Günnis Reviews

Kategorie: Konzertberichte (page 17 of 45)

23.06.2017, Rondenbarg, Hamburg: TORTENSCHLACHT + AMOKDRANG

Ost-Punk-Abend in der Rodenbarg’schen Dröhnbude, u.a. mit den Mädels von TORTENSCHLACHT – das versprach, ein Spaß zu werden, also schleppte ich mich nach einer anstrengenden Woche mit letzter Kraft dorthin (ok, ganz so schlimm war’s auch nicht). Leider war ich alles andere als pünktlich, sodass ich verpasste, wie Robotta höchstpersönlich aus dem SCHLEIMKEIM-Buch „Satan, kannst du mir noch mal verzeihen“ vorlas. Um die Platzkneipe herum hatte man ein paar Stände aufgebaut, u. a. einen mit Ossi-Leckereien wie Sternburg Export für 1,20 den Halben – geile Scheiße. Dem Lockruf des Ostens waren trotz des üblichen Hamburger Überangebots an Ausgehmöglichkeiten erfreulich viele erlebnisorientierte Subkulturanhänger gefolgt und tummelten sich bei gutem Wetter zwischen den Ständen sowie an und in der Kneipe. Was die Live-Musik betrifft, hieß es diesmal nicht „Ladies first“, sondern die Gentlemen von AMOKDRANG aus Leipzig alias Hypezig brachten ab kurz nach 22:00 Uhr Soljanka und Sterni zum Schäumen. Das derbe Organ des Shouters und Rhythmusgitarristen röhrte durch deutschsprachige, räudige Oi!- und Ska-Punk-Songs, wie sie derart dreckig und authentisch irgendwo auf Sachsens Straßen zwischen Mülltonnen und Erbrochenem gezeugt wurden. Das gute Sterni wurde gleich mehrfach besungen (u.a. in der TERRORGRUPPE-Interpretation „Mein Sternburg ist wichtiger als Deutschland“), Leipzig in „Hypezig“ umbenannt und per „Asoziale Druckbetankung“ Lust auf dieselbe gemacht. Der Leadgitarrist und auch der Bassist hatten’s technisch überraschend gut drauf, wobei nicht immer beide Gitarren zum Einsatz kamen; bei manch Ska-Punk-Nummer legte der Sänger seine Klampfe beiseite.  Derer waren’s für meinen Geschmack dann auch ein paar zu viel, nicht alle davon gingen mir so glatt in Bein. Als besonderen Trumpf hatte man aber einen Song im Gepäck, der sich den jüngst verstorbenen GUNTER GABRIEL vorknöpfte, genauer: sein sozialchauvinistisches Anti-Hartz-IV-Empfänger-Gepöbel irgendwann Ende des letzten Jahrzehnts in Eisleben, als es hieß: „Ihr habt ja so viel Zeit, sonst wärt ihr nicht am Nachmittag schon hier! Ich hab‘ leider keine Zeit, ich muss meinen Arsch immer in Bewegung halten!“ Ähnlich wie unter ADOLF NOISE wurde daraus ein Song, diesmal jedoch im angenehmeren Punk-Gewand. Je länger AMOKDRANG zockten, desto mehr ging’s vor der Bühne bei allgemein guter Stimmung rund und zu Zugaben nötigte man sie auch. Drückt euch AMOKDRANG ruhig mal unter https://amokdrang.bandcamp.com/, wobei dort seltsamerweise die Songs der Split-Scheibe wesentlich besser in der (dort ebenfalls hörbaren) Tape-Version klingen.

Mit Rostocks vielleicht femininster Band, dem Trio TORTENSCHLACHT, verbindet mich seit unserem gemeinsamen Gig im Bagehl ‘ne freundschaftliche Bekanntschaft, sodass jedes Wiedersehen eine Freude ist, doch auch ohne könnte ich nichts Negatives berichten. Deutschsprachiges hanseatisches Liedgut über Dinge, die nicht nur Mädels Spaß machen sowie über weniger Erfreuliches, erweitert um wohlgewählte Coverversionen von SCHLEIMKEIM („In der Kneipe zur trockenen Kehle“), INA DETER („Neue Männer braucht das Land“) und, schelmisch augenzwinkernd, den DIMPLE MINDS („Durstige Männer“) – dann auch inkl. Publikumsmikro, wodurch die drei sich den Gesang teilenden Kodderschnauzen Unterstützung aus vollen Kehlen bekamen. Die Instrumentierung schrammelte, zupfte und schlagklopfte dazu, was Material und Kondition hergaben und Dank des Ausbleibens technischer Probleme flutschte das alles flüssiger und souveräner als beim vorherigen HH-Gig. Dabei rappelt es immer noch überaus charmant in der Kiste, weshalb mir Vergleiche mit SMEGMA und einst ähnlich unbefangen aufspielenden Kapellen in den Sinn kommen, als man frei von der Leber weg sang und spielte, was man wollte und der Spaß an erster Stelle stand. Den hatten auch alle Anwesenden und feierten inkl. meiner Wenigkeit eine zünftige Party vor und auf der Bühne, weshalb dieser mein bisher östrogenialster ToSchla-Gig wurde.

Fazit: Perfekter Abend für Freunde der rustikalen Rutsche und ein Leckerbissen für Ostzonen-Gourmets.

17.06.2017, Molotow, Hamburg: BAD MOJOS + BOLANOW BRAWL

Von Freud und Leid eines Bolanow Brawlers

Nachdem das Molotow ins schicke neue Gebäude nahe der Großen Freiheit umgezogen war, etablierte es die „Punk Cocktail“-Reihe mit kleinen Punk-Konzerten, die i.d.R. erst um Mitternacht beginnen und im kleinen „Karatekeller“ stattfinden. Nicht selten finden im großen Saal Parallelveranstaltungen wie Indie-Discos oder andere Konzerte statt und genau so war’s auch für diesen Samstag geplant: Zwei Bands und Disse oben, wir mit den eidgenössischen BAD MOJOS unten. Der gute DJ Starry Eyes, der uns zum Brawl herausgefordert hatte, hatte im Vorfeld einen stringenten Zeitplan verschickt und so fanden wir uns um 19:00 Uhr am neuen Proberaum ein, um unser Equipment inkl. drei Boxen und Gedöns aus dem sechsten Stock in unsere zwei Karren zu hieven und auch ja pünktlich um 20:00 Uhr am Molli zu sein.

Nachdem ich Sonntag nach dem zweitägigen Gaußfest heiser wie ein Marktschreier nach seinem ersten Tag auf dem Fischmarkt erwacht war, hatte sich eine linksseitige Mandelentzündung herauskristallisiert, die ich einmal mehr mit Locabiosol und Fenchelhonig zu bekämpfen versuchte, mich jedoch nicht davon abgehalten hatte, mit meinen beiden Bands bis zum Gig noch drei Proben hinzulegen. Ole hatte dann im Vorfeld schon bekundet, verkatert von Freitagnacht zu sein,  Christian kam gleich mal kräftig angetrunken von einer Geburtstagsfeier, die tagsüber (!) stattgefunden hatte und bei mir wurden Erinnerungen an unseren suffbedingten Totalausfall damals im Skorbut wach. Christian machte auch keinerlei Anstalten, mit dem Gesaufe aufzuhören, stattdessen lautete seine Taktik „Pegel halten“. Ich war gestresst. Vor Ort eröffnete man uns dann, dass der Karatekeller heute dicht bleiben und man alle Bands über die große Bühne peitschen würde. Für uns bedeutete das: Statt direkt auf die Bühne unser Zeug die Treppen hoch in den Backstage zu wuchten und zeitbedingt auf den Soundcheck zu verzichten, dafür aber die eindeutig geilere Bühne besudeln zu dürfen. Nun standen unsere Karren auf dem Gehsteig vorm Molotow denkbar ungünstig und Parkplatzsuche mitten auf dem Kiez ist auch immer so’ne Sache, weshalb wir beschlossen, die Dinger kurzerhand nach Hause zu chauffieren und später mit der Bahn zurück auf den Kiez zu gurken. Außerdem hatte ich Depp die Tüte mit unserem spärlichen Merch zu Hause gelassen und Christian die Setlist auszudrucken vergessen, weshalb ich mit zu ihm fuhr, um wenigstens ein paar Platten einzupacken und ihn an seinen Printjob zu erinnern. Letztlich druckte er gleich zehn Exemplare und machte sich später einen Spaß daraus, die halbe Bühne mit ihnen zu pflastern…

Bei Christian musste ich dann sein „Pegelhalten“ mitansehen, was meinen Puls nicht unbedingt senkte, den gerade wieder ausgenüchterten Ole involvierte man in Pfeffi-Verköstigungen (Sortenraten nach Art einer Blinde-Kuh-Variation) und als ich mir langsam wenigstens mein erstes Bierchen gönnen wollte, war keines da. Zu viert machten wir uns auf den Weg zum sich nicht unbedingt um die Ecke befindenden Supermarkt, wo wir für unsere paar warmen Bier gefühlte Stunden an der Kasse darben mussten. Denselben Weg ging’s zurück und endlich konnte ich meine trockene Kehle mit dem kühlen alkoholhaltigen Nass benetzen. Fürs zweite Bier war schon keine Zeit mehr, denn für 22:30 Uhr hatten wir uns am Ort des Geschehens verabredet und ich musste vorher unbedingt noch etwas essen. Gelatsche zur Bahn; angekommen auf dem Kiez seilte ich mich Richtung Pizzabäcker ab und harrte in der Schlange, während die Uhr unerbittlich tickte. Kaum die Mafiatorte vertilgt, galt es, sich über die wie üblich samstags um diese Zeit überfüllte Reeperbahn zu schieben und zu drängeln. Endlich zurück im Molotow war’s dann auch schon 23:00 Uhr und kaum hatte ich mir ‘ne Kippe gedreht, angesteckt und auf dem gemütlichen Backstage-Sofa platzgenommen, verdonnerten mich meine Bandkollegen, mit ihnen den ganzen Ranz wieder herunter auf die Bühne zu schleppen und straften mich, als ich nicht sofort Gewehr bei Fuß stand, in einer Mischung aus Realitätsverlust und Missgunst mit ihren teuflischen „Du alter Drückeberger schleppst doch eh nie was außer deinem Bier!“-Blicken. Also Kippe in den Mundwinkel, dat janze Jelöt wieder die Treppen runter, als ich mich erschrak: Verdammt, gleich würden wir anfangen müssen und ich hatte gerade einmal ein längst wieder ausgeschwitztes lüttes Pils intus! Mit gemütlichem Abhängen im Backstage oder am Merch-Stand (oder dem pittoresken Molotow-Garten) und sich langsam trinkend auf den Gig eingrooven war ja nix. Aus Stress wurde Panik und während die anderen ihre Kabelage zusammenfriemelten und dabei möglichst kompetent aus der Wäsche zu lugen versuchten, versuchte ich mich in Druckbetankung, indem ich mich endlich dem Genuss des Backstage-Biers hingab. Dabei wartete ich als von der Band zum „Bannerbeauftragten“ Ernannten darauf, endlich hinter die Schießbude zu können, um unseren Lappen aufzuhängen. Als es endlich so weit war, raunte mich ein nervöser Bandkollege auch noch an, dass das nun ja wohl überhaupt nicht mehr wichtig sei und wir jetzt anfangen müssten. Ich antwortete zweisilbig und brachte das gute Stück an, zumal es komfortable und sogar halbwegs passende Aufhängungen gab, die verhinderten, ewig lange mit Gaffa-Tape hantieren zu müssen, das einem jegliche Öko-Bilanz versaut und letztlich doch nicht verhindert, dass das Ding mitten im Set heruntersegelt.

