Günnis Reviews

Autor: Günni (page 68 of 107)

10.12.2010, Bad Taste Club, Hamburg: STULLE & DAVID

Ich war Freitag im Bad Taste Club auf dem Hamburger Kiez, um mir Stulle (ex-Dogs On Sail) & David (ex-Small Town Riot, Grølbüdels) mit ihrer Akustik-Show anzusehen. Eintritt war frei und man bekam wie gewohnt eine herrliche Trash-Asi-Show geboten mit zum Teil recht eigenwilligen Coverversionen von Blink 182, den Kassierern, Jupiter Jones und Element Of Crime, aber auch Eigenkompositionen, die dem in nichts nachstanden. Das versoffene Publikum befand sich permanent im Dialog mit den Künstlern (hüstel…) und begann irgendwann sogar das Tanzen in der engen Kneipe.

Genau mein Humor 😀

05.12.2010, Markthalle, Hamburg: KREATOR + EXODUS + DEATH ANGEL + SUICIDAL ANGELS

Ich war am Sonntag beim „Thrashfest“ mit KREATOR + EXODUS + DEATH ANGEL + SUICIDAL ANGELS in der Hamburger Markthalle. Ich sollte alle Bands zum ersten Mal live sehen.

Ging wie üblich in der Markthalle, die übrigens ausverkauft war, superpünktlich los, diesmal um 19:00 Uhr. Durch das Gefilze am Eingang und das anschließende Anstehen an der Garderobe hab ich ’ne ganze Ecke der griechischen Newcomer (kann man glaub ich noch so sagen) SUICIDAL ANGELS verpasst, die mir auf einem Sampler positiv aufgefallen waren. Was ich hörte, war ziemlich heftiger Thrash irgendwo zwischen alten SLAYER und alten SEPULTURA, der es aber etwas an Eigenständigkeit vermissen lässt. Weiter ging’s mit den Bay-Area-Thrashern DEATH ANGEL, von denen ich nur die erste Platte und einen Samplerbeitrag kenne. Vom ersten Album wurde nichts gespielt, aber die hatten auf jeden Fall ihren ganz eigenen Sound und boten eine beeindruckende Vorstellung. Der indianische Sänger wirbelte seine meterlangen Dreadzöppe durch die Gegend und schrie sich die Seele aus dem Leib. Man hat der Band zu keiner Sekunde angemerkt, dass die auf dieser Tour mehrere Abende hintereinander solch ein Programm haben. Hut ab! War sehr interessant mit anzusehen und am Ende gab’s dann auch endlich „Thrown To The Wolves“, besagter Sampler-Song und Hit. Es folgten EXODUS, von denen mich bisher nur das Debüt-Album interessiert hatte; eine Position, die ich nach meinen Konzerteindrücken evtl. überdenken sollte, denn was der „neue“, bullige Glatzkopf-Sänger (ist vermutlich alles andere als neu, aber eben nicht mehr der Originalsänger) mit seinem coolen DEAD-KENNEDYS-Shirt an Dampf abgelassen hat, war schon ein ziemlicher Hammer und erinnerte mehr an eine Hardcore-Show als an Metal. Das Publikum wurde quasi musikalisch nach Strich und Faden verprügelt und Bandkopf und Gründungsmitglied Gary Holt an der Gitarre grinste sich eins dazu und sah sehr zufrieden aus. Auch hier wirkte alles sehr authentisch und nicht geschauspielert. Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie der Sänger mehrere solcher Auftritte hintereinander durchziehen kann. Prospekt!

Dann aber endlich der Headliner: Ruhrpott-Thrash-Legende KREATOR! Ging los mit einem Johnny-Cash-Intro („The Man Comes Around“) und weiter mit sehr starkem Songmaterial aus verschiedenen Phasen der Band. Das hat richtig gut geknallt und mich zum spontanen Mehrtrinkenalsicheigentlichwollte und manch ekstatischer Zuckung verleitet, aber für meinen Geschmack etwas plötzlich war Schluss. Keine Zugaben, kein nix. Ich finde, da wäre mehr drin gewesen und Songs wie „Extreme Aggression“ oder „Blind Faith“ habe ich schmerzlich vermisst. Sparen können hätte Frontsau Mille sich auch das anbiedernde, einstudierte Eingeschleime beim Publikum nach dem Motto „Wir haben uns ganz besonders auf gefreut, hier ist das Publikum ganz etwas Besonderes!“.

