(Tectum-Verlag)
„Nicht NOCH ein Buch über Skinheads, und schon gar nicht im Kontext mit rechter Politik!“, höre ich schon die ersten schreien. In der Tat erschloss sich auch mir der Sinn dieses Buches zunächst nicht wirklich. Wie wäre es stattdessen mal mit „Kleingärtner und die Gesellschaftliche Rechte“? Oder „Kakteenzüchter und die Gesellschaftliche Mitte“ ö. ä.? Aber ok, machen wir uns nichts vor – kaum eine andere Subkultur war so empfänglich für rechte Rattenfänger wie die der Skinheads. Frank Lauenburg kreierte für sein Werk den Begriff der „Gesellschaftlichen Rechten“ als Konsequenz der „Neuen Rechten“ und meint damit sich an die bürgerliche Mitte anbiedernde, rhetorisch wie opportunistisch geschickte Rechte bzw. Rechtsradikale, die mit einem neuen Image als friedliche, soziale, demokratische Opposition auf Stimmenfang gehen und um die Gunst der Bürger buhlen. Inwieweit diese noch Interesse an der Rekrutierung von bzw. Unterstützung durch Skinheads, denen nach wie vor ein zweifelhafter Ruf vorauseilt, interessiert sind, ist Gegenstand Lauenburgs Analyse. Diese liest sich wie eine Diplomarbeit und wurde in drei Kapitel unterteilt: Die Geschichte der Skinheads im Allgemeinen, für die er fleißig aus den bekannten Werken von George Marshall und vor allem Klaus Farin zitiert, also nichts Neues bietet. Kapitel zwei erläutert seine Definition der „Gesellschaftlichen Rechten“ in Abgrenzung zur „Alten Rechten“ und „Neuen Rechten“. Diese liest sich recht differenziert und arbeitet ebenfalls viel mit Zitaten, hier aus rechten Publikationen, geht meines Erachtens aber zu wenig auf die nach wie vor bestehende und durchaus gewollte Verknüpfung der „Gesellschaftlichen Rechten“ mit revanchistischen und sozial-darwinistischen Nazis ein. Außerdem wird hier verstärkt mit Fachbegriffen um sich geworfen, was den Stoff nicht unbedingt jedem zugänglich machen wird. Im letzten Kapitel, das den geringsten Teil des Buches einnimmt, untersucht Lauenburg das Verhältnis der „Gesellschaftlichen Rechten“ zu den Skinheads anhand von Texten neo-nazistischer Bands. Dabei achtet er in erster Linie auf das Selbstbildnis der Bands und inwieweit sie sich und ihre Zielgruppen noch als Skinheads bezeichnen. Außerdem zieht er Parallelen zwischen öffentlich propagiertem Gewaltverzicht der „Gesellschaftlichen Rechten“ und aktuellen Songtexten, die eine ähnliche Tendenz aufweisen. Letzten Endes zieht Lauenburg das Fazit, dass die kreidefressenden „Gesellschaftlichen Rechten“ sich immer mehr von Skinheads und deren schlechtem Ruf als gewalttätige, versoffene Krawallmacher distanzieren, da sie sie für ihre politische Arbeit als kontraproduktiv betrachten. Lauenburg geht sogar so weit, die provokante Perspektive zu formulieren, durch das langsame Verschwinden der typischen Boneheads und den damit einhergehenden Image-Verlust der Skinheads als soziopathische Neo-Nazis würden die echten Skinheads das Interesse an ihrem Kult verlieren, der nach Meinung des Autors vor allem von der Außenwirkung leben würde, für die das Bonehead-bedingte schlechte Image zuträglich sei…
Diese Buchveröffentlichung würde ich als semi-professionell und –wissenschaftlich einordnen. So wird der formale Schreibstil oft unterbrochen und einige Rechtschreib- und Grammatikfehler haben sich eingeschlichen. Positiv hervorheben möchte ich aber die überaus berechtigte Kritik des Autors an Oberpseudointellektuellenstudentenlabernervensäge Martin Büsser. Mein persönliches Fazit: Wirklich subkulturtauglich ist dieses Werk nicht, dafür ist zu vieles bereits aus anderen Veröffentlichungen bekannt. Lediglich oben erwähnte These des Autors könnte für Gesprächsstoff sorgen. Für Außenstehende mag aber die politische Analyse der Verbindung Politik und Subkultur von Interesse sein. Hier habe ich allerdings die Berücksichtigung des Phänomens der „Rechtsoffenheit“ sich selbst als nicht-rassistisch einstufender Skinheads, die mitunter rechtsradikale Tendenzen gar nicht mehr als solche erkennen, vermisst. Dieses ist neben dem Fehlen eines politischen Bewusstseins vieler Subkultur-Protagonisten ebenfalls eine Auswirkung der „Gesellschaftlichen Rechten“ und ihrer Vereinnahmung sozialer Themen und Verwässerung politischer Grenzen und Begrifflichkeiten. Dass die politische Rechte in der bürgerlichen Mitte versucht anzukommen, bedeutet nicht, dass diese gänzlich das Interesse an der Einflussnahme auf Subkulturen verloren hätte. Günni
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