Als es dann nach 20 weiteren Minuten tatsächlich losging, fiel mir siedend heiß ein, dass meine Stimme noch total kalt war. Einen Soundcheck zum „Warmsingen“ gab’s ja nicht und sämtliche Gelegenheiten, z.B. meine Bandkollegen anzubrüllen, hatte ich aufgrund meiner guten Erziehung ungenutzt verstreichen lassen. Das war aber egal, wenn bereits während des Eröffnungsakkords bemerkte ich, dass ich angepisst genug war, um gar nicht mehr erst warm werden zu müssen und so sang ich das gesamte Set durch ‘ne Kelle aggressiver als für gewöhnlich. Dafür hielten Kehle und Mandel aber stand – nur die paar höheren Töne wollten diesmal nicht so – und der Bühnensound war auch überraschend ok, nach einer kurzen Monitorkorrektur nach dem ersten Song hatte ich diesbzgl. keine Probleme mehr. Dann und wann waren wir ja berüchtigt für ausufernde alberne Laberparts zwischen den Songs, aufgrund des engen Zeitplans verzichteten wir jedoch diesmal darauf und drückten aufs Gas. Meine Beleidigungen gegen die eine oder andere Kackband brachte ich dennoch unter, verteilte Bolanow ans Publikum (der irgendwann überraschend zurückkam) und stieß mit den Gästen an. Zwangspausen gab’s lediglich, weil Stulle massive Probleme mit seinem Bass hatte. Das Credo „Never Change a Running System“ außer Acht lassend, hatte er eigens für den Gig brandneue Saiten aufgezogen, von denen ihm die E-Seite nun ständig vom Bund rutschte, was ihn zusehends stresste und das eine oder andere Nachstimmen erforderlich machte. Wirklich aus dem Konzept brachte ihn das allerdings nicht, er biss die Zähne zusammen und basste das Set konsequent durch. Für seinen Zustand spielte auch Christian erstaunlich souverän und er war (möglicherweise in Anlehnung an die BAD MOJOS und ihre irren Verkleidungen) in Kragenhemd und Badeshorts geschlüpft, was ihn wie einen Vollhonk erscheinen ließ.  Taktgeber und Uhrwerk Raoul an den Drums hingegen war die Lässigkeit in Person und Ole fiedelte seine Leads bravourös herunter. Als ich auf der Bühne stand, war sämtlicher Stress vergessen und das Ding flutschte recht gut. Überhaupt, die Bühne: Endlich mal wieder Platz, sodass man sich nicht gegenseitig auf die Latschen trat und den Christian sowie insbesondere Stulle für ein paar sportlich-elegante Jumps ausnutzten, zudem ein schönes Sammelsurium an Monitorboxen, keine fiesen Rückkopplungen oder sonst irgendein nervenzehrender Scheiß. Ein nicht unbedingt gewohnter Luxus.

Unser Set hatten wir um drei Songs gekürzt, um mit rund 40 Minuten Spielzeit auszukommen. Die Menge vor der Bühne schwankte (nicht alkoholbedingt, sondern ihre Stärke betreffend), hin und wieder wurde sich auf ein Tänzchen eingelassen und zum Schluss, zu „Fame“ und als unser Neuling „Red Lips“ seine zweite und somit erstmals gesangsfehlerfreie Aufführung erlebte, ging’s noch mal ganz gut ab. Das war dann auch der Abschluss unseres Gigs, den Christians Sandy aus sicherer Entfernung fotografisch dokumentierte (besten Dank!). Fazit: Stulle zieht besser die alten Saiten wieder auf, in Sachen Takttreue und Präzision ist allgemein ebenso noch Luft nach oben wie in Bezug auf Kräfteeinteilung und Kondition bei mir, was aber schon mal wesentlich schlimmer war. Der neue Song knallt, das Molotow ist auch aus Bandsicht ‘ne geile Hütte und jeglicher Stress im Vorfeld war reichlich unnötig und vor allem hauptsächlich selbstgemacht.

Nun ging’s aber mal schön innen Garten und Backstage, entspannen und mit den Gästen schnacken, Bandbier saufen, den obligatorischen Verriss von Stulles Bruder abholen. Dass ich auf der Bühne noch auf unsere Platte hingewiesen hatte und sich daher am besten jemand mit dem Ding mal an den Merch-Stand gesetzt hätte, hatte ich total vergessen. Wir sind schon so Verkaufsgenies… Die BAD MOJOS, mit denen ich leider kein einziges Wort gewechselt hatte, schlüpften schließlich in ihre Kostüme und waren, als ich mich vor die Bühne gesellte, schon bei ihrem GG-ALLIN-Cover „Don’t Talk To Me“ und somit fast der Hälfte ihres Sets angelangt – da hatte anscheinend auch jemand Gas gegeben. Live klang das Trash-Garage-Sonstwas-Punk-Trio vornehmlich nach astreinem ’77-Pogo-Punk, wie er zeitlos und nie überholt klingt und auf der mittlerweile rappelvollen Tanzfläche für ekstatischen Ausdruckstanz sorgte. Der Sound war spitze, das Bier schmeckte dazu nochmal so gut und ich schoss ein paar Fotos vom Bühnenrand. Chapeau an die Kantonbewohner!

Natürlich wurde nach Beendigung der Backstage-Party noch die Nacht zum Tag gemacht, bevor mich um 12:00 Uhr der Wecker terrorisierte und schmerzhaft daran erinnerte, dass das Zeug aus dem Molotow wieder in die Autos verstaut, zum Proberaum gefahren und in den sechsten Stock geschleppt werden musste. Das war’s natürlich allemal wert ; großes Dankeschön an dieser Stelle an DJ Starry Eyes, der nach dem BAD-MOJOS-Gig übrigens noch einen Punk-Klassiker nach dem anderen durch die P.A. jagte, und natürlich ans gesamte Molotow-Team! Bolanow und Molotow sind ‘ne gute Kombination. Es war uns ein Vergnügen!

09. + 10.06.2017, Gaußplatz, Hamburg: GAUSSFEST 2017

25 Jahre Gaußplatz! Unter diesem Jubiläumsmotto stand das diesjährige Gaußfest, für das wieder einmal der Wagenplatz mehrere Tage lang Freunde aus Hamburg und aller Welt lud, um’s bei freiem Eintritt und Bier zu ‘nem lumpigen Euro kräftig krachen zu lassen – diesmal sogar schon Donnerstag mit einem Warm-Up-Gig im El Dorado, der Platzkneipe, beginnend, wo AAARGH FUCK KILL, EXIT SMASHED und KANISTERKOPF zum Tanze baten. Der fand jedoch ohne mich statt.


Am Freitag hatte es dann noch mal kräftig geschüttet, doch entgegen des ursprünglichen Zeitplans begannen die Kieler VLADIMIR HARKONNEN erst, als die Himmelsschleusen vorerst geschlossen hatten. Dadurch traf ich sogar fast noch pünktlich ein, um ihrem Metal-Punk-Brett beizuwohnen. Rauer, aggressiver Grölgesang von Ex-BONEHOUSE-Philipp, englischsprachige Texte frei von Plattitüden und metallisches Geriffe, wenn auch diesmal von nur einer Klampfe, gewürzt mit Philipps gewohnt humorvollen Ansagen („Als wir angekommen sind, sagte ein Punk zu mir: ‚Ey, du siehst aus wie meine Mudder!‘ Der scheint eine sehr attraktive Mutter zu haben. Alle sehr freundlich hier!“) – das macht natürlich Laune. Vor der Open-Air-Bühne hatten sich große Schlammpfützen gebildet und manch Besucher machte sich einen Spaß daraus, in ihnen herumzuspringen und zu versuchen, ihren Inhalt auf den großen Rest des Publikums zu verteilen. Großen Respekt rang dem Frontmann ab, als es einer Dame gelang, auf den Schlussakkord genau mit Anlauf und Gebrüll in den Schlamm zu springen und die Bühne dabei zu besudeln. Großen Respekt rang mir wiederum ab, wie es Philipp gelang, sich nach einem fiesen Versuch seines Bassisten, ihn hinterrücks von der Bühne in den Schlamm zu schubsen, gerade noch so am Gebälk des Bühnendachs festzuhalten. Reflexe wie ‘ne Katze – und wer solche Bandkollegen hat, braucht vermutlich keine Feinde mehr. Leider nach wie vor hochaktuell war das kompetente SLIME-Cover „Schweineherbst“, erstaunlich gut war der P.A.-Sound und bereits reich versammelt das trinkfreudige Publikum, dem ich mich vorbehaltlos mittels Hasseröder anschloss. Gelungener Auftakt!

Die Hamburger RESTMENSCH hatte ich nun schon länger nicht mehr gesehen und was soll ich noch groß zu ihnen schreiben, was ich nicht schon längst kolportiert hätte? War natürlich klasse wie immer, aggressiver und doch durchdachter HC-Punk mit deutschsprachigen Texten in Tradition TOXOPLASMAs und Konsorten, Power-Drumming, Ex-NEUE-KATASTROPHEN-Stimme Alex am Gesangsmikro und flottes Punk-Riffing von THRASHING-PUMPGUNS-Flo. Immer wieder gern gesehen und gehört, wenn es auch leider wieder zu pissen begonnen hatte.

Keinen Day Off hatten sich DEVIL’S DAY OFF genommen, die mich mit ihrer Mischung aus Punk’n’Roll, Hard- und Schweinerock diesmal stärker überzeugten als im April in den Fanräumen. Die Songs gingen besser ins Ohr, die Hitdichte erschien höher, die Band routinierter und bestens aufgelegt. Mit ihrem rockigen Sound traf sie exakt den Nerv manch Besuchers, der die Hamburger kräftig abfeierte. Schöner Gig, bei dem sich auch das Wetter wieder gebessert hatte.

Mit den RAZORS blieben wir musikalisch auch gleich in Hamburg, wenngleich ihr Sound natürlich Original-’77-Insel-Punk ist – Kunststück, stammen der Hansestadt Dienstälteste doch auch aus jener Zeit. Diese an dieser Stelle noch näher zu beschreiben, hieße, Bier auf den Gaußplatz zu tragen. Danker & Co. lieferten wie nicht anders gewohnt sauber ab, zocken immer noch ein geileres klassisches Punkrock-Brett als viele Nachahmer und ließen die bekannten Coverversionen einfließen, die einen RAZORS-Gig rund machen. Bei keiner anderen Band wurde an diesem Tag so viel mitgesungen wie bei den RAZORS und vor mittlerweile gefühlt 100.000 Leuten wäre das eigentlich bereits ein krönender Abschluss des ersten Open-Air-Tags gewesen, doch hartnäckig hielt sich das Gerücht, dass noch eine Überraschungsband antreten würde – Franzosen, die eigentlich vor mehreren Jahren bereits eingeplant gewesen seien, sich jedoch offenbar um ein paar Jährchen verspätet hätten und kurzfristig verlauten haben ließen, nun in der Nähe zu sein und ‘rumzukommen…

Dabei handelte es sich um niemand Geringeren als die „Psychopunks“ MANOR FREAKS, die eine Mördershow aufs Parkett legten und hart dafür arbeiteten, die Stimmung nochmals zu steigern. Eine herrliche fiese Punkabilly-Show um Mitternacht, original mit Standbass, Flat und trashig-morbider Atmosphäre ist natürlich etwas Feines und bockte noch mal so richtig. Musikalisch hochkarätiger Stoff und eine extrem spielfreudige Band, die das Ambiente sichtlich genoss. Welch Schlusspunkt unter den ersten Festivaltag!

