Dreh- und Angelpunkt auf der Bühne aber ist Sänger und Chef-Entertainer Willi. Dieser hängt sich von der Bühne gern mit Zweidrittel seines Körpers ins Publikum, wenn er nicht gerade (wie mehrmals an diesem Abend) Crowdsurfing betreibt, an Lichttraversen entlanghangelt und sich vertrauensvoll in die Meute fallen lässt, und sagt im völlig nassgeschwitzten Nicki Sachen wie „Schon die Hälfte rum? Fühlt sich an, als hätten wir gerade erst angefangen.“ Ach ja, nebenbei singt er auch noch voller Inbrunst.

Nach „Walking Class Heroes“ schien’s ’ne Zwangspause gegeben zu haben, war da was mit dem Schlagzeug? Willi jedenfalls nutzte die Zeit, um Witze zu erzählen, und man konnte prima Bierholen gehen. Statt längere Rufe nach Zugaben zu provozieren, verschnaufte man nur kurz und kündigte die – ich glaube – drei Zugaben an, von denen eine wie üblich der alte GOYKO-SCHMIDT-Klassiker „Saus und Braus“ war. Je später der Abend wurde, desto öfter fanden sich Teile des Publikums auf der Bühne ein und sangen lauthals ins Mikro des Bassers mit. Der gesamte Gig war eine phänomenale Party von einer der besten Livebands in diesem Sektor hierzulande, in deren Anschluss wir bei ‘80er-Synthwave im Pub-Bereich versackten. So was hatte ich mal wieder gebraucht. Danke, Monkeys, danke, OXO 86 und hoffentlich auf bald!

Mad-Taschenbuch Nr. 39: Jack Rickard / Lou Silverstone – Das Mad-Buch der seltsamen Verbrechen

Zeichner Jack Rickard und Texter Lou Silverstone debütierten mit diesem Buch innerhalb der Mad-Taschenbuch-Reihe, das 1983 im üblichen 160-Schwarzweißseiten-Format erschien, dessen Inhalte aber in die Jahre 1978 und 1980 zurückreichen. Es enthält verschiedene Parodien auf klassische Film- und Literaturstoffe, die sowohl im ein Panel pro Seite umfassenden Comicstil als auch in Form bebilderten Fließtexts dargereicht werden. Der Titel bezieht sich auf die Dominanz von Detektivparodien und umfasst somit nicht das gesamte Repertoire dieses Buchs. Auf Seitenzahlen muss man leider zum wiederholten Male verzichten. Schade, dass Rickard und Silverstone nicht in einem Vorwort kurz vorgestellt werden, wie es bei anderen Autoren und Zeichnern innerhalb dieser Reihe ja durchaus nicht unüblich war – handelte es sich bei diesen beiden doch um zwei immens wichtige und fleißige Künstler des Mad-Kernteams.

Der Auftakt ist mit einer starken Dracula-Parodie gelungen, die anschließend „Peanuts“-Persiflage hingegen enttäuscht mit einer müden Pointe. „Ein schnöder Falke – Aus dem Leben von Micky Killano“ erfreut dann wieder mit einer launigen Verballhornung typischer Noir-Detektivgeschichten und ihrer Klischees in Prosaform, wobei sich eine seitenfüllende Zeichnung und eine Textseite abwechseln, während Eastern-Freunde bei „Charlie China“ ganz stark sein müssen. Aus dem Rahmen fällt das Kapitel „Was Gesetzeshüter sagen… und was es wirklich bedeutet“, da es die Polizei durch den Kakao zieht und mit seiner unterschwelligen Autoritätskritik gefällt, mit den „Wenn einer sagt, so bedeutet das“-Gegenüberstellungen aber eigentlich nicht ins Konzept dieses Buchs passt. Dass das Abenteuer des tumben Detektivs „Sellery Queen“ auf „Ellery Queen“, das Pseudonym eines populären Krimi-Autorenduos, referenziert, musste ich ehrlich gesagt erst nachschlagen. „Die Yankee-Boys“ erscheinen in der gleichen Prosaform wie Micky Killano und sind ein toller Abgesang auf ebenso US-hurrapatriotische wie unwahrscheinliche Heldengeschichtchen, während „Schwerschock Holmes“ es in Comicform mit der Rückkehr Jack the Rippers zu tun bekommt.