Die letzte Bahn zu bekommen, konnte ich trotz des gefühlt frühen Schlusses vergessen, denn nun hieß es erst recht, stundenlang an der Garderobe anzustehen. Dabei konnte ich mir aber das Merchandise-Zeug etwas genauer ansehen: Tonträger gab’s kaum, Vinyl eh nicht, dafür überteuerte Klamotten ohne Ende. 20,- EUR für ein Kreator-Shirt?! Klarer Fall von Arsch offen! Oder diese hässlichen „Thrashfest“-Fetzen, die sogar von vielen Metal-Deppen gekauft wurden… boah, wat für Idioten. Überhaupt, das Publikum: Einerseits waren viele lässig wirkende Oldschool-Kuttenträger und anderes vernünftiges Volk anwesend, andererseits aber auch so ganz arme Pfannen mit „Manowar – Kings Of Metal“-Shirt, Schnurri und zu großer Jeansjacke etc. Die Stimmung war aber völlig friedlich und ausgelassen. Letzteres lag mit Sicherheit zum Teil auch daran, dass Busladungen voll Auswärtiger rangekarrt wurden, die Bock auf KREATOR hatten.

Letztendlich hat es sich auf jeden Fall gelohnt, ich hab’s nicht bereut. Jetzt habe ich trotzdem mal wieder echt die Schnauze voll von diesem Drecksladen „Markthalle“ mit seinem sterilen Ambiente, Wucher-Getränkepreisen und Personal, das einen zu keiner Sekunde daran zweifeln lassen, dass man nur geduldet wird, um in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Kohle dazulassen und sich anschließend möglichst schnell wieder zu verpissen. Fick dich, Markthalle!

AUF BEWÄHRUNG – STURMWARNUNG CD

(www.aufbewaehrung.de) / (www.myspace.com/herdenpanik)

Vom meckpommerischen Teil der Ostsee kommen die „Baltic Rock and Roll“ spielenden AUF BEWÄHRUNG, die mit „Sturmwarnung“ ein interessantes Debüt auf einem kleinen (bandeigenen?) D.I.Y.-Label namens „Riotkids Records“ veröffentlicht haben. Der Gesang bedient sich der deutschen Sprache und die Musik fiel recht abwechslungsreich aus. Man fischt mal mehr im „Deutschpunk“- und mal mehr im Oi!-Punk-Bereich – und zwar gar nicht mal schlecht. Die Songs sind melodisch und teilweise mit schön druckvollen Chören versehen; man beherrscht seine Instrumente und versteht es, die zwei Gitarren gut einzusetzen. Lediglich der Gesang gefällt mir nicht so gut, der dürfte gern etwas dreckiger und rauer klingen. Textlich gibt man sich kritisch und kämpferisch, hört sich alles ganz vernünftig an. Der Hit des Albums ist aber „Kennst du das Lied schon?“ über Aiman Abdallah, den Moderator des Pseudo-Wissenschaftsmagazins „Galileo“ – da musste ich echt lachen, klasse Humor! Der Eröffnungssong wurde übrigens mit einem stimmigen Klavierintro versehen, andere Songs wie „Bist du? Du bist!“ sind mit ca. einer Minute Spielzeit sehr kompakt geraten. Aber was singen die da eigentlich über Mozart? „Er kämpfte gegen die Obrigkeit / ein Rebell in einer fremden Zeit“?! Hab ich irgendwas verpasst? Zuviel Falco gehört oder so? Wie dem auch sei, die Band darf von mir aus gerne weitermachen. Die CD ist übrigens auf gerade einmal 100 Exemplare limitiert und vermutlich aus Kostengründen wurde an der Aufmachung gespart: eine sehr billige Digipak-Variante, kein Booklet o.ä. Elf Songs in 32 Minuten. 2-3. Günni

DÖRMPS – Demo-CD

(www.doermps.de)

Die 2009 in der Dortmunder HirschQ gegründeten DÖRMPS habe eine vier Songs umfassende Demo-CD zusammengeklöppelt, die hörenswerten, melodischen, kraftvollen Oi!-Punk mit deutschen Texten enthält. Es geht um Fußball, Tattoos usw., und besonders hervor sticht „Bunte Arme“, eine astreine Liebeserklärung an die Hautbilder. Ein Hit! Der Gesang ist kehlig, „woho“-Chöre und so sind ebenso dabei wie fähige Musiker. Gefällt mir und sollte man im Auge behalten. Zwölf Minuten Spielzeit. 2-3. Günni

