Günnis Reviews

Kategorie: Konzertberichte (page 12 of 42)

02.02.2018, Menschenzoo, Hamburg: BARETTA LOVE + ATOMIC SUNRISE + CRUDE CARESS

An diesem Freitag kam einiges zusammen: Ich sollte noch einmal im Menschenzoo auflegen, gleichzeitig lockte dort ein Konzert mit gleich drei Bands – und galt es, den Beginn der vorlesungsfreien Zeit zu feiern. Mein erstes „Deutsche Sprache und Literatur“-Semester lag quasi hinter mir und ist offenbar gar nicht so übel gelaufengelaufen – also Tassen hoch bis zum Verlust der Muttersprache! Außerdem wurde die neue P.A.-Anlage entjungfert, und zwar durch das Trio CRUDE CARESS aus Winterthur (Schweiz). Die 2014 gegründete Band zockte eine erquickende Melange aus rustikalem Oldschool-Punkrock und wüsteren HC-Punk-Eruptionen, stimmlich mal vom Basser, mal vom Drummer rau vorgetragen, mal auf Deutsch, mal auf Englisch, bisweilen gar in Schwyzerdütsch. Der Zoo war noch relativ übersichtlich frequentiert, füllte sich aber nach und nach zusehends und das anwesende Volk lauschte interessiert, ohne gleich durchzudrehen. Witzig war ein Schreihals im Publikum, der jede Ansage launig kommentierte. Die Drums waren mir manchmal zu sehr uffta-uffta und die Handbremse zu angezogen, der Gitarrist währenddessen auf der Suche nach dem dritten Akkord.  Je aggressiver, flotter und kürzer die Stücke aber wurden, desto besser lief mir das Zeug rein und das sympathische Auftreten der Band, die mit ihrer Schweizer Herkunft kokettierte und kleine Lehrstunden in Schwyzerdütsch abhielt („Wisst ihr, was ein Schlägli ist? Ein Schlachanfall! Das muss doch SCHLACHANFALL heißen!!!“), trugen zur guten Stimmung bei. Der Basser kompensierte das Fehlen eines klassischen Vorturners mit zappeligen Ausflügen vor die Bühne, zupfte seine Axt auch mal kniend und gegen Ende gab’s mit „We Bite“ vonne MISFITS dann auch noch ‘nen Song, den nun wirklich jeder kannte. Ausbaufähig, aber nicht schlecht und vor allem unterhaltsam!

Durchatmen, lüften, paar Songs auflegen, paar Bierchen (und Kiezmischen…) zischen – und die Magdebürger ATOMIC SUNRISE auf der Bühne begrüßen. Die Bude war mittlerweile sehr gut gefüllt und das Quartett gab sofort kräftig Gas. Den Sound würde ich als melodischen Punk mit einigen Punk’n’Roll-Anleihen bezeichnen. Ich hörte viel THE BONES heraus, aber auch viele Melodic-US-Punk-Einflüsse. Der Sänger, der zugleich die Rhythmusklampfe bediente, erinnerte mich an ANTI-FLAG, die mehrstimmigen Chöre sind natürlich genreimmanent und der Leadgitarrero schüttelte eine eingängige Melodie nach der anderem aus dem Ärmel. Das war schon alles sehr, sehr amtlich, zumal die pure, entfesselte Spielfreude da von der Bühne drang. Die mehr am Hauruck-Punk interessierten Anwesenden hatten sich nach hinten zurückgezogenen und den Anhängern der munteren Melodei das Feld überlassen, welche nun verzückt das Tanzbein schwangen. Auch hier gab’s ‘ne Coverversion eines unzerstörbaren Klassikers, DEAD BOYS‘ „Sonic Reducer“ musste herhalten und wurde nicht nur von mir begeistert mitgesungen. Für meinen Geschmack könnte der Gesang noch etwas mehr Abwechslung und Dreck vertragen und dem Sound würde auf Dauer eine etwas individuellere Note sicherlich gut tun, aber das ist Kritik auf hohem Niveau und schon gar kein Gemecker, denn live haben ATOMIC SUNRISE richtig was gerissen!

Die Wahlberliner BARETTA LOVE sind stets gern gesehene Gäste im Menschenzoo, spielen dort wohl 1x jährlich und 2016 wurde uns mit BOLANOW BRAWL sogar das Vergnügen zuteil, mit ihnen zusammen zu zocken.  Englischsprachiger Punkrock voller Pop und Melodie, gern auch mal etwas getragener, aber immer eingängig, inbrünstig vorgetragen von drei Typen, die auf der Bühne keine Show abziehen, sondern ihre Musik leben und lieben und sich dafür den Arsch abschwitzen. Wenn der Schweiß schon den Gitarrengurt runtertropft, verleiht das BARETTA LOVE eine unheimliche Authentizität und der Funke springt sofort aufs Publikum über, das nun komplett mitging – übrigens inkl. eines Rollstuhlfahrerpärchens, das den ganzen Abend über anwesend war und seine Reifen zum Glühen brachte. Der Sänger trägt mittlerweile Irokese und seine Gitarre fast unterm Kinn, obwohl er diese quasi blind beherrscht. Die Abgewichstheit, mit der BARETTA LOVE ihr künstlerisches Handwerk beherrschen, geht schon verdammt stark in Richtung – nicht negativ gemeinter – Professionalität, da sitzt einfach alles. Feiner Gig, wenn auch auf Dauer vielleicht nicht 100%ig meine Mucke, denn ein paar mehr Ecken und Kanten dürften’s letztlich dann schon sein – und das obligatorische TOTE-HOSEN-Cover „1000 gute Gründe“ darf dann auch sehr gerne langsam mal ersetzt werden.  Gegen 1:00 Uhr wird wohl Schluss gewesen sein, aber die Nacht blieb famos – Freunde und Bekannte sowie eine Vielzahl nun auch von anderen, parallel stattgefundenen Konzerten einströmenden Menschen machten die Nacht zum Tag, das „DJing“ zum Vergnügen und die Kehle so heiser, dass ständig nachgekippt werden musste, bis Chefwirtin Iris irgendwann zum Feierabend mahnte. Eine „Absacker-Tour“ ersparte ich mir (und den anderen) diesmal – besser hätte es nicht mehr werden können.

12.01.2018, Fanräume, Hamburg: DIE DORKS + STACKHUMANS + LOSER YOUTH

Zum Jahresbeginn hat mich die Zeitfalle endgültig erwischt: Der Semesterendspurt meines Studiums fordert seinen Tribut. Den Eintrag zu meinem ersten Konzert des noch jungen Jahres, das mich in die Fanräume führte, will ich trotzdem nicht unterschlagen, auch wenn’s etwas länger dauerte. Kohle für Anti-G20-Repressionskosten sollte eingespielt werden und eigentlich waren auch AUS DEM RASTER dabei, die jedoch gerade mit ihrem Set durch waren, als ich am ziemlich gut gefüllten Ort des Geschehens aufschlug. Die LOSER YOUTH um Gitarrist, Sänger und Tausendsassa Thommy prügelte gefühlt 40 schnörkellose, rudimentäre Oldestschool-HC-Punk-Eruptionen durch die P.A., kurze, direkt auf den Punkt kommende Songs mit deutschsprachigen, bewusst provokant-plakativen Texten, garniert mit herrlich stumpfen Ansagen und schönem Bass-Gerödel, das hilft, die Stücke voneinander unterscheiden zu können. Brachte gut Stimmung in die Bude und die entspannte Attitüde der Band, die den einen oder anderen Einstieg vergeigte und bisweilen dann einfach zum nächsten Song überging, ist mal echt sympathisch.