Das ist alles in allem viel respektloser, mal mehr, mal weniger hintersinniger, typischer Mad-Humor, mit dem man nicht viel falsch machen kann – es sei denn vielleicht, es fehlen einem mittlerweile die populärkulturellen Bezüge (wie es mir bei „Sellery Queen“ erging). Zum Humorverständnis sind diese aber nicht zwingend erforderlich. Irgendwo hat sich mit „Judenstern“ (gemeint war: Davidstern) eine falsche Übersetzung eingeschlichen, ansonsten ist Herbert Feuersteins Adaption ins Deutsche aber gewohnt auf der Höhe. Hat Spaß gemacht und mich daran erinnert, wie oft ich als Kind zuerst die Mad-Parodie von etwas kannte und erst später das Original kennengelernt habe…

Sören Olsson / Anders Jacobsson – Berts haarsträubende Katastrophen

Lieber Stapel im Tauschschrank gefundener „Berts Katastrophen“-Bücher mit den bunten Comiccovern, der du dich als von den o.g. schwedischen Pädagogen geschriebene Jugendbücher mit Coming-of-Age-Inhalten um den pubertierenden Bert Ljung entpuppt hattest,

es war nicht immer schön mit dir, zuweilen musste ich mich etwas durch dich durchquälen. Zuletzt war es zwar besser geworden, aber das hier, der 1996 erschienene vorvorletzte Band der Berts Tagebucheinträge umfassenden Reihe, ist der letzte den ich gelesen habe und auch gelesen haben werde, denn ich zähle einfach nicht zu deiner Zielgruppe. Meine Motivation, mir die letzten Bände auch noch zuzulegen, ist zu gering, zumal Mittelschichtsbengel Bert da doch bestimmt frustrierenderweise immer noch keinen Sex gehabt haben, sondern weiterhin von einer Tagträumerei in den nächsten Schlamassel und umgekehrt schlittern wird. Die Besprechung dieses neunten Bands bin ich dir aber noch schuldig, also los:

Mit rund 180 Seiten im nach wie vor großlettrigen Seniorenzeichensatz fällt dieser Schmöker ca. 30 Seiten stärker aus als der Vorgänger, ansonsten ist aber eigentlich alles beim Alten: Sonja Härding hat diverse Bleistiftzeichnungen untergebracht, Bert schreibt Tagebuch, hier vom 14. Februar bis zum 14. April sowie „Gedichte des Tages“ und ist noch immer solo, notgeil und möchtegern-cool. Er steigt also am Valentinstag eine Woche vor seinem sechzehnten Geburtstag ein, und natürlich verläuft der Valentinstag nicht wie erhofft. Er ist nach wie vor schwer in seine Ex-Freundin Nadja verknallt, mit der er sich tatsächlich wieder näherkommt, wildes Gefummel und Petting beim ersten gemeinsamen Abend nach langer Zeit lassen ihn hoffen. Der all die Jahre gemobbte Erik scheint den Kontakt zu Bert abgebrochen zu haben – was besonders deshalb doof ist, weil man mit der gemeinsamen Band einen Auftritt ergattert hat. Mit seinem Kumpel Arne sowie dessen und dem eigenen Vater fährt Bert in den Skiurlaub, in dessen Rahmen der Besuch des „Bayrischen Abends“ für deutsche Leserinnen und Leser interessant sein dürfte, wenngleich Berts Beschreibungen wieder mit der typisch schwedischen Anti-Alk-Stimmungsmache einhergehen, die man Bert hier in die Schreibfeder gelegt hat.

Der Gig findet schließlich mit einem Ersatz-Drummer statt, der dem Rest der Band glatt die Show stiehlt. Sehr schön: Die Lautmalereien seiner Drumsoli erreichen fast Don-Martin-Niveau. Das Mobbing gegen Erik wird endlich einmal problematisiert und vonseiten Berts und Konsorten reflektiert, woraufhin man um Entschuldigung bittet und sich wieder verträgt. Ist das den Autoren selbst irgendwann aufgefallen oder hatten sich die Beschwerden aus dem Pädagogen-Kollegium gehäuft? Wie auch immer, Bert arbeitet jedenfalls an neuen Katastrophen. So beschwört er eine Ehekrise heraus, als er sein eigenes Bespannen der Nachbarin durch den Türspion auf seinen Vater schiebt und es daraufhin zu einem peinlichen Gespräch zwischen seiner Mutter und jener Nachbarin kommt. Die anschließende Aussprache ist sehr wortgewandt und originell ausgefallen, wenn Bert auf griechische Götter referenziert. Dennoch: Fremdscham galore!