DISTILLERY’S CHILD – ACTION, HORROR & EROTIK CD

(www.myspace.com/erotik) / (www.rebellion-records.com)

Das nenne ich mal ‘ne Partyplatte, was die Herren mit ihrem Debüt hier fabriziert haben. Perfekt produziert und mit klar verständlichem, kräftigem deutschem Gesang wird in den Bereichen Punk, Oi!, Ska und Schlager gewildert, um eine feuchtfröhliche Melange zu kredenzen, die sich hauptsächlich dem Ursprung und der Lösung sämtlicher Lebensprobleme widmet, dem Alkohol. Doch auch dicke Skinheads („Der dicke Skinhead“), die fragwürdigen Fahrkünste Rechtsradikaler („Fahrschule Ian Stuart“) und aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängte Handwerksberufe („Robbenklopper“) sind Bestandteil des Stimmungspotpourries der Destillationskinder. Ein Song wie „Durst“ hätte dabei gut und gerne auch vor 30 bis 40 Jahren von Mike Krüger oder irgendeinem Schlagertypen geschrieben worden sein. Die Platte macht mehr Spaß als so mancher müder LOKALMATADORE-Rip-Off und dürfte so die eine oder andere Party in Schwung bringen – insofern Empfehlung für all diejenigen, die noch Platz im Regal für so etwas haben. Im Booklet gibt’s paar Fotos zu sehen und einige Texte mitzulesen. Elf Song in 33 Minuten. Ohne Wertung. Günni

KEIN HASS DA – HIRNTRAFO Buch + CD

(www.keinhassda.de) / (www.alligatorfarm.de)