Wesentlich brachialer gingen die STACKHUMANS aus Itzehoe im Anschluss zu Werke, die ihren für mich bisher besten Gig ablieferten. Aggressiver, krustiger HC-Punk mit bösem gutturalem Shouting in deutscher Sprache und ohne Rücksicht auf Verluste. Der Fronter rüpelte sich durchs immer heftiger pogende Publikum und war irgendwann wieder barfuß, während seine Band sich durch die Songs fräste und bollerte. Leider spielte die Technik nicht ganz mit und so setzte immer wieder der Bass aus, bis der Bassist irgendwann entnervt ganz abbrach und eine Pause nötig wurde, um den Mist endlich in den Griff zu kriegen. Das unterbrach natürlich den Fluss und ich hatte meine Zweifel, ob man den Stimmungspegel danach würde halten können. Doch Pustekuchen, schon bald ging’s ebenso heftig vor der Bühne weiter, wie’s vor der Zwangspause geendet hatte. Von den Publikumsreaktionen her also das genaue Gegenteil des Lobusch-Gigs vor einigen Monaten – freut mich!

Die bayrischen DORKS um Sängerin/Gitarristin Lizal kannte ich bisher nur von vereinzelten Songs und aus Fanzine-Interviews. Dass sie mit ihrem deutschsprachigen Punkrock wohl dem „Deutschpunk“ zuzurechnen sind, hinderte sie nicht daran, als Soundcheck DIOs „Rainbow in the Dark“ anzuspielen, was nicht der einzige Ausflug ins Metallische bleiben sollte. Andere waren wesentlich vertrauter mit der Band als ich und feierten von der ersten bis zur letzten Sekunde kräftig ab, was Lizal, ihr Co-Sänger und der Rest der Bande fabrizierten. Mein persönlicher Genuss wurde jedoch empfindlich durch Lizals viel zu leise Klampfe und ihren höchstens als Flüstern zu vernehmenden Gesang gestört. Offenbar war die Anlage an ihre Grenzen gelangt oder was auch immer. Soundhexer Norman ließ nichts unversucht, das Problem auszumerzen, doch schienen ihm die Hände gebunden. Irgendwann mittendrin scheint dann doch irgendwas funktioniert zu haben und zumindest Lizals Stimme erklang endlich in voller Pracht, ihre Klampfe blieb jedoch arg unterrepräsentiert. Das ist schade, denn im Gegensatz zu den vorausgegangenen Bands leben die DORKS-Songs neben frechen Texten auch von ihren Melodien. Dem Mob vor der Bühne aber schien das alles herzlich egal und so überwog in jedem Fall der Eindruck einer zünftigen Hamburg-bayrischen Party. Ein weiterer Verweis auf klassischen Metal war das gegen Ende gezockte „Fear of the Dorks“, dem einen oder anderen vielleicht noch als „Fear of the Dark“ von IRON MAIDEN ein Begriff. Geile Scheiße und man setzte sogar noch einen drauf: Vermutlich als Tribut an die nun komplett an einem hoffentlich besseren Ort rödelnde und saufende alte MOTÖRHEAD-Besetzung entließ man mit einem „Ace of Spades“-Cover den Pöbel in die Nacht. Und aufgrund diverser Samstagmorgenverpflichtungen fiel meine sonst so obligatorische Absackertour der Vernunft zum Opfer. Sachen gibt’s…

Bleibt zu hoffen, dass ordentlich Rubel für die gute Sache und gegen die politische G20-Justiz zusammenkam und so lange weitere solch wohlfrequentierte Sausen stattfinden, wie es in diesen „schillernden Zeiten“ vonnöten ist.

15.12.2017, Menschenzoo, Hamburg: NITRO INJEKZIA + TILIDIN

Normalerweise versuche ich es ja zu vermeiden, Punk-/HC-Konzerte in der Markthalle aufzusuchen, jenem seelenlosen Klotz. Zum Studienbeginn hatte ich jedoch so’n Druckerzeugnis von der Uni bekommen, mit dem ich von Oktober bis Dezember je 1x gratis in alle möglichen Hamburger Veranstaltungsorte hineinkommen solle. Da ich allein schon zeitbedingt noch kein einziges Mal davon Gebrauch gemacht hatte, nahm ich den alljährlichen Besuch der alten UK-Punks von PETER & THE TEST TUBE BABIES zum Anlass, es zumindest einmal zu versuchen. Mir schwante schon nichts Gutes, denn dass ausgerechnet die Markthalle etwas zu verschenken hat, konnte ich kaum glauben. Also habe ich mich brav angestellt, den Wisch schließlich vorgezeigt – und mir die erwartete Abfuhr eingehandelt. „Heute nicht! Und ich habe auch keine Ahnung, wie  man so etwas vorher in Erfahrung bringen kann!“ War klar, fick dich, Drecksladen, und bevor ich bei dir 25 Tacken für’n Punk-Gig latze, müssen schon Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen. Nach einer erkältungsgeplagten, stressigen Woche mit Studium und Arbeit bis zum Exitus + üblichem Vorweihnachtsremmidemmi sowie der unspektakulärsten Firmen“weihnachtsfeier“ ever (wo ich immerhin mittels Powernapping Kraft tanken konnte, sprich: bin mal kurz weggenickt) war ich nun aber auf Trinken geeicht, zumal sich Madame selbst noch auf ihrer etwas opulenteren Weihnachtsfeier befand und sich später mit mir treffen wollte. Zumindest ‘nen Kleinen wollte ich bis dahin schon heben. Bei Hermann im Osborne bot sich die Gelegenheit, in lauschiger Atmosphäre den HSV live verlieren zu sehen, also ab auf den Kiez und die nächsten drei Bier gehoben, bekannte Gesichter gesehen – und den HSV verlieren.

Madame noch auf Weihnachtsfeier. Was nun? Im Menschenzoo sollte irgendein Konzert stattfinden, weit weniger als halb so teuer, dafür weit mehr als doppelt so angenehm wie in Markthalle. Der Plan stand. Am Eingang informierte man mich, dass ich just die kurzfristig als dritte Band aufgrund eines Ausfalls auf ihrer regulären Tour eingesprungenen FEMME KRAWALL versäumt – und damit echt was verpasst – hatte. Sei’s drum, wegen spezieller Bands war ich ohnehin nicht hier, Namen wie TILIDIN und NITRO INKEKZIA sagten mir rein gar nichts. Das machte nichts, denn bald sagte der TILIDIN-Leadsänger und -gitarrist mit alberner Weihnachtsmütze von der Bühne aus etwas, indem er seine Band vorstellte. Das Trio stammt aus Berlin, eigentlich aber von überall aus der Welt, es handelt sich um „Berlin Punkrock mit Migrationsvordergrund“ sowie „Dirty Immigrant Punk Rock’n’Roll“, nicht ganz alltäglich für ‘ne junge Band und mit diesem zum Image umfunktionierten Umstand kokettierte man dann auch in humorvollen Ansagen und Songtexten, wobei interessanterweise die Titel meist englisch, die Texte jedoch deutsch sind. Musikalisch war das ungezwungener, frecher, frischer, freier Punkrock irgendwo zwischen Punk’n’Roll, Schweinepunkröck und ’77-Anleihen, der sofort Bock auf Bewegung machte. Im überraschend gut gefüllten Zoo bildete sich sodann auch flugs eine pogende, gutgelaunte Menschentraube vor der Bühne und ich war mittendrin. Kühles Ratsherrn sorgte für den nötigen Flüssigkeits- und Mineralstoffausgleich während des Stepptanzes und gleichzeitig für einen sich weiter steigernden Spaßfaktor, sodass bereits mit Ende des klasse TILIDIN-Gigs auch meine Erinnerung fleucht.

