Günnis Reviews

Autor: Günni (page 88 of 107)

KONDOR – ILLUSION & REALITÄT CD

(www.nix-gut.de) / (www.kondor-punk.at)

RAZZIA-Klon aus Österreich. Sorry, aber diese Platte erinnert mich sowohl von den düsteren, kritischen Texten als auch von der musikalischen Untermalung selbiger so dermaßen an die alten Aufnahmen der Hamburger HC-Punk-Veteranen, dass mir spontan keine bessere Bezeichnung einfällt. Den 80er-Sound haben sie auf jeden Fall sehr authentisch hinbekommen. Schlecht ist das nicht, besonders eigenständig aber auch nicht. Andererseits kann es einen als Band wesentlich härter treffen, als mit den großartigen RAZZIA-Frühwerken verglichen zu werden. Die Aufmachung mit farbigem, alle Texte + Linernotes enthaltenem Booklet kann sich ebenfalls sehen lassen. 15 Songs in 49 Minuten, Anspieltipp: „Blauer Rassismus“. Solide 3. Günni

BOTOX – ROSEN CD

(www.nix-gut.de) / (www.botox-online.de)

Debüt-Album dieser jungen sächsischen Band. Deutschsprachiger, rockiger, melodischer Punk mit ziemlich belanglosen Texten über Liebe und Leben, vorgetragen von einer allerdings gar nicht so üblen, rauen Stimme. Letztendlich ist mir das aber alles zu wischiwaschi. Dafür stimmt aber (von einigen üblen Rechtschreibfehlern im Booklet einmal abgesehen) die Aufmachung im Digipak mit fettem Booklet mit allen Texten. Bei „Des Pudels Kern“ darf sich übrigens Rio von NO EXIT als Gastsänger beteiligen. 14 Songs (einer davon „hidden“) + Intro in 37 Minuten Nettospielzeit, als Bonus noch ein Videoclip. Anspieltipp: „Nett“. 3-4. Günni

OIRO – VERGANGENHEITSSCHLAUCH CD

(www.flight13.com)

OIRO haben schon einige Platten veröffentlicht, diese ist allerdings die erste, die ich zu hören bekomme. Mir bisher nur von belanglosen Sampler-Beiträgen bekannt, ist mir diese Band eigentlich nur aufgrund des beschissenen Namens im Gedächtnis geblieben. Ich kann mit dieser Art von Musik, diesem Theatralischem bis Schleppendem, Monotonem, besonders durch den nervenden, besserwisserisch-studentisch klingenden Gesang bedingt, einfach nichts anfangen – auch wenn ich anerkennen muss, dass es dann doch ein, zwei Songs mit netten Melodien aufs Album geschafft haben. Genauso wenig mag ich diese Art, Texte zu schreiben, bei der nicht selten scheinbar zusammenhanglose Phrasen aneinandergereiht werden, man als Hörer aber spürt, wie die Band einem weiszumachen versucht, das sei alles enorm bedeutungsschwanger. Keine Ahnung, vielleicht würde es ja sogar Spaß machen, sich intensiver damit auseinanderzusetzen, wenn… ja, wenn es irgendetwas gebe, was Interesse für die Band wecken würde. Leider finde ich nichts. Ich schließe daher mit einem Zitat aus „Regenbogen, rot fehlt!“: „Was wollt ihr eigentlich sagen? Wem wollt ihr was eigentlich sagen?“ Das auf mattem Papier gedruckte Booklet enthält alle Texte in einer fürchterlichen Handschrift, Bilder der Band sucht (?) man vergeblich. 14 Songs in 37 Minuten. Anspieltipp: Alles und nichts. 4-. Günni

DIE SIFFER – VIEL NICHTS UM LÄRM CD

(www.nix-gut.de) / (www.diesiffer.de)

Unlustiger, ärgerlicher Fun-Punk mit obligatorischen Bläsereinsätzen und Gute-Laune-Melodien. Ist zwar fett produziert und kommt in sehr schöner Aufmachung mit Klapp-Digipak und professionell gestaltetem, dickem Booklet mit allen Texten und vielen Bildern daher, geht mir aber total auf den Sack. Könnten gut mit den wiedervereinten HBW auf Tour gehen. 16 Songs in 45 Minuten. 5. Günni

PLASTIC BOMB #62

(www.plasticbomb.de)