kein hass da - hirntrafoDie BAD BRAINS waren eine außergewöhnliche US-amerikanische Hardcore-Band: Schwarze Rasta-Musiker, die ihre spirituellen Überzeugungen mit beißendem, rasantem HC-Punk vermengten, positive Energie ausstrahlten und ihr Programm mit vielen Reggae-Stücken auflockerten. Jene Band hat zahlreiche Musiker nachhaltig beeinflusst, noch immer gelten sie als ein Musterbeispiel für eigenständigen, originellen Hardcore. Gefallen lassen mussten sie sich allerdings die Vorwürfe, homophob und religiös verwirrt zu sein. Ebenfalls inspirieren lassen hat sich Chefzyniker, Exhibitionist, Ex-Kanzlerkandidat, Idiotenklavierspieler, Gedankenverpester und Comic-Verleger Karl Nagel (ex-MILITANT MOTHERS), der mit KEIN HASS DA das wahnsinnige Experiment wagte, BAD-BRAINS-Songs mit deutschen Texten zu versehen und auf eigene Weise zu interpretieren, ohne dabei das Konzept des Originals zu verraten oder bis zur Niveaulosigkeit zu abstrahieren. Dass dieser Versuch als gelungen bezeichnet werden kann, davon konnte ich mich vor zwei Jahren bei einem der ersten Auftritte der Band in Hamburg überzeugen. Nagel hat die Songs nicht nur gehört, sondern studiert und in sich aufgesaugt und scheint, auf der Bühne mit dem Mikro in der Hand stehend, eins geworden zu sein mit der Energie, die die Band transportierte. Mit einem mauen Abklatsch hat das nicht das Geringste zu tun und mit gemütlichem Altherren-Rock schon mal gar nicht. Nagel will’s mit seinen mittlerweile auch schon 50 Lenze noch einmal wissen und legt nun mit dem fertigen, sage und schreibe 29 Songs in 78 Minuten umfassenden Tonträger Zeugnis darüber ab, dass mich mein positiver Eindruck vom Konzert seinerzeit nicht getäuscht hat, ganz im Gegenteil: Den Musikern seiner Band gelingt es vorzüglich, das Songmaterial – egal ob HC-Punk oder Reggae – in die Gegenwart zu portieren, die Produktion ist über jeden Zweifel erhaben und Nagel singt in einer Qualität mit einem Stimm-, Stimmungs- und Stilumfang, als hätte er nie etwas anderes gemacht. KEIN HASS DA haben das Erbe der BRAINS nicht besudelt oder ausgebeutet, sondern veredelt und mit einer starken eigenen Note versehen, so dass sie nie in eine arschkriecherische Huldigungs-Haltung zu verfallen drohen. Nagels Interpretationen könnten Jüngeren sogar dabei helfen, den Geist des Originals überhaupt erstmals zu begreifen und damit Lust auf die alten Scheiben aus den 1980ern zu machen. Die Texte sind frei von stumpfen Parolen und regen in ihrer Poesie, klischeefreien Spiritualität und ihrem Metapherreichtum zum Nachdenken an – z.B. über Unabhängigkeit, Konsumverhalten, Hass und Gewalt, Selbstreflexion und –bewusstsein, Verweigerung usw . Nicht alle muss man dabei unterschreiben, aber als Inspirationsquelle taugen sie hervorragend. Aus „Sailin’ On“ wird dabei „Setz’ die Segel“, aus „Sacred Love“ der „Traumvulkan“, aus „I against I“ wird „Einfach dagegen“, aus „Attitude“ der „Billigflug“ etc. Religiösen Unfug umschiffte man dabei geschickt, selbst ein „Rückkehr nach Eden“ („Return To Heaven“) ist so allgemein gehalten, dass auch Atheisten und Agnostiker nichts zu befürchten brauchen. Trotz der beachtlichen Spielzeit läuft die Scheibe hier rauf und runter und wirkt dank ihres Abwechslungsreichtums kurzweilig und trotz des Tiefgangs und Anspruchs weder aufdringlich noch nervig. Man bekommt nie den Eindruck, dass das hier zu dick aufgetragen oder zuviel des Guten wäre. Ich kenne mich nun nicht so perfekt mit dem BAD-BRAINS-Katalog aus, vermutlich sind aber von jeder Veröffentlichung Songs enthalten mit Schwerpunkt auf dem ganz alten Stoff. Vier Songs wiederum stammen komplett aus der KEIN-HASS-DA-Feder, bedienen sich aber des typischen BAD-BRAIN-Stils und fügen sich perfekt in die Veröffentlichung ein. Soweit, so genial, doch KEIN HASS DA setzen noch einen drauf: Die CD ist alternativ zusammen mit einem großformatigen, gebundenen Hartcoverbuch erhältlich, das in einem Comic die (fiktive) Bandgeschichte erzählt und die Songtexte in zahlreichen Illustration von verschiedensten Künstlern abbildet, die damit ihre eigenen Deutungen der Stücke in kleinen Kunstwerken zum Ausdruck bringen. Die Comiczeichnungen stammen übrigens von Vincent Burmeister, der auch schon mit dem Skandal-Comic „Die! Oder wir“ für Aufregung sorgte, die Story ist von Karl Nagel persönlich. Unfassbar, mit wie viel Herzblut und Liebe zum Detail hier gearbeitet wurde, ich bin völlig begeistert! Das Buch ist für diejenigen, die nach Kauf der Einzel-CD angefixt wurden, auch ohne CD erhältlich. Wer das Buch direkt bei der Band bestellt, bekommt zusätzlich noch eine Vinyl-Single dazu, die drei weitere Songs enthält, die nicht mehr auf die CD gepasst haben. Diese liegt mir leider nicht vor, würde aber sehr gern von mir separat besprochen werden, wenn man sie mir denn nachschickte. Meines Erachtens ist dieses großartige Gesamtkunstwerk die momentane Referenz für den achtungsvollen, nicht rückwärtsgewandten, sondern zukunftsorientierten Umgang mit dem musikalischen Erbe „unserer Szene“ in Tribut-Form und eine, wenn nicht sogar DIE Veröffentlichung des Jahres! 1. Günni

FATAL – GRAU IN GRAU CD

(www.myspace.com/fataloipunk) / (www.rebellion-records.com)