Da es nicht nur mir so geht, ist nicht exakt überliefert, ob die hinzustoßende Herzdame noch etwas von TILIDIN gesehen hatte oder erst zu NITRO INJEKZIA auf den Plan trat. Jedenfalls war meine Freude groß, als auch sie kurzerhand zu bleiben und weiterzufeiern beschloss, was wir dann auch kräftig taten. NITRO INJEKZIA ist auch so’ne Migratentruppe in Trio-Größe, russisch und kanadisch, aber ebenfalls aus Berlin. Im Gegensatz zu TILIDIN sang man (soweit mich meine Erinnerungsfetzen nicht täuschen, mehr noch als sonst ist ab jetzt hier alles ohne Gewähr) verstärkt auf Russisch, was dem Ganzen natürlich bischn was Exotisches verlieh. Musikalisch ließ man’s richtig krachen, meist treibender Uptempo-Punkrock mit geilen Melodien, ohne dabei zu poppig o.ä. zu werden. An diesem Abend und in meiner Stimmung kam das einer Offenbarung gleich und so wurde getanzt, gefeiert und gesoffen, als gäb’s kein Morgen mehr – womit ich auch alles andere als allein war. Verdammt großartiger Gig, irgendwie auch eine perfekte Bandkombination an diesem Abend, da gibt’s mal so rein gar nix dran zu mäkeln – auch nicht am Sound, den P.A.-Hexer Norman einmal mehr brillant abgemischt hatte. NITRO INJEKZIA hätte ich eigentlich auch kennen können, das sind weder Frischlinge noch ein Untergrund-Geheimsttipp; keine Ahnung, weshalb die bisher unter meinem Radar flogen.

Zwischendurch outete sich übrigens irgendein Spacko, indem er das FREI.WILD-Shirt offenbarte, das er unter seiner Oberbekleidung trug. Tolle Provo, Digger – wenn man Spaß daran hat, flugs herauskomplimentiert zu werden (wie geschehen). Im Anschluss an den Liveteil blieben wir dann noch auf ein paar Absacker sowie etwas Powernapping, um nach dem Erwachen am Tresen den Heimweg anzutäuschen, aber doch noch im Treibeis auf die Absacker von den Absackern zu landen. In Schlangenlinien ging’s in den gar nicht mal mehr so frühen Morgenstunden schließlich in die Pofe, wo ich am nächsten Nachmittag herrlich ausgepowert und mit geleertem Arbeitsspeicher erwachte und freudig feststellte, TILIDIN-Merch mitgenommen zu haben (EP für die Sammlung und schickes Shört für die Dame). Die spontanen Partys sind eben meist die besten. An diesem Wochenende habe ich aber natürlich so gut wie gar nichts mehr von dem auf die Reihe bekommen, was ich mir so vorgenommen hatte. Danke an TILIDIN, NITRO INJEKZIA, den Menschenzoo und den Alkohol, mich derart erfolgreich vor Überarbeitung geschützt zu haben!

01.12.2017, Hamburg, Bambi Galore: NIGHT VIPER + INDIAN NIGHTMARE + GAME OVER

Am ersten Dezemberabend lockte das Billstedter Bambi mal wieder mit einem fetten Viererpaket, das ich mir keinesfalls entgehen lassen wollte. Da es mir momentan an einem Freitagabend jedoch nicht ohne weiteres möglich ist, überpünktlich zu erscheinen, verpasste ich glatt die erste Band, die US-Thrasher von EUPHORIA. Zu den Italienern von GAME OVER stand ich aber Gewehr bei Fuß und wurde im mittlerweile rauchfreien besten Metal-Club Hamburgs Zeuge, wie das Quartett, das bereits aus einigen Album-Veröffentlichungen schöpfen kann, einen satten Stiefel rüden ’80er-Thrash voller Spielfreude herunterprügelte und sowohl mich als auch das sich aus den „üblichen“ Bambi-Gängern, angereichert durch einige Punks, zusammensetzende Publikum in Verzückung und Feierlaune versetzte. Bis auf den Sänger/Bassisten sah die Band wie direkt aus der Hochzeit des Thrashs herübergebeamt aus (inkl. ausgeblichenem JUDAS-PRIEST-Shirt und Schnurri) und spielte einen punkig-schnellen, sehr aggressiven, wenig feinsinnigen, dabei technisch durchaus anspruchsvollen versierten Sound, der live noch besser als von (mir eine Idee zu modern produzierter (das neue Album „Claiming Supremacy“ muss ich mir aber erst noch anhören)) Platte knallte, Energie freisetzte und eine Spannung erzeugte, die den gesamten Abend lang gehalten werden sollte – wenn auch über weite Strecken der Sound ein wenig übersteuert wirkte und der Gesang etwas unterging. Als letzten Song coverte man ANTHRAX’ „Metal Thrashing Mad“ in einer unglaublich geilen Version mit dem EUPHORIA-Sänger am Mic, bevor man die Bühne für INDIAN NIGHTMARE räumte.

Bei jenen Berlinern, die sich ungewöhnlicherweise aus Menschen mit Migrationshintergrund aus den verschiedensten Ländern zusammensetzt, handelt es sich um eine erst 2014 gegründete Band auf dem Kriegspfad, die sich den Begriff „Metalpunksteel“ angeeignet hat und auf die sich seither Metaller und Punks gleichsam einigen können. Das Debüt-Album „Taking Back The Land“ läuft mir gut rein mit seiner wahnsinnigen Mischung aus Speed- und Thrash-Metal sowie Hardcore-Punk, die die wie kannibalistische Endzeit-Indianer in irrer Kostümierung und Maskerade aussehenden Musiker unter Zuhilfenahme einer Extraportion Hall auch live reproduzieren. Zwei Fünftel der Band waren zudem in VENOM-Leibchen gehüllt, was zusätzliche Sympathiepunkte bringt. Das Publikum drehte nun endgültig feil, vor der Bühne war kaum noch ein Durchkommen. Erweitert wurde die rasende Show durch Auftritte einer leichtbekleideten Feuerspuckerin, was in solch einer kleinen Location natürlich schnell zum sprichwörtlichen Spiel mit dem Feuer werden kann – geil, dass das trotzdem so stattfinden konnte. So heizte man dem Mob also in jederlei Hinsicht kräftig ein und verausgabte sich gut auf der Bühne, bis als letzter Donnerschlag „Riders of Doom“ erschallte, der sich wohl als so etwas wie der herausstechende Bandhit herauskristallisiert hat, bevor das Kriegsbeil wieder temporär begraben wurde. Die Gruppe Punks hatte sich einen Spaß daraus gemacht, immer wieder Wasserblasen aus einer Blubberpistole in die Luft zu schießen, was nun nicht ganz so spektakulär wie die Feuershow ausfiel, aber als witziger Kontrast fungierte, haha… Spitzenband, die es sehr ernst zu meinen scheint und das richtige Gefühl für ihren Stil mitbringt, den zu genießen jedoch ein gewisses Faible für Over-the-top-Speed-Metal-Madness inkl. spitzer Schreie, schriller Töne und Evil-Attitude-Terror-Riffs vonnöten ist. Klasse auch, dass ich endlich einen Haken hinter „Die ma live gucken“ setzen kann.

