Katastrophen und kein Ende in Sicht – so nicht nur in der realen Welt, sondern auch in der relativ behüteten des pubertierenden schwedischen Jungen Berg Ljung, „Held“ einer fünfzehnbändigen Jugendbuchreihe der schwedischen Vettern, Lehrer und Schriftsteller Sören Olsson und Anders Jacobsson. Diese enthalten Berts Tagebucheinträge vom zwölften bis zum 17. Lebensjahr und bilden so etwas wie eine launige, sich eigentlich eher an Gleichaltrige richtende Coming-of-Age-Reihe, die zwischen 1987 und 1999 im schwedischen Original und zwischen 1990 bis 2005 in den deutschen Fassungen bei der Verlagsgruppe Friedrich Oetinger erschien.
Wer meine Buchkritiken verfolgt, weiß, dass es sich bei meinen Exemplaren um Tauschschrankfunde handelt, auf die ich mit durch mein Faible für comichafte, bunte Covergestaltung (auch dieses ist wieder ein echter Hingucker) und Coming-of-Age-Geschichten aufmerksam wurde, durch die ich mich bisher aber mehr durchquält habe als dass ich sie genossen hätte – was sich erst mit dem siebten Band „Berts Megakatastrophen“ änderte. „Berts jungfräuliche Katastrophen“ sind dessen direkte Fortsetzung aus dem Jahre 1995 (Schweden) bzw. 1997 (Deutschland). Einmal mehr versuchen sich Olsson und Jacobsson an der Perspektive eines (sporadisch, nicht täglich) tagebuchschreibenden Jugendlichen, um ihre Zielgruppe zu unterhalten und im Idealfall den einen oder anderen Erkenntnisgewinn zu vermitteln, ein bisschen durch die Pubertät zu helfen.
Mit rund 150 Seiten im relativ großzügigen Zeichensatz fällt dieser Band 8 wieder etwas schmaler als der Vorgänger aus. Wie üblich sorgen Sonja Härdings cartooneske Bleistiftzeichnungen für zusätzliche Auflockerung. Im Gegensatz zu Band 7 ist man (bzw. Bert) wieder dazu übergegangen, seine Einträge mit dem jeweiligen Datum zu versehen. Der Zeitraum erstreckt sich vom 25. Dezember bis zum 11. Februar. Bert ist solo, aber notgeil und macht auf cool. Sein potenzielles erstes Mal verpatzt er im Rahmen einer privaten Hausparty (dem Schrecken aller Eltern) allerdings grandios. Seine Mutter bekommt eine Midlife-Krise, seine Eltern streiten sich ständig und können nichts mehr miteinander anfangen, die Oma wird krank. Inmitten dieser Gemengelage sieht sich Bert mit typisch pubertären Irrungen und Wirrungen, einem unklaren Verhältnis zu seiner Ex-Freundin Nadja und nicht zuletzt daraus resultierenden handfesten Enttäuschungen ebenso konfrontiert wie mit sich aufgrund eigener Freundinnen abkapselnder Freunde.
Vieles wird karikierend bis nahezu satirisch überspitzt dargestellt, was gar nicht schlecht mit Berts Bemühen um Abgeklärtheit und der Weltsicht eines glücklicherweise nicht unter Halbstarkendepressionen oder dem Borderline-Syndrom leidenden Heranwachsenden korrespondiert – in dieser Hinsicht haben die Autoren das Authentizitätsproblem bewältigt, das ich mit früheren Bänden hatte. An anderer Stelle verspüre ich eben dieses dann aber doch wieder: Bert ist 15, fast 16, aber gegen Alkohol. Ist das typisch Schweden? Wohl eher nicht, sondern vielmehr ein Versuch, der schwedischen Staatsräson folgend Alkoholgenuss zu verteufeln. Kein Wunder, dass es bei Bert nichts mit dem Pimpern wird…
Dieser schließt seine Tagebucheinträge hier übrigens stets mit einem kleinen Gedicht, aber keine Sorge: Von einem Lyrikband sind „Berts jungfräuliche Katastrophen“ weit entfernt. Wie der Vorgänger endet auch diese Fortsetzung mit einem Cliffhanger, kurz vor Berts 16. Geburtstag: Wird er mit Nadja Sex haben? „Berts jungfräuliche Katastrophen“ sind ein einfaches, meist recht oberflächliches, aber durchaus kurzweiliges Vergnügen, das eine erwachsene Leserschaft in erster Linie daran erinnern dürfte, weshalb es ein Segen ist, kein Teenager mehr zu sein. Bislang der stärkste Band der Reihe.
Schreibe einen Kommentar