Gleich negativ fällt auf, dass der Heftumschlag nun im gleichen dünnen Papier daherkommt wie der Rest des Heftes, was ihn wesentlich anfälliger für Beschädigungen macht und dem Heft mehr einen Zeitungs-Charakter verleiht. Und irgendwie scheint das PB insgesamt dünner geoworden zu sein…? Kurz nachgezählt, aha: Acht Seiten weniger als zuletzt, zum gleichen Preis, wohlgemerkt… In den Vorworten beschreibt Micha seinen Auszug aus seiner Siffbude, Helge gedenkt Mikey Offender (R.I.P.!), Swen geht auf den ebenso populistischen wie heuchlerischen Nokia-Hass ein und Kuwe hat mit 43 seine Umschulung geschafft und lästert gegen Willi Wucher. Interviews gibt’s mit Andreas Geiger, dem Macher so genialer Dokumentation wie „Punk im Dschungel“ oder „Heavy Metal auf dem Lande“, das mir sehr gut gefällt, der Band PASCOW, die recht sympathisch rüberkommt, den Ruhrpott-Punk-Urgesteinen ARTLESS (Erstes Interview überhaupt! Vorsicht, wieder auf Tour!), den Polen von UTOPIA, den Spaghettifressern von KLASSE KRIMINALE, den Kanadiern NO MEANS NO, Fabsi von den MIMMI’S (der Mann wird zwar ständig interviewt, hat aber auch stets ’ne Menge zu erzählen), den Chinacken-Skins von MI SAN DAO (der Bandname könnte auch bayrische Mundart sein, ähem), der Sängerin von PENETRATION (war bereits auf dem Titelblatt der letzten Ausgabe angekündigt) und Andrea von den PESTPOCKEN (wurde auch mal Zeit, dass eine der Pestpöckinnen zu Wort kommt). Außerdem wird die schwule Hardcore-Kampagne „Gay.Edge.Liberation“ in Form eines kurzen Interviews vorgestellt. Neben den üblichen Kolumnen (Exoten-Punk, Zepps Zoom, Stanley Heads Ska-Ecke, Kleinanzeigen, Reviews und Verrisse, Konzerttermine sowie leider oftmals ziemlich lieblos per Kopieren/Einfügen zusammengeschusterte News) wartet Micha mit einem ausführlichen Konzert- und Erlebnisbericht des CRASS-Events „Feeding of the 5000“ in England auf, der sich sehr gut und humorvoll liest, aber leider nicht ohne hochnäsige Kommentare gegen vermeintlich inhaltsleere Bands wie THE BUSINESS auskommt. Stark ab fällt dagegen seine zweite Kolumne, in der sich Micha in alkoholbedingter Kater-Paranoia über arme Omis beim Bäcker auslässt. Über jeden Zweifel erhaben hingegen ist erneut Cris Scholz’ Kolumne sowie Vascos großartige „Wunderbare Welt der Propaganda“, diesmal zum Thema Schein und Sein der EU. Dem immer aktuellen Thema „Freiräume erkämpfen und verteidigen“ wird durch Berichte über „Panka hyttn“ in Wien, „Rabatz“ in Paderborn und „Köpi“ in Berlin Tribut gezollt. Der Initiative B.A.F.F., die sich gegen Nazis in Fußballstadien engagiert, wird ebenfalls Platz eingeräumt und das Oberhausener Friedensdorf vorgestellt. Unterm Strich also eine inhaltlich solide Ausgabe ohne Ausfälle. 3,50 € inkl. CD. Günni

MR. BLUE – FREE BORN MAN CD

(www.sunnybastards.de)

Keinen Punk, sondern erdigen, dreckigen Country mit Bluesrock-Einlagen kredenzen uns hier MR. BLUE, die mir schon auf dem genialen „A Street Tribute To Bud Spencer & Terence Hill“-Sampler positiv auffielen. Hier nun also ein Longplayer, der vermutlich (bei vielen Songs weiß ich es einfach nicht) aus Coverversionen besteht, allerdings nicht irgendwelcher Punk- oder Pop-Songs, die in Country-Gewand gekleidet wurden, sondern bekanntere und weniger bekannte Klassiker traditioneller US-amerikanischer Musik aus den Bereichen Country (is klar), Rhythm & Blues und Rock’n’Roll von Johnny Cash, Charlie Walker, Elvis Presley, John Denver etc. Find ich nicht schlecht, macht live in einer verrauchten Kneipe aber bestimmt noch mehr Spaß als auf CD. Wer gut auf sowas kann, wird hier möglicherweise eine hochinteressante Platte für dich entdecken. Allerdings klingen die Höhen dann und wann produktionsbedingt etwas dünn. Das fette Booklet enthält viele Fotos, aber leider keine Hinweise auf die Ursprünge der Songs. 18 Songs in 50 Minuten. Einer Wertung enthalte ich mich mal, da etwas zu „exotisch“. 😉 Günni