Wie aus dem Nichts macht Nadja noch vorm ersten richtigen Sex mit Bert Schluss – dabei waren sie doch gerade erst wieder zusammengekommen! Bert tritt ein Praktikum in der Kinderstation des Krankenhauses an und ein Umzug nach Gotland ist im Gespräch, weil sein Vater dort einen Job antreten könnte, der mehr einbrächte. Nadja nähert sich überraschend doch wieder an Bert an, verstehe einer die Weibsbilder… Dieses Buch wäre zu diesem Zwecke ein schlechter Berater, denn die Gefühlswelt der handelnden Figuren wird nur oberflächlich erörtert. Ein Gig in der Erziehungsanstalt wird zum Erfolg, doch dort verguckt sich Bert in eine Insassin, weshalb er zwei Tage später die nun endlich willige Nadja von der Bettkante schubst – was für ein Idiot!

Berts Tonfall pendelt beständig zwischen selbstironisch und überheblich, was grundsätzlich zu einem pubertieren Jungen passt. Viele seiner Handlungen und Erlebnisse werden recht witzig umschrieben, wenngleich der Schreibstil sehr hauptsatzlastig und damit nicht übermäßig attraktiv ist. Für einen Pubertierenden geht Bert jedoch erstaunlich, will sagen: unrealistisch abgeklärt mit allen Widrigkeiten um, sodass das Buch eher wenig als pädagogisch angehauchter Ratgeber oder Tröster und Bert aufgrund seiner Schusseligkeit auch kaum zum Vorbild für Gleichaltrige taugen dürfte. Deren Erkenntnisgewinn aus dieser Lektüre wird gering ausfallen, vielmehr verkommt Bert zur Lachnummer, über die man sich lustig macht.  Dafür wird hier Alkoholabstinenz vermittelt… Dass ein 16-Jähriger noch kein wirkliches Sexleben hat und das erste Mal eigenverschuldet verkackt, ist hingegen keine Seltenheit, wenngleich es mittlerweile innerhalb dieser Reihe von derart langer Hand vorbereitet und doch immer wieder aufgeschoben wird, dass einen der Verdacht beschleichen kann, diese Autoren drückten sich vor der Herausforderung, tatsächlich einmal etwas über verantwortungsbewusste Sexualität im Teenie-Alter und Beziehungen auf Augenhöhe schreiben zu müssen.

Wer wissen will, wie es bei Bert Ljung weiterging, kann sich ja die letzten beiden Bände zu Gemüte führen, ich aber bin jetzt raus.

04.03.2023, Café Treibeis, Hamburg: SHITSHOW / 04.03.2023, Monkeys Music Club, Hamburg: THE HOTKNIVES + THIS MEANS WAR

Mal wieder volles Programm in der Hansestadt: Das Monkeys feierte sein Achtjähriges, SHITSHOW zockten gratis im Treibeis, KILLBITE und APOCALIPSTIX machten die Lobusch unsicher, Postpunk im Molotow… Ich entschied mich fürs Monkeys, jedoch nicht ohne vorher dem quasi auf dem Weg liegenden Café Treibeis einen Besuch abzustatten. Dieser Laden ist eigentlich ‘ne kleine Kneipe, die aber hin und wieder auch Konzerte veranstaltet. Ich hatte als Beginn 21:00 Uhr im Hinterkopf, sodass ich nach der Sportschau keine große Eile hatte, doch als ca. fünf vor neun eintraf, spielte die Band anscheinend schon seit ‘ner Viertelstunde und ich schaffte es gerade noch so, einen Schritt in den Laden zu setzen. Es war gerammelt voll, man stand dicht an dicht und konnte sich kaum bewegen. Von der Bühne sah ich erst etwas, nachdem ich durch die Gruppendynamik langsam Stück für Stück weiter nach vorne gedrängelt worden war. Der Sound war dafür recht klar, Sängerin Julias herrlich rotziges Organ jedoch ziemlich weit nach vorne gemixt, die Gitarre dafür etwas leise – so klang’s zumindest an der Biegung des Tresens, bis zu der ich’s nun geschafft hatte. Die Band mit Leuten von SORT OF SOBER UND ORÄNGÄTTÄNG erfreut sich mit ihrem erfrischenden, flotten, hochenergetischen Oldschool-Punkrock gerade zu Recht großer Beliebtheit, drückt einem das Schmalz aus den Gehörgängen und macht einfach Laune. Der Gig dürfte um die 45 bis 50 Minuten gedauert haben, inklusive NEW-ORDER-Cover („Blue Monday“) und „Happy Birthday To You“ für ein anwesende Geburtstagkind, gespielt in unterschiedlichem Tempo, als Ska-Version und in einer Death-Metal-Fassung…