Musikalisch in gemäßigtere Fahrwasser begaben sich schließlich NIGHT VIPER aus Schweden, die dem klassischen Heavy Metal frönen, gerade ihr neues, zweites Album „Exterminator“ veröffentlicht haben und aufgrund ihrer unprätentiösen No-Bullshit-Attitüde sowie ihrer catchy Songs und ihrer erstklassigen Sängerin bestens ankommen. Die Kapelle um  Tom Sutton von THE ORDER OF ISRAFEL schüttelte Haar, die Sängerin auch mal einen Schellenkranz, zündete Konfettikanonen und hatte sichtlich Spaß am sie mit offenen Haaren und Armen empfangenden Publikum, von dem sie sich anfeuern ließ. „Nu Metal“, Elektronik, pathetischer Bombast oder anbiedernder Kitsch hatten hier nichts verloren und dennoch wirkte der klassische Stil der Band weder altbacken noch rückwärtsgewandt, sondern knackfrisch und hungrig. Allerdings fehlen mir noch ein paar mehr lupenreine Hits, sodass ich glaubte, nun guten Gewissens auch mal während des Sets eine dampfen gehen zu können und mich prompt vor der Tür festquatschte. Den Gig habe ich also nicht komplett verfolgt. Von der guten Stimmung war ich dennoch ergriffen und ließ mich mitreißen, bevor ich nach einem letzten Pilsener Urquell brav den Heimweg antrat und ein Konzert hinter mir hatte, das mehr noch als andere besonders vom speziellen Vibe zwischen Bands und Publikum lebte, mir eine verdammt gute Zeit bescherte und seine 16,- EUR Eintritt letztlich wert war.

24.11.2017, Lobusch, Hamburg: PESTARZT + ABRUPT + KANISTERKOPF

Auweia, schon wieder zwei Wochen her – aber speziell in der Vorweihnachtszeit kommt man ja zu nix, schon gar nicht zum Führen des Konzerttagebuchs. Also mal im Hinterstübchen (und den spärlichen Notizen) gekramt – wat war da los? Zunächst einmal trotz nur spärlichster Werbung in den sozialen Netzwerken eine erfreulich gefüllte Lobusch, in der sich zudem einige Freunde und gute Bekannte herumtrieben, ohne dass man sich verabredet hätte. Einer war gar auf dem falschen Gig gelandet, aber kurzerhand dageblieben. Gegen 22:30 Uhr gaben sich endlich einmal wieder KANISTERKOPF die Ehre, jenes lokale Trio, das sich dem wuchtigen Mehr-so-90s-style-Hardcore verschrieben hat. Die englischsprachigen Songs haben Schmackes und Groove, die Band verfügt über ausgefeilte Gitarrenarbeit und einen Bassisten/Sänger in Personalunion mit schön rau-räudiger Stimme sowie als vielleicht größten Trumpf mit Sympathiebolzen Herrn Lehmann über jemanden, der an seinen Kesseln den reinsten Drum-Porno anrührt! Nicht nur, dass man arschtight zusammenspielt, das Präzisionsdrumming mit seinen zahlreichen Fills und sonstigen Kabinettstückchen ist noch mal eine Klasse für sich. Ungefähr ab der Hälfte des Sets war das Publikum weichgeklopft und erwachte aus seiner Schockstarre, was sich in einem gepflegten Pogo vor der Bühne widerspiegelte. Der Gesang war zwischenzeitlich etwas leise geworden, wurde irgendwann aber nachreguliert, zwischen den Songs gab sich die Band ziemlich maulfaul – man lässt die Songs für sich sprechen. Die „Zugabe!“-Rufe am Ende wurden zunächst mit „Coole Bands spielen keine!“ quittiert; die Band ließ sich dennoch überreden und mit „Aber da wir keine coole Band sind…“ wurde der NWOBHM-Klassiker „2 Minutes To Midnight“ von IRON MAIDEN eingeleitet, das bekanntlich in einer stark dem eigenen Stil angepassten Version dargeboten wird. Alles in allem der bisher beste Gig der Band, den ich bisher gesehen habe und wie üblich gefallen mir persönlich die schneller durchgepeitschten Songs am besten, die jedoch gerade im Kontrast zu eher schleppenden Stücken, Feedback-Spielereien und Groove-Monstern ihre Wirkung entfachen.

Von ABRUPT aus Göttingen hatte ich bis dato noch überhaupt nichts gehört, doch wieder einmal sollte sich bewahrheiten, dass das rein gar nichts über die Qualitäten einer Band aussagt. Derbe kehliger, meist deutschsprachiger Gesang eines Nietenkaisers trifft auf geile, zum Teil metallisch-melodische Gitarren-Leads und bei manch Song auch eine leichte Crust-Schlagseite, stilistisch würde ich das als düsteren und garstigen Hardcore-Punk einordnen. Das entsprach schon ziemlich exakt meinem Geschmack. Gerade anfänglich war der Gesang herrlich dominant, später übte er sich gar in gutturalem tiefem Geröchel. Der beste Song war vielleicht „Deutschland von hinten“, „Who cares?“ ist ebenfalls spontan hängengeblieben. Kuriosum am Rande: Der Drummer verlor zwischendurch einen Stick und hatte offenbar kein einziges Ersatzexemplar parat. Das blieb aber auch die einzige hörbare Panne eines sehr überzeugenden Gigs, der – passend zum Bandnamen – ziemlich abrupt endete. Da hoffe ich doch, dass man die Göttinger noch öfter in Hamburg zu Gesicht (und Gehör) bekommen wird.

Bei PESTARZT hatte ich dann schon gut einen im Tee. Das betont antifaschistische Bandkollektiv aus Serbien prügelte sich durch diverse 20-Sekunden-Songs, die ebenfalls gern sehr unvermittelt endeten und zu denen der vermummte Shouter durchs Publikum sprang. Eine Zugabe wollte man nicht spielen und irgendwie war die Chose zumindest gefühlt ziemlich schnell wieder vorbei – einmal flott durchgerauscht sozusagen. Der Mob hatte seinen Spaß, die Band vermutlich auch und wer seinen Hardcore eruptiv, kurz und schmerzhaft mag, könnte mal einen Termin zur Darmspiegelung bei Dr. PESTARZT vereinbaren (evtl. vorher die Krankenkasse konsultieren).

Die „Disgigz“-Konzertgruppe hatte einen weiteren lohnenden Abend aus dem Boden gestemmt und die altehrwürdige Lobusch zum Beben gebracht. Schönes Ding – weiter so!

18.11.2017, Gängeviertel, Hamburg: F*CKING ANGRY + EAT THE BITCH + AFFE SUCHT STOCK

Die unermüdliche „Beyond Borders“-Konzertgruppe hatte vorgewarnt: Die räumlichen Kapazitäten seien begrenzt und man solle möglichst pünktlich erscheinen. Tatsächlich füllte sich an diesem Abend der jüngst renovierte Schuppen in Windeseile und relativ zeitig begann die Berliner Band mit dem seltsamen Bandnamen: Die wohl noch sehr jungen AFFE SUCHT STOCK spielten melodischen, wohl eher ‘90er-inspirierten Punkrock mit vornehmlich deutschen, kritischen Texten, für deren Interpretation sich der Drummer und die Gitarristin abwechselten, unterstützt von mehrstimmigem Background-Gesang. Mit zwei Gitarren war man relativ breit aufgestellt und zauberte manch nette Melodie hervor, wenngleich dem Gitarristen gleich beim ersten Song eine Saite riss. Die anderen drei machten zunächst ohne ihn weiter, bis er mit EAT-THE-BITCH-Tims Klampfe wiederkam und weiterfideln konnte. Nicht jeder Song war ein Kracher, doch einige Sahnestücke waren dazwischen und  die Band wirkte doch sehr charmant und bestimmt nicht unsympathisch. Am besten lief mir aber das letzte Stück rein; astreiner Hardcore mit derbem, ohrenscheinlich englischem Gesang von hinter der Schießbude wech, der irgendwie auch auf die kommende Steigerung des Härtegrads vorbereite.

