Günnis Reviews

Kategorie: Tonträger A (page 3 of 3)

AGENT KRÜGER – DER FUCHS IST AUS DEM BAU CD

(www.contra-net.com) / (www.agentkrüger.de)

Noch mehr Ostpunk, diesmal aus „Leipsch“ – und was für welcher! Mitreißender Punkrock, abwechslungs- und temporeich, geht direkt ins Bein, und über allem liegt Lode Krügers genialer wütender, leicht psychopathischer Brüllgesang! Unpeinliche, selbstironische deutsche Texte, aber auch runtergerotzte ebenso simple wie effektive Reime wie in „Gegen den Strom“, die an alte Helden wie SCHLEIMKEIM erinnern bis hin zu abgedrehtem Stoff wie „Satan“ – jeder einzelne Song zündet und macht Spaß. So muss das. Schade nur, dass nach zehn Songs in 25 Minuten schon wieder alles vorbei ist. Einige der Krügers hatten/haben übrigens schon in so Bands wie L’ATTENTAT, DER SCHWARZE KANAL oder ESKALATION ihre Finger im Spiel, wissen also, wie der Hase läuft – besonders, wenn der Fuchs aus dem Bau ist. CD mit Bonus-Live-Video. Glatte 2. Günni

ABSTURTZ – LINKE PROPAGANDA CD

(www.nix-gut.de) / (www.absturtz.de)

ABSTURTZ sah ich früher öfter mal in Hamburg live, das war richtig ungehobelter Pogo-Punk, vorgetragen von einer paar milchgesichtigen Kid-Punks aus Schleswig-Holstein. Mittlerweile ist man ein paar Jährchen älter und hat vor zwei Jahren sogar das erste Album veröffentlicht, das aber gänzlich an mir vorbeilief. Insofern kann ich beim vorliegenden zweiten Album nichts zu etwaigen musikalischen Unterschieden oder dergleichen sagen. In jedem Falle gibt’s hier weiterhin die grobe Kelle, versehen mit vielen Metal-Riffs und aggressivem Gröhl- und Schrei-Gesang. Da das nicht so ein überproduzierter Mist wie manch anderer Metal-Punk heutzutage ist, geht der Sound erstmal ok. Sage und schreibe 22 Songs trug man hier zusammen, durchweg in Landessprache vorgetragen, und bemühte sich um eingängige, hymnische Refrains, die gut ins Ohr gehen und sich sicher klasse mitbrüllen lassen. Überhaupt wurde hier Abwechslung zur Chefsache erklärt; so folgen auf HC-Punk-Knaller lokalpatriotische Hymnen, auf kritische Abrechnungen Seemannslieder bis hin zu balladesken Ausflügen ins Nachdenkliche. Zu mäkeln gibt’s für mich aber trotzdem hin und wieder was an den Texten. Songs wie „Unzufriedenheit“ mit Zeilen wie „Bis dann das nächste Auto brennt“ und naiven Vorstellungen von Revolten etc. hätte man sich m.E. sparen oder zumindest subtiler verpacken können. Ebenso finde ich den Titel des Albums ziemlich beknackt. Alles in allem wirkt das Werk aber ehrlich, engagiert und besitzt ordentlich Power. Würde mich freuen, wenn sich diese Band noch weiterentwickeln und man auch in Zukunft von ihr hören würde. Booklet mit allen Texten und vielen Bandfotos ist am Start und die Spielzeit von 54 Minuten verspricht „value for money“, ohne, dass Langeweile aufkäme. Anspieltipp: „Deichrock“. 2-3. Günni

A.C.K. – EISKALT DIGIPACK CD

(www.europeanlabelgroup.com, info@europeanlabelgroup.com)