SNIFFING GLUE – WE ARE… SNIFFING GLUE …FUCK YOU! CD

(www.risingriotrecords.com) / (www.myspace.com/sniffinggluepunk)

Geil! Englischsprachiger Oldschool-Hardcore-Punk in 2008, der von Sound, Texten, Attitüde und Aufmachung her aber genau so vor über einem Vierteljahrhundert in den USA hätte stattfinden können – zumindest fast, denn hier geht’s noch etwas heftiger zur Sache. Die ganze Platte ist überdeutlich von wüstem 80er-Ami-HC-Geprügel inspiriert, die Songs strotzen vor Energie und kommen glaubwürdig rüber. Der Sänger macht seine Sache sehr gut und dreht am Rad. Die Texte sind naturgemäß herrlich angepisst und gegen alles mögliche, so soll es sein. Können alle im Booklet im Schnipsellayout nachgelesen werden. Die CD enthält übrigens zusätzlich die „Suburban Suicide, Suburban Violence“-EP inkl. des CURE-Covers (!) „Lovesong“ (sehr gute Wahl). Spitzenscheibe, ich bin begeistert! 18 Songs in 32 Minuten – noch Fragen? Anspieltipp: „Pig Fight“. 2+. Günni

SLICK’S KITCHEN – HALF EVIL – HALF ALBUM Mini-CD

(www.redlionmusic.com) / (www.slickskitchen.com)

Schweinerock’n’roll mit Ausflügen in 08/15-Pop-Rock aus deutschen Landen, in englischer Sprache. Perfekt produziert und alles, aber irgendwie… gibt mir das nicht allzu viel. Nach sechs Songs und 18 Minuten war dann auch schon wieder alles vorbei und außer dem nervigen Ohrwurm vom Ende ist nichts hängen geblieben. Zu Glatt. 4. Günni

DIE BOCKWURSCHTBUDE – FÜR EINE HANDVOLL BOCKWURSCHT CD

(www.nix-gut.de) / (www.bockwurschtbude.de)

Diese Berliner Band, die offensichtlich keine Ahnung von guten Bandnamen hat, liefert hier eine Scheibe mit 18 feinen deutschsprachigen Songs ab; schön basslastig produziert mit deutlich in den Vordergrund gemischtem, sehr angenehmem Gesang, der die größtenteils unpeinlichen, teils ironischen/humorvollen, teils sehr direkten, kritischen Texte über Pennerpunks und weitere „Szeneinterna“, Mädels, Depriphasen und gesellschaftliche Missstände bzw. den Umgang mit selbigen darbietet. Wow, was für Satz. 😀 Die unaufdringlichen, aber stets vorhandenen Melodien kommen gut, eine gewisse wütende Grundstimmung herrscht vor und der eine oder andere Chor unterstützt die kraftvollen Refrains. Gefällt mir überraschend gut. Das Cover ist allerdings ziemlich langweilig bis hässlich. Apropos Cover, enthalten ist mit „Blackriding Underground“ eine gelungene Coverversion von FLUCHTWEG, an die mich die Band auch bisweilen erinnert. Kommt im Digipak mit Booklet mit allen Texten und kurzweiligen Linernotes. Immerhin ist man so ehrlich, zuzugeben, dass ein Song wie „Der Schnorrerpark bei Leipzig“ nur so heißt, weil er sich auf „gegenseitig“ reimt, haha. 17 Songs + Intro + verstecktem Bonustrack in 50 Minuten, Anspieltipp: „Der Schnorrerpark bei Leipzig“. 2. Günni

MIDDLE CLASS FANTASIES – F§%K DICH SELBST CD

(www.weirdsystem.de)