So richtig proppevoll war’s dann pünktlich zu EAT THE BITCH, die m.E. bekanntlich zu den stärksten jungen und hungrigen Bands aus Hamburgs Underground zählen. Ich hatte mich irgendwo im vorderen Drittel hinter den Pogoreihen relativ mittig positioniert und empfand den Sound anfangs als gewöhnungsbedürftig, der Bass war zu laut und die Drums zu leise. Dies besserte sich im Laufe des Sets, wobei andere die Akustik offenbar ganz anders wahrgenommen haben und von zu lauter Gitarre u.ä. sprachen – evtl. sehr standpunktabhängig gewesen? Die Band hatte ihre Setlist kräftig überarbeitet, sodass sich Bekanntes mit neuem Material abwechselte. Die neuen Songs lassen hoffen, denn sie scheinen die Mischung aus desillusionierter Aggressivität, ruppiger Härte und Eingängigkeit bzw. Wiedererkennungseffekt konsequent weiterzuführen: „Nazideutschland 2.0“ z.B. ist direkt hängengeblieben. Man traute sich jedoch anscheinend auch etwas und öffnete sich für neue Einflüsse, was in einem als experimentell angekündigten Song mit Sprechgesang Ausdruck fand. Vor der Bühne ging’s ganz gut zur Sache; kein Wunder, denn Jonas Gesang zwischen Wut und Hysterie mit ihren harmonischen Einsprengseln wirkte erneut dem Wahnsinn nahe und besonders in Kombination mit Basser Manus diesmal sehr lautem, herrlich angepisstem Aggro-„Background“-Gesang knallte das bestens, während die Instrumente das gewohnte HC-Punk-Gewitter fernab von Monotonie oder moderner, kalkulierter Kantenlosigkeit erbarmungslos durchbretterten. Da ballt sich schnell einiges zusammen, das nach Entladung schreit – und schließlich findet. Zwei als Zugaben eingeplante Songs wurden ohne das ihnen normalerweise vorausgehende Ritual nahtlos ans reguläre Set gehängt, wobei der erste, das ältere „Elend“, ein bisschen vermurkst wurde und Jona am Schluss doch hörbar aus der Puste war – doch das bin ich nach einem geilen Gig auch und ist natürlich kein Makel, sondern Ausdruck dafür, dass ohne Rücksicht auf Verluste alles gegeben wurde.

F*CKING ANGRY aus der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn traten an, den Stimmungspegel zu halten oder gar zu toppen. Seit ihrem 2015er Album „Dancing in the Streets“ ist der Vierer szeneintern recht populär, und zwar zu Recht, denn die Platte ist geil. Das Live-Erlebnis übertrumpft den Hörgenuss aus der Konserve jedoch i.d.R., so auch hier: Schnörkelloser, meist schnell gespielter Oldschool-HC trifft auf unaufdringliche Melodien und wird von einer Sängerin veredelt, deren raue, schnoddrige, rotzige Stimme mich positiv ein bisschen an die unvergessene Wendy O. Williams erinnert. Die bissigen Texte sind mal in deutscher, mal in englischer Sprache verfasst und waren Teilen des Publikums durchaus bekannt. Da wurde nicht nur getanzt, sondern auch fistgeraised und mitgesungen, NOTGEMEINSCHAFT-PETER-PAN-Stemmen übernahm gar kurzerhand einen ganzen Song und empfahl sich damit als Hardcore-Shouter. „Atomstrom“ ist so was wie der Hit der Band, vermutlich aufgrund seiner Verbreitung auf CD-Beilagen und seiner hartnäckigen Ohrwum-Qualitäten – dementsprechenden Widerhall fand er seitens des Publikums. Es war eng, allen war heiß, Bierspritzer eine willkommene Abkühlung, aber die Bands waren klasse, die Atmosphäre entspannt und die euphorische Stimmung spätestens jetzt auf ihrem Siedepunkt, sodass es gern noch länger so hätte weitergehen können. Nach dem Schlusspfiff verkaufte sich die F*CKING-ANGRY-Scheibe wie geschnitten Brot. Das Plattenkaufen auf Konzerten sollte ich aber evtl. doch noch mal überdenken, denn diese war nicht die erste, die es nach einer anschließenden Kneipentour doch deutlich entfernt vom Mint-Zustand nach Hause geschafft hat (wenigstens hat sie es überhaupt geschafft) …

04.11.2017, Störtebeker, Hamburg: NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN + MONOTROP + LASTER-KADAVER

An diesem Wochenende hätte man sich wieder in etliche Puzzleteile zerreißen müssen, hätte man jede interessante Veranstaltung in der Hansestadt mitnehmen wollen. Mir stand der Sinn nach ‘ner überschaubareren Sause und das Störtebeker lockte mit einem Gig der lokalen NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN zusammen mit zwei mir unbekannten Bands. Die Berliner HC-Punks SZRAMA mussten krankheitsbedingt leider absagen, als Ersatz war das Duo LASTER-KADAVER eingesprungen. Im noch einige Beinfreiheit bietenden Störte eröffnete dieses irgendwann zwischen 22:30 und 23:00 Uhr vor auffällig vielen Vokuhila-Trägern (nach mal mehr, mal weniger ironischen Schnurris offenbar der letzte szeneinterne Antimodeschrei) mit Sludge-Gedröhne ohne Bass, dafür mit Kunstnebel, tiefer Klampfe mit vielen Effekten und Loops, die weitere Instrumente überflüssig machten. Das klang wie ein überlanger Soundcheck, monoton, schleppend und vorhersehbar. Freunde dieser Musik würden jetzt vermutlich eher doomig, atmosphärisch und rustikal sagen, aber ich penn‘ bei sowat echt weg. Der Shouter/Klampfer drehte zwischendurch Kippen und legte seine Axt auch mal ganz zur Seite, um zu den Loops nur noch zu brüllen. Da Stück an Stück ohne Pausen aneinandergereiht wurde, hinterließ das Ganze den Eindruck einer einzigen Endlosnummer. Selbst der berüchtigte Erste-Reihe-Tänzer im Metal-Dayz-Shirt verharrte regungslos und als sogar die Vokuhilas irgendwann das Weite suchten, hatte die Band offenbar ihr Soll erfüllt und räumte die Bühne. Nee, Sludge und ich werden in diesem Leben keine Freunde mehr.

Bei den Bremer Krusten MONOTROP stehen die Chancen schon besser, wenngleich der Bandname in Kombination mit dem Genre erst mal wenig Gutes befürchten ließen, monotones Crust-Geschepper ist nun auch nicht gerade meine Baustelle. Doch weit gefehlt! Nach einem Intro, für das der Sänger sprichwörtlich auf die Pauke haute, sprich: an einer zusätzlichen Trommel den Drummer unterstützte, brachten MONOTROP mittels pfeilschneller Songs und ordentlich Arschtritt kräftig Leben in die Bude. Zwischen den Songs erzählte der Drummer kurz etwas zum textlichen Inhalt der Songs, wovon man beim (offenbar deutschsprachigen) Brüll- und Röchelgesang des stilechten Frontzottels dann ohnehin kein Wort verstand, der aber Energie und Aggressivität vermittelte, während sich heftige Riffs durch die Gehörgänge frästen. Crustpunk mit echten Songs inkl. Wiedererkennungseffekten, Speed und Groove, der richtigen Dosis an Abwechslung und arschviel Power. So gefällt das auch Skeptikern wie mir.