Auch in Bielefeld spielt man Oi!-Punk, wie ich durch das Debüt-Album der schon seit 1998 bestehenden Band FATAL erfahren habe. Das poltert musikalisch auch gleich ganz gut nach vorne los und der Sänger presst teilweise recht lange, sperrige Texte in Landessprache mittels seines derben Organs in die Songs. Diese bewegen sich irgendwo zwischen ruppigem, schnellem Oi!-Punk und Hardcore, was natürlich bei einigen Songs zu Lasten des typischen Singalong-Oi!-Charakters geht. Generell ist das hier ziemlich aggressiver Stoff, ungeschliffen und ungehobelt und mit manchmal verdammt röcheligen Chören (z.B. bei „Grau in Grau“), meine Herren… ab und an lockern ein Akustik-Intro, der Einsatz einer Mundharmonika (bei „Oi! Punk“) oder das Zurückgreifen auf den punktypischen Asi-Ska-Offbeat das Geschehen auf. Textlich deckt man mit Songs über Ficken, Saufen, Freundschaft, Way-Of-Life, Anti-PC und Fuck-You-Attitüde die übliche (wer hat da „ausgelutschte“ gerufen?!) Themenpalette ab, macht aber auch keinen Hehl aus seiner antifaschistischen Überzeugung. Wenig geschmackssicher finde ich neben Zeilen wie „Die Männer stellen sich vor ihm auf / und lachen laut er bricht worauf / sie ihn brutal zu Boden strecken / jetzt soll er sein Erbrochenes lecken“ aus dem Eröffnungsstück „Er“ über ein Nazi-Opfer diese verdammten hochnotpeinlichen Ficksongs, die Zweifel am Alter der Bandmitglieder aufkommen lassen. Ich persönlich hätte die Songauswahl etwas gekürzt, das eine oder andere rausgeschmissen und damit für ein durchgehend wütendes, homogenes Album gesorgt. In dieser Form würde ich die Platte als Durchschnitt mit zuviel austauschbaren Inhalten bezeichnen. Trotzdem ist sie mir lieber ist als vieles, was sich momentan in der Oi!-Szene so tummelt (und leider vielleicht bis auf die antifaschistische Komponente die gleichen Themen für sich beansprucht). Die Texte kann man im passend zum Albumtitel in Grautönen gestalteten Booklet in etwas augenfeindlich-kleiner Schrift nachlesen. 16 Songs in 46 Minuten. 3-. Günni

26.11.2010, Hafenklang, Hamburg: EIGHT BALLS + IN VINO VERITAS + GREEN HELL

Direkt am nächsten Tag luden die Eight Balls zur Release-Party ihres neuen Albums, unterstützt von In Vino Veritas und „Green Hell“. Das Hafenklang war natürlich proppevoll und gewisse Teile des Publikums waren’s ebenso. In Vino Veritas begannen mit ihrem düsteren Proll-Sound und stimmten, wie ich finde, mit Hits wie „Armin M.“, „Mit ohne Stolz“, „Skorbut“, „Blackjack und Nutten“, „Holsten“ etc. perfekt auf den feucht-fröhlichen Abend ein. Anschließend wurde mir bewusst, dass anscheinend jeder außer mir gerafft hatte, dass „Green Hell“ die Landser-Coverband Pflanzer sind und nicht etwa, wie von mir ursprünglich vermutet, eine Misfits-Coverband… Lustig anzusehen waren sie ja schon, mit ihren Sturmhauben und der Security vor der Bühne, aber ansonsten ist das leider so gar nicht mein Humor. Nazitexte krampfhaft in Gärtnerthemen umgedichtet, naja… Anscheinend kannte aber fast jeder die Originale und feierte die Band dementsprechend ab. Ich weiß nicht so richtig, was ich davon halten soll und bin mir nicht sicher, ob man mit solchen Projekten nicht eher Werbung fürs Original macht…?

Mit dem Publikum wieder einig war ich mir dann bei den Eight Balls, die ich bedingungslos abgefeiert hab. Antifaschistischer Asi-Oi!-Punk der Spitzenklasse. Die neuen Songs kannte ich teilweise schon von früheren Konzerten, klang alles sehr gut. Die neue Platte hab ich aber noch nicht gehört, da die Vinylfassung noch nicht da ist. Großartige Songs mit Attitüde, Humor und Aussage. Zum „Bumsmongo“ [Edit 2015: Wurde in einem Forum so genannt]: Das war so ein 2,10-m-Typ mit Krawallbrüder-Shirt. Der Gedanke, dass der tatsächlich am Down-Syndrom leiden könnte, kam mir ehrlich gesagt gar nicht, glaub ich irgendwie auch nicht. Dass so’n T-Shirt nicht unbedingt gleich ein Grund für einen Rausschmiss ist, sah man dort genauso und soweit ich das mitbekommen habe, war zunächst alles friedlich. Allerdings muss man natürlich damit rechnen, dass man ’ne Ansage bekommt, wie von Eight-Balls-Pierre geschehen (sinngemäß „Für Krawallbrüder-Fans ist dieses Konzert nicht gedacht“). Kurze Zeit später Aber fing der Typ plötzlich an, irgendwelche Anti-Antifa-Sprüche zu grölen, auf dem Konzert einer Band mit eindeutiger antifaschistischer Aussage natürlich eine nicht hinnehmbare Provokation, woraufhin er folgerichtig des Hafenklangs verwiesen wurde. Allerdings wurde er weniger rausgeprügelt als vielmehr rausgeschubst und Gegenwehr hat er auch nicht sonderlich geleistet. Als er von dannen zog, brüllte er noch irgendwelche HSV-Parolen und hinterließ ratlose Gesichter von Leuten, die aus dem Verhalten des Typen nicht so recht schlau wurden. War ziemlich unspektakulär, hat aber mal wieder alle Vorurteile gegen KB-Fans bestätigt…