Am zweiten Tag schlug ich bereits nachmittags auf, das Wetter war nun durchgehend einwandfrei und die Schlammpfützen ein gutes Stück weit abgetragen, da die Besucher vom Vortag eine Menge davon mit nach Hause genommen hatten oder noch immer an Kleidung und Körpern mit sich herumschleppten. Die erste Zeit vertrieb ich mir damit, Kai Motherfucker an seinem Aufnäherstand Gesellschaft zu leisten. Den musikalischen Teil eröffneten dann gegen 17:15 Uhr HAMBURGER ABSCHAUM, deren Auftritt auf dem Affengeburtstag mir noch in wohliger Erinnerung war. Während eines solchen Heimspiels lässt sich das Septett selbstverständlich nicht die Butter vom Brot nehmen und lieferte dementsprechend vor einer bereits wieder sehr gut aufgelegten, mitunter sehr textsicheren Meute „vollbepackt mit zwei Akkorden“ feuchtfröhlich ab – mal mit Trompete, mal ohne, mal mit Kettensäge, mal ohne, aber stets mit bunten Rauchbomben, die man ins Publikum warf. Hier und da arbeitete man mit Spracheinspielern aus der Konserve, beispielsweise beim Pro-Flüchtlingssong. Vor ihrem größten Gassenhauer „Nich‘ mein Ding“ befeuerten die Sänger Frank und Nico das Publikum zusätzlich und nach einer extrem partytauglichen Mischung aus altem und neuem Material musste der ABSCHAUM für zwei Zugaben ran, u.a. einfach noch mal „Nich‘ mein Ding“. Bei ein, zwei Enden war man sich auf der Bühne nicht ganz einig, doch das hatte Charme, zumal alles andere für meine Ohren absolut souverän flutschte. Wer nicht spätestens jetzt wieder in voller Feierlaune war, hatte vermutlich ganz andere Probleme.

PROTEST GROTESK von mutmaßlich irgendwo aus’m Pott müssen dann der „evtl. Special Guest“ vom Flyer gewesen sein, anne Drums anscheinend der ehemalige SS-KALIERT-Trommelbube. Die Band hat seit ein paar Jahren ein Album draußen und spielt dreckigen HC-Punk mit Metal-Schlagseitig, bischn krustig und mit einer aggressiven Sängerin gesegnet, die schreit, was die Kehle hergibt und der man anmerkt, dass da etwas aus ihr raus muss. Authentischer Stoff also, dem an diesem Tag leider die zweite Gitarre abging, die offenbar leider verhindert war. Der geschminkte verbliebene Klampfer hielt aber so gut wie möglich dagegen und dass der rifftechnisch was auf dem Kasten hat, wurde durchaus deutlich. Wenngleich manch Song, wahrscheinlich gerade unter diesen Umständen, irgendwie unorthodox und gewöhnungsbedürftig klang, gefielen mir die Power, Energie und Überzeugung, die da von der Bühne kamen. Würde ich bei Gelegenheit gern noch mal in kompletter Besetzung sehen.

Nun besteht ein solches Festival nun ja aber nicht nur aus Livemucke. Es gibt auch Aufnäher- und T-Shirt-Stände abzuklappern, es gibt Fressstände und neben der herkömmlichen Theke Bowle- und Cocktail-Ausschank – vor allem aber läuft einem dort eine Vielzahl bekannter Gesichter über den Weg, darunter auch einige, die man länger nicht mehr gesehen hat. Kurzum: Ich machte es mir in einem Bauwagenvorgarten bei den Rostockern gemütlich und hatte dabei vermutlich mehr Spaß, als die Berliner NOT THE ONES mir hätten bieten können, weshalb ich diese Band kurzerhand aussetzte. Und gesungen wurde auch dort, z.B. über „Hanser Rostock“…

Für die LIQUOR SHOP ROCKERS raffte ich mich jedoch noch einmal auf. Das Hamburger „All-Star-Projekt“ um Weste (ex-LEFT JAB), Nina (ex-RECHARGE), Needlz (ANTI-CLOCKWISE) und Toni (ex-STONE COLD BLACK) gehört zum neuen heißen Hamburger Scheiß und zockt mit jahrelanger Erfahrung aus ihren anderen Bands auf dem Buckel einen deftig drückenden Sound irgendwo zwischen Hardcore-Punk und punkigem Hardcore mit englischen Texten, treibend, selbstbewusst und schön auffe Omme. Nachdem ich mich im November in der Lobusch erstmals mit ihnen vertraut hatte machen können, wusste ich nun, was mich erwartet. Weste und Co. traten einem die Falten aus dem Arsch und machten alles richtig, was das Publikum ihnen mit großem Zuspruch und Begeisterung dankte. So wurden ihnen folgerichtig Zugaben abverlangt, zu denen „(You Gotta) Fight For Your Right (To Party)“ von den BEASTIE BOYS gehörte, das inklusive CITY-RATS-Gastsänger geschmettert wurde. Geht ab – weiter so!

Aus meiner „Zone“ getauften MeckPomm-Ecke kam ich danach nicht so recht wieder hoch, sodass mir trotz ausdrücklicher Empfehlungen die HH-Kiel-Connection NOM durch die Lappen ging. Meine Aufmerksamkeitsspanne war nun aber auch längst ausgeschöpft und der Alkoholkonsum – mittlerweile war ich von Hasseröder auf Veltins umgestiegen – trug sein Übriges dazu bei. Als ich begann, ‘90er-Jahre-Wrestling-Einlaufhymnen von meinem Telefon abzuspielen, war das Niveau schließlich endgültig im Keller und als der offenbar nur zum Klönschnack vorbeigekommene IVV-Ladde wieder das Weite gesucht hatte, suchte ich noch die After-Show-Party in der Platzkneipe auf und verhaftete ‘nen Absacker mit KANISTERKOPF Herrn Lehmann, bevor ich auf den Wogen der Euphorie Richtung Koje ritt.

25 Jahre Gaußplatz – das hieß nicht nur derbe Party, sondern auch 25 Jahre erkämpfter Freiraum, Selbstbestimmung, Wohn- und Ereigniskultur, Raum für kleine (und größere) Bands, eine Oase inmitten Hamburgs. P.A.-Chef Wurzel hatte den Sound permanent gut im Griff, besonders die Drums ballerten dieses Jahr echt gediegen. Doch nicht nur er, sämtliche Mitverantwortlichen hatten wieder einmal ein feistes Spektakel auf die Beine gestellt und dürfen sich mal kräftig auf die Schultern klopfen lassen. Das begann schon bei der für Hamburgs D.I.Y.-Festivals typischen handverlesenen Bandauswahl, ein Garant für hochklassigen Abwechslungsreichtum ohne Spacken. Tatsächlich konnte ich wieder mit allem, das ich mir angesehen hatte, etwas anfangen, von der einen oder anderen Krachkapelle war ich ohnehin schon Fan. Meines Wissens blieb auch stets alles friedlich, ein Fest also für die ganze Familie inkl. ihrer Hunde. Erstmals gab ich mir beide Tage und hab’s nicht bereut. Einziger, jedoch großer Wermutstropfen: Es fehlten einige, die leider nicht mehr unter uns weilen, was sich trotz Nachwuchses dann und wann reichlich seltsam anfühlte. Ey, ihr habt was verpasst! Aber ich hab‘ einen für euch mitgetrunken. Für alle anderen gilt: Auf das nächste Vierteljahrhundert Gaußplatz! Prost!

04.06.2017, Fat Lenny’s, Hamburg: SUPERNICHTS

Die Kölner Pullunder-Punks SUPERNICHTS hab’ ich auf dem Schirm, seit sie mir Ende der ’90er auf dem „BRD Punk Terror Vol. 1“-Sampler aus dem Hause Nasty Vinyl über den Weg liefen und seitdem auch einige Alben angeschafft, sie seltsamerweise aber nie live zu Gesicht und Gehör bekommen. Das sollte sich an diesem Pfingstsonntag ändern, und zwar gänzlich unverhofft. Nachdem ich am Abend zuvor auf der Altona-93-Aufstiegsfeier und anschließend draußen vorm „Gott sei Punk“-Festival (ohne hineinzugehen) herumgelungert hatte, war ich irgendwie noch nicht ganz ausgelastet. So lud mich Stulle auf der sonntäglichen BOLANOW-BRAWL-Probe dazu ein, erst mal mit zu Nadine und ihm zu kommen und dann mal zu gucken, was der Abend noch so bringt. Beim Scrollen durchs Fratzenbuch stieß ich schließlich auf einen Eintrag, der SUPERNICHTS im Fat Lenny’s avisierte! Fat who? Das Fat Lenny’s ist ein uns bis dato unverständlicherweise unbekannt gewesener Laden gegenüber der Altonaer Fabrik, der von Ex-Cobra-Bar-Malte mit einigen Mitstreitern betrieben wird und neben warmer Küche aus dem Smoker und vom Grill Craft Beer vom Fass, Drinks, Biergarten, Punkrock und eben anscheinend ab und zu auch Live-Mucke anbietet. IVV-Ladde konnten wir erfolgreich mitschnacken, der uns kurzerhand rumfuhr. Nach etwas Cornern, wie das gute alte Straßentrinken neudeutsch heißt, betraten wir den Laden, in dem SUPERNICHTS offenbar sehr kurzfristig bei freiem Eintritt verpflichtet worden waren, nachdem sie zwei Tage zuvor Bremen gerockt hatten. Dort gab’s ein großes Hallo, als sich Malte und Stulle wiedererkannten und kurz vor halb Elf schritt das Trio mit langer, auf zwei A4-Seiten verteilter Setlist zur Tat. Die Gesangsanlage war etwas schwachbrüstig, sodass die von viel Ironie und Sprachwitz bestimmten Texte nicht sonderlich gut zur Geltung kamen, ansonsten war der Sound aber ok und beschallte das gemischte Publikum, das teils eigens zur Band erschienen war und sich teils sowieso gerade im Fat Lenny’s aufhielt, u.a. im Rahmen einer Geburtstagsfeier. Meine Favoriten, der Diättipp „Korn-Cola-light“, die Studentenhymne „Saufen auf Lehramt“ sowie der Polit-Punk-Kracher „Du und deine scheiß FDP“, versetzten mich natürlich am meisten in Verzückung, dann und wann wurde die Nebelmaschine angeschmissen und hüllte den Laden in dichten, nun ja, Nebel eben, nur auf „Gut Holz“ und „Die Wanne ist voll“ musste ich vergeblich warten. SUPERNICHTS sind sicherlich nicht Jedermanns Sache, Sound und Attitüde lassen sich grob in Richtung CHEFDENKER, CASANOVAS SCHWULE SEITE u.ä. einordnen, SUPERNICHSTS sind jedoch schon länger dabei und machen ihr eigenes Ding. Ich find’s schwer unterhaltsam, oft hintergründig-augenzwinkernd witzig und vor allem klischeefrei und individuell. Nach 34 Songs oder so zerlegte die Band in einem Anfall wilder Raserei die Bühne und ging im Biergarten rauchen, womit der Gig vorbei und auch keine Zugabe mehr möglich war. Wir tranken und quatschten einfach weiter und hatten noch einen sehr lustigen Abend. Da werde ich auf jeden Fall mal wieder vorbeischauen; das Fat Lenny’s ist eine echte Bereicherung im vom immer dünner werdenden Kneipenangebot geplagten Ottensen, denn zur 1A-Kneipe wird die Bude, sobald die Küche (die allerdings eher etwas für Fleischesser ist) schließt. Mit mehr Werbung wären sicherlich auch so kurzfristig noch ein paar Gäste mehr gekommen, sonderlich viel zu bieten hatte Hamburg an diesem Abend ausnahmsweise einmal nicht. So war’s einfach ein lauschiger Kneipen-Gig im kleinen Kreise, der uns für unsere Spontaneität belohnt hat.