Die Stimmung war mittlerweile positiv aufgeheizt, die NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN brauchte diese nur noch mitzunehmen. Nach den vorausgegangenen Darbietungen stellte sie sich als Pop-Band vor, was mit dem zwar wesentlich melodischeren, doch bisweilen nicht minder aggressiven und energetischen Sound der Band natürlich nicht viel zu tun hat. Im Gegenteil: Die Mischung aus feinen Melodien, ruppigerem Zeug und kämpferischer, melancholischer und wütender Stimmung stieß wie üblich auf offene Ohren und Herzen. Rechts vor Bühne übertönte der Gitarrensound leider völlig beide sich abwechselnde Gesänge, vermutlich Bühnensound-bedingt, aber ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen und nutzte die immer noch angenehmen Platzverhältnisse, um mich einfach auf die andere Seite zu begeben und dort den einnehmenden Bassläufen des stets fröhlich vor sich hingrinsenden, aber komplett die Klappe haltenden Bassisten ebenso zu lauschen wie den leidenschaftlichen Ansagen, die Anlass für einen kleinen Zwischenfall waren: Ein auf dem Bühnenrand sitzender Punk zeigte an diesen anscheinend demonstratives Desinteresse, was einen anderen derart auf die Palme brachte, dass er diesen maßregelte. Unnötig, weil eigentlich beides panne: Die Annahme, eine Punkband sei dazu da, einen Song nach dem anderen rauszuhauen, ohne länger als fünf Sekunden etwas zu ihnen zu sagen und man deshalb genötigt sei, verächtlich auf alles zu reagieren, was die eigene Aufmerksamkeitsspanne überreizt, ist natürlich grundfalsch, zumal weder die NOTGEMEINSCHAFT noch andere ähnlich geartete D.I.Y.-Bands wirken, als würden sie sich auf ein Podest stellen und sich selbst gern einstudierten Bullshit quatschen hören, der allen längst aus den Ohren herauskommt. Genauso Quatsch ist es aber, so zu tun, als sei man auf einer ach so politischen Agitprop-Veranstaltung denn auf einem wüsten HC-Punk-Gig und für jedes Teaching to the converted höchste Aufmerksamkeit erzwingen zu wollen. Über diesen Unfug habe ich nun aber längst viel zu viel geschrieben, letztlich wirkte Gitarrist/Sänger Stemmen beruhigend auf die Situation ein, die wohl schnell geklärt war. Als die Band schließlich erstmals von ihren Instrumenten ließ, wurden lauthals Zugaben gefordert, bis weitere Anti-Aging-Tipps in Form eines eingedeutschten und an hiesige Verhältnisse angepassten AGNOSTIC-FRONT-Songs sowie einer direkt ins Ohr gehenden Singalong-Hymne ausgetauscht wurden, deren Chor aus vielen Kehlen mitgesungen wurde.

Nach einem sich mir musikalisch nicht erschließenden Beginn, den ich vor allem als Kunstnebel- und Equipment-Technik-Demonstration in Erinnerung behalten werde, wurd’s der erwartete und erhoffte arschnette Abend mit guter Musik im ebenso herzlichen wie rustikalen Störtebeker-Ambiente, wo dann auch die eine oder andere Pilsette mehr geköpft wurde, als vielleicht ursprünglich „geplant“. Schönes Ding, das seinen obligatorischen Absacker im Onkel Otto fand.

28.10.2017, Linker Laden, Hamburg: Halloween-Party mit FAXE POLICE

Wir hatten etwas von Anti-G20-Prozesskosten-Solisaufen aufgeschnappt und uns auf ‘nen unspektakulären Abend am Tresen mit Musik aus der Konserve eingestellt. Als ein als fleischfressende Pflanze verkleideter Kassierer ‘nen Fünfer Eintritt verlangte und uns nicht hineinließ, ohne uns Kunstblut in die Visagen zu schmieren, wurde klar, dass wir da etwas falsch verstanden hatten. Der Laden war ebenfalls ganz im Zeichen Halloweens dekoriert und der Großteil hatte sich in entsprechende Schale geschmissen. Und wer nicht, war bzw. wurde eben angeschmiert. Im Konzertraum legte nicht nur ein mit gutem Geschmack gesegneter Vinyl-DJ auf, der sein Set mit diversen ‘80er-New-Wave/Synthie-Pop-Hits spickte, ein mit Drumkit etc. bestückter Bühnenbereich sowie ein selbstgebasteltes Glücksrad deuteten auf weitere Programmpunkte hin. Um Mitternacht wurden die Spiele schließlich eröffnet: Nach zwei „Gratis“-Tracks von FAXE POLICE – flotter HC-Punk/Oldschool-HC, der arschtrat – bat ein Moderator ans Glücksrad, das mehrere Optionen bot: FAXE POLICE spielen einen Song, Zitateraten, Schlag den Scholz, Songraten oder Karaoke. Beim Zitateraten galt es, Aussagen aus den Bereichen Politik, Philosophie u.ä. per Multiple-Choice-Verfahren richtig zuzuordnen, was bei Erfolg mit ‘nem Schnaps belohnt wurde. Die Zitate waren übrigens wohlgewählt und der Schwierigkeitsgrad nicht immer ganz profan. Bei „Schlag den Scholz“ galt es, mit Bällen eine Pappstatue des größenwahnsinnigen Hamburger Despoten vom Stuhl zu fegen, was ebenfalls in Alkoholika entlohnt wurde. Beim Songraten spielte ein Bandmitglied den Anfang eines mehr oder weniger populären Stücks über sein Smartphone an, was die meisten Teilnehmer vor keine größeren Herausforderungen stellte. Die geilste Disziplin war jedoch Karaoke: Wen es erwischt hatte, musste ein Los ziehen, das den Titel des zu singenden Songs offenbarte, welche auch alle auf der Tafel an der hinteren Bühnenwand aufgeführt worden waren. Selbst singen musste man nicht, sondern konnte jemanden aus dem Publikum auswählen, der Bock und den Text halbwegs drauf hatte. Ob GANG GREENs „Alcohol“, „California über alles“ vonne DEAD KENNEDYS, KIM WILDEs „Kids in America“, POISON IDEA – „Plastic Bomb“, BLACK FLAG – „Nervous Breakdown“ oder DEAD BOYS – „Sonic Reducer“ – die Band spielte die Songs jeweils live und fast nie wurden Sängerin oder Sänger alleingelassen, sondern konnten sich auf ‘nen kräftig mitsingenden Mob verlassen. Daraus entwuchs manch eigenwillige Interpretation und je später die Nacht, desto lockerer wurden die Leute und desto chaotischer wurde die Veranstaltung, die vom Moderator durch subtile Eingriffe am Glücksrad dann und wann in die gewünschte Richtung gelenkt wurde. Gegen Ende war dann immer noch „Breaking The Law“ von good old JUDAS PRIEST übrig; nachdem ich mir genügend Mut angetrunken hatte, ergriff ich die Chance und versuchte mich als Aushilfs-Halford. Hat derbe Laune gemacht, ganz wie die komplette, mit viel Liebe zum Detail gestaltete Sause, auf die ich so gar nicht vorbereitet war, die mich aber auch im Nachhinein noch breit grinsen lässt. Bleibt zu hoffen, dass auch für die G20-Repressionsopfer reichlich Rubel zusammenkamen – schließlich konnten längst nicht alle dieses Jahr derart ausgelassen Halloween feiern.