Die MIDDLE CLASS FANTASIES waren Anfang der 80er neben den BÖHSEN ONKELZ die Aushängeschilder der Frankfurter Punkszene – und zugleich ihre einzigen nennenswerten Erzeugnisse. Die wenigen Songs, die sie veröffentlichten, waren mit ihrer textlichen Raffinesse und Radikalität und der dazu passenden musikalischen Umsetzung allerdings von hervorragender Qualität und landeten zum Teil auf den richtigen Samplern, weshalb sie bis heute (hoffentlich) noch vielen ein Begriff sind. „Helden“, „Party in der Gaskammer“, „Publikum“ usw. waren und sind provokante Kultsongs, die tatsächlich noch richtig aneckten und denen sogar eine „Veredelung“ durch die BPjS zuteil wurde, indem diese die Zensur des erstgenannten Stückes veranlasste (welches in dieser Version als bizarr anmutender Bonustrack enthalten ist). Nun wagte sich das Hamburger Weird-System-Label daran, das Gesamtwerk in Form dieser CD neu zu veröffentlichen. Enthalten sind die Stücke vom „Soundtracks zum Untergang“-Sampler, der „Tradition“-EP und der unter dem Namen „Killerpralinen“ veröffentlichten EP, welche experimenteller ausfiel und im direkten Vergleich etwas abfällt. Als besondere Überraschung wartet diese Kompilation zusätzlich mit fünf bisher unveröffentlichten seinerzeit von der Band gespielten Songs auf, die zusammen mit Leuten von (Rubber-)Slime neu eingespielt wurden. Als ich davon hörte, war ich zugegebenermaßen sehr skeptisch und befürchtete das Schlimmste – doch weit gefehlt: Christoph Schnees Stimme klingt noch immer Klasse und die neuen Songs besitzen zwar keinen Kultstatus wie das alte Material, brauchen sich aber nicht hinter ihm zu verstecken. Insbesondere „Zeitung“ ist ein Knaller und versetzt mich in Verzückung. Ich hätte nicht geglaubt, irgendwann noch mal „neues“ MCF-Material zu hören zu bekommen, schon gar nicht in dieser überzeugenden Qualität. Das Booklet kommt mit einer ausführlichen Band-Geschichte mit zahlreichen Hintergrundinfos, die allerdings von einem Schweizer geschrieben worden zu sein scheint – sie enthält kein einziges „ß“!? Ansonsten liest sie sich aber sehr gut. Details wie die Tatsache, dass Sänger Christoph jahrelang für die ONKELZ als Grafiker tätig war, scheint man mir aber absichtlich unerwähnt gelassen zu haben. Was der Seitenhieb in Richtung „Loud, Proud & Punk“-Records sollte, die im Rahmen der genialen Raritäten-Kompilation „Die Deutschen kommen zurück“ seinerzeit schon die „Killerpralinen“-EP wiederveröffentlichten, hier aber als „Ratten von der Bootleg-Front“, die das ohne Absprache mit der Band gemacht hätten, verunglimpft werden, erschließt sich mir nicht ganz. Ist da jemand neidisch, weil er nicht der Erste war? Darüber hinaus wurden alle Texte abgedruckt und die Profile vieler ehemaliger Frankfurter Subkulturangehöriger veröffentlicht, die dem „Prominenz“-Fanzine von 1981 entnommen wurden. Sehr geile Zeitdokumente, die den Ruf der damaligen Frankfurter Szene als Spontihassende Prolls unterstreichen und die Ausnahmestellung, die MCF dabei einnahmen, verdeutlichen. Aber wer zur Hölle hat sich eigentlich den Scheiß ausgedacht, die CD kopierzuschützen, so dass sie angeblich nicht im PC abspielbar wäre, dort bei mir aber wunderbar läuft und lediglich in meinem normalen CD-Player den Dienst versagt?! Weiß man bei Weird System nicht, dass a) jeder Kopierschutz heutzutage leicht zu knacken ist, b) Filesharer erwiesenermaßen mehr Originaltonträger kaufen als andere und c) ’nem Kumpel oder seiner Liebsten ’ne CD aufzunehmen kein Verbrechen ist? 0% Punkrock, das gibt Abzüge in der B-Note. JETZT ABER ALLE: „HELDEN! In blutigen Uniformen. HELDEN! Zum töten bereeeeeit!“ Ohne Wertung. Günni

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