Weitestgehend metalfreier, deutschsprachiger Up-Tempo-HC-Punk der älteren Schule mit meist melodischen Refrains und angenehm rauhem Gesang. Sind durchaus ein paar Hits bei, besonders “USA” ist ein Ohrwurm. “Krank” hat Ska-Einflüsse und Bläsereinsatz und die Produktion ist unpompös und punkig. Natürlich gibt’s das volle Brett rudimentäre Sozial- und Gesellschaftskritik in den Texten, mal mehr, mal weniger parolenbehaftet. Alles nicht neu, aber besser gereimt und nicht so klischeehaft wie bei vielen Genre-Kollegen – von Ausrutschern wie “In diesem Land” mal abgesehen. Einige persönlichere Stücke um Selbstzerfleischung, Hoffnung, Moral und Kampfgeist bilden den Gegenpol, fügen sich aber ins Gesamtkonzept ein. Überflüssig finde ich die zusätzliche Akkustik-Version von “USA”. Alles in allem gefällt mir das Album besser als erwartet. Im Punkbereich guter, im aktuellen “Deutschpunk”-Bereich gehobener Durschschnitt. Genre-Fans sollten also aufmerken. Kommt im aufklappbaren Digipack mit allen Texten. 13 Songs + Outtro und Bonustrack (“Ace Of Spades”-Cover) in 41 Minuten, Anspieltipp: “USA”. 3. Günni

ASSTRONAUTS – WITH THE HAPPINESS OF A DROWNING SWIMMER CD

(www.dambusterrecords.com) / (www.rotzrock.com)

Irgendwie komische Mucke, die die Österreicher hier auf ihrem mittlerweile zweiten Album fabrizieren, mit der ich nicht so richtig warm werde. Punkrock mit ordentlichem ’n’Roll-Einschlag, der nicht so recht bei mir zünden will. Die Musik bewegt sich immer irgendwo zwischen langweilig und nervig. Im dunklen und mit nicht sonderlich aussagekräftigen Fotos ausgestattetem Booklet machte man sich leider auch gar nicht erst die Mühe, die englischsprachigen Texte abzudrucken. Elf Songs in 36. Minuten. 4. Günni

ATEMNOT – UHRWERK ZWEITAUSENDSECHS CD

(www.nixgut.de)

„Atemnot, Blut und Tod, Hartz IV für das Volk, wir haben es nicht gewollt. Atemnot, aus Erfahrung Wut. Für den Staat: Streichholz und Benzin. Atemnot, Krieg und Not. Tod und Wahnsinn auf der ganzen Welt. Atemnot, wir geben nicht auf. Feuer und Flamme für den Rest der Welt.“ Naja… neues von ATEMNOT also. Einhorn hat mal wieder ’ne Reihe Musiker um sich geschart, die alle mit Wollmütze und Sonnenbrille aus dem Booklet grinsen, um ein neues Album einzuspielen. Für Iro-Poser-Fotos müssen diesmal andere herhalten, so z.B. der echt niedliche Kinderpunk auf dem Cover, mit E-Gitarre und Polizei-T-Shirt. Musikalisch geht’s eher rau und ungehobelt zu, teilweise Schrammel und Uffta-Uffta, aber auch nette Melodien, die hängenbleiben. Irgendwo zwischen deutschem Punk der 80er und Oi!. Die holprigen Klischee-Texte hätte allerdings kein Kidpunk (z.B. der vom Cover?) besser schreiben können, meine Fresse… Auszug siehe Anfang dieser Tonträgerbesprechung. Und was denkt man sich eigentlich dabei, einen Text über arbeitslose Ossis zu schreiben („Wendeopfer“), die aus Frust nach unten treten und miese Rassisten werden, im Refrain aber zu singen: „Ein kleines Stück DDR wollen wir zurück, ohne Mauern, Nazis und Stasidreck. Wir wollen Leben schlicht und einfach soll es sein, in Ruhe und Frieden tagaus tagein“?! 1. Was hat das mit dem Rest des Textes zu tun und 2. was hätte das ganze dann noch mit der DDR zu tun?! Der Vogel abgeschossen (bzw. aufs Einhorn gespießt) wird dann bei „Das ist Deutschland“: „Wir haben keine Arbeit, wir haben kein Geld, der Staat kümmert sich lieber um den Rest der Welt. Deutschland spendet, Deutschland zahlt. Unsere Familien werden nicht satt.“ Stammtisch olé! Wirklich gut finde ich hingegen „Wilhelm B.“, wo mit einfachen Worten über einen Opa erzählt wird, der beide Weltkriege und anschließende Kriegsgefangenschaft mitmachte. Geil auch der letzte Song, ein Instrumentalstück namens „Das letzte Haus links“, das wohl eine Hommage an den alten Horrorfilmklassiker sein soll. Schön morbide. Die CD kommt im Digipak mit farbigem, gut aufgemachtem Booklet inkl. Texten (inkl. einiger herber Rechtschreibfehler) und, oh, da ist ja doch noch Einhorn mit Poser-Iro. Nix Gut, 13 Songs inkl. PC-Video-Track. 4. Günni