21.10.2017, Lobusch, Hamburg: AUWEIA! + THRASHING PUMPGUNS + STACKHUMANS

AUWEIA! auf Abschiedstour mit Halt in der Lobusch – also unbedingt mal hin da, jene achtbeliebteste (nach SLIME, DRITTE WAHL, TOXOPLASMA, CANALTERROR, VORKRIEGSJUGEND, BOSKOPS und RAZZIA) Deutschpunkband ever hatte ich schließlich lang genug mit Ignoranz gestraft – und ich weiß nicht mal, warum. Shouter Ullah machte in seinen Beiträgen zum „Plastic Bomb“-Fanzine i.d.R. einen sehr sympathischen Eindruck und die zwei, drei Songs, die ich kannte, konnten ‘ne Menge. Außerdem wurden sie allenthalben ziemlich abgefeiert und „Dat is Punk, dat raffste nie!“ zum geflügelten Wort. Weshalb ich mir trotzdem nicht mal ‘ne ganze Platte angehört hatte, kann ich echt nicht sagen – vielleicht gerade deshalb? Die Konzerte jedenfalls hab‘ ich anscheinend aus Zeitgründen immer verpasst. Genug des Blablas, erst mal zu den STACKHUMANS aus Itzehoe: Die hatte ich zuletzt im Februar im Gängeviertel gesehen. Seitdem haben die sich ganz schön gemacht: Was damals noch ziemlich rudimentär rumpelte, klang jetzt wesentlich gereifter nach recht tightem Aggro-HC-Punk mit Crust-Einschlag (oder so). Die Band, insbesondere der auch mal seine Bühne verlassende (und sich seiner Schuhe entledigende!?) Shouter, legte sich kräftig ins Zeug und konnte sich grundsätzlich eigentlich nicht über mangelndes Publikumsinteresse beklagen. Weshalb die Leute aber wie angewurzelt dastanden und die Band begafften, weiß ich nicht, doch auch Applaus scheint mittlerweile als uncool und unpunkig zu gelten. Mir gefiel’s über weite Strecken gut, halt die schön grobe, humorlose, radikale Kelle, allerdings täte die Band gut daran, ihr Set etwas zu kürzen – die STACKHUMANS schienen gar nicht mehr von der Bühne zu wollen, doch ihr Sound nutzte sich mit der Zeit spürbar ab und wurde monoton, zu sehr ähneln sich irgendwann die Songs.

THRASHING-PUMPGUNS-Rolf schien vor dem Gig etwas in Sorge um seinen Bassisten zu sein, der bereits bei meinem Erscheinen deutlich Schlagseite hatte. Beim HC-/Thrash-Crossover-Livesound schließlich schien das egal zu sein, die Band pustete den Laden kräftig durch, brachte die vorderen Reihen zum Tanzen und motivierte auch mich zu ekstatischen Ausdrucksformen. Der neue Gitarrist scheint bestens dazu zu passen und Shouter Rolf ist nach wie vor nicht zuletzt ein verdammt geübter Entertainer, der ebenfalls auf Tuchfühlung mit dem Mob ging. Geile Scheiße wieder!

Als AUWEIA! gegen halb eins auf die Bühne kletterten, war ich längst zu breit und ausgepowert, um mir noch Details merken zu können. Fakt ist aber, dass der geschmackssichere Ullah & Co. die Fahne des relativ schnörkellosen, flotten, rauen und unprätentiösen deutschsprachigen Punkrocks bzw. HC-Punks, der irgendwann später mal „Deutschpunk“ getauft wurde, hochhalten (bzw. -hielten) und frei jeglichen aufgesetzten Images, intellektuellen Überaus oder affektierten Getues ordentlich auf die Kacke hauten, wie man es sich wünscht. Ullah sangbrüllschrie sich hektisch und inbrünstig durch etliche straßentaugliche Punk-Weisen und zappelte sich seinen Schnurri schwindelig. Tonnenweise Papierschnipsel wurden von der Bühne geworfen und flogen auf dieselbe zurück, bis die Lobusch aussah wie ein überdimensionierter Aktenschredder. Das Publikum war mittlerweile natürlich auch aufgetaut, bisweilen schwer besoffen, und feierte gut mit. Gegen Ende wurden Spezi und Tommy (beide ex-STAHLSCHWESTER) auf die Bühne gebeten und sangen zusammen mit Ullah, fragt mich aber bitte nicht, was. Nach dem Gig war ich hackedicht, quatschte Ullah noch mit irgendeinem Mist voll und trat schließlich den Heimweg an, das Bier schien auch irgendwie alle zu sein. Bands wie AUWEIA! gibt’s leider zu wenige in der Szene und insofern ist dieser Abschied durchaus ein etwas trauriger – obwohl gerade erst so richtig kennengelernt. Hoffentlich lässt man uns nicht über kurz oder lang mit all diesen „selbstironischen“ D-Punk-Bands allein…

06.10.2017, Villa, Rotenburg: RESTMENSCH + ANGEBRACHTE PANIK + DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS

Eigentlich hätte eine Mini-Tour daraus werden sollen: Freitag in Rotenburg und Samstag zusammen mit KILLBITE und RESTMENSCH in Rostock. Als wir kurz vor Toreschluss erfuhren, dass in Rostock zeitgleich ein Konzert stattfindet, von dem die Bagehl-Veranstalter vermuteten, dass es das ganze Publikum ziehen würde und sie dieses auch selbst gern besuchen würden, war kurzzeitig ein Nachmittags-Konzert im Gespräch, worauf wir letztlich in gegenseitigem Einvernehmen und vor dem Hintergrund des Rotenburg-Gigs dann doch lieber verzichteten – aufgeschoben ist natürlich nicht aufgehoben!

Nichtsdestotrotz hatte uns der gute KILLBITE-Ballo in der Rotenburger Villa untergebracht, die ich einst bereits mit BOLANOW BRAWL bespaßen durfte und auf die ich mich aufgrund der positiven Erfahrungen besonders freute. Doch warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht? Einen Tag vorher war Xavier (nicht Naidoo, sondern der Orkan – egal, beide scheiße) über Deutschland hinweggefegt und hatte eine Schneise der Verwüstung hinterlassen: Zerstörung, Tote, Verkehrschaos. So wurde schon mal nichts aus dem Plan, dass Eisenkarl und Tentakel mit dem Wohnmobil anreisen und wir übrigen inkl. Jana und dem österreichischen Matjesmädchen Lisa mit der Bahn loseiern, denn die Bahnstrecke war gesperrt. Also erklärte sich Jana dankenswerterweise bereit, ihre alte Schüssel nicht nur zur Verfügung zu stellen, sondern auch höchstpersönlich zu steuern, wenn auch mit einem etwas mulmigen Gefühl und der Befürchtung, irgendwo auf der Autobahn liegenzubleiben. Dies passierte zwar nicht, doch musste zunächst einmal Eisenkarl Starthilfe geben. Durch heillos verstopfte Straßen quälten wir uns dann durch den Hamburger Feierabend- und Wochenendverkehr und konnten nicht einmal auf den Elbtunnel ausweichen, da dieser ebenfalls gesperrt war. Endlich raus aus der Hanse- und Bullenstadt ging’s auf besagte Autobahn, auf der wir prompt in zähflüssigsten Verkehr und Stau gerieten, sodass wir uns nur quälend langsam gen Rotenburg a.d. Wümme fortbewegen konnten. In jenem Bremer Vorort endlich angekommen, ging das Chaos direkt weiter, denn aufgrund einer Kirmes war die halbe Stadt abgesperrt, wovon unsere Navis natürlich nichts wussten. So kurvten wir ein paarmal durch den Kreisverkehr, bis wir ENDLICH zur Villa gelangten. Boah ey!