26.05.2017, Gängeviertel, Hamburg: War In Your Head Punkfest Vol. 4

It’s in your head, Zombie! – Der verzweifelte Versuch einer Retrospektive ohne Notizen oder lückenlose Erinnerungen

Das zweitägige War-In-Your-Head-Festival ging in die vierte Runde und erstmals war ich mit von der Partie. Das zweitägige D.I.Y.-Festival wird komplett ehrenamtlich von einem Zusammenschluss der Konzertgruppen „Punkbar“ und „Beyond Borders“ organisiert und da die Renovierung der zweiten Konzert-Location nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte, verlegte man die zweite Bühne kurzerhand in den (dann doch etwas intimeren) Keller der Fabrique, was viel Hin-und-Her-Rennerei ersparte. Zunächst galt es aber, überhaupt hineinzukommen. Im Internet hatte ich etwas von 18:00 und 19:00 Uhr gelesen und dass man ja pünktlich sein solle, da sonst die Gefahr bestünde, dass das Eintrittskontingent bereits erschöpft sei. Da Murphy’s Law besagt, dass bei verspätetem Eintreffen wegen Überfüllung geschlossen ist, man, findet man sich pünktlich wie die Maurer ein, jedoch besser leichte Lektüre wie „Krieg und Frieden“ oder „Das Kapital“ mitnimmt, um die Wartezeit totzuschlagen, entschied ich mich fürs kleinere Übel und tauschte kurz vor 1900 Nachkriegszeit einen frisch gebügelten Zehner gegen ein giftgrünes Eintrittsbändchen, das mir in diesem Moment herzlich wenig half: Organisatoren, Helfer und Helfershelfer liefen nicht unbedingt tiefenentspannt durch Gebäude und das Drumherum, während für Normalsterbliche die streng bewachte Pforte verschlossen blieb. Ok, ich wollte ohnehin erst mal Dinieren und wich dem mit seiner Beschränkung auf Pommes Frites etwas mauen Essenangebot (das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau 😉 ) zu Domino’s aus, die einem für ‘nen Fünfer ‘ne okaye Pizza ohne Extrawürste zubereiten, die den Wanst füllt. Hinuntergeschlungen werden musste diese allerdings ohne Kaltgetränk, da besagte Pforte auch den Zugang zum Tresen verwehrte. Draußen waren zwar ein Cocktail- und ein Schnapsstand aufgebaut worden, Bier gab’s allerdings lediglich in den Krallen diversen bereits sturztrunken aufschlagenden Jungvolks. Nun hätte ich mich locker jener beiden Stände bedienen und mich in Windeseile selbst in jenen Zustand befördern können, doch so sehr ich für bescheuerte Ideen zu haben bin, so skrupelbehaftet war ich noch. Und eines war sicher: Früher oder später würde ich sie ohnehin einholen.

Das Bombenwetter jedenfalls ließ einen problemlos draußen ausharren, bis es endlich die Stufen hinunter in den düsteren Keller ging, wo um ca. 20:20 Uhr STATIC MEANS eröffneten und damit die kolportierte Reihenfolge ad absurdum führten. Die Leipziger spielten englischsprachigen Post-Punk mit Keyboarderin und Sängerin in Personalunion, der eigentlich nicht so meine Mucke ist, live mit aufgekratzter, Grimassen schneidender und entfesselt zu ihrer eigenen Darbietung tanzender Frontfrau jedoch so viel Energie und Lebenswut transportierte, dass es eine Freude war, dem beizuwohnen – wenn sich auch pünktlich zum Konzertbeginn der erste Punk in einer Wandeinbuchtung neben der Bühne schlafenlegte. Reinhören unter https://staticmeans.bandcamp.com/.

Die Treppen in den großen Saal hochgehastet, wurde man Zeuge, wie MOPED aus Betzdorf so was wie schweinerockigen Punk’n’Roll zockten und durchaus einige Interessierte versammelten, die in der großen Bude jedoch noch etwas verloren aussahen. Die spielfreudige Band ließ sich von ein, zwei Leuten frenetisch abfeiern (mitgereiste Bandkumpanen? 😉 ), der Bassist unternahm Ausflüge ins Publikum und zeitweise wurde vor der Bühne mehr fotografiert und gefilmt als getanzt. Wenn’s auch nicht 100%ig meine Cup of Pee ist, hat die Band das sehr souverän geschultert und den Energiekick nahm ich gerne mit, zumal der Sound schön knackig durch die P.A. schallte. Hatte sich da eigentlich eine „Alcohol“-Coverversion (GANG GREEN) eingeschlichen? Das gibt auf jeden Fall Pluspunkte. Reinhören unter https://moped-wwhc.bandcamp.com/.

Zurück im Keller war man noch mit dem Soundcheck beschäftigt und man merkte den Bremern NEUROTIC EXISTENCE an, dass sie gesteigerten Wert auf guten Sound, insbesondere auf der Bühne, legten. Als sie schließlich zufrieden waren und loslegten, wurde auch klar, warum: Bei zwei Gitarren und abwechselndem Gesang wird Monitormatsch vermutlich schnell zur Hölle. Den Gesang teilten sich ein männlicher Shouter und Szene-Urgestein Tati (ex-LOST WORLD, ex-APOKALIPSTIX) und unerfahren dürfte in dieser noch recht frischen Band niemand sein, dafür klang das viel zu – im positiven Sinne – abgewichst. Ich war ja nie der große Crust-Punk-Experte und früher (von einigen Ausnahmen abgesehen) regelrecht gelangweilt von diesem Stil, doch dass die Band dort ihre Wurzeln hat, ist unschwer zu erkennen. Statt monotonem Geballer und Gekeife oder ödem Gedröhne gab’s aber klar strukturierte, durchdachte und -arrangierte Songs auf die Löffel, mit vielen molligen Gitarren-Leads in drückender, düsterer, desillusionierter Atmosphäre – immer wieder schön, wenn Bands sich darauf besinnen, dass es dafür weder Post-Punk noch Kiffer-Doom braucht. Ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster, indem ich den NEUROTIC-EXISTENCE-Sound als „Post-Crust“ bezeichne und habe noch in wohliger Erinnerung, wie die Masse erstmals so richtig in Wallung kam und sich ein kleiner, aber sehr feiner Pogo-Mob vor der Bühne bildete, an dem ich mich zumindest zeitweise beteiligte. Dass es in dem schummrigen Loch und unter ständigem Angerempeltwerden extrem schwierig wurde, halbwegs brauchbare Fotos zu knipsen, liegt in der Natur der Sache… Nur wenige Tage vorm Gig hat die Band anscheinend ihr erstes Album „Insane“ veröffentlicht, das hier komplett gehört werden kann: https://neuroticexistencepunx.bandcamp.com/

Treppe wieder rauf, durch die Tür gezwängt und direkt feinste Klänge vernommen: Die Marburger MIRROR MONKEYS waren bereits in ihr Set eingestiegen und zockten US-beeinflussten, melodischen, höchst energischen Punkrock/Streetpunk mit kräftigen Chören und Singalong-Refrains, der so richtig schön Arsch trat und bei besten Soundverhältnissen sofort ins Blut ging wie Dextro Energen. Die Songs zündeten unmittelbar, die Refrains ließen sich oft nach einem Durchlauf sicher mitbrüllen und mit der Kraft von zwei Gitarren folgte ein Hit auf den nächsten. „I wanna get hurt, I wanna get drunk…“ – all killers, no fillers! Ein echtes Original scheint mir vor allem der Sänger zu sein. Der Typ sieht aus wie ein Fachinformatiker, wird auf der Bühne aber zum Tier und liefert ’ne Wahnsinnsshow! Ich schaltete folglich in den Pogo- und Abfeier-Modus und war damit im mittlerweile gut gefüllten Saal nicht allein. Die MIRROR MONKEYS mussten noch ’ne Zugabe spielen und dürften viele positiv überrascht haben. Für mich neben NEUROTIC EXISTENCE die Gewinner des Abends, obwohl beide Bands eigentlich unterschiedlicher kaum sein könnten. Die Songs des selbstbetitelten Albums kann man sich unter https://mirrormonkeys.bandcamp.com/ reinfahren, aber live ist das Ganze noch mal um einiges geiler!

Zeit zum Verschnaufen blieb im Anschluss kaum, denn DISCONFECT aus Bremen luden in den Keller. Man hat sich, der Name lässt es bereits erahnen, dem D-Beat verschrieben, jenem seinerzeit von DISCHARGE kreierten HC-Punk-Stil also, mit dem das ja immer so’ne Sache ist: So sehr ich DISCHARGE auch mag, so überflüssig finde ich viele ihrer Nachahmer. Allerdings weiß ich nicht, wann ich überhaupt zuletzt klassischen D-Beat live gehört hatte, und DISCONFECT konnten mit zwei Besonderheiten punkten, die sie aus der Masse der D-Beatles heraushebt: Zum einen wäre da der Shouter, der sich nicht stumpf durchs Set brüllt, sondern mit seinem Corpsepaint in der Visage dem Affen ordentlich Zucker gibt und hyperaktiv vor der Bühne herumtollt, zum anderen gibt es da den Gitarristen, der mit seinen Frontmann kontrastierenden geschrieenen Einzeilern unter Zuhilfenahme ’ner ordentlichen Portion Hall für Wiedererkennungseffekt und apokalyptische Atmosphäre sorgt. So war der Gig dann doch ziemlich geil, zumal auch hier der enge Keller mit mittlerweile vielen verschwitzten, nicht mehr ganz nüchternen Menschen das exakt passende Ambiente bot. Gecovert wurde der Klassiker „Fight Back!“ der großen Vorbilder, nur die Lautstärke des Shouters bekam man leider nie so ganz eingepegelt. Nachdem er anfänglich arg leise war, wurd’s mit der Zeit aber immer besser. Schönes Ding, das es auch bei Bandcamp gibt: https://disconfect.bandcamp.com/

Besonders gespannt war ich auf die Braunschweiger MORIBUND SCUM, nachdem ich Sänger/Gitarrero Rosi auf dem letztjährigen Hafengeburtstag kennengelernt hatte. Seine Band kannte ich bisher lediglich von zahlreichen Aufklebern auf dem Lobusch-Klo und war ganz überrascht, als er mir seine Kapelle nannte – für einen Crust-Sänger erfüllte er nämlich so ziemlich genau null Klischees, stattdessen konnte man sich mit ihm prima über TOTO und JOURNEY unterhalten, als wir schön angeschallert in Small-Town-Timos Bude mit ’ner gemeinsamen Bekannten bei ’nem Beutel Absackerbier herumsaßen. Nun auf der großen Fabrique-Bühne konnte ich mir ein musikalisches Bild seiner Band machen (auf die Idee, vorher mal irgendwo reinzuhören, war ich natürlich nicht gekommen). Und, alter Vatter, die Jungs können spielen! Als Crust würde ich das nicht unbedingt einordnen, eher als ’nen groben Bastard aus Death- und Thrash-Metal sowie Metal-Punk, durchaus technisch und kalkuliert, dabei trotzdem räudig, unprätentiös evil und den Metaller in mir weckend. Hatte ich in dieser Qualität wirklich nicht erwartet, wobei einmal mehr der differenzierte, druckvolle Soundmix das Optimum aus der Band herausholte. Könnten auch locker mal mit musikalisch halbwegs passenden Underground-Metal-Bands in der Bambi Galore zocken. Grüße an Rosi an dieser Stelle, wenn wir musikdiskussionstechnisch diesmal auch nicht unbedingt auf einen Nenner kamen, haha (aber das war auch an Tag 2) … Vorher reinhören hätte ich hier können: https://moribundscum.bandcamp.com/

Nie reingehört hatte ich auch in BLATOIDEA. Die Londoner Chaos-Punks und CASUALTIES-Lookalikes sind seit 2008 aktiv, hatten jedoch lange Zeit mit ihrem Drummer ziemliche Kacke am dampfen, worauf ich an dieser Stelle nicht näher eingehen möchte – darüber wurde woanders genug geschrieben und verständlicherweise überschattete das das musikalische Œuvre der Band. Neuer Drummer, neues Glück und ein Engagement als Headliner des ersten Festivalabends. Dieser ganze Spike- und Iro-Stylo-Krempel, wo der Scheitel nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern mit der Wasserwaage gezogen wird, beeindruckt mich schon lange nicht mehr, aber was zählt, ist natürlich die Mucke. Diesbzgl. ließen die Briten wenig anbrennen und spielten sichtlich angetan von der imposanten Kulisse vor der großen Bühne einen sehr fitten Chaos-/Street-/HC-Punk-Stiefel, wie er einfach Spaß macht. Die Stimmung war ausgelassen und freundschaftlich; die Zeiten, in denen solche Bands profilierungssüchtige Nietenkaiser in Massen anziehen, scheinen vorbei, stattdessen feierten fast alle zusammen diesen gediegenen Abschluss des ersten Tags. Ich muss zugeben, mich bei mittlerweile Band Nummer 7 nicht mehr an Details erinnern zu können. Die Songs dürften etwas weniger dreckig als beispielsweise die der natürlich immer wieder gern als Vergleich herangezogenen CASUALTIES sein, dafür hier und da riffbetonter, vielleicht leicht thrashig. Werde ich bei Gelegenheit mal nachhören, möglich ist’s unter https://blatoidea.bandcamp.com/.