ALARMSIGNAL – NAZIS NEHMEN UNS DIE ARBEITSPLÄTZE WEG CD

(www.alarmsignal-punk.de.vu) / (www.nixgut.de)

„Lustiger Titel“, war mein erster Gedanke. ALARMSIGNAL aus Celle spielen erfrischenden, dynamischen, deutschsprachigen Punkrock ohne Hardrock-, Metal- oder Offbeat-Anleihen. Geht gut nach vorne los und wurde auch gut produziert. Geht etwas in Richtung FLUCHTWEG, aber mit mehr Pfeffer im Arsch. Teilweise wird’s auch sehr eingängig, allerdings ohne nach WIZO oder Konsorten zu klingen. Rotziger, akzentuierter Gesang, der m.E. stellenweise noch etwas dreckiger sein könnte, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack. Kräftige Chöre runden das Hörvergnügen ab. Textlich gefällt’s mir überraschend gut, wenn ich auch nicht alles so unterschreiben würde. Man gibt sich sozialkritisch und kämpferisch, und das weitgehend unpeinlich. Etwas persönliches gibt’s auch noch, das lockert die Platte ebenso auf wie die eher humoristischen, mit einem Augenzwinkern vorgetragenen Nummern wie „Hartz IV (Scheißen ohne Spülen)“ oder der Titelsong. Meine Favoriten sind „Piraten“ und „Scheinheiliges Pack“. Das Booklet kommt mit allen Texten und man hat sich sogar die Mühe gemacht, zu jedem Song noch Linernotes zu verfassen. Das Cover allerdings hätte gute Chancen auf den Titel „hässlichstes Cover 2006“. Die Bandmitglieder gammeln im Arbeitslosen-White-Trash-Outfit vorm Arbeitsamt rum und der Dicke rechts sieht dabei aus, also hätte er dem magersüchtigen Hängeiroträger neben ihm das Essen geklaut – seit 10 Jahren. Wer auf flotten, angepissten, spritzigen Punkrock steht, mit den anderen Nix-Gut-VÖs aber nichts anfangen kann, sollte trotzdem mal ein Ohr riskieren. Gibbet ja für billich. Interessante junge Band. 16 Songs + ein versteckter, 2. Günni

Nachtrag: Offensichtlich sind (Edit 2015: möglicherweisen waren) zwei Mitglieder der Band bei den „Jesus Freaks“ und einer außerdem beteiligt an der Band „CHRISTCORE“, die offen als christliche „Punk“band auftritt, aufgrund ihrer Plattheit zum Glück aber von den Meisten als Realsatire aufgefasst wird. Nichtsdestotrotz kommt das ALARMSIGNAL-Album glaubwürdig rüber und das Thema Religion wurde komplett ausgeklammert. Dennoch stehe ich auf dem Standpunkt, dass Religion Privatsache ist und sein muss und religiösen, missionierenden Organisationen wie z.B. den „Jesus Freaks“ kein Fußbreit in der Punkszene gewährt werden darf. Inwieweit er trotzdem diese Band unterstützt, muss jeder für sich selbst entscheiden.

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