Diese Nummer hätten SHITSHOW an diesem Abend auch gut im Monkeys bringen können, denn auch wenn vom ursprünglichen Inhaber-Trio „nur“ noch Sam übrig ist, feierte einer der schönsten Clubs Hamburgs erhobenen Hauptes sein bereits achtjähriges Bestehen! Schon vorm Eingang entdeckte ich die ersten bekannten Gesichter und es wurde munter drauflosgequatscht. Da mit den Belgiern THIS MEANS WAR! die erste Band aber bereits spielte, ließ ich schnell meinen frischgebügelten Zwanziger an der Abendkasse, holte mir ‘ne Pilsette und guckte, was einem da geboten wird: Streetpunk mit melodischem Klargesang nämlich. (Die 80 Liter Freibier waren dafür schon weg, aber irgendwas is‘ immer.) Die seit 2016 existente Band hat bisher ‘ne Single, eine 10“ und ein Album draußen und ist hörbar von den harmoniebedachteren Bands des Genres beeinflusst. Von einer dieser – COCK SPARRER – coverte man dann auch „Suicide Girls“, inklusive kurzen Mitsingspielchen mit dem Publikum. Gute Idee, mal ‘nen jüngeren SPARRER-Song zu covern, anstelle der altgedienten Überklassiker. Der Platz vor der Bühne war ordentlich gefüllt, es wurde sich hier und da warmgetanzt, im Vergleich zu meinem Besuch im Treibeis, der gegen sämtliche Tierhaltungsbedingungen verstoßen hätte, fühlte sich das hier aber angenehmerweise nach unendlichen Weiten an. Zwischendurch versuchten THIS MEANS WAR!, Sam auf die Bühne zu lotsen, um ihm ‘ne Riesenpulle Bier aus ihrer Heimat als Geschenk zu überreichen, doch der war nicht auffindbar, sodass das später – ich glaube, ungefähr im Zugabeteil – nachgeholt wurde. Lief alles schon mal ganz gut rein – so auch das Bier im Pub-Bereich, wo der Umtrunk mit weiteren Freunden und Bekannten, die ich zum Teil schon länger nicht mehr gesehen hatte, fortgesetzt wurde.

Einer von ihnen, der gute Jan, räumte dann bei der Verlosung auch gleich gut ab. Lose waren keine mehr zu bekommen, alle waren verkauft worden und die Erlöse werden für einen guten Zweck gespendet. Jan jedenfalls, der in jüngster Vergangenheit einige Schicksalsschläge einstecken musste, durfte sich über das goldene Ticket freuen, das ihm ein Jahr lang freien Eintritt zu allen Veranstaltungen im Monkeys gewährt! Da hat’s wirklich mal den Richtigen erwischt – herzlichen Glückwunsch!

THE HOTKNIVES hatte ich tatsächlich schon ewig nicht mehr gesehen. Ich erinnere mich immer noch gern an einen fantastischen Auftritt auf dem Wutzrock-Gratis-Open-Air, das dürfte Anfang der 2000er gewesen sein…? Wenngleich ich mit modernem Ska nicht allzu viel anfangen kann, konnten die HOTKNIVES mit Songs wie „Driving Me Mad“, „Harsh Reality“ oder „Holsten Boys“ schon immer bei mir punkten. Der Third Wave Ska der Briten klingt glücklicherweise so gar nicht nach Zirkus- und Blasmusik, sondern verfügt über diese feine melancholische Note und ein gutes Gespür für unaufdringliche, aber unwiderstehliche Melodien. Die Band tritt auch gar nicht erst in Fußballmannschaftsgröße an, sondern beschränkt sich neben der Rhythmussektion, Gitarre und Bass auf einen eher dezenten Bläser und einen Orgelspieler. Die Stimmung war ausgelassen, es wurde getanzt und die Hüften geschwungen. Sänger/Basser Marc verriet immer wieder durch ein Grinsen im Gesicht, dass ihm die Sause genauso viel Spaß machte. Die großen Hits dürften alle gespielt worden sein, meine Favoriten jedenfalls erkannte ich weitestgehend wieder. Eine würdige Combo für diese Geburtstagsfeier, die sich anschließend im Pub-Bereich bei erlesenen Getränken, Hits von DJ Bert und hochgeistiger Konversation (oder so) noch lange hinzog – und in deren Zuge Sam noch mindestens eine Runde Kurze springen ließ. Schön war’s mal wieder – danke an Sam und das Monkeys-Team für diesen Abend und auf die nächsten acht Jahre!

Jetzt im Nachhinein sehe ich übrigens, dass ich vor Urzeiten die THIS-MEANS-WAR!-10“ auf meine Einkaufsliste gesetzt hatte, was dann aber total in Vergessenheit geraten war. Hrmpf. Wenigstens weiß ich jetzt, weshalb mir der Name irgendwie bekannt vorkam…

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