Nachdem ich mich nun fast permanent im Inneren aufgehalten hatte, dürstete es mich nach, klar, Bier, aber auch Freiheit und Luft und war ich wie so oft eher angestachelt denn ermattet, also ging’s mit einigen Leuten weiter ins Onkel Otto und als das schloss, sogar noch in den Park Fiction. Mit diversem Punkvolk trank ich Bier auf der Wiese, hörte D-Punk-Klassiker aus dem Ghettoblaster (oder der „Soundbar“ oder was auch immer), laberte über Gott und die Welt (woran ich mich natürlich null erinnern kann), fühlte mich wie Anfang 20 und genoss den Sonnenaufgang, ohne zu ahnen, dass es der heißeste Tag des Jahres werden sollte. An Ort und stellte pennte ich irgendwann ein und erwachte mit ’nem fiesen Sonnenbrand und ohne meine Kutte. Das kommt davon… Einmal Chaot, immer Chaot!

Nach kurzem Frischmachen und rudimentärem Frühstück ging’s direkt zum Punx Picnic am Bahnhof Altona, wo auch gleich weitergesoffen wurde, aber, wie im Jahr zuvor, alles friedlich blieb, der ursprüngliche Initiator jedoch weiterhin schmerzlich vermisst wird – R.I.P., Karsten! Irgendwann brach ich zum Gängeviertel auf, allerdings nur, um mich bald wieder Richtung Onkel Otto zu verabschieden, wo meine Kutte aufgetaucht war. Dort nahm ich das gute Stück in Empfang und traf mich mit Small-Town-Timo, mit dem ich natürlich einen hob und über den Kiez schlenderte. Erst deutlich nach 22:00 Uhr war ich wieder im Gängeviertel, bekam noch den Rest von, ich glaube, MISSSTAND mit und hatte, nachdem ich mir ja am Vortag das volle Programm in jeglicher Hinsicht gegeben hatte, gar nicht mehr so dermaßen Bock auf Live-Mucke. Stattdessen quatschte ich mich in diversen Gesprächen fest und hielt mich viel draußen auf, wo Mark zudem auf seiner Akustikklampfe für Hintergrundbeschallung sorgte. Ich kann nur hoffen, mich nicht um Kopf und Kragen gesabbelt zu haben, denn perfiderweise beherrsche ich bis zu einem gewissen Punkt souveränes Auftreten bei völliger Trunkenheit. Da fällt mir ein, dass an beiden Tagen die am Donnerstag stattgefundene Diskussionsrunde zum Thema Grauzone mit Michael Weiss im Menschenzoo häufiges Thema war. Dem einen oder anderen bot ich glaube ich an, mit ihm oder ihr gern noch mal in Ruhe darüber zu reden, bekomme das aber alles nicht mehr zusammen. Wer sich also angesprochen fühlt, kann sich gern bei mir melden 😀 Irgendwann stieß dann auch Flo hinzu, die jedoch kein Bändchen mehr bekam (ausverkauft!), sodass ich mich ohnehin weiter draußen aufhielt, bis es zur Aftershow-Disco mit Chartsmucke quer durch den Garten ging, ich wieder mal über diverse ’90er-Jahre-Geschmacksentgleisungen den Kopf schüttelte, Anderem wiederum huldigte, irgendwann selbst nach dem Kotzen kein Bier mehr herunterbekam und schließlich die Segel strich. Somit kann ich zu den Bands des zweiten Tags leider so gar nichts schreiben. Mea culpa!

Aber unabhängig davon, dass ich mich mal wieder nicht zusammenreißen konnte, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Organisatorinnen und Organisatoren sowie Respekt vor dieser bestens gewuppten Mammutaufgabe! Draußen, wo sich an beiden Tagen stets eine Vielzahl Besucher aufhielt, hatte man Dixies aufgestellt, damit nicht alles vollgeschifft wird, zu den bereits erwähnten Ständen gesellte sich einer mit vermutlich lesenswerter Literatur, Fanzines, ’ner Plattenkiste… Man konnte sich wirklich permanent pudelwohl fühlen, er herrschte echte D.I.Y.-Festival-Atmosphäre und das Wetter spielte auch noch mit (sogar etwas mehr, als mir lieb war). Der Bandauswahl merkte man an, dass sie handverlesen war und Bekanntheitsgrad oder Image eine untergeordnete Rolle spielten. So bekam man einen schönen Überblick über einen quicklebendigen Underground quer durch die Subgenres der Szene und ein Gefühl dafür, welche Bands bereit sind, die antikommerzielle D.I.Y.-Ausrichtung mitzutragen und zu unterstützen. Insofern kann ich jedem nur den Besuch solcher Veranstaltungen nahe legen, sie erweitern den Horizont und machen vor allem VERDAMMT VIEL SPASS! Up The Punx!

Vernünftige Fotos gibt’s übrigens bei Kevin Winiker Konzertfotografies Fratzenbuch:
Tag 1
Tag 2

Und Video-Fanzine-Beiträge bei SCHRAIBFELA.

21.05.2017, Gängeviertel, Hamburg: TYRANEX + PAGAN RITES + MIDNIGHT PREY + GUSTAV EISEN

Am dritten Tag meines Konzert-Marathons war’s mal wieder Zeit für Edelmetall, denn wenn Hannes in einem Anflug von Genialität und Selbstlosigkeit die schwedischen TYRANEX in die Gängeviertel-Fabrik holt, kann ich natürlich nicht verkatert in der Furzmulde abgammeln. Pünktlich um arbeitnehmerfreundliche 19:00 Uhr ging’s natürlich dann doch nicht los, kurz nach halb 8 aber eröffnete die junge lokale Band GUSTAV EISEN das dritte „Triumph of Death Ritual“ (so der Name der Veranstaltungsreihe) mit modernerem, technischem Death Metal vor einem noch recht versprengten Haufen. Applaus gab’s meinerseits für Technik und Kondition, mit der Mucke kann ich Death-Metal-Legastheniker ansonsten nicht viel anfangen. Dafür hab‘ ich mit dem Störtebeker-„Frei-Bier“ ein neues, äußerst schmackhaftes Alkfreies für mich entdecken können.

Bereits im Vorfeld für mich entdeckt hatte ich Hamburgs Underground-Speed-Metal-Sympathieträger MIDNIGHT PREY, als ich sie seinerzeit in der Bambi Galore sah. Live ist das Trio ‘ne ziemliche Bank mit seinem tief in den glorreichen ‘80ern verwurzeltem Oldschool-Speed-Geschrote mit düsterem Vibe, also ohne Falsettgesang o.ä., eher ungehobelt und roh, mit unaufdringlichen Melodien versehen und atmosphärisch. Fest zum Set gehört ein Cover des vermutlich größten MANILLA-ROAD-Hits „Necropolis“ und man beschloss den Gig mit der Abrissbirne „Street Mafia“ von der neuen „Blood Stained Streets“-Single, die ich leider mitzunehmen versäumte. Nächstes Mal!

Mit PAGAN RITES traten nun die ersten der schwedischen Gäste an. Die Band hatte ich so gar nicht auf dem Schirm, obwohl sie anscheinend bereits seit 1992 existiert. Vor dem Gig hörte ich etwas von einem kauzigen, extraordinären Sänger, der sich gerade auf Entzug befände ich Freigang genieße. Das Quartett hatte sich die Fressen wie zu Halloween angemalt und hobelte ein fieses Black-Thrash-Brett herunter, das so herrlich authentisch kaputt klang, dass man direkt dem Gehörnten dafür danken musste. Der Sänger mit seinem riesigen umgedrehten Kreuz um den Hals röchelte und spie seine blasphemischen Texte heraus, kroch auf dem Bühnenboden umher und suchte den unmittelbaren Kontakt zum mittlerweile zahlreicher versammelten Publikum. Dank des berüchtigten graumelierten Herrn, der auch diesmal in vorderster Front seinen exaltierten Tanzschritten frönte, ein Bild für die Götter (der Dunkelheit). Seine Musiker verwirrte er mit offenbar hier und da von der Setlist abweichenden Ansagen, beispielsweise als er gegen Ende „Die Priest Die“ ankündigte und anscheinend vergessen hatte, die Nummer längst gespielt zu haben. All das führte zu einem Gesamteindruck, der PAGAN RITES weit weniger aufgesetzt und gekünstelt wirken lässt als manch Subgenre-Kollegen, stattdessen sympathisches, infernalisches, unheiliges Chaos vermittelt. Geil!

TYRANEX hatte ich 2014 durch ihr zweites Album „Unable to Tame“ kennengelernt: Schwedischer Speed-/Thrash-Metal der alten Schule, der mich leicht an alte DESTRUCTION erinnert und mit einer Gitarristin und Sängerin in Personalunion  gesegnet ist, die sich mir mit ihrer genialen Stimme die Nackenhaare aufstellen lässt. Zurzeit betouren sie ihr jüngst veröffentlichtes drittes Album „Death Roll“, das den Vorgänger konsequent weiterentwickelt. Zu Songs der ersten beiden Alben gesellte sich demnach Material wie „Bloodflow“, „Berget“, „Beyond the Throes of Evil“ und eben „Death Roll“; das neu aufgenommene Demostück „Blade of the Sacrificer“ widmete man PAGAN RITES und so kam deren Sänger zu einem weiteren Stelldichein auf der Bühne. Ohne Zugabe ging’s nicht ins Bett und anschließend wurde der Merch-Stand stark frequentiert, manch einer hat einen wahren Großeinkauf getätigt. Tatsächlich kannten viele TYRANEX bisher offenbar noch gar nicht und waren ausnahmslos positiv überrascht, begeistert vom schneidenden Sound, den fräsenden Riffs und dem hektisch schnellen, doch stets punktgenauen, nie stumpfen Spiel sowie natürlich hingerissen von den beiden Metal-Damen, die sämtliche Szene-Chauvis Lügen strafen. Stärkstes Wiedererkennungsmerkmal der Band ist natürlich die Stimme, die Knochen zerschneidet wie Edelstahl ein weichgekochtes Ei. Am liebsten hätte ich mir die Combo zum Mitnehmen einpacken lassen und als Hofkapelle installiert. Hab‘ nur leider keinen Hof…

Mit ‘nem letzten Dithmarscher überbrückte ich die Zeit bis zur allerletzten Bahn nach Hause und brachte die „Death Roll“-LP (wenn schon keine Hofkapelle) sicher in ihre neue Heimat. Und schon um 7:00 Uhr nachts blökte mich mein Radiowecker mit niveaulosem Mist voll, meinte damit aber, ich solle hurtig zur Maloche. Dann doch etwas gerädert schlug ich dort pünktlich auf, aber das war’s allemal wert. Acht Bands auf drei Konzerten an drei Tagen und keine Sekunde bereut!

P.S.: An allen drei Abenden standen Mädels (mit) auf der Bühne, was heutzutage ‘ne Selbstverständlichkeit ist. Das war früher jedoch anders, da haftete dem schnell etwas „Exotisches“ an. Eine erfreuliche Entwicklung.

20.05.2017, Menschenzoo, Hamburg: THE IDIOTS + EAT THE BITCH


Verseucht, verstrahlt und angepisst

Hamburger Konzert-Marathon, Tag 2, Tatort: derselbe wie am Vortag. Diesmal war das Wetter wesentlich gnädiger, dafür der Kiez überfüllt mit feiernden HSVern, obwohl dieser die Qualifikation zur Relegation knapp verkackt hatte. Also schnell um die Ecke in den Menschenzoo, wo EAT THE BITCH den Vorturnerposten für THE IDIOTS abgegriffen hatten – im Prinzip eine geile Kombination und wenngleich EAT THE BITCH nun in letzter Zeit ein ums andere Mal zu meinem abendlichen Unterhaltungsprogramm gehörten, kommen sie mir noch immer nicht aus den Ohren raus, im Gegenteil. Soundmann Norman haderte noch mit der defekten Endstufe und hoffte, dass seine neuerliche Improvisation den Abend überstehen würde, was ohrenscheinlich der Fall war. Das Publikum ließ, wie es öfter mal im Zoo der Fall ist, zu großen Teilen bis nach 22:00 Uhr auf sich warten; doch als EAT THE BITCH schließlich zum Angriff bliesen, war die Bude ansehnlich gefüllt.

Die Band begann diesmal direkt mit meinem Favoriten „Fressen & Kotzen“ und spielte vor zum Teil gänzlich neuem Publikum, das in erster Linie hauptsächlich wegen der IDIOTS da war. Angesichts der geballten Wut und Aggression, die da von der Bühne drang, wusste es bisweilen gar nicht, wie ihm geschah und zeigte sich überrascht und beeindruckt. Insbesondere Sängerin Jona wiegt das Publikum mit eigentlich unnötiger leichter Nervosität, unschuldigem Lächeln und freundlichen bis zuckersüßen Ansagen gern in Sicherheit, um ihm dann gehörig den Hintern zu versohlen, wenn sie in den Songs in Raserei und (im positiven Sinne) Hysterie verfällt und sich die Seele aus dem Leib schreit. Ich liebe ja extreme Gesänge, weshalb sie damit offene Türen bei mir einrennt, zumal immer noch ausreichend Raum für stimmliche Variationen bleibt und – ebenso entscheidend – jeder einzelne der Songs über individuellen Wiedererkennungswert verfügt. Damit ist der ETB’sche Aggro-Sound weit entfernt von monotonem Crust-Einheitsbrei o.ä. und lässt stattdessen immer mal wieder schönen HC-Groove in den rifforientierten HC-Punk einfließen. Aber ich laufe Gefahr, mich zu wiederholen bzw. fällt mir gerade nichts mehr ein, was ich nicht schon geschrieben hätte. Jona war so viel in Bewegung, Ausflüge ins Publikum inklusive, dass meine Smartphone-Knipse nicht mehr mitkam und auf dem Großteil der Fotos nur ein verschwommenes Etwas schemenhaft wahrnehmbar ist. Der Konzertfluss wurde lediglich einmal von einem Wackelkontakt irgendwo auf dem Weg vom Gesangsmikro zum Lautsprecher gestört, aber Norman war schnell zur Stelle. Gewohnt geile Adrenalinspritze mit einem herzlichen „Fuck Off!“ als Zugabe!

Die dienstältesten Dortmunder THE IDIOTS hab‘ ich früher verdammt gern gehört, zunächst natürlich die Uralt-Klassiker zwischen Oi!- und D-Punk, später auch die metallastigeren Crossover-Alben. Live gesehen hatte ich sie aber nie, schlicht weil es sie nicht mehr gab. Dies änderte sich vor ein paar Jahren, als ein neues Album veröffentlicht und ‘ne Best Of mit neu aufgenommenen Klassikern eingespielt wurde. Gepasst hatte es bei mir live nur leider nie, sodass der heutige Abend tatsächlich zur Premiere wurde. Martin wusste im Vorfeld schon zu berichten, welch angenehm umgänglicher Typ Sir Hannes sei, neben Bassist Volker einziger Verbliebener der ‘89er-Besetzung und aufgrund seiner über die IDIOTS hinausgehenden musikalischen und Szene-Aktivitäten (wie seinem legendären Plattenladen) noch immer bzw. wieder gern gesehener Interview-Partner in den hiesigen Metal-Postillen. Nun war ich natürlich in erster Linie gespannt darauf, was der in Würde gealterte Adlige auf der Bühne noch so drauf hat. Um es vorwegzunehmen: alles! Mit Lederjacke, NVA-Deckel und keinem Gramm Fett am drahtigen Körper betrat er die Bühne und eröffnete mit „Der Idiot“ ein Oldschool-Punk-Inferno, das sich gewaschen hatte (anfänglich noch begleitet von fiesen Rückkopplungen, denen Norman jedoch bald den Garaus machte). Fürs peitschende „Nuclear War“ inkl. Verweisen auf Trump, Erdoğan und Putin während der Ansage griff er zur Gasmaske, beim genialen, den Wahnsinn der Fleischindustrie und des Konsums ihrer Erzeugnisse aufgreifenden „Fleischwolf“ vom Comeback-Album behängte er sich mit Fleisch und Wurst, die er während des Songs im Publikum verteilte, und bei „Schweine im Weltall“ war’s Zeit für die Schweinsmaske. Lederjacke und T-Shirt landeten in der Ecke und oben ohne, was irgendwann die gesamte Band war, wurden mein Lieblingssong, das geniale-stumpfe, infernalische „Der Säufer“ sowie „Tage ohne Alkohol“ angestimmt und dazu ‘ne Palette Hansa-Dosenpils ins Publikum geworfen. Von nun an spritzten regelmäßig Bierfontänen durch die Luft und besudelten Laden, Publikum und Band, die das stoisch über sich ergehen ließ und lediglich zum Handtuch griff, um die Saiten abzuwischen. Welch göttliches, „idiotisches“ Chaos zwischen Genie und Wahnsinn! Direkt vor der Bühne stolperten betrunkene Punks ungelenk durch den Pogo-Mob, von denen einer auf die Bühne fiel und sich dort offenbar schlafen legen wollte. Hannes himself latschte davon ungerührt immer wieder durch die Reihen, sang mit dem Publikum, füllte beim „Now I Wanna Be Your Dog“-Cover Bier in einen Napf und bot ihn zum Schlürfen an, „Selbstmord“ wurde ebenso durchgepeitscht wie die Fußball-Hymne „Der S04 und der BVB“, bei „Samstagnacht“ brüllte ich ebenso fast jedes Wort mit wie bei „Bayrischer Wald“ und eigentlich allen anderen, das „Mädchen mit den roten Haaren“ wurde heute zur Blauhaarigen oder zur Blondine, wenn Hannes Blickkontakt mit den entsprechenden Mädels aufnahm, „Verseucht“ ist live noch garstiger als auf LP, „Heavy Metal Psycho Punk“ bringt das subkulturübergreifende Selbstverständnis der Band auf den Punkt und zum großen Finale holte man im Zugabenteil mit dem Hektiker „EDEKA“ (was, wie wir alle wissen, Akronym von „Ein deutscher Esel kauft alles“ ist) aus, bei dem ich endgültig jede Vernunft an den Bühnenrand schmiss. „Sonderangebot! Sonderangebot! Sonderangebot bei Edeka-ha-ha!“ Nur der abschließende „Pechvogel bei den Frauen“ klang in der Originalversion irgendwie besser als in dieser neu arrangierten Fassung. Wie wär’s stattdessen mit der alten Litanei vom „Dynamo Doppelkorn“ gewesen? Der längst aus allen Poren triefende Hannes tanzte mit der als Nonne verkleideten Merchandiserin  und hinterließ ein ausgepowertes, glückliches, nach Bier, Schweiß und Qualm müffelndes Publikum. Topfit, der Mann, da gibbet mal nix! Danke an alle für dieses kreuzgeniale, geil-chaotische, dreckige und euphorisierende Konzert nach bester Oldschool-Manier, wie ich es liebe und anscheinend – Punk sei Dank – ebenfalls nie zu alt für werde. Heißer Anwärter aufs Club-Konzert des Jahres!

Und die Party war, trotz langsam eintretender Müdigkeitserscheinungen, noch nicht vorbei, denn der gute Pablo kredenzte einen ’77-Klassiker nach dem anderen vom DJ-Pult aus und erhöhte (mir zuliebe?) die CLASH-Frequenz irgendwann beträchtlich, sodass sich mit manch geschmackssicherem Mitstreiter weiterfeiern ließ. Auch nicht schlecht: Ein Typ aus Barcelona war zu Gast, eigentlich auf der Durchreise zum COCK-SPARRER-Gig in Berlin, aber so angenehm überrascht, dass er sich ebenfalls einen nach dem anderen reingoss. Ob er’s noch zu SPARRER geschafft hat, wäre interessant zu erfahren. U.A. mit ihm verging noch die eine oder andere Stunde, bis mich der beste aller möglichen Timos abholte – natürlich nicht, ohne noch ‘nen Absacker zu verhaften. Oder zwei…

19.05.2017, Menschenzoo, Hamburg: DIE SHITLERS + FAST SLUTS

Drei Tage Konzertmarathon – aber was soll man machen, wenn wieder alles so geballt kommt? Genau, in den Festival-Modus schalten und durchziehen! Startpunkt war der Menschenzoo am Freitagabend, der die FAST SLUTS und DIE SHITLERS geladen hatte. Die Damen hatte ich ja nun schon länger nicht mehr gesehen und war gespannt, welche Entwicklung sie in der Zwischenzeit gemacht haben. Natürlich eine Gute! Zwar rumpelt ihr deutschsprachiger Oi!-Punk noch immer charmant durch die P.A., doch an den Instrumenten waren deutliche Steigerungen zu vernehmen und man macht einen recht eingespielten Eindruck. Im vollen Zoo wurden zehn Songs kredenzt, die allesamt das richtige Gespür für diese Art Musik beweisen und Ohrwurmcharakter haben. Sängerin Alex stand stilecht mit Bierpulle auf der Bühne und sang sich textsicher durch Material wie „Fast Sluts“, „Roiberleiter“ oder den mittlerweile altbekannten und frenetisch mitgesungenen „Landgang“, der dann auch noch mal als Zugabe herhalten musste. Zum LOIKAEMIE-Cover „Wir sind geil, wir sind schön“ gesellten sich neue Songs übers besoffene Einpennen in der Bahn mit Überraschungsziel (dass sich dieses Themas mal jemand annimmt, war überfällig!) und Sex („Lieber selbst“, das mich etwas an das Rostocker All-Girl-Pendant TORTENSCHLACHT erinnerte), die über Humor, Selbstironie, aber auch Selbstbewusstsein und prollige Oi!-Attitüde aus weiblicher Sicht verfügen. Kurios: Alex quatschte Bassistin Jule während ihrer politischen Ansage zu „Partypatrioten“ rein, indem sie eindringlich darum bat, doch bitte ein weiteres Bier zu bekommen – dieser Kontrast symbolisiert die unterschiedlichen Pfeiler des Bandselbstverständnisses eigentlich ganz gut. 😉 Klasse Gig, schwer sympathische Band und gute Stimmung im glücklicherweise bis auf Schweißflecken und Getränke trockenen Menschenzoo, denn draußen goss es aus Kübeln und überschwemmte manch Keller.

