Pfundiger Metal

Der totale Speed-Metal-Endzeit-Overkill fand an einem Dienstag statt. EXCITER und VULTURE hatte ich beide schon mal im Bambi gesehen, BÜTCHER hingegen fatalerweise noch nie irgendwo! Da ich vor ca. zwei Jahren ihre beiden Alben massiv für mich entdeckt hatte, führte an diesem Konzertabend kein Weg vorbei. Da es zudem mein erstes Metal-Konzert im Bambi seit Jahren werden sollte, nahm ich mir kurzerhand den Mittwoch frei, um nicht gestresst auf den Chronographen stieren oder nach dem letzten Akkord ohne Absackerbierchen zur Bahn eilen zu müssen.

Die belgischen BÜTCHER spielen diabolischen, schwarzen Speed Metal der guten alten Nackenbrecherschule, haben 2017 und 2020 klasse Alben veröffentlicht und mittlerweile den vakanten Bassposten mit Max Mayhem von EVIL INVADERS besetzen können. Geil! Pünktlich wie die Maurer Schlachter ging’s dann auch los, obwohl sich Sänger R Hellshrieker vorher böse den Kopf gestoßen haben muss – der war ganz blutüberströmt… Nach dem Intro aus der Konserve gab’s von der in Kunstnebel gehüllten Bühne aus musikalisch erwartungsgemäß kräftig auf die Mütze: Pfeilschnelles Edelmetall mit Hooks und paar Melodien, vor allem aber kräftigem Thrash- und auch Black-Metal-Einschlag. Frischgewetztes Fleischermesser trifft auf Fleischhammer. Mitunter hat der Sound sogar ein bisschen was von alten MERCYFUL FATE. R Hellshrieker spielte Luftgitarre auf seinem Mikroständer und präsentierte immer mal wieder das metallene Speed-Metal-Wheel aus der Bühnendeko, das er in die Luft reckte. Generell wurde viel evil gepost, zugleich perfekt abgeliefert. Drummer LV Speedhämmer ist ein guter Techniker, der Geschwindigkeit ideal mit Wumms zu kombinieren versteht und dabei stets souverän in der Spur bleibt. „45 rpm Metal“ ist ein Songtitel und das Motto zugleich, lediglich beim überlangen „666 Goats Carry My Chariot“ bin ich ein bisschen raus – dafür hätten von mir aus gern drei weitere Speed-Attacken geritten werden können. Ein sehr vielversprechendes, bisher unveröffentlichtes Stück wurde den hungrigen und bängenden Speedfreaks zum Fraß vorgeworfen und für ein Zwischendrintro noch mal der Konservensound bemüht, bis am Ende noch eine im wahrsten Sinne des Wortes schnelle Zugabe drin war: „Speed Metal Attack“! Yes! BÜTCHER sind düster, böse, schnell – und catchy as hell!

Weniger catchy, dafür etwas vertrackter und technischer sind die deutschen Speedster VULTURE, die mit zwei Gitarristen Riffs, Riffs und nochmals Riffs liefern. Auch VULTURE gönnten sich Intro und Intermezzo, ansonsten wurde mit der scharfen Edelstahlklinge filetiert, was das Zeug hielt. Die Gitarristen kamen im Partnerlook und mit gleicher Klampfe, und wer war das da am Bass? Abermals Max Mayhem! Doppelschicht, weil auch der eigentliche VULTURE-Basser verhindert war. Respekt! Ich war mittlerweile zum Bühnenrand vorgerückt und ließ mir bereitwillig vom tighten Riffgewitter die Rübe abschrauben.  Der VULTURE-Gig schien mir weniger durchchoreographiert als der von BÜTCHER und hier durfte auch mal auf der Bühne gelächelt werden. Die brandneue „High Speed Metal“-Single wurde einem ebenso um die Ohren geblasen wie als letzter Song „Metal Militia“ aus seligen METALLICA-Tagen. Astreine Live-Band, die sich ordentlich ins Zeug legt. Dominierten bei BÜTCHER die Rot- und Lilatöne während der Lightshow, bekamen VULTURE kälteres blaues und grünes Licht, was gut zum Sound passte.

Niemanden mehr etwas beweisen müssen die kanadischen Speed-Metal-Pioniere EXCITER um den kreischenden Drummer Dan Beehler, der zusammen mit Originalbassist Allan Johnson und seit 2018 Gitarrist Daniel Dekay eine starke Inkarnation der Band am Start hat. Das Material der ersten drei Alben zählt zu den subgenredefinierenden Heiligtümern der Szene und bildete auch den Materialkanon dieses Konzerts, aus dem die großen Hits wie „Violence & Force“, „Stand Up and Fight“, „Heavy Metal Maniac“, „Victims of Sacrifice“, „Pounding Metal“ oder „Long Live The Loud“ als Quasi-Standards gezockt und begeistert mit geraister Fist mitgesungen wurden. Im Gegensatz zum letzten EXCITER-Gig im Bambi fehlten diesmal leider „Feel The Knife“ und „Break Down The Walls“, dafür überraschte man mit einer „Beyond the Gates of Doom“-Version zum Niederknien! Möglicherweise war der Song auch schon 2019 im Set, stach dort für mich aber gar nicht so sehr heraus. EXCITER klangen immer schon etwas dreckiger, erst recht, seitdem Beehler nicht mehr wie in jungen Jahren die höchsten Töne problemlos trifft. Das verleiht EXCITER aber diesen besonderen, rustikalen Holzhacker-Metal-Charme, der mit der Spielfreude der Saitenfraktion und den direkt in Ohr und Nacken gehenden, erinnerungswürdigen Songs einhergeht. Besonders live macht das Laune, vor allem, Beehler mit Popelbremse und explodierter Frisur dabei zuzusehen, wie er vom Drumraiser aus nicht nur die Doppelbelastung meistert, sondern auch mit dem Publikum interagiert und es anpeitscht. Dieses reagierte mit „Exciter! Exciter!“-Sprechchören. Das ist ungekünstelter, authentischer Oldschool-Metal von Überzeugungstätern, der noch immer jeden Club zum Kochen bringen dürfte. Insgesamt war das Set um einige Songs kürzer als 2019, als EXCITER mit nur einer weiteren Band zusammenspielte, was Beehlers Stimme indes ganz gut zu tun schien. Das Trio verabschiedete sich erneut mit der MOTÖRHEAD-Coverversion „Iron Fist“, darf von mir aus aber gern alsbald wiederkommen – vielleicht ja mal an einem Freitag oder Samstag? Erfreulicherweise war diesmal auch der Merchandise-Stand ordentlich bestückt, sodass ich mich nicht lumpen ließ und mir ein geschmackssicheres Shirt – neben der LUZIFER-LP (VULTURE-Nebenprojekt) – mitnahm. Sehr viel besser lässt sich so’n Dienstagabend wohl kaum verbringen.