Ach ja, und verdammt heiß war’s und die Lüftung war anscheinend ausgefallen oder so… hat aber vermutlich den Getränkeumsatz angekurbelt 😀

25.11.2010, Hafenklang, Hamburg: SWINGIN‘ UTTERS + THE HEADLINES

Ich war am Donnerstag bei den Swingin‘ Utters im Hamburger Hafenklang. Der Laden war nicht so prall gefüllt wie zwei Tage zuvor bei Youth Brigade, aber trotzdem recht ordentlich. Den Anheizer machten The Headlines, ’77-/Poppunk aus Schweden mit Saxophon- und Mundharmonika-Einsatz und einer sehr sexy und zudem sehr talentierten Bassistin. Hat schon Laune gemacht und die Band kam sympathisch rüber.

Es folgten die Swingin‘ Utters mit einem durchwachsenen Set. Ähnlich wie auf Platte mogeln sich unter großartige Hits immer wieder ein paar belanglose Rohrkrepierer. Das Publikum reagierte verhalten und ließ sich erst ab Song Nr. 4 oder so zum Schwingen des Tanzbeins hinreißen. Unterm Strich überwog zwar die Anzahl der Hits, trotzdem hinterließen die Utters einen zwiespältigen Eindruck. Die sollten beim nächsten Mal einfach mich die Setlist schreiben lassen. 😀 Dann klappt’s vielleicht auch mit ’nem Cock-Sparrer-Cover, das nicht nur ich schmerzlich vermisst habe…

23.11.2010, Hafenklang, Hamburg: YOUTH BRIGADE (+ Support)

Was für ein geiles Konzert! Die gar nicht mehr so jugendliche Brigade hat’s noch immer drauf und ich freue mich riesig, sie endlich einmal live gesehen zu haben. Der Laden war rappelvoll und die Band gut aufgelegt. Gestartet wurde direkt mit „Where Are All The Old Man Bars“, gefolgt von „Violence“ und die Stimmung war bestens! Im Laufe des Auftritts wurden alle Songs vom genialen Splitalbum ebenso gespielt wie viele alte Klassiker, inkl. solch Knallern wie „Fight To Unite“ und „Somebody’s Gonna Get Their Head Kicked In“. Höhepunkte waren natürlich auch die Hymnen „Sink With California“ und „Let Them Know“. Das Publikum war auch sehr angenehm. Um kurz vor Mitternacht war nach einigen Zugaben Schluss und ich schleppte mich völlig verschwitzt und übelriechend nach Hause.

Vorher wurde übrigens die Youth-Brigade/BYO-Doku gezeigt, die bis auf die fehlerbehafteten deutschen Untertitel sehr empfehlenswert und interessant ist. Werde ich mir zulegen müssen, ich liebe solche Filme. Außerdem rockte eine Vorband, deren Namen ich vergessen, ziemlich amtlich inkl. Coverversionen von The Vandals und Black Sabbath. Der langhaarige Sänger mit Asi-Bart, nahender Stirnglatze und Lederhose, der Keyboarder (!), der sehr talentierte Drummer und das deutschsprachige Mädel am Bass spielten ’ne kurzweilige Mischung aus melodischem Oldschool-Punkrock und rockigerem Zeug, hatten Humor und machten Laune.

Ein sehr, sehr lohnender Konzertabend! Und morgen geht’s direkt weiter mit den Schwingin Addähs, Freitag die Eight Balls – wat’n Marathon!

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