Für die Bochumer Satire-Punks DIE SHITLERS ist Hamburg so etwas wie eine zweite Heimat geworden, ihre Zuneigung zur Metropole fand sogar Ausdruck im unvernünftig kitschigen Song „Hamburg“. Diesmal wurde wieder in klassischer Trio-Besetzung Martin/Frank/Tristan angetreten und Martin bewies seltenen Musikgeschmack, als er als erste Amtshandlung sein Smartphone ans Gesangsmikro hielt und GIANNA NANNINIs Megahit „Bello e impossibile“ abspielte – was schmerzlich bewusst machte, wie wenig textsicher man ist, wenn man am liebsten jede Zeile mitsingen würde, jedoch nicht über den Titel hinauskommt (oder aber auf Phantasie-Italienisch zurückgreifen muss). Zu Beginn des eigentlichen Auftritts gab sich per „Halt die Fresse und spiel!“-Zwischenruf direkt der Typ zu erkennen, der ihnen laut Band durch die ganze Republik hinterherreist, um sein Sprüchlein aufzusagen. Viel schockierender aber war, dass die Endstufe abgeraucht war und Hamburgs hardest working sound technician, the one and only Norman, im Schweiße seines Angesichts hinter die Bühne klettern und sich auf Fehlersuche begeben musste, während das Konzert über nur einen P.A.-Lautsprecher weiterlief. Tatsächlich gelang es ihm nach einiger Zeit, etwas zu improvisieren, sodass Songs wie „Oi! + Rap“, „Weintrinkender Idiot“ oder „Warum gehst du nicht nach Nordkorea?“ wieder in ihnen angemessener Form präsentiert werden konnten. Dass mind. die Hälfte davon musikalisch auf altbekannte Punkrock-Melodien gesungen wird, ist positiv zu bewerten, da sich so die Hitdichte entscheidend erhöht. Beim eigentlich viel interessanteren Gesabbel zwischen den Songs kommt der Humor der SHITLERS besser denn je zur Geltung, zumal die Jungs verdammt souverän und schlagfertig sind. Martin ist aber durchaus auch in der Lage, sich ordentlich auf seiner Gitarre einen abzugniedeln, das soll hier nicht unterschlagen werden. Mit erkennbarer Schlagseite auf der Bühne sah er zudem als einziger einen Rollenstuhlfahrer, der doch bitte nach vorn durchgelassen werden sollte. Diverse Versuche, eine Wall of Death zu formen, scheiterten jedoch ebenso wie die Aufteilung des Publikums in die Anhänger verschiedener Rockerclubs oder das Finden eines Nazis, den man des Clubs hätte verweisen können. Höhepunkt war Franks Verlesen einer unfassbar pathetisch und selbstbeweihräuchernden Dankesrede an Hamburg, das „SHITLERS Street Team“ und sich selbst, wie ich mittlerweile weiß inspiriert von einer sich selbst etwas arg wichtig nehmenden Band, begleitet von Martins Unterfangen, für Ruhe im Puff zu sorgen. So drohte er dem „kleinen Scheißhaufen“, dass er „dieses Konzert nich‘ in‘ Arsch machen“ werde, wie es in Hamburg gute Tradition ist und bezichtigte einen offenbar aus der Schweiz stammenden Gast, mit bayrischem Akzent dazwischenzuplappern. Der grandiose Schlusspunkt eines denkwürdigen Abends mit Bochums Punk-Geschmackspolizei, die mit sicherem Gespür Szene-Bullshit aufspürt und satirisch verarbeitet – und mit erstaunlich trockenem Humor noch immer für die eine oder andere Irritation sorgt. Ob Frank seinen Quinoa-Salat noch bekommen hat, ist allerdings nicht überliefert.

Im Anschluss bot sich dann mal wieder die Gelegenheit, DJane Eddelbüttel abzufeiern, bis die Vernunft uns aus dem Laden in die Koje trieb, ohne Exzesse bis 10:00 Uhr morgens mitzunehmen. Ausnahmsweise – schließlich sollte es am nächsten Abend bereits weitergehen…

12.05.2017, Lobusch, Hamburg: CHOLERA TARANTULA + WIRRSAL + ASIMATRIX

Wieder ein D.I.Y.-HC-Punk-Konzi, diesmal mal wieder inner Lobusch. ASIMATRIX spielen momentan eine Vielzahl an Gigs, so hatte ich sie erst kürzlich in der Flora gesehen. Da ich sie mir noch lange nicht sattgehört habe, hatte ich auch Bock auf diesen Gig, der von der relativ neuen Konzertgruppe „Disgigz“ organisiert wurde. Sängerin Juli war gesundheitlich etwas angeschlagen und sich mit den möglichen Nebenwirkungen ihres Medikaments mittels Beipackzettel vertraut zu machen, ein kurzweiliger Spaß im Vorfeld. Zugutehalten muss man dem Zeug aber, dass es offenbar wirkt, denn als die Band nach kurzem Soundcheck loslegte, klang eigentlich alles wie gewohnt – außer vielleicht das diesmal heftig polternde Schlagzeug, das etwas eigenwillig abgemischt war, dafür aber umso mehr ballerte. Großartig den apokalyptischen HC-Punk/Skacore-Bastard von Bandsound beschreiben werde ich jetzt nicht mehr, war wieder ein rabiates Brett mit herrlich angepissten weiblichen Vocals und Gebrüll von beiden Bühnenflanken. Drummer Spike hängt sich so richtig schön in die Schießbude rein und verprügelt das Ding, als habe er mehr Gliedmaßen zur Verfügung als andere. Natürlich gelang’s der Band, das Publikum aufzutauen und erste Tanzeinlagen waren zu vermelden. ASIMATRIX dürften auch an diesem Abend den einen oder anderen Freund hinzugewonnen haben.

WIRRSAL aus Hamburg und Lübeck, wie ich an diesem Abend in Erfahrung bringen konnte, hatte ich letztes Jahr erstmals im Onkel Otto gesehen, bleibenden Eindruck hatte der Gig jedoch nicht unbedingt hinterlassen. Das sollte sich heute ändern. Von null auf hundert fackelte der Vierer ein deutschsprachiges HC-Punk-Feuerwerk ab; schnelle Songs, die sich nicht vor Gitarrensoli scheuen, ein Sänger mit kräftigem Organ, der ständig in Bewegung war und kritische, direkte, wütende Texte über diesen und jenen Scheiß, in guter alter ‘80er-Tradition und mit scheppernden Becken, hier und da zusätzlich durch Midtempo-Parts oder Offbeats aufgelockert. Der Sound war top, sodass die Songs voll zur Entfaltung kamen. Auch vor der Bühne war nun noch mehr los und das Band-Vinyl nehme ich mir beim nächsten Mal mit.

Die Bremer CHOLERA TARANTULA wussten vor’n paar Wochen bereits im Gängeviertel zu gefallen und hatten diesmal (möglicherweise auch schon seinerzeit) ‘ne Gruppe feierwütiger und zum Teil schon vorm Gig gut angeschossener Münsteraner im Schlepptau. Die Band hat ihren eigenen Stil mit hohem Wiedererkennungseffekt, Uptempo-Anarcho-/HC-Punk mit hektischen Ausbrüchen und deutschsprachigen Texten mit weniger gebrüllten, mehr cleanem, zeterigem Gesang und gewohnt kritischen Inhalten. Sänger Örnie fühlt sich auf der Bühne sichtlich wohl, setzt ’nen irren Blick auf, posiert und dirigiert das Publikum, das nun endgültig ’ne große Party feierte. Beim aus nicht mehr aus eben diesem einen Wort bestehenden „Bullenterror“ dürfte es gewesen sein, als kräftig auf die Bühne geklettert, mit Bier herumgespritzt und in die Mikros mitgegrölt wurde, wobei sich besonders besagte Münsteraner hervortaten. Da war ordentlich Stimmung inner Bude, die für manch eine(n) noch getoppt wurde, als man im Zugabenteil zum unvermeidlichen ’90er-Trash-Medley ansetzte und BLÜMCHENs „Herz an Herz“ verpunkte, jedoch abgebrochen durch den selbstlosen Einsatz eines Musikfreunds, der einen heftigen Stunt in Form eines Sturzes hinlegte und somit Schlimmeres verhindert konnte – zumindest fast, denn „Boom Boom Boom Boom“ vonne VENGABOYS wurde lautstark aus weiblichen Kehlen gefordert und das Unheil nahm seinen Lauf… Im Original sind beide Songs hart an der Kotzgrenze, in diesen Versionen bizarr und die eigenen, anspruchsvolleren Songs konterkarierend. Für diese Scheiße bin ich vermutlich einfach zu alt bzw. weiß ich nicht, wie viel ich noch saufen müsste, um das abzufeiern. Ansonsten aber alles im giftgrünen Bereich und ein abermals überzeugender Gig von einer Band, von der man sicherlich noch einiges erwarten kann.

Bis sich die Lobusch schließlich leerte, verging noch eine ganze Weile, es wurde weitergefeiert, -getrunken und -gequatscht, Kontakte wurden geknüpft/vertieft etc. Ein geiler Abend, an dem ich eigentlich noch den einen oder anderen Hamburger mehr erwartet hätte, doch das Konkurrenzprogramm war auch diesmal unerbittlich. Der Konzertgruppe Disgigz jedenfalls wünsche ich weiterhin ein derart gutes Händchen!

05. – 07.05.2017: Hafengeburtstag Hamburg

Hafengeburtstag! Mir eigentlich egal, wer da was feiert, denn unsereins feiert seine Szene und Subkultur abwechselnd auf zwei Bühnen: der Onkel-Otto-Bühne am Störtebeker und der großen, zum offiziellen Programm gehörenden Jolly-Roger-Bühne direkt an der Elbe. Am Freitag hatte es tagsüber aus Kübeln gepisst und mir schwante schon Übles, doch pünktlich zum Abend hatte der Wettergott ein Einsehen und schloss die Schleusen. Nach Arbeit und Sport hab‘ ich mich bei Freunden einquartiert und die frohe Kunde vernommen, dass man am Störte dem Zeitplan hinterherhinkt und KANISTERKOPF noch gar nicht begonnen haben. So konnte ich noch in Ruhe im bzw. aufgrund akuter Überfüllung am Osborne dem Sieg des FC St. Pauli beiwohnen (wo mich eine sich offenbar bereits recht blümerant fühlende Kiez-Touristin fragte, ob ich ein Nazi sei und mich über Toleranz aufklärte, danke dafür…) und kam anschließend bei kaltem, aber eben endlich trockenem Wetter fast pünktlich zu den Kanisterheads, die ich eine Woche zuvor bereits im Menschenzoo gesehen hatte. Aufgrund des Umfang, vor allem aber aufgrund meines exorbitanten Bierkonsums und der vielen während der Gigs geführten Gespräche sowie der permanenten Reizüberflutung fallen meine Schilderungen diesmal kürzer als gewohnt aus – soll sich ja auch keiner ‘nen Tag freinehmen müssen, um das hier zu lesen zu können…

KANISTERKOPF jedenfalls glänzten erneut mit wuchtigem, rauem, aggressivem ‘90s-Hardcore in Trio-Besetzung, präzise wie Sau und mit rustikalem Charme bei gleichzeitiger perfekter Instrumentenkontrolle, wobei ich diesmal verstärkt ein Ohr für die klasse Gitarrenarbeit hatte. Das verbrachialgroovte IRON-MAIDEN-Cover „2 Minutes To Midnight“ schien mir nicht unbedingt jeder der bereits zahlreich Anwesenden erkannt zu haben, ansonsten gefiel mir die Band am besten, wenn sie – na klar – aufs Gas trat. Der gute Norman, Sound- und Technikchef jener Bühne, war jedoch nicht zu beneiden, als er hektisch hin und her lief und dennoch nicht verhindern konnte, dass die Band ständig nach besserem Monitorsound verlangte und sich hin und wieder fies-krachige Störgeräusche einschlichen, di e jedoch dann und wann fast schon zum Bandsound passten. Ansonsten war der Sound vor der Bühne völlig ok und der eine oder andere neigte bereits tanzender- und moshenderweise zur Ekstase.

Dem kreativen oder allgemeinen Chaos geschuldet, war die avisierte Band-Reihenfolge schon wieder obsolet, sodass es zum bestgehüteten Geheimnis des Abends avancierte, wer jene vier Herren waren, die anschließend mittels oldschooligem US-Hektiker-Hardcore à la CIRCLE JERKS und Konsorten (oder so ähnlich, die Songs waren länger, aber bessere Vergleiche fallen mir nicht ein) die Bühne unsicher machten. Sollte der Shouter das zwischendurch dann doch kundgetan haben, muss es untergegangen sein. Ansonsten war man aber recht auskunftsfreudig und vor allem ambitioniert, wie die zahlreichen kritischen bis politisch gefärbten Ansagen und Bekundungen bewiesen. Per Ausschlussverfahren tippte ich auf die Bremer NERVOUS ASSISTANT und lag damit richtig. War nicht verkehrt, wenngleich KANISTERKOPF im direkten Vergleich mehr Druck erzeugten. Nichtsdestotrotz guter Gig ohne jede Blöße. Sämtliche Soundprobleme waren ab nun übrigens auch anscheinend gelöst.

