[Abt. „Klassiker“, mein zweitältester Konzertbericht überhaupt (man beachte das Datum), meines Wissens nie irgendwo veröffentlicht – an den Abend erinnere ich mich dafür noch umso genauer:]
Da Timos Mutter gerade nach Berlin zieht, bat sie uns, ihr am letzten November-Wochenende ein bißchen beim Umzug zu helfen – für Bier, Fressen und Schlafplatz sei gesorgt. Geil, ein Wochenende in Berlin mit kostenloser Hin- und Rückfahrt + Verpflegung?! Also los! Nach ein bißchen Geschleppe (ich sag nur Klavier…) und Gespachtele, hofften wir, für die Nacht irgendwas Punkrockiges zu finden. Erstmal aber den Ku’damm runtergelatscht – pfui, alles verstopft von Konsum-Zombies und Stumpf-Touristen („Guck mal Schatz, die Gedächtnis-Kirche“ – „Boah…“), viele ekelige Leute… 0% Punkrock!! Also ab nach Kreuzberg… am Bahnhof erstmal zwei niedliche, blutjunge (BLUTjung, was’n Kalauer, hehe…) Kiddie-Punkeretten aus Bremen getroffen, die mit irgendeiner Reisegruppe da waren und sich zuerst uns anschließen wollten, dann aber doch nicht, bla… die eine fragte noch allen ernstes, ob wir „Schlachtrufe BRD“ kennen würden – als wir dieses bejahten, freute sie sich, denn daran könne man erkennen, ob man einen richtigen Punker oder nur „‘nen Pseudo“ vor sich hätte! Haha, was geht ab!? Wir also völlig ohne Plan in Kreuzberg, bis Timo zufällig auf einer Litfasssäule ein Plakat für o.g. Konzi entdeckte. Was sollte „Rockass“ wohl für’ne Band sein? Etwa die männliche Variante von „Rockbitch“?! Egal, da stand was von „Punk’n’Roll“ und wir waren froh, endlich was entdeckt zu haben und machten uns auf den Weg nach Wartenberg am anderen Ende von Berlin… Das WB 13 stellte sich als superkleiner, JUZ-ähnlicher Laden heraus, in dem neben dem Personal/den Bands ein paar Langhaarige mit Springerstiefeln rumhingen und der halbe „Berliner Pils“ nur 1,30 Euro kostete. Wir soffen uns gut einen an, während die Anwesenden staunten, dass wir „aus Hamburg“ kamen und uns in ihren Laden verirrt hatten. Nachdem wir standesgemäß [Edit 2015: natürlich erfolglos!] die weibliche Belegschaft angebaggert hatten (Timo die am Einlaß, ich versuchte es mit der süßen Kurzhaarigen hinterm Tresen), begannen irgendwann „Luci’s Brainfuck“, die einen etwas seltsamen Sound mit Indie-Elementen und vielen Breaks hatten. Not my cup of beer, aber war ok. Als die fertig waren, meinte ich zu Timo „laß‘ die nächste Band mal ´n bischn abfeiern“, da die beim Soundcheck ganz geil klangen. Damit sollte eine unglaubliche Punkrock-Poser-Pogo-Show eingeläutet werden, die ihresgleichen sucht! Obwohl nur ca. 10-15 Leute bei „Rockass“ zurückhaltend an der Wand gelehnt herumstanden, tanzten/pogten/schwitzten/prollten Timo und ich uns die Seele zum Punk’n’Roll-Sound von der Bühne aus dem Leib, dass uns die Einheimischen endgültig für komplett bescheuert erklärt haben mussten. Es wurde absolut jeder Song enthusiastisch abgefeiert, obwohl dort sonst so gut wie nix los war. Ab und zu gesellte sich einer der Wand-Lehner für ein, zwei Songs dazu; ansonsten gab’s die Timo+Günni-Show, bei der Timo nicht nur dem Sänger ins Mic brüllte und auf die zwei Leute im Publikum stagedivte, sondern auch noch die Saiten des Gitarristen vollsabberte, als er versuchte, diese mit der Zunge (! – das ist Rock’n’Roll) zu spielen. Überhaupt, der Gitarrist – neben seiner schier unglaublichen Frisur (sah aus wie zwei bis drei überdimensionale, mutierte Locken) machte er uns beim Auftritt der vorherigen Band mit seinem einzigartigen Tanzstil bekannt – einer Mischung aus Helge Schneider, Ballett-ähnlichem Besoffski-Getorkel und modernem Ausdruckstanz. Genial und nicht von dieser Welt! Nachdem wir etliche Zugaben gefordert hatten, konnte die Band nicht mehr, so dass sogar nochmal „Luci’s Brainfuck“ auf die Bühne mussten, die dann auch einige geile Punkrock-Smasher zum Besten gaben und ebenfalls gnadenlos abgefeiert wurden…Irgendwie ham‘ die WB13er es dann leider doch geschafft, uns um ca. 6:00h morgens zu wecken, nachdem sie mit ca. 6-8 Leuten an uns rumgerüttelt und gezerrt hatten. Schade, so hatten wir noch einen beschwerlichen und vor allem langen Heimweg zu Timo’s Mamuschka vor uns, weil natürlich kein Arsch wach blieb und ohne Rücksicht auf Verluste in irgendwelchen U- und S-Bahnen weitergeratzt wurde… Egal, auf jeden Fall haben wir `nen erstklassigen Eindruck hinterlassen (wahrscheinlich denken die jetzt, in Hamburg geht’s auf Konzis immer so ab, haha [Edit 2015: Sicher…]) und uns den kompletten nächsten Tag, als langsam die Erinnerungen an vorherige Nacht zurückkamen, über unsere „Show“ bepisst. (www.rockass.de, da güpt’s paar Songs von denen)
[Nachtrag 2015: Wir waren Helden!]