Dort nahmen uns Einheimische sowie die RESTMENSCHen in Empfang. Beim Einchecken erfuhren wir dann, dass unser Veranstalter und Mann vor Ort ebenfalls noch gar nicht da ist, weil er einen Autounfall hatte – ein Laster war ihm hinten reingefahren. Zum Glück ist dem guten Mann aber nichts weiter passiert und er konnte später dazustoßen. Um uns eine Mahlzeit zu kredenzen, hatte man improvisiert und uns Veggie-Dürüms vom örtlichen Döner-Restaurant besorgt, was ‘ne sehr feine Sache war. Mein Magen dankte es und zwischen Aufbau und Soundcheck begann ich mit der Druckbetankung, denn natürlich waren wir arschspät dran. ANGEBRACHTE PANIK aus Bremen wähnte ich als lokalen Opener, doch die Panikmacher favorisierten selbstbewusst die mittlere Spielposition für sich (RESTMENSCH waren als Headliner eh gesetzt), was uns nur entgegenkam. Der Sound-Maestro zauberte uns einen vernünftigen Klang und hatte sogar bischn Hall für die Gesänge parat, was immer sehr angenehm, aber nicht selbstverständlich ist. Ferner berichtete man uns, dass aufgrund einer Konkurrenzveranstaltung weniger Gäste als gedacht anwesend seien. Ein paar Hamburger, die sich angekündigt hatten, mussten aufgrund besagter Bahnstreckensperrung ebenfalls passen, aber ich war mit dem Publikumszuspruch eigentlich ganz zufrieden.

Denn als wir wesentlich später als geplant endlich zu schrammeln, scheppern, brüllen und hassen begannen, zeigte sich der Mob nicht nur interessiert, sondern sogar tanzfreudig. Relativ unfallfrei zockten wir unser leicht gekürztes Set durch, abgesehen von ein paar Rumplern, meinem Tritt aufs Mikrokabel, was mir das Ding fast aus der Hand riss und ähnlich üblichen Sperenzien, bis Kai unmittelbar vorm letzten Song die E-Saite seines Besens riss. „Ghettoromantik“ wollten wir aber schon noch gern spielen und so zog er ‘ne neue auf, während ich die Zeit mit Bullshit-Gesabbel überbrückte. Nach allen Widrigkeiten hatten wir endlich abgeliefert und konnten nun zum entspannten Teil des Abends übergehen.

Dies bedeutete, sich den deutschsprachigen Punk von ANGEBRACHTE PANIK um die Ohren schlagen zu lassen. Stilistisch etwas eigen und gewöhnungsbedürftig mit seinen funkigen Einlagen und Sprech-Passagen, textlich ambitioniert, wütend und ziemlich undoof gegen Nationalismus, sexistische Geschlechterrollenklischees und ähnliche Unappetitlichkeiten wetternd und meines Erachtens immer dann am stärksten, wenn die Sängerin und Bassistin in Personalunion so richtig schön giftig singkeift. Den Gesang teilt sie sich übrigens mit dem Gitarristen. Die meiste Zeit verbrachte ich glaube ich hinterm Merch-Stand, doch von dort aus hatte man noch gute Sicht und guten Sound. Da fiel mir auch die liebevoll gestaltete CD der Band auf, die anstelle einer normalen Plastikschachtel in Stoff gehüllt wurde. Weiß gar nicht, warum ich mir die nicht mitgenommen habe. Musikalisch ist das nicht 100%ig meine Schiene und hier und da vielleicht noch etwas überambitioniert, aber die selbstbewusste und kritische Attitüde kam gut rüber. Interessante Band.

Was dann geschah, erfüllte einerseits all meine Erwartungen und doch wieder nicht: RESTMENSCH prügelten gewohnt souverän ihren herrlichen ‘80er-HC-D-Punk durch und ließen das Adrenalin fließen, taten dies nach relativ kurzer Zeit jedoch in erster Linie nur noch für uns andere beiden Bands, die wir die Hamburger kräftig abfeierten, sowie einen versprengten Haufen Einheimischer. Ey Rotenburger, was war los? Müsst ihr alle so früh ins Bett? Aufmerksamkeitsspanne nach zwei Bands bereits ausgereizt? Hat das Haake-Beck zu sehr reingeknallt? Falls ihr das lest und wissen wollt, was ihr verpasst habt, konsultiert gern einen meiner anderen RESTMENSCH-Konzertberichte oder hört euch das Album „Die Erde ist eine Scheiße“ an.  Die AP-Sängerin ergriff zwischen zwei Songs das Mikro und tat kund, dass sie es bedauerlich fände, dass sie an diesem Abend die einzige Frau auf der Bühne gewesen sei und machte auf das Ungleichverhältnis zwischen den Geschlechtern aufmerksam.  Dabei war das Publikum – als es denn noch in stärkerer Anzahl da war – ziemlich gut gemischt und ich vermute einfach mal, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Frauenanteil in Bands derart gestiegen ist, dass Mädels auch auf der Bühne nicht weiter derart unterrepräsentiert sind. Bei RESTMENSCH konnte ich mich jedenfalls schön austoben und anschließend oben im Kneipenbereich auf den Sofas entspannen, bis man uns in unser nahegelegenes Schlafgemach geleitete, eine luxuriöse Wohnung mit reichlich Betten und eigenem Zimmer für uns. Seltsamerweise wollte dort niemand mehr mit mir Aftershow-Party feiern und/oder meine TV-Melodien- oder Surf-Musik-Sammlung hören. Also öffnete ich mir ein letztes Bier und verabschiedete mich nach nur einem Schluck von den Banausen, indem ich spontan wegknackte und den anderen scheinbar den Schlaf raubte, indem ich paar dicke Äste sägte, durchs Gebäude auf der Suche nach dem Klo – bzw. dem Weg zurück – schlich und angeblich gar Zwiebel- und Krautsalat-bedingter Flatulenz freien Lauf ließ. Ich weise sämtliche Vorwürfe natürlich entschieden zurück.

Am nächsten Morgen weckte man mich offenbar aus Rache zu nachtschlafender Zeit. Ich kapitulierte und begab mich ebenfalls zurück zur Villa, wo wir unser Zeug einluden, nachdem ich den armen Veranstalter aus den Federn klingeln musste. Eine Katze lief umher und ließ sich streicheln, Kalle suchte einen Bäcker und kam mit Fladenbrot, Käse und Knobiwurst vom Dönerman zurück und die Rückfahrt gestaltete sich unspektakulär, dank Konterbier (und natürlich Janas besonnener Fahrweise auf nun freieren Straßen) erträglich. Nur Kai wirkte irgendwie unausgeschlafen…

Danke ans Villa-Team für alles, an Ballo für die Vermittlung, an HH-Martin, der’s tatsächlich bis nach ROW geschafft hatte, die Bands, die Leute vor der Bühne und Jana + Lisa fürs Fahren, DJing, Fotografieren und Merch-Stand-Betreuung!

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