Mittlerweile war’s dunkel geworden und die lokale Lieblings-Ruckizucki-Stimmungskapelle HAMBURGER ABSCHAUM blies durch ihre Trompete zum Angriff. Das Publikum war längst voll auf Betriebstemperatur und in Feierlaune und so wurd’s natürlich ‘ne einzige große Party. Der Stoff des „Endlich!“-Albums wurde mit ein paar neueren Songs angereichert und wurde mal nicht geblechbläsert oder im Dreimannchor geträllert, kam die gefürchtete Kettensäge zum Einsatz. An den eigenwilligen Gitarrensound muss ich mich immer erst mal gewöhnen, an die genial-mitgrölkompatiblen Texte nicht und unser Homie Dr. Tentakel an der Schießbude peitschte das Septett gut nach vorne. Doch als wäre die Bühne mit sieben Kerlen nicht schon ausgefüllt genug gewesen, kletterten nun vermehrt Teile des Publikums auf die Bretter, natürlich ohne anschließend Flachköpper Richtung Asphalt zu riskieren. Selbstlos wie er ist, wies START-A-RIOT-Thomas auf die sich daraus ergebenden Gefahren hin, indem er demonstrierte, wie schmerzhaft es sein kann, auf der Bühne in einem Schlagloch umzuknicken. Liebevoll stand ihm der offenbar gelernte Pferdemetzgerdoktor und ABSCHAUM-Sänger Frank zur Seite, der nach fachmännischer Diagnose anbot, ihn mittels besagter Kettensäge der schmerzenden Extremität zu entledigen. Ich hoffe, er ist wieder wohlauf. „Döp döp döp… Scheiß ich auf die Norm“ hallte es schon vor und auch nach jenem vielleicht größten Bandhit durch die Straßen und im Anschluss an den Gig wusste jeder, was man am HAMBURGER ABSCHAUM hat – wenn der in Spiellaune ist, ist die Party gerettet.

„ÖsLÖ PÖnKRöcK“ spielen die Norweger DANGER!MAN nach eigenem Bekunden, was sich als Mischung aus punkigem Hardcore und hardcorigem Punk mit mal mehr, mal weniger dezenter Melodie-Schlagseite entpuppte. Ein Teil feierte den sehr souveränen und selbstbewussten Gig des Vierers vor der Bühne ab, für andere dienten DANGER!MAN eher als Hintergrundmusik während des Wartens auf und Kräfteschonens für OI POLLOI. Ich war in Gesabbel vertieft, denn der günstig dargereichte Alkohol hatte manch Zunge gelöst und so tauschte man sich mit der Gott und der Welt über Gott und die Welt aus, sodass ich mir jedes weitere Wort über DANGER!MAN jetzt aus den Fingern saugen müsste. Vielleicht noch so viel: Unter http://www.dangerman.no/#releases könnt ihr euch die Veröffentlichungen gratis und offiziell herunterladen.

Die nimmermüden Schotten von OI POLLOI um Shouter Deek gelten gemeinhin als Anarcho-Punk-Band, vereinen aber eigentlich das Beste aus mehreren Sub-Genres: Oi!-Stampfer aus den Anfangstagen zählen genauso zum Repertoire wie hammerharter HC. Kombiniert mit einem unprätentiösen, klischeearmen Auftreten und Alleinstellungsmerkmalen wie Deeks nahezu perfekten Deutschkenntnissen und seinen launigen, repetitiven Ansagen („Mein kurzhaariger Freund!“, „Mein langhaariger Freund!“, „Lasst uns einen Whiskey trinken!“, „Das ist geiel!“) zählen sie seit vielen Jahren zu Publikumslieblingen und sind – außer bei politisch besonders verwirrten Hardlinern – überaus gern gesehene Gäste in den DIY-Schuppen der Republik. Und es tat gut, mal wieder die Hits von „Nuclear Waste“ über „Let The Boots Do The Talking“ bis hin zu meinem Favoriten, „System“, und wie die herrlich räudigen Grobkellen sonst noch alle heißen, um die Löffel gehauen zu bekommen. Die Örtlichkeit war dafür aber die rustikalste Hamburgs, denn der harte Asphalt vor der Bühne ist nicht wirklich eben, mitten durch die Tanzfläche verläuft ein fieser Kantstein und zu vorgeschrittener Stunde ist das Areal natürlich gespickt mit Glasscherben und anderem Unrat. Als ich übermütig wurde und mich kurzzeitig doch in den wüsten Mob stürzte, flog ich natürlich prompt in den Dreck. Ok, das war’s wert, andere sprachen im Nachhinein aber allgemein von übermäßiger Härte im Pit. Möglicherweise trafen auch einfach nur zwei Typen alkoholisierter Adrenalinschwängerung aufeinander, Rücksichtslosigkeit versus Gleichgewichtsstörungen, Hauptsache austoben 😀 Den Gig an sich hab‘ ich als astrein in meiner langsam aussetzenden Erinnerung, Deek sprang aufgekratzt und authentisch angepisst in seinem schwarzen Kapu über die Bühne und seine anscheinend ständig wechselnde Band schüttelte die Songs locker aus den Handgelenken. PULVERTOASTMANN-Holler ward übrigens häufiger auf als vor der Bühne gesehen 😀

Genug hatte ich noch lange nicht, über die Tortuga-Bar ging’s ins Onkel Otto und von dort aus noch weiter durch die Kiezgassen. Insgesamt dürfte ich mich an diesem Abend viermal betrunken haben…

„Scheiße!“, ist häufig mein erster Gedanke, wenn ich nach durchzechter Nacht erwache. Kurz abklopfen und -tasten: Noch alle Gliedmaßen dran, noch alle Zähne im Maul und im Bett oder Bettähnlichen außerhalb einer Zelle oder sonstigen geschlossenen Einrichtung befindend, Handy/Schlüssel/leeres Portemonnaie noch da. Ok, da kann man fast schon wieder La Paloma pfeifen. Das Dumme war nur, dass ein Blick auf die Uhr irgendwas zwischen 19 und 20:00 Uhr anzeigte, was Rückschlüsse dahingehend erlaubte, wie spät bzw. früh es wurde, mich über meine Kondition in Erstaunen versetzte, aber auch bedeutete, dass ich diverse Band bereits vorm Aufstehen verpasst habe. So hätte ich z.B. sehr gern CRASS DEFECTED CHARACTER die Störtebeker-Bühne eröffnen sehen. Nach ’ner Dusche und ’ner Gassirunde kam ich aber erst zu PENADAS POR LA LEY aus Bilbao gegen 21:00 Uhr an, zwei Mädels an Gitarre und Bass und ein Kerl hinter der Schießbude, die melodischen Punkrock in Landessprache zocken und bestens aufgelegt waren. Anfänglich klang’s mit nur einer Klampfe hier und da noch etwas dünn, das gab sich aber im Laufe der Zeit und war so etwas wie der Soundtrack zu meinem persönlichen Sonnenaufgang an diesem Samstag. Und mittlerweile war’s auch nicht mehr so verfickt kalt!

Irgendwann fiel mir dann ein, dass ich ja eigentlich auch endlich mal zur Jolly-Bühne runter wollte, allein schon, um zu horchen, was RUDE PRIDE aus Madrid so an klassischem Skinhead-Oi! fabrizieren. Die waren nur leider fast schon durch, dafür war die Atmosphäre angenehm, BLITZ‘ „New Age“ ist auch als Cover immer gern gehört usw. Leider war die Rhythmusgitarre kaum zu vernehmen, sodass der Sound arg dünn wurde, wenn die Leadgitarre Soli spielte.

Die ersten Bierchen schmeckten längst wieder, als das Feuerwerk das Firmament erhellte und anschließend die SPERMBIRDS zur Tat schritten, die ich nun wirklich keinesfalls hätte verpassen wollen. Mitte der 1980er bis Anfang der ‘90er gehörten die Kaiserslauterer meines Erachtens zum Besten, was Deutschland in Sachen Hardcore zu bieten hatte – in Kombination mit ihrem US-amerikanischen Sänger Lee Hollis, versteht sich. Seit geraumer Zeit sind sie wieder zusammen unterwegs, mein letzter SPERMBIRDS-Gig, seinerzeit im Hafenklang, lag aber auch schon wieder viel zu lange zurück. DAS Hitalbum schlechthin bleibt natürlich das Debüt „Something To Prove“, dessen Songs auch an diesem Abend am meisten knallten. Für meinen Geschmack wurde etwas zu viel von den anderen Alben gespielt, sodass manch Kracher auf der Strecke blieb. Den Spaß und Adrenalinkick minderte das jedoch weitaus weniger als die Atmosphäre, die natürlich nie an einen schweißtreibenden Clubgig ohne Absperrung herankommt. Dennoch ein erfreuliches Wiedersehen mit den Vögeln, von dessen aufputschender Wirkung ich profitierte, als ich wieder kein Ende fand und mir die Nacht noch im Menschenzoo um die Ohren schlug – wenngleich diesmal alles vergleichsweise zivil ausfiel.

Am nächsten Mittag bereits wurde sich aus der Koje geschält und wahnsinnigerweise direkt zur BOLANOW-BRAWL-Probe geeilt, um anschließend mit den Affen zum – na klar! – Hafengeburtstag zu pilgern, wo unsere Kumpels von ARRESTED DENIAL um 17:00 Uhr ihren Streetpunk mit gelegentlichen HC-Einlagen bis hin zu ROXETTE-Covers unters verkaterte Volk brachten. Die nun plötzlich kräftig strahlende Sonne ballerte gut auf den Pelz und lud auch den einen oder anderen dazu ein, sich noch mal vor die Tür zu trauen, wenngleich es auf dem Riesenareal schnell nach versprengtem Häuflein aussieht. Die Band, allen voran Frontsau Valentin, war gut drauf, zu dämlichen Sprüchen aufgelegt und widmete diverse Songs verschiedenen Menschen, die die Band bisher unterstützt haben. Das eine oder andere Stück der in Kürze erscheinenden neuen Platte befand sich ebenfalls im Set und der Sound ging in Ordnung. Makelloser Gig, zu dem sich gut entkatern ließ und es war insbesondere schön, Neu- bzw. Wieder-Basser Timo mal wieder auf der Bühne zu sehen! Dann allerdings strich ich die Segel, verzichtete auf die REAL MCKENZIES und erklärte den diesjährigen Hafengeburtstag für mich für beendet.

Fazit: Drei Tage Hafengeburtstag, drei Tage Ausnahmezustand. Ich vermute, die Bedeutung gerade des alternativen, auch „Affengeburtstag“ genannten nichtkommerziellen Programms am Störtebeker werde ich hier niemandem erläutern müssen. Deshalb Respekt und Danke an alle Beteiligten, die das alljährlich aus dem Boden stampfen. Einzig ärgerlich, jedoch ein Luxusproblem sind die Überschneidungen mit dem ebenfalls i.d.R. sehr interessanten Jolly-Roger-Bühnenprogramm, das auch dieses Jahr bei mir leider reichlich kurz kam. Danke auch an die Meister der Verpflegung, die an der Hafenstraße arschleckere Veggie-Döner und -Burger zubereiten und verkaufen und damit sicherstellen, dass bei allem Gesaufe auch feste Nahrung im Magen landet – wenngleich ich es bei der Plastiktechnobeschallung dort keine fünf Minuten aushalten würde. Nach dem eigentlich immer chaotisch verlaufenden Hafengeburtstag, der sowie immer anders kommt als geplant, schalte ich normalerweise wieder ein, zwei Gänge zurück, was auch bitter nötig ist – soll schließlich nicht mein Letzter gewesen sein. Abschließend noch ein großes Spezialdankeschön an Lena und Timo